Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 18 Sa 1519/03
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 126 Abs. 1
BGB § 180
BGB § 174 Satz 1
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 180 Satz 1
BGB § 180 Satz 2
BGB § 623
BGB §§ 705 ff
BGB § 709
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.05.2003 - 5 Ca 2178/02 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die am 14.06.1977 geborene und ledige Klägerin wurde von den Beklagten zu 3), zu 4) und zu 5), welche in E1xxxxxxx eine kieferorthopädische Gemeinschaftspraxis betreiben, mit dem sog. Dienstvertrag vom 14.03.2002 (Bl. 17,18, 30 und 31 d.A.) als kieferorthopädische Helferin eingestellt. Dieser auf Seite 3 (Bl. 18 d.A.) nur vom Beklagten zu 3) für den "Arbeitgeber (stellvertretend auch für die anderen Kollegen)" unterzeichnete Arbeitsvertrag sieht auf Seite 1 (Bl. 30 d.A.) den Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.04.2002 und das Ende am 31.03.2003 vor. Nach einer Regelung auf Seite 2 (Bl. 17/31 d.A.) gelten die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit, während der mit einer Frist von zwei Wochen ohne festen Termin gekündigt werden kann. Im Übrigen ist zunächst ein Monatsgehalt in Höhe von 1.941,-- EUR brutto sowie der Anspruch auf einen Erholungsurlaub von 27 Tagen pro Kalenderjahr vorgesehen. Wegen der weiteren Bestimmungen im sog. Dienstvertrag vom 14.03.2002 wird auf den Inhalt der zur Gerichtsakte gelangten Kopie (Bl. 30, 31 bzw. 17, 18 d.A.) Bezug genommen.

Nachdem die Klägerin in der Zeit vom 13.05.2002 bis zum 21.08.2002 an insgesamt 38 Arbeitstagen arbeitsunfähig krank war (vgl. die Kopien der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Bl. 25 bis 29 d.A.), wurde ihr Arbeitsverhältnis mit dem auf dem gemeinschaftlichen Briefkopf der Beklagten zu 4) und 5) geschriebenen und nur vom Beklagten zu 3) unterzeichneten Kündigungsschreiben vom "24.08.2002" (Bl. 4 d.A.), das aber tatsächlich am 24.07.2002 gefertigt wurde, "mit einer Frist von zwei Wochen zum 07.08.2002" gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben wurde am 25.07.2002 in der Mittagszeit zwischen 12.30 Uhr und 14.00 Uhr vom Boten in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen, nachdem diese bereits zuvor zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr ihren Briefkasten geleert hatte.

Mit ihrer am 22.08.2002 erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen diese Kündigung gewehrt, wobei sie ihre Auffassung von der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung erstmals mit dem Schriftsatz 20.02.2003 (Bl. 78 und 79 d.A.) begründet hat. Darüber hinaus hat sie im Wege der Klageerweiterung vom 06.01.2003 (Bl. 62 bis 64 d.A.) die gesamtschuldnerische Zahlung von 10.212,73 EUR brutto - im Wesentlichen als Gehalt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für die Monate August 2002 bis Februar 2003 und unter Abzug des ab dem 22.08.2003 bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 22,07 EUR pro Tag - sowie hilfsweise für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von weiteren 2.418,66 EUR als Abgeltung für 27 offene Urlaubstage begehrt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei schon unwirksam, da die Schriftform des § 623 BGB nicht eingehalten sei. Darüber hinaus sei bei einem einseitigen Rechtsgeschäft wie der Kündigung die Vertretung ohne Vertretungsmacht nach § 180 BGB unzulässig. Weiter ergebe sich die Unwirksamkeit der Kündigung aus § 709 BGB. Die Zahlungsansprüche seien wegen Annahmeverzugs gerechtfertigt. Die Vergütung von weiteren 27 Tagen ergebe sich wegen Urlaubsabgeltung bzw. Schadensersatz.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.08.2002 mit Ablauf des 07.08.2002 beendet wird,

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 10.212,73 EUR brutto nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2003, und hilfsweise für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weitere 2.418,66 EUR brutto nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2002 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Kündigung sei wirksam innerhalb der Probezeit erfolgt. Aufgrund der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne die Klägerin auch nicht die Weiterzahlung ihres Gehalts verlangen. Als Urlaubsabgeltung sei allenfalls der von der Klägerin mit ihrem außergerichtlichen Schreiben vom 04.09.2002 (Bl. 68 d.A.) anteilig für neun Urlaubstage geltend gemachte Betrag in Höhe von 806,26 EUR brutto zu zahlen.

Durch Urteil vom 27.05.2003 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit dem angegebenen Datum "24.08.2002" erst mit Ablauf des 09.08.2002 beendet worden ist und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 991,12 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 184,86 EUR brutto seit dem 01.03.2003 und aus weiteren 806,26 EUR brutto seit dem 01.09.2002 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 15/16 und den Beklagten zu 1/16 auferlegt. Der Streitwert ist auf 18.454,39 EUR festgesetzt worden.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht weitgehend der Auffassung der Beklagten gefolgt.

Gegen dieses ihr am 21.08.2003 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 11.09.2003 Berufung eingelegt und diese am 10.10.2003 begründet.

Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat.

Die Klägerin stützt sich weiterhin auf ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.05.2003 - 5 Ca 2178/02 - teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.08.2002 mit Ablauf des 09.08.2002 beendet worden ist, hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) mit Wirkung zum 31.03.2003 fortbestanden hat und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie weitere 14.243,24 EUR brutto abzüglich 4.171,23 EUR netto zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2003 und hilfsweise für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sie weitere 1.612,40 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.05.2003 - 5 Ca 2178/02 - zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das arbeitsgerichtliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I. Die zulässige Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet.

Es liegt schon keine Kündigung der Beklagten zu 1), datiert vom 24.08.2002, vor.

1. Empfangsbedürftige Willenserklärungen, wie Kündigungen, sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände, auch der außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände, verstehen musste und durfte (§§ 133, 157 BGB). Diese Grundsätze gelten auch für die Feststellung des Kündigenden.

2. Unter Berücksichtigung der ihr bekannten Begleitumstände konnte die Klägerin das Kündigungsschreiben, datiert vom 24.08.2002, nur als Kündigung ihrer Arbeitgeberin der Beklagten zu 2) auslegen.

Wer ihr Arbeitgeber war, stand für sie eindeutig auf Grund des Arbeitsvertrags vom 14.03.2002 fest. Die Namen aller drei Arbeitgeber sind auch im Kündigungsschreiben angegeben (M2xxxxx K3xxxxxxxxxx und K2xxxxxxxxxx P1xxxxxxxx im Kopfbogen und im Stempel und T1xxxxxxxxxxx L1xxxxxxxx mit seiner Unterschrift unter diesem Schreiben). Da das Arbeitsverhältnis mit allen drei Ärzten begründet worden ist, durfte die Klägerin weiter nur davon ausgehen, dass der Beklagte T1xxxxxxxxxxx L1xxxxxxxx wie bei Abschluss des Arbeitsvertrags auch bei der Kündigung für sich selbst handeln wollte und als Vertreter für die beiden Kollegen, auch wenn dies nicht, wie im Arbeitsvertrag, ausdrücklich in der Kündigung angegeben war.

Die Klägerin hat das Kündigungsschreiben, datiert vom 24.08.2002, auch tatsächlich so ausgelegt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 04.09.2002 ergibt. Das Schreiben ist an die Gesellschafter der Beklagten zu 2) P1xxxxxxxx, L1xxxxxxxx und K3xxxxxxxxxx gerichtet. In dem Schreiben wird die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist gerügt und Urlaubsabgeltung verlangt.

II. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) und deren Gesellschaftern hat nicht bis zum 31.03.2003 fortbestanden, sondern ist durch die Kündigung, datiert vom 24.08.2002, mit Wirkung zum 09.08.2002 aufgelöst worden, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

1. Die Kündigung ist schriftlich erfolgt (§§ 623, 126 BGB).

Die Unterzeichnung des Kündigungsschreibens durch den Beklagten zu 3) L1xxxxxxxx stellt eine eigenhändige Namensunterschrift im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB dar. Wie schon dargelegt, war für die Klägerin aus dem Inhalt des Schreibens erkennbar, dass es sich um eine Kündigung ihres Arbeitgebers handelte und damit - wie beim Abschluss des Arbeitsvertrags - der Beklagte L1xxxxxxxx für sich selbst und auch als Vertreter für die Beklagten zu 4) und 5) handelte.

2. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 180 Satz 1 BGB unwirksam.

Die Klägerin hat es unterlassen, die vom Beklagten zu 3) L1xxxxxxxx mit der Benutzung des gemeinschaftlichen Briefkopfs der Beklagten zu 4) und 5) sowie der Hinzufügung des Namensstempels der Beklagten zu 4) und 5) durch seine Unterschrift konkludent behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts zu beanstanden. Damit war die Kündigung nach § 180 Satz 2 in Verbindung mit § 177 Abs. 1 BGB genehmigungsfähig. Die Beklagten zu 4) und 5) haben auch schon mit der gemeinsamen Prozessführung die entsprechende Genehmigung erteilt, wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat.

3. Zutreffend geht das Arbeitsgericht weiter davon aus, dass auch die Voraussetzungen des § 174 Satz 1 BGB nicht vorliegen und sich keine andere Wertung aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 705 ff BGB ergibt. Von einer nochmaligen Darlegung der Rechtslage wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

III. Da das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 09.08.2002 beendet worden ist, stehen der Klägerin gegen die Beklagten über die vom Arbeitsgericht zugesprochenen Vergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche keine weiteren Ansprüche zu.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück