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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 1251/06
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB


Vorschriften:

BUrlG § 1
BUrlG § 3
BUrlG § 7 Abs. 3
BUrlG § 7 Abs. 4
BUrlG § 13 Abs. 1
BGB § 611 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Versäumnisurteil vom 17.01.2007 bleibt aufrechterhalten.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 23.06.2006 - 2 Ca 956/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Abgeltung des Jahresurlaubs aus dem Jahr 2005.

Der am 12.01.13xx geborene, verheiratete Kläger war in der Zeit vom 16.08.1999 bis zum 30.04.2006 als Kranfahrer bei der Beklagten tätig. Sein Stundenlohn betrug 10,50 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb ca. acht Arbeitnehmer.

Am 29.03.2005 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall. Seit Mitte 2005 ist er ununterbrochen arbeitsunfähig krank. So konnte der im Jahre 2005 auch keinen Urlaub nehmen. Der vereinbarte Jahresurlaub betrug 30 Arbeitstage.

Die vorliegende Klage hat der Kläger am 09.05.2006 erhoben. Der Kläger hat zur Stützung der Klage behauptet, bei der Beklagten sei es ständige Übung gewesen, dass nicht genommener Urlaub auch in Folgejahren bewilligt und genommen werden könne. Ständige Übung der Beklagten sei es gewesen, Resturlaubsansprüche ihrer Arbeitnehmer auch über mehrere Jahre zu übertragen. So sei sein Urlaubsanspruch - Resturlaubsanspruch - aus dem Jahr 2004 in Höhe von sieben Tagen auf das Jahr 2005 übertragen worden. Auch dem Arbeitnehmer A1xxx M1xxxx seien, wie sich aus der Lohnabrechnung Juni 2003 ergebe, 15 Tage alter Urlaub aus 2002 auf das Jahr 2003 übertragen worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.360,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe keine Urlaubsabgeltung zu. Der Urlaub sei nicht erfüllbar. Eine betriebliche Übung, dass Arbeitnehmer den Urlaub aus dem Vorjahr ohne Rücksicht auf die gesetzliche Verfallregelung auch in den Folgejahren verlangen können, bestehe in ihrem Betrieb nicht.

Durch Urteil vom 23.06.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage bezüglich des Urlaubsabgeltungsanspruchs für das Jahr 2006 stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen diese ihm am 10.07.2006 zugestellte und wegen des sonstigen Inhalts in Bezug genommene Entscheidung hat der Kläger am 27.07.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.10.2006 am 11.10.2006 begründet.

Der Kläger stützt die Berufung maßgeblich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte hat gegen den säumigen Kläger im Termin vom 17.01.2007 ein Versäumnisurteil erwirkt, welches dem Kläger am 23.01.2007 zugestellt worden ist. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Kläger am 30.01.2007 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 17.01.2007 das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 23.06.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.520,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 17.01.2007 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch hat in der Sache keinen Erfolg.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

A. Dem Kläger steht die begehrte Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 2005 nicht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

1. Der begehrte Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2005 ist gemäß §§ 1, 3 BUrlG entstanden.

2. Der entstandene Urlaubsanspruch ist nicht mit Ablauf des 31.12.2005 gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG untergegangen, sondern gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf das Jahr 2006 übertragen worden. Die Übertragung war gerechtfertigt durch in der Person des Klägers liegende Gründe, da er ab Mitte 2005 arbeitsunfähig krank war.

3. Mit Ablauf des 31.03.2006 ist der Jahresurlaub gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG erloschen. Ein weiterer Übertragungstatbestand, gestützt auf betriebliche Übung, ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen.

a) Ein Anspruch aus betrieblicher Übung wird durch rechtsgeschäftliche Übereinkunft begründet. Aufgrund einer regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers können die Arbeitnehmer schließen, ihnen solle eine Leistung oder eine Ver-günstigung auf Dauer eingeräumt werden (vgl. BAG, Urteil v. 24.06.2003 - 9 AZR 302/02 - BAGE 106, 345). Aus diesem als Vertragsangebot zu beurteilenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird und das keines Zugangs beim Arbeitgeber bedarf (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordene Leistung (vgl. BAG, Urteil v. 20.01.2004 - 9 AZR 43/03 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65).

Gegenstand einer betrieblichen Übung kann auch das Recht sein, den Urlaub aus dem Vorjahr auch in den Folgejahren beanspruchen zu können. Eine solche Vereinbarung, ist zulässig. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG steht dieser für den Arbeitnehmer günstigeren Regelung nicht entgegen.

b) Solche für die Begründung einer betrieblichen Übung erforderlichen Verhaltensweisen der Beklagten in den Vorjahren hat der Kläger nicht konkret vorgetragen.

aa) Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich eine betriebliche Übung ergeben soll. Für die Anspruchsgrundlage "betriebliche Übung" gehört hierzu zunächst die Darlegung der Leistung oder Vergünstigung als solcher. Hinzu kommt die Darstellung des Sachverhaltes, aus dem der aus Sicht der Arbeitnehmer gegebene Verpflichtungswille des Arbeitgebers geschlossen werden soll, die Leistungen oder Vergünstigungen auch in Zukunft zu erbringen. Geht es um die Übertragung von Urlaub bedarf es einer konkreten Darlegung, wann und wem vom Arbeitgeber in der Vergangenheit Urlaub des Vorjahres gewährt worden ist. Die Arbeitnehmer sind namentlich zu bezeichnen und hierauf bezogen die Jahre anzugeben, in denen der Urlaub nach dem 31.03. des Folgejahres gewährt und wann er gewährt worden ist. Anderenfalls kann schon nicht beurteilt werden, ob der Arbeitgeber diese Vergünstigung wiederholt gewährt hat (vgl. BAG, Urteil v. 21.06.2005 - 9 AZR 200/04 - NZA 2006, 232). Das Vorbringen muss daher den Arbeitgeber in die Lage versetzen, mögliche Ausschlusstatbestände vorzutragen.

bb) Diesen Anforderungen genügt das aus der Verfahrensakte ersichtliche Vorbringen des Klägers nicht. Er behauptet lediglich, es sei immer wieder vorgekommen, dass er oder die anderen Arbeitnehmer den Urlaub nicht vollständig nehmen konnten. Der Urlaub habe dann stets in den Folgejahren genommen werden können. Konkrete Angaben, wann genau welcher Urlaub welchem Arbeitnehmer übertragen worden ist und wann dieser übertragene Urlaub genommen worden ist, sind nicht vorgetragen. Auch die vorgelegten Lohnabrechnungen und die Angabe der Urlaubstage auf diesen Lohnabrechnungen enthaltend die fehlenden Angaben nicht.

4. Auch wenn der Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahre 2005 bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2006 bestanden hätte, steht dem Kläger der begehrte Urlaubsabgeltungsanspruch nicht zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu.

a) Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG entsteht nicht als Abfindungsanspruch, sondern als Ersatz für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Anspruch des Arbeitnehmers auf Befreiung von der Arbeitspflicht. Der Abgeltungsanspruch ist - abgesehen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der Freistellungsanspruch zu Urlaubszwecken. Wie dieser erlischt er aufgrund seiner Befristung spätestens mit dem Ende des Übertragungszeitraums, wenn der Freistellungsanspruch wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht hätte erfüllt werden können (vgl. z.B. BAG, Urteil v. 03.05.1994 - 9 AZR 522/92 - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 64; BAG, Urteil v. 27.05.2003 - 9 AZR 366/02 - NZA 2004, 1064).

b) Im vorliegenden Fall liegt schon die Erfüllbarkeit nicht vor, da der Kläger seit Mitte des Jahres 2005 bis zur letzten mündlichen Verhandlung arbeitsunfähig krank war. Unstreitig konnte der Kläger seine Tätigkeit als Kranführer bedingt durch die Verletzungen durch den Betriebsunfall nicht mehr ausüben.

c) Das Erfordernis der Erfüllbarkeit gilt auch, wenn die Ursache der fehlenden Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs auf einem Arbeitsunfall beruht. Eine solche Begünstigung von Arbeitnehmern, die aufgrund eines Arbeitsunfalls erkranken, enthält das Gesetz nicht (vgl. BAG, Urteil v. 27.05.2003 - 9 AZR 366/02 - NZA 2004, 1064).

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keine Erfolg.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger nach §§ 97 Abs. 1, 344 ZPO zu tragen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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