Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 1807/06
Rechtsgebiete: BGB, BUrlG, ZPO, MTV Metall


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 4
ZPO § 263
ZPO § 533
MTV Metall § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 13.03.2006 - 2 Ca 644/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.02.1968 bis zum 08.02.2006 als gewerblicher Arbeitnehmer in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt, zuletzt zu einem Bruttostundenentgelt von 15,00 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Das Arbeitsverhältnis wurde durch schriftliche Eigenkündigung des Klägers vom 07.02.2006, der Beklagten zugegangen am 08.02.2006, beendet. In dem Kündigungsschreiben gibt der Kläger als Grund für die Kündigung an, dass er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Dem Kündigungsschreiben beigefügt war eine ärztliche Bescheinigung des Arztes D2. W2xxxxxx S5xxx, Facharzt für Allgemeinmedizin, D1xxxxx vom 07.02.2006, die folgenden Wortlaut hat:

"Der Verbleib des o.g. Patienten an seinem derzeitigen Arbeitsplatz ist aus hausärztlicher Sicht nicht länger vertretbar, da sonst eine weitere Verschlimmerung der bereits eingetretenen gesundheitlichen Schädigung droht."

Der Kläger war in der Zeit vom 14.12.2005 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krank.

Mit Schreiben vom 09.02.2006 teilte die A2x W4xxxxxxx der Beklagten Folgendes mit:

"Herr V1xxxxx P1xxxxxxx hat von uns Krankengeld bis zum 07.02.2006 erhalten. Zu Ihrer Information teilen wir Ihnen mit, dass die Arbeitsunfähigkeit an diesem Tag geendet hat."

Die Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 16.02.2006 unter anderem folgendes mit:

"Wir weisen auf das Schärfste Ihre gesamten Anschuldigungen zurück, da diese nicht den Tatsachen entsprechen, sondern dem persönlichen Empfinden des Herrn P1xxxxxxx. Im Zweifelsfall werden die ehemaligen Vorgesetzten dies bezeugen.

Herr P1xxxxxxx wäre laut Schreiben der A2x seit dem 08.02.2006 wieder arbeitsfähig gewesen.

..."

Die Beklagte beschäftigt ca. 150 Arbeitnehmer. Auf den Betrieb der Beklagten findet über einen Anerkennungstarifvertrag der Manteltarifvertrag für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW (MTV Metall) Anwendung.

Mit Schreiben vom 17.03.2006 beanspruchte der Kläger gegenüber der Beklagten die Abgeltung des wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Resturlaubs i.H.v. insgesamt 6 Tagen aus 2005 und Januar 2006 zuzüglich des zusätzlichen tariflichen Urlaubsgeldes i.H.v. insgesamt 935,00 € brutto. Die außergerichtliche Geltendmachung bliebt erfolglos.

Mit der vorliegenden am 19.05.2006 erhobenen Zahlungsklage verfolgte der Kläger den Anspruch auf Urlaubsabgeltung weiter.

Mit einer weiteren, am 08.11.2006 erhobenen Klage (Arbeitsgericht Detmold - 2 Ca 1391/06/ LAG Hamm -17 Sa 449/07) verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz.

Im vorliegenden Verfahren behauptet der Kläger die letzte Arbeitsunfähigkeit sei mit dem 06.02.2006 ausgelaufen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 935,00 € brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2006 zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger ab dem 07.02.2006 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Hiergegen spreche zum einen das Kündigungsschreiben, zum anderen jedoch auch die ärztliche Bescheinigung des Hausarztes des Klägers, beide datierend vom 07.02.2006. Da der Kläger selbst erklärt habe, er sei aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht mehr in der Lage, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, sei auch eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger habe daher keinen Abgeltungsanspruch.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 13.09.2006 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 945,00 € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Abgeltungsanspruch stehe entgegen, dass die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs fehle. Der Kläger habe weder vorgetragen noch bewiesen, dass er in der Zeit nach dem 06.02.2006 arbeitsfähig gewesen sei.

Gegen diese ihm am 20.10.2006 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 14.11.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.01.2007 am 19.01.2007 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er stützt sich im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere auf den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 16.02.2006 und auf das Schreiben der A2x W4xxxxxxx-L3xxx vom 09.02.2006.

Hilfsweise verlangt der Kläger die Zahlung als Schadensersatz aus § 628 Abs. 2 BGB wegen Mobbing im Betrieb der Beklagten ihm gegenüber.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 13.09.2006 - 2 Ca 644/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 935,00 € brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2006 zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 13.09.2006 - 2 Ca 644/06 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Die Akte des Rechtsstreits zwischen den Parteien Arbeitsgericht Detmold - 2 Ca 1391/06/LAG Hamm 17 Sa 449/07 - war beigezogen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I. Dem Kläger steht die begehrte Urlaubsabgeltung nicht nach § 7 Abs. 4 BUrlG, § 11 Ziffer 3 Abs. 1 MTV Metall zu.

1. Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses standen dem Kläger aus dem Urlaubsjahr 2005 noch ein Restanspruch von drei Urlaubstagen und aus dem Urlaubsjahr 2006 ein Urlaubsanspruch von ebenfalls drei Urlaubstagen zu.

a) Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Zugang der Kündigung vom 07.02.2006 am 08.02.2006 wandelte sich der zu diesem Zeitpunkt bestehende Urlaubsanspruch des Klägers in Höhe von sechs Urlaubstagen in einen Abgeltungsanspruch in Höhe von sechs Tagen gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG, § 11 Ziffer 3 Abs. 1 MTV Metall um, ohne dass weitere Handlungen der Beklagten oder des Klägers erforderlich waren (BAG Urteil vom 15.01.1995 - 9 AZR 664/93 AP Nr. 66 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG, Urteil vom 05.12.1997 - 9 AZR 871/94 - AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

b) Der Abgeltungsanspruch ist das Surrogat des Urlaubsanspruchs.

aa) Er ist Ersatz für die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht. Er setzt voraus, dass der geschuldete Urlaubsanspruch gewährt werden müsste, wenn das Arbeitsverhältnis fortbestünde.

bb) Der Abgeltungsanspruch ist nur erfüllbar, wenn auch der Urlaubsanspruch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis noch hätte erfüllt werden können, wie das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat. Erforderlich ist daher, dass der Arbeitnehmer bei Fortdauer des Arbeitsverhältnisses jedenfalls für Dauer des Urlaubsanspruchs seine vertraglich geschuldete Urlaubsleistung hätte erbringen können. Dies trifft beispielsweise nicht zu, solange ein Arbeitnehmer fortdauernd arbeitsunfähig krank ist (vgl. BAG, Urteil vom 05.12.1995 a.a.O.; BAG, Urteil vom 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - AP Nr. 74 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht bewiesen, dass der Kläger - wie er behauptet - nach dem 08.02.2006 in der Lage gewesen ist, die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

a) Durch das Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 16.02.2006 ist nicht bewiesen, dass der Kläger ab 08.02. arbeitsfähig gewesen ist. Die Beklagte bezieht sich hier lediglich auf ein Schreiben der A2x W4xxxxxxx-L3xxx vom 09.02.2006. In diesem Schreiben wird der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger bis zum 07.02.2006 Krankengeld erhalten hat und dass die Arbeitsunfähigkeit an diesem Tag geendet hat. Dieser Mitteilung ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger der Krankenkasse keine weitere ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hat.

Ein weiterer Beweisantritt fehlt.

b) Der Kläger muss sich weiter seinen eigenen Vortrag entgegenhalten lassen. Der Kläger führt in seiner Kündigung vom 07.02.2006 selbst aus, dass er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

c) Nach der ärztlichen Bescheinigung des Hausarztes des Klägers D2. S5xxx vom 07.02.2006, welche der Kläger dem Kündigungsschreiben vom 07.02.2006 beigefügt hat, ist der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig krank.

Eine Arbeitsunfähigkeit ist dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer wegen der Schwere der Erkrankung seiner Tätigkeit objektiv nicht oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert (vgl. Schmitt, EFZG, 5. Aufl., § 3 Rz. 54 m.w.N.). Gerade diese Voraussetzungen einer Arbeitsunfähigkeit sind der ärztlichen Bescheinigung des D2. S5xxx vom 07.02.2006 zu entnehmen.

d) Der Kläger trägt für die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urteil vom 20.01.1998 - 9 AZR 812/96 - AP Nr. 45 zu § 13 BUrlG; ErfK/Dörner, 7. Aufl., § 7 BUrlG Rz. 32).

Der Kläger ist für das Vorliegen der Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs beweisfällig geblieben.

II. Soweit der Kläger den Zahlungsanspruch, gestützt auf seinen Vortrag in dem Rechtsstreit zwischen den Parteien Arbeitsgericht Detmold - 2 Ca 1391/06 - (LAG Hamm 17 Sa 449/07), hilfsweise als Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB verlangt, ist diese Klageänderung (Änderung des Klagegrundes) nach §§ 533, 263 ZPO nicht zulässig.

1. Die Zulässigkeit der Klageänderung erfordert zunächst, dass der Beklagte einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich erachtet.

2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Beklagte hat ausdrücklich der hilfsweisen Klageänderungen nicht zugestimmt.

Die hilfsweise erklärte Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit ist maßgeblicher Gesichtspunkt der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (BGH, Urteil vom 05.05.1983 - VII ZR 117/82 - MDR 1983, 1017; BGH, Urteil vom 06.04.2004 - X ZR 132/02 - MDR 2004, 1075). Danach fehlt die Sachdienlichkeit, wenn mit dem neuen Anspruch ein völlig neuer Streitstoff eingeführt wird, bei dessen Beurteilung die bisherigen Prozessergebnisse nicht bewertet werden können (BGH, Urteil vom 10.01.1985 - III ZR 93/83 - NJW 1985, 1841; BGH, Urteil vom 30.11.1999 - VII ZR 219/98 - NJW 2000, 800). So auch im vorliegenden Fall. Durch die Änderung des Klagegrundes wird ein völlig neuer Streitstoff eingeführt, bei dem die bisherigen Prozessergebnisse nicht verwertet werden können.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück