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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: 18 Sa 1925/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 16.09.2004 - 1 Ca 1552/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt

Tatbestand: Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, Vergütungsansprüche für die Zeit September 2003 bis Januar 2004 und über die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Der am 02.02.1963 geborene, verheiratete Kläger, der zwei Kinder hat, wurde mit Wirkung ab 01.07.2003 als Betriebsleiter der Lohnschleiferei I2xxxxx, die von Herrn F1xxx M1xxxxxx betrieben wurde, eingestellt. Es wurde eine Probezeit von sechs Monaten mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen und einem Festgehalt von 4.000,-- € brutto vereinbart. Die Beklagte, die sieben Kinder hat, ist die Ehefrau des F1xxx M1xxxxxx. Am 20.10.2003 erhielt der Kläger auf dem Firmenbogen des F1xxx M1xxxxxx unter dem Datum 31.08.2003 eine fristlose Kündigung zum 01.09.2003 per Fax übermittelt, die die Unterschrift der Beklagten trägt (Bl. 7.d.A.). Die Abrechnung für den Monat August 2003 (Bl. 6 d.A.) trägt als Absenderangabe und die Lohnsteuerkarte 2003 als Arbeitgeberangabe den Namen F1xxx M1xxxxxx. Die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III vom 17.11.2003 (Bl. 21 bis 25 d.A.) sieht als Ansprechpartner "Fr. M1xxxxxx" vor und trägt den Firmenstempel "I2xxxxx Inh. N. M1xxxxxx". Am 18.08.2003 meldete die Beklagte zum 01.08.2003 ein Gewerbe an und meldete es am 12.12.2003 zum 01.08.2003 ab (Bl. 69 ff d.A.). Am 09.01.2004 wurde auf den Antrag des Herrn F1xxx M1xxxxxx das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte meldete zum 12.01.2004 ein Gewerbe mit der Firmenbezeichnung "I2xxxxx L2x." mit der Tätigkeit Oberflächenbearbeitung, Hauptniederlassung C1xxxxx und einem der Anschrift der Beklagten entsprechenden Sitz der Betriebsstätte an. Am 03.06.2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn "F1xxx M1xxxxxx, handelnd unter der Metallschleiferei", eröffnet (Bl. 91 f d.A.). Die vorliegende Klage hat der Kläger am 23.10.2003 anhängig gemacht. Unter dem 08.01.2004 ist folgendes Teilversäumnisurteil ergangen: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 31.08.2003, dem Kläger am 20.10.2003 zugegangen, sein Ende gefunden hat sondern unverändert fortbesteht. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 01.09.2003 fortbesteht. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung bezieht. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,-- € (i.W. dreitausend Euro) brutto für den Monat September 2003 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2003 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,-- € (i.W. viertausend Euro) brutto für den Monat Oktober 2003 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2003 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,-- € (i.W. viertausend Euro) brutto für November 2003 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2003 zu zahlen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Der Streitwert wird auf 31.000,-- € festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 27.01.2004 hat die Beklagte dagegen Einspruch eingelegt. Der Kläger hat vorgetragen: Mitte des Jahres 2003 habe ein Betriebsübergang der Firma I2xxxxx von Herrn F1xxx M1xxxxxx auf die Beklagte stattgefunden. Herr F1xxx M1xxxxxx habe daher eine Kündigung gegenüber dem Kläger nicht aussprechen können. Darüber hinaus entspreche die per Fax übermittelte Kündigung nicht der Formvorschrift des § 623 BGB. Durch den Umzug nach M2xxxxxx, der vollständigen Produktionseinstellung der ursprünglichen Betriebsstelle E1xx sowie des Übergangs des gesamten Personals sei ein Übergang der wesentlichen sachlichen und immateriellen Betriebsmittel erfolgt. Der gesamte Maschinenpark und die Betriebseinrichtung seien vom ursprünglichen Betriebsgrundstück entfernt worden. Der Pachtvertrag hinsichtlich der Gewerbeimmobilie laufe auf den Namen der Beklagten. Der Kläger hat beantragt, das Teilversäumnisurteil vom 08.01.2004 aufrechtzuerhalten und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.000,-- € brutto für Dezember 2003 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2004 zu zahlen und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.000,-- € brutto für Januar 2004 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, das Teilversäumnisurteil vom 08.01.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat vorgetragen: Sie sei zu keinem Zeitpunkt Vertragspartner des Klägers gewesen. Allein die Monatsabrechnung für August 2003 dokumentiere, dass Mitte des Jahres 2003 gerade kein Betriebsübergang auf die Beklagte stattgefunden habe. Ein Rückzug des Herrn F1xxx M1xxxxxx aus dem Betrieb sei zwar aufgrund familiärer Divergenzen geplant gewesen, dies sei allerdings kurzfristig verworfen worden. Die beabsichtigten Übertragungsverträge seien nicht geschlossen worden. Das Kündigungsschreiben sei von der Beklagten in Vertretung für den Zeugen F1xxx M1xxxxxx unterschrieben worden. Der Betrieb sei von E1xx nach M2xxxxxx umgezogen, weil die Produktionshalle in E1xx mangelhaft gewesen sei. Die Beklagte habe zwar unter der Firma I2xxxxx Ltd. ein Gewerbe angemeldet, dieses betreibe sie jedoch nicht als Inhaberin. Durch Urteil vom 16.09.2004 hat das Arbeitsgericht das Teilversäumnisurteil vom 08.01.2004 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat es dem Kläger auferlegt, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 08.01.2004 entstanden sind und die dieser auferlegt worden sind. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 31.000,-- € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei nicht im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen. Dass die Organisations- und Leitungsmacht auf die Beklagte übergegangen sei und diese damit Arbeitgeberin des Klägers geworden sei, habe der Kläger nicht hinreichend darlegen und beweisen können. Gegen dieses ihm am 15.10.2004 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 15.10.2004 Berufung eingelegt und diese am 29.11.2004 begründet. Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er stützt sich weiterhin im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 16.09.2004 - 1 Ca 1552/03 - abzuändern und das Teilversäumnisurteil vom 08.01.2004 aufrechtzuerhalten und weiter die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.000,-- € brutto für Dezember 2003 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2004 sowie 4.000,-- € brutto für Januar 2004 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 16.09.2004 - 1 Ca 1552/03 - zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen. Entscheidungsgründe: A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Feststellungs- und Leistungsanträge setzen voraus, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand. Diese Voraussetzung lag nicht vor, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. I. Unbestritten ist zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Das Arbeitsverhältnis wurde zwischen dem Kläger und dem Ehemann der Beklagten F1xxx M1xxxxxx geschlossen. II. Das so begründete Arbeitsverhältnis ist nicht durch Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. 1. Geht ein Betrieb durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des bergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein und der Veräußerer verliert seine Arbeitgeberstellung. Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. a) Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Einheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93; BAG, Urteil vom 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 - NZA 2003, 315; BAG, Urteil vom 25.09.2003 - 8 AZR 421/02 - NZA 2004, 316). b) Entscheidend ist, ob ein neuer Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb im Wesentlichen im eigenen Namen fortführt. Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt nur mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebes ein. Maßgeblich ist der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Inhabers. Bleibt der Rechtsträger identisch, ist der bisherige Inhaber weiterhin für den Betrieb verantwortlich, fehlt es an einem Betriebsübergang. Ein Betriebsübergang findet nur statt, wenn der Übernehmer die eigenverantwortliche Organisations- und Leitungsmacht übernimmt (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 18.03.1999 - 8 AZR 159/98 - NZA 1999, 704; EuGH, Urteil vom 10.12.1998 - C 173/96 - und - C 247/96 - NZA 1999, 189; BAG, Urteil vom 01.10.2002 - 9 AZR 278/02 - NZA 2003, 1341). 2. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht reicht der Vortrag des Klägers nicht aus für die Annahme der eigenverantwortlichen Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht durch die Beklagte. a) Dass die Beklagte die Betriebsleitung des nach M2xxxxxx, I1 S2xxxxxxxx 91, umgezogenen Betriebes übernommen hat, ist zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig. So war sie Ansprechpartnerin des Personals und erteilte diesem Weisungen, so hat sie auch die Kündigung des Klägers wohl im Oktober 2003 unterzeichnet auf einem Briefbogen der Firma ihres Ehemannes. b) Die Beklagte will die Betriebsführung durchgeführt haben im Auftrag ihres Mannes und aufgrund einer internen Absprache. Diese Einlassung ist von dem darlegungs- und beweispflichtigen Kläger nicht zwingend widerlegt worden. aa) Für einen Inhaberwechsel sprechen die Gewerbeanmeldung zum 01.08.2003, der Stempel auf der Arbeitsbescheinigung des Klägers vom 17.11.2003 und der Abschluss des Pachtvertrages für die neue Halle durch die Beklagte. Zwingend ergibt sich aus diesen Indiztatsachen - auch zusammen gesehen - die Übernahme der eigenverantwortlichen Leitungsmacht durch die Beklagte nicht. Die Gewerbeanmeldung vom 01.08.2003 ist am 12.12.2003 dahingehend korrigiert worden, dass der Ehemann der Beklagten weiter ab 01.08.2003 Betriebsinhaber war. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die Anmeldung am 01.08.2003 vorsorglich erfolgte, da nach dem Vortrag der Beklagten damals geplant war, dass sie den Betrieb übernehmen sollte, es aber zu einer Betriebsübertragung und zum Abschluss des entsprechenden Übertragungsvertrages nicht gekommen sei. In diesem Zusammenhang ist auch der für die Abstempelung der Arbeitsbescheinigung des Klägers vom 17.11.2003 benutzte Stempel von Bedeutung. Dieser Stempel kann vorsorglich angefertigt worden sein. Bezeichnenderweise ist nicht ersichtlich, dass dieser Stempel sonst von der Beklagten im Rechtsverkehr benutzt worden ist. Weiter spricht die Anmietung der neuen Halle durch die Beklagte nicht zwingend für die Übernahme der verantwortlichen Leitungsmacht. Auch bei Anmietung der neuen Halle durch sie war es möglich, den Betrieb ihres Ehemannes in dieser Halle fortzuführen. bb) Zu berücksichtigen ist, dass wesentliche Indiztatsachen dafür sprechen, dass der Ehemann der Beklagten auch weiterhin als Inhaber für den Betrieb verantwortlich war. Er ist als Aussteller der Lohnabrechnungen und der Lohnsteuerbescheinigungen für den Kläger angeführt. So wurden auch die betrieblichen Steuer- und Sozialabgaben weiter für den Ehemann der Beklagten und dessen Betriebsnummer abgebucht. Aus der Akte des Insolvenzverfahrens (Amtsgericht Arnsberg 21 IN 3 /04) ergibt sich, dass die Buchhaltung und Bilanzierung, die überhaupt nur bis zum 30.10.2003 geführt wurde, für F1xxx M1xxxxxx erfolgte und dass die technischen Anlagen des Betriebes weiterhin im Eigentum des Ehemannes der Beklagten geblieben sind. cc) Der Vortrag des Klägers, die Beklagte sei neben der Abstempelung seiner Arbeitsbescheinigung auch anderen Behörden und anderen Instituten, Kunden und Banken gegenüber als alleinige Inhaberin aufgetreten, ist zu pauschal und steht daher einer Beweisaufnahme nicht zur Verfügung. B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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