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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.06.2002
Aktenzeichen: 18 Sa 1256/01
Rechtsgebiete: BGB, MTV


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
MTV Ziff. 2.5
MTV Ziff. 3.1.1
MTV Ziff. 3.1.2
MTV Ziff. 3.1.6
Freischichttage im Sinne der Ziffer 3.1.2 des Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 02.02.2000 (MTV) sind nicht nur die in Ziffer 2.1.5 MTV geregelten Freischichten, die den Arbeitnehmern einen Mindestanspruch gewähren, sondern alle Tage, an denen ein Arbeitnehmer, der im Mehrschichtbetrieb eingesetzt wird, nach dem Dienstplan nicht für Arbeitsleistungen eingeteilt worden ist und die für ihn arbeitsfrei sind.

Nach Ziffer 3.1.6 Satz 2 MTV sind beim Zusammentreffen des Freischichtzuschlags nach Ziffer 3.1.2 MTV (50 %) und des Mehrarbeitszuschlags nach Ziffer 3.1.1 MTV (25 %) die Zuschläge zu addieren.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 18 Sa 1256/01

Verkündet am 12.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 12.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Knip sowie die ehrenamtliche Richterin Seuster und den ehrenamtlichen Richter Beeking

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 07.06.2001 - 3 Ca 449/01 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41,25 € zu zahlen nebst Zinsen, die 5 % über dem jeweiligen Basissatz i. S. d. § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz liegen, seit dem 31.07.2000.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über tarifliche Mehrarbeitszuschläge.

Der am 01.02.12xx geborene Kläger ist bei der Beklagten, die ca. 390 Arbeitnehmer beschäftigt, als Werkschutzmann tätig.

Der Kläger wird mit 30 anderen Arbeitnehmern der Beklagten ausschließlich auf dem Gelände der Firma U2xxxx, die in G2xxxx eine kerntechnische Anlage betreibt, eingesetzt. Diese Anlage wird von der Beklagten kontinuierlich dreischichtig bewacht.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen Anwendung, so auch der Manteltarifvertrag vom 02.02.2000 (MTV), in dem u.a. Folgendes geregelt ist:

2. Arbeitszeit

2.1. Die monatliche Regelarbeitszeit beträgt - mit Ausnahme der unter Abschnitt 2.B. des Lohntarifvertrages aufgeführten Arbeitnehmer - 173 Stunden.

Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann bis zu 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Zudem kann an höchstens 60 Tagen im Jahr die Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich ohne Ausgleichszeitraum verlängert werden.

Darüber hinaus kann die Arbeitszeit über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit täglich und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.

...

2.5 Freischicht

Jeder Arbeitnehmer hat pro Woche einen Anspruch auf eine unbezahlte Freischicht. Die Freischichten können je Woche einzeln oder entsprechend der Anzahl der Arbeitswochen eines Kalendermonats zusammenhängend genommen werden. Die arbeitsfreie Zeit muss zusammenhängend mindestens 35 Stunden betragen. Die entsprechenden Wünsche des Arbeitnehmers sind mit dem Betrieb so rechtzeitig zu besprechen, dass eine Gefährdung der dienstplanmäßigen Einteilung nicht eintreten kann.

...

3 Lohnzuschläge

3.1 Auf den tariflichen Stunden-Grundlohn einschließlich des tariflichen Lohnzuschlages gemäß dem Abschnitt 2.0.1 bis 2.0.20 des Lohntarifvertrages werden folgende Zuschläge gezahlt:

3.1.1 Ein Mehrarbeitszuschlag von 25 %

* ab der 174. Monatsarbeitsstunde für die Lohngruppen 2.0.1 bis 2.0.10 bzw.

* ab der 261. Monatsarbeitsstunde für die Lohngruppen 2.0.11 bis 2.0.20.

Die Mehrarbeitszuschläge in den Lohngruppen 2.0.15, 2.0.17, 2.0.19 und 2.0.20 sind vom Grundlohn einschließlich Lohnzuschlag zu zahlen.

3.1.2 Ein Zuschlag von 50 % für Arbeitsstunden, die an Freischichttagen geleistet werden.

3.1.3 Ein Zuschlag von 50 % für Sonntagsarbeit zwischen 0:00 Uhr und 24:00 Uhr.

3.1.4 Ein Zuschlag von 100 % für Arbeitsstunden, die an gesetzlichen Feiertagen geleistet werden (das gilt auch für gesetzliche und kirchliche Feiertage, die auf einen Sonntag fallen, am 24.12. ab 14.00 Uhr, am 31.12. ab 14.00 Uhr).

3.1.5 Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erhalten einen Nachtzuschlag in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr in Höhe von 5 % des Stundengrundlohnes (Nachtlohn) von der Lohngruppe 2.0.1 für die Lohngruppe A bzw. von der Lohngruppe 2.0.11 für die Lohngruppe B.

Ausgenommen hiervon sind die Lohngruppen 2.0.13 b) und 2.0.14 b), da in diesen Lohngruppen ein separater Stundengrundlohn für die Nachtzeit gilt.

3.1.6 Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge wird nur der jeweils höchste Zuschlag gezahlt. Ausgenommen hiervon bleiben Zuschläge nach Ziffer 3.1.1 und 3.1.5.

Die Beklagte wies ihre Arbeitnehmer durch Anweisung im Juli 1997 und im September 2000 auf die tariflichen Bestimmungen und deren Anwendung hin.

Nach den Schichtplänen teilt die Beklagte den Wachdienst ihrer Arbeitnehmer so ein, dass die Einteilung alle Wochentage umfasst mit in der Regel zwei freien Arbeitstagen in der Woche, wobei unterschieden wird zwischen allgemein arbeitsfreien Tagen und arbeitsfreien Tagen als gewünschte Freischicht im Sinne der Ziffer 2.5 MTV.

Am 25.07.2000 wurde der Kläger acht Stunden zur Arbeitsleistung herangezogen. Nach dem Dienstplan für Juli 2000 (Bl. 27 d.A.) war dieser Tag für den Kläger arbeitsfrei zwischen der Nachtschicht am 24.07.2000 und der Spätschicht am 26.07.2000.

Mit Schreiben vom 20.08.2000 (Bl. 5 d.A.) machte der Kläger die Zahlung der tariflichen Freischichtzulage in Höhe von 50 % für am 22.06.2000 und am 25.07.2000 geleistete je acht Arbeitsstunden geltend. Die Beklagte lehnte die Zahlung der begehrten Zulage mit Schreiben vom 06.09.2000 (Bl. 7 d.A.) u.a. wie folgt ab:

5. Zu Ihrer Geltendmachung vom 20.08.2000 Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie, entgegen der Anweisung, im Soll-Dienstplan für Juni und Juli keine UF eingetragen haben, obwohl Sie die Kenntnisnahme der diesbezüglichen Anweisung am 05.07.1997 unterschriftlich bestätigt haben.

Zukünftig werden wir nur noch im Soll-Dienstplan eingetragene UF mit 50 % Freischichtzuschlag (FSZ) berücksichtigen, wenn an diesen Freischichttagen Arbeitsleistung erbracht werden musste.

Sie haben im Monat Juni und Juli die Ihnen nach MTV Pkt. 2.5. zustehenden Freischichten planmäßig erhalten, ohne dass Sie UF angemeldet hatten, so dass kein Anspruch auf FSZ für den 22.06.00 und 25.07.00 besteht.

Auf die erneute Geltendmachung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 03.11.2000 (Bl. 11 f d.A.) antwortete die Beklagte u.a. mit Schreiben vom 24.11.2000 (Bl. 13 f d.A.) wie folgt:

2 . Nachzahlungsanspruch 25.07.2000

Für Monat Juli hat Herr D1xxxx keine UF zur Planung vorgegeben.

Nach Überprüfung der Ist-Monatsabrechnung hat Herr D1xxxx im Monat Juli folgende Freischichten erhalten, die der Norm des MTV Pkt. 2.5 entsprechen:

FS zwischen 03.07.00 bis 06.07.00 entspricht 56,0 Std. = 1 UF FS " 03.07.00 bis 06.07.00 " 56,0 Std. = 1 UF FS " 30.07.00 bis 01.08.00 " 33,5 Std. = 1 UF

Daraus entsteht nach MTV Pkt. 2.5 ein Nachzahlungsanspruch für 1 UF - die Schicht am 25.07.2000 mit 8 Stunden.

Die Beklagte zahlte für die vom Kläger am 25.07.2000 geleisteten Arbeitsstunden einen Mehrarbeitszuschlag von 25 %.

Mit der vorliegenden, am 15.02.2001 erhobenen Klage hat der Kläger die von ihm mit Schreiben vom 20.08.2000 geltend gemachten Ansprüche gerichtlich geltend gemacht.

Zur Stützung der Klage hat der Kläger vorgetragen:

Jeder im Sollschichtplan als dienstfrei gekennzeichneter Kalendertag gelte als Freischichttag im Sinne der Ziffer 3.1.2 MTV mit der Folge, dass bei einer Heranziehung zur Arbeitsleistung sowohl der 50 %ige Freischichtzuschlag als auch der Mehrarbeitszuschlag zu gewähren seien.

In der mündlichen Verhandlung am 07.06.2001 hat der Kläger nur den Vergütungsanspruch für den 25.07.2000 zur Entscheidung gestellt und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 80,68 DM brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes ab dem 31.07.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Es sei zu unterscheiden zwischen arbeitsfreien Tagen und den zugebilligten unbezahlten Freischichttagen (UF). Nur die Heranziehung zur Arbeit an den UF-Tagen rechtfertige einen Anspruch auf den 50 %igen Zuschlag. Nach § 7 des Arbeitsvertrags habe der Kläger seine tariflichen Freischichten bis zum 15. des Vormonats anzumelden und nur diese seien vergütungspflichtig im Sinne von Ziffer 3.1.2 MTV. Eine Addition der Zuschläge für Mehrarbeit und für Freischichten könne aber auch bei UF-Tagen nicht stattfinden. Die Regelung nach Ziffer 3.1.6 MTV regele nur eine Addition bei dem Zusammentreffen zwischen Mehrarbeit und den Zuschlägen nach Ziffer 3.1.3 und 3.1.4 MTV.

Durch Teilurteil vom 07.06.2001 hat das Arbeitsgericht die Klage in Höhe der beantragten 80,68 DM abgewiesen und die Berufung zugelassen. Den Streitwert hat es auf 80,68 DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht der Auffassung der Beklagten gefolgt.

Gegen dieses ihm am 19.07.2001 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Teilurteil hat der Kläger am 20.08.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.10.2001 am 18.10.2001 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Teilurteil insgesamt an. Er stützt sich maßgeblich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 07.06.2001 - 3 Ca 449/01 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 41,25 € zu zahlen nebst Zinsen, die 5 % über dem jeweiligen Basissatz im Sinne des § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz liegen seit dem 31.07.2000.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 07.06.2001 - 3 Ca 449/01 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Die Akten der Parallelrechtstreitigkeiten LAG Hamm 18 Sa 1257/01, 18 Sa 1258/01 und 18 Sa 1259/01 waren zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Das Berufungsgericht hat durch Beschluss vom 23.01.2002 (Bl. 76 f d.A.) eine Auskunft bei den Tarifvertragsparteien eingeholt. Wegen des Inhalts der Auskünfte wird auf die Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmer vom 05.03.2002 (Bl. 81 f d.A.) und auf die Auskunft der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 13.03.2002 (Bl. 83 bis 85 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist begründet.

Dem Kläger steht der begehrte Zuschlag von 50 % (acht Stunden x 20,17 DM x 50 % = 80,68 DM = 42,25 €) für die von ihm am 25.07.2000 geleisteten Arbeitsstunden nach dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit Ziffer 3.1.2 des Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 02.02.2000 (MTV) zu.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des für allgemein- verbindlich erklärten Manteltarifvertrags vom 02.02.2000 Anwendung.

2. Nach Ziffer 3.1.2 MTV ist auf den tariflichen Stunden-Grundlohn einschließlich des tariflichen Lohnzuschlags ein Zuschlag von 50 % zu zahlen für Arbeitsstunden, die an Freischichttagen geleistet werden. Diese Voraussetzungen waren am 25.07.2000 gegeben.

a) Der Kläger war nach dem Dienstplan für Juli 2000 (Bl. 27 d.A.) für den 25.07.2000 nicht zum Wachdienst eingeteilt. Die Beklagte hat ihn nachträglich an diesem Tag für eine Achtstundenschicht zum Wachdienst herangezogen.

b) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger für diesen Tag entsprechend den Anweisungen der Beklagten eine unbezahlte Freischicht nach Ziffer 2.5 MTV beantragt und gewährt erhalten hat.

Die tariflichen Voraussetzungen der Ziffer 3.1.2 MTV sind zwar immer erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer in der gewünschten Freischicht nach Ziffer 2.5 MTV zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Dass aber der Zuschlag nach Ziffer 3.1.2 MTV nur bei der Heranziehung an einem gewünschten Freischichttag im Sinne der Ziffer 2.5 MTV gezahlt werden soll, ist dem Tarifvertrag nicht zu entnehmen.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 25.10.2000 - 4 AZR 572/99 - NZA 2001, 1152; BAG, Urteil vom 05.10.1999 - 4 AZR 578/98 - NZA 2000, 268) den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

bb) Schon der Wortlaut der tariflichen Regelung in Ziffer 3.1.2 MTV stützt die von der Beklagten und dem Arbeitsgericht vertretene Auffassung nicht.

Vom Sprachgebrauch her sind im Mehrschichtbetrieb Freischichten Tage, an denen der Arbeitnehmer nach dem Dienstplan nicht für Arbeitsleistungen eingeteilt worden ist, die für ihn arbeitsfrei sind. Dass die Parteien von der sprachgebräuchlichen Verwendung des Wortes Freischichttag abweichen wollten, ist aus der tariflichen Regelung nicht ersichtlich. Nach dem Begriff im Sprachgebrauch fällt auch die Freischicht unter Ziffer 2.5 MTV unter den Begriff Freischichttag nach der Ziffer 3.1.2 MTV. Dass die Tarifvertragsparteien unter dem Freischichttag im Sinne der Ziffer 3.1.2 MTV nur die Freischicht nach Ziffer 2.5 MTV zählen wollten, ergibt sich hieraus nicht.

Von der Systematik her hätte es einer klarstellenden Bezugnahme in Ziffer 3.1.2 MTV bedurft. Eine solche Bezugnahme auf Ziffer 2.5 MTV fehlt. Damit erfasst die Regelung in Ziffer 3.1.2 MTV schon vom Wortlaut her alle als arbeitsfrei im Schichtplan gekennzeichneten Tage.

cc) Diese Folgerung wird insbesondere weiter durch den gewollten Sinn und Zweck der tariflichen Regelung in Ziffer 2.5 MTV und des davon abweichenden Sinn und Zwecks der Regelung in Ziffer 3.1.2 MTV gestützt.

(1) Nach der Auskunft beider Tarifvertragsparteien soll die Regelung in Ziffer 2.5 MTV dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf mindestens einen arbeitsfreien Tag in der Woche garantieren. Diese ausdrücklich in den Tarifvertrag aufgenommene Regelung sichert einen Mindestanspruch des Arbeitnehmers. Es dient der Sicherung zumindest eines freien Arbeitstags in der Woche. Die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien einen Mindestanspruch sichern wollten, zeigt, dass beide Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass es in den Schichtplänen auch zu mehr arbeitsfreien Tagen in einer Woche kommen kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Arbeitnehmer im Wachdienst an allen Kalendertagen der Woche im Schichtdienst eingesetzt werden.

(2) Während Ziffer 2.5 MTV einen Mindestanspruch sichern will, ist es Normzweck der Regelung in Ziffer 3.1.2 MTV, dem Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich dafür zu geben, dass der Arbeitgeber in den Freizeit- und Erholungsbereich eingegriffen hat, der dem Arbeitnehmer nach den Festlegungen im Schichtplan zur freien Verfügung stehen sollte (vgl. auch BAG, Urteil vom 18.02.1997 - 3 AZR 806/95 - AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bewachungsgewerbe).

Sieht man diesen Normzweck, so macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber an einer gewünschten Freischicht nach Ziffer 2.5 MTV zur Arbeitsleistung herangezogen wird oder ob er an einer anderen Freischicht , die vom Arbeitgeber im Rahmen der Schichtplanung festgesetzt worden ist, herangezogen wird.

3. Weiter steht dem Kläger der unter Ziffer 3.1.1 MTV geregelte Mehrarbeitszuschlag von 25 % für die an diesen Tagen geleisteten Arbeitsstunden zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen der Ziffer 3.1.1 MTV vorlagen. Die Beklagte hat den Anspruch auch durch Zahlung erfüllt.

Die Beklagte war nicht berechtigt, den geleisteten Mehrarbeitszuschlag von 25 % auf den Freischichtzuschlag anzurechnen. a) Zwar regelt Ziffer 3.1.6 Satz 1 MTV, dass beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge nur der jeweils höchste Zuschlag gezahlt wird. Ziffer 3.1.6 MTV bestimmt aber in Satz 2 ausdrücklich, dass die Zuschläge nach Ziffer 3.1.1 (Mehrarbeit) und nach Ziffer 3.1.5 (Nachtarbeit) hiervon ausgenommen bleiben.

Die von der Beklagten vertretene Auffassung, Ziffer 3.1.6 MTV beziehe sich nur auf die Verpflichtung zur Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen im Zusammentreffen mit den höheren Zuschlägen nach Ziffer 3.1.3 und 3.1.4 MTV, teilt das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Auskünften der Tarifvertragsparteien nicht.

b) Schon der Wortlaut der tariflichen Regelung in Ziffer 3.1.6 MTV lässt die Auslegung der Beklagten nicht zu.

Satz 2 der Ziffer 3.1.6 MTV ordnet ausdrücklich an, dass von der generellen Regelung, dass beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge gezahlt wird, die Zuschläge für Mehrarbeit nach Ziffer 3.1.1 und für Nachtarbeit nach Ziffer 3.1.5 MTV ausgenommen bleiben.

Eine Beschränkung der Ausnahmeregelung in Satz 2 nur auf das Zusammentreffen mit den Zuschlägen nach Ziffern 3.1.3 und 3.1.4 MTV enthält die tarifliche Vorschrift gerade nicht.

c) Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung in Ziffer 3.1.6 Satz 2 MTV ist es, die besonderen Belastungen der Arbeitnehmer, die durch Mehrarbeit und durch Nachtarbeit entstehen, auch beim Zusammentreffen mit anderen Zuschlägen zusätzlich weiter auszugleichen (vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 06.06.2001 - 3 Sa 261/01 -, LAG Hamm, Urteile vom 23.01.2002 - 18 Sa 1254/01 und 18 Sa 1255/01).

II. Nach alledem hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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