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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 1321/05
Rechtsgebiete: BGB, TV Sonderzahlungen Einzelhandel NRW Buchst. B


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
TV Sonderzahlungen Einzelhandel NRW Buchst. B § 1 Abs. 1
TV Sonderzahlungen Einzelhandel NRW Buchst. B § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 20.05.2005 - 4 Ca 3191/04 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.033,46 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2004.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 22 % und dem Beklagten zu 78 % auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Die am 21.01.1948 geborene Klägerin ist seit dem 01.03.1986 als Buchhalterin bei dem Beklagten tätig. Sie ist schwerbehindert. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen. Die Klägerin ist Teilzeitbeschäftigte mit einer Arbeitszeit zwischen 16 und 20 Stunden wöchentlich.

Der Beklagte betreibt mehrere Lebensmittelläden. 1995 beschäftigte er ca. 120 Arbeitnehmer in sechs Filialen. Ende 2003/Anfang 2004 betrieb er noch zwei Filialen mit ca. 36 Arbeitnehmern.

Die an die Klägerin zu zahlende Vergütung ist zwischen den Parteien streitig. Am 05.10.2004 verlangte der Beklagte eine Reduzierung der Vergütung von der Klägerin.

Seit dem 21.10.2004 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.

Ausgezahlt erhielt die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2002 bis zum 31.12.2003 ein Gehalt in Höhe von 1.636,13 € brutto.

Für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2004 zahlte der Beklagte an die Klägerin 1.550,-- € aus. Für die Monate Oktober und November 2004 erfolgte keine Vergütung. Auch kam die tarifliche Sonderzuwendung für das Jahr 2004 nicht zur Auszahlung.

Mit der am 06.12.2004 bei dem Arbeitsgericht Münster erhobenen Klage hat die Klägerin die ausstehende Vergütung für die Monate Oktober und November 2004 sowie die Zahlung der tariflichen Sonderzuwendung für das Jahr 2004 geltend gemacht.

Die Klägerin hat behauptet, zwischen den Parteien sei zuletzt eine Vergütung von 1.550,-- € vereinbart worden. Das tarifliche Weihnachtsgeld stehe ihr wie auch in den Vorjahren zu.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.865,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe sich ihre Gehälter jeweils eigenmächtig erhöht und entsprechend überwiesen. Zuletzt sei ab 01.06.1995 ein Gehalt von 1.861,-- DM zwischen den Parteien vereinbart worden. Eigenmächtig erhöht und reduziert habe die Klägerin ihr Gehalt ab 01.10.1995 auf 2.400,-- DM, ab April 1996 auf 3.500,-- DM, ab Mai 1996 auf 3.300,-- DM, ab Mai 2001 auf 3.200,-- DM, ab Januar 2002 auf 1.636,13 € und ab 01.01.2004 auf 1.550,-- €. Zutreffend sei, dass die Klägerin ca. 15 % über Tarif habe verdienen sollen. Aktuell würde dies einem Gehalt der Klägerin in Höhe von 1.152,20 € entsprechen.

Durch Urteil vom 20.05.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 3.865,-- € festgesetzt.

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass das an die Klägerin ausgezahlte Gehalt der Vergütungsvereinbarung der Parteien entsprach.

Gegen dieses ihm am 06.06.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Beklagte am 05.07.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.09.2005 am 12.09.2005 begründet.

Der Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er behauptet weiterhin, die Klägerin habe eigenmächtig ihr Gehalt erhöht. Der Beklagte erklärt die Aufrechnung mit behaupteten überzahlten Vergütungsanteilen für das Jahr 2004 in Höhe von 1.462,14 € netto.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 20.05.2005 - 4 Ca 3191/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 20.05.2005 - 4 Ca 3191/04 - zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. Wegen der Erklärungen der Parteien in den mündlichen Verhandlungen wird auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I. Der Klägerin stehen als Vergütung für die Zeit vom 01.10. bis 20.10.2004 und als Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 21.10. bis zum 30.11.2004 insgesamt 2.304,40 € zu.

1. Zwischen den Parteien ist allein die Höhe der vertraglichen Monatsvergütung der Klägerin streitig. Die Klägerin kann von dem Beklagten eine Monatsvergütung in Höhe von 1.152,20 € verlangen.

Der Beklagte hat sich im Schriftsatz vom 22.03.2005 bereit erklärt, die Monatsvergütung für die Monate Oktober und November 2004 auf der Basis einer Monatsvergütung in Höhe von 1.152,20 € abzurechnen. Da dieser Betrag mit der von ihm behaupteten arbeitsvertraglichen Vereinbarung übereinstimmt, ist er an das Angebot gebunden (§ 138 Abs. 1 ZPO).

2. Soweit die Klägerin behauptet, die Vereinbarung des höheren Monatsgehaltes in Höhe von 1.550,-- € ab 01.01.2004 sei durch Absprache zwischen den Parteien erfolgt, ist sie beweisfällig geblieben.

a) Für diese Vereinbarung zwischen den Parteien fehlen schon konkrete Angaben über die Umstände der Vereinbarung, wie Ort und Zeit der Vereinbarung. Des Weiteren fehlt für die Behauptung der Beweisantritt.

b) Allein die Auszahlung eines Gehaltes in Höhe von 1.550,-- € brutto ab 01.01.2004 reicht für den vollen Beweis nicht aus.

Die Auszahlungen erfolgten jeweils durch eine Sammelüberweisung, die von der Klägerin vorbereitet und von dem Beklagten monatlich unterzeichnet wurde.

Aus der Tatsache, dass der Beklagte die Sammelüberweisung unterzeichnet hat, konnte die Klägerin nicht den Schluss ziehen, der Beklagte sei mit der Zahlung einverstanden. Die Klägerin hat für die von ihr behaupteten Umstände, die auf eine bewusste Zahlung des Beklagten an sie in Höhe von 1.550,-- € schließen lassen, ebenfalls keinen Beweis angetreten.

II. Der Klägerin steht als Sonderzuwendung für das Jahr 2004 weiter der Betrag von 729,06 € nach Buchst. B § 1 Abs. 1 TV Sonderzahlung in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zu.

1. Der TV Sonderzahlung kommt schon kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung.

Dass zwischen den Parteien nach Außerkrafttreten des Tarifvertrages über Sonderzahlungen eine andere Vereinbarung getroffen worden ist, hat der Beklagte nicht behauptet.

2. Nach Buchst. B § 1 Abs. 1 TV Sonderzahlung beträgt die tarifliche Sonderzuwendung 62,5 % des individuell dem anspruchberechtigten Arbeitnehmer zustehenden Tarifentgeltes.

Die Klägerin war zuletzt "als rechte Hand" des Beklagten in der Buchhaltung, insbesondere Lohnbuchhaltung, tätig. Damit erfüllte sie die Voraussetzungen des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrages "Erste Kraft in Buchhaltung, ... Lohnbuchhaltung, ..."

Ab 01.07.2004 betrug das Tarifgehalt der Gehaltsgruppe II nach dem fünften Tätigkeitsjahr 2.333,-- €, so dass sich für die Sonderzahlung der Klägerin ein Betrag von 729,06 € (50 % von 2.333,-- € x 62,5 %) ergab.

3. Dem Anspruch auf Sonderzahlung steht nicht Buchst. B § 4 TV Sonderzahlung entgegen.

Nach Buchst. B § 4 TV Sonderzahlung entfällt der Anspruch auf die tarifliche Sonderzuwendung, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue) beendet wird.

Ein solch grob treuwidriges Verhalten kann der Beklagte schon nicht einwenden, da er in dem Aufhebungsvertrag vom 06.12.2004 in Ziff. 2 ausdrücklich erklärt hat, dass die erhobenen Vorwürfe bezüglich des Verhaltens der Klägerin nicht weiter aufrecht erhalten werden.

III. Die gegen die Vergütungsansprüche erklärte Aufrechnung des Beklagten geht ins Leere.

Die zulässige Aufrechnung ist nicht begründet. Dem Beklagten steht schon der geltend gemachte Gegenanspruch nicht zu. Soweit der Beklagte die Ansprüche auf unerlaubte Handlung gemäß § 823 Abs. 1 und 2 und ungerechtfertigte Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB stützt, ist für das von dem Beklagten behauptete im Vorbereich der Überweisungen liegende pflichtwidrige Verhalten der Klägerin schon kein Beweis angeboten. Den Nachteil des nicht erbrachten Beweises hat der Beklagte zu tragen.

IV. Der Zinsanspruch ist wegen Verzuges begründet.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

Ende der Entscheidung

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