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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.04.2005
Aktenzeichen: 18 Sa 2038/04
Rechtsgebiete: KnAT, BGB, SGB V, SGB VI


Vorschriften:

KnAT § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b
BGB § 242
BGB §§ 812 ff
SGB V § 50 Abs. 1 Satz 2
SGB VI § 116 Abs. 2
Nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b KnAT gelten Beträge, die vom Arbeitgeber als tarifliche Krankenbezüge über den Zeitpunkt des rückwirkend festgesetzten Rentenbeginns hinaus gezahlt worden sind, als Vorschüsse auf die dem Arbeitnehmer zustehenden Bezüge aus der Rentenversicherung. Dadurch ist abschließend bestimmt, dass der Angestellte zur Rückzahlung dieser Krankenbezüge verpflichtet ist.

Da der Rückforderungsanspruch sich aus dem Tarifvertrag und nicht aus den Bestimmungen des gesetzlichen Bereicherungsrechts (§§ 812 ff BGB) ergibt, kann sich der Arbeitnehmer nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf die eventuell entstehende tarifliche Rückzahlungsverpflichtung hinzuweisen.

Ob der Arbeitgeber von der Rückforderung nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b Satz 2 und 3 KnAT absieht, steht in seinem freien Ermessen.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.10.2004 - 2 Ca 1112/03 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.044,79 € zu zahlen nebst 4 % Zinsen ab dem 18.05.1999.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 20 % und der Beklagten zu 80 % auferlegt.

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Rückzahlung von tariflichen Krankenbezügen und der anteiligen tariflichen Zuwendung für das Jahr 1996. Die am 21.01.12xx geborene Beklagte war in der Zeit von 1961 bis 1996 für die Klägerin im K4xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx D1xxxxxx als Krankenschwester tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Bestimmungen des Knappschaftsangestellten-Tarifvertrags (KnAT) Anwendung. Seit dem 28.03.1996 war die Beklagte arbeitsunfähig krank. Die Klägerin gewährte der Beklagten in den Zeiträumen 28.03. bis 08.05.1996 sowie 22.05. bis 08.10.1996 die tariflichen Krankenbezüge gemäß § 71 Abs. 2 KnAT. In der Zeit vom 09.05. bis 21.05.1996 bezog die Beklagte ein sogenanntes Übergangsgeld. Ab 22.05.1996 nahm die Beklagte an einer Rehabilitationsmaßnahme erfolglos teil. Am 13.11.1996 stellte die Beklagte einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente. Mit Bescheid vom 23.04.1997 gewährte die Klägerin als Rentenversicherungsträgerin der Beklagten rückwirkend ab 22.05.1996 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Dem Knappschaftskrankenhaus, in dem die Klägerin tätig war, wurde die Rentengewährung mit Schreiben vom 23.04.1997, welches das Knappschaftskrankenhaus am 13.05.1997 erhielt, mitgeteilt. Mit Schreiben vom 03.09.1997 teilte die Klägerin der Beklagten u.a. Folgendes mit: Erstattungsanspruch Sehr geehrte Frau S2xxxx, durch Bescheid vom 23.04.1997 wurde Ihnen mit Wirkung vom 22.05.1996 die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt. Sie haben bis 08.10.1996 Krankenbezüge gemäß § 71 des Knappschafts-Angestelltentarifvertrages (KnAT) erhalten. Im Falle einer Rentengewährung entfällt rückwirkend ab Rentenbeginn der Anspruch auf die gezahlten Krankenbezüge. Die überzahlten Krankenbezüge gelten als Vorschuss auf die zustehende Rente und gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. Für die Kalendermonate, für die der Anspruch auf Krankenbezüge rückwirkend nachträglich entfällt, besteht auch kein Anspruch auf Zuwendung (Weihnachtsgeld). Eine Rückforderung der Beträge, die wir im Rahmen der Vermögensbildung in Ihrem Auftrag an das Geldinstitut überwiesen haben, ist uns aus den verschiedensten Gründen nicht möglich (Verzinsung usw.). Um diese Beträge erhöht sich der Erstattungsanspruch. Wir haben daher unter Beachtung des sechswöchigen gesetzlichen Entgeltfortzahlungsanspruchs für die Zeit vom 01.06.1996 bis 08.10.1996 gegenüber der Rentenversicherung Erstattungsanspruch in Höhe von 17.989,52 DM netto angemeldet. Seitens der Rentenversicherung wurde uns zur Befriedigung unseres Ersatzanspruches aus Ihrer Rentennachzahlung ein Betrag von 10.557,84 DM überwiesen, so dass wir noch eine Forderung in Höhe von 7.431,68 DM haben. Wir bitten Sie, sich zwecks Regelung der Rückzahlungsmodalitäten mit uns in Verbindung zu setzen. Die Beklagte lehnte jegliche Zahlung ab. Der Versuch einer Aufrechnung der Ansprüche der Klägerin mit den Rentenansprüchen der Beklagten im Wege eines Aufrechnungsbescheides wurde nach Einleitung eines sozialgerichtlichen Verfahrens (Sozialgericht Dortmund - S 24 KN 274/99 -) durch die Klägerin aufgegeben. Mit der vorliegenden, am 14.02.2003 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin nunmehr ihre Ansprüche gerichtlich weiter. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie gemäß § 71 Abs. 2 KnAT gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Krankenbezüge habe. Bezüglich der Berechnung des Klageanspruchs hat sie auf die Anlage 4 zur Klageschrift vom 10.02.2003 verwiesen. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.799,76 € nebst 4 % Zinsen ab dem 18.05.1999 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten: Die Klägerin könne zumindest entsprechend § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V die überzahlten Beträge nicht zurückfordern. Ferner habe die Klägerin nicht die nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b KnAT gebotene Ermessensentscheidung getroffen, so dass eine Rückforderung auch aus diesem Grunde ausscheide. Weiter habe die Klägerin im Rahmen der Ermessensentscheidung davon absehen müssen, die überzahlten Krankenbezüge zurückzufordern. Ihr, der Beklagten, sei der Unterschied zwischen Krankenbezügen und Krankengeld der Krankenkasse nicht bekannt gewesen. Im Vertrauen darauf, die Krankenbezüge auch nicht teilweise zurückzahlen zu müssen, habe sie diese verbraucht und sei insoweit entreichert. So aber werde sie durch die rückwirkende Rentengewährung schlechter gestellt als bei lediglich gesetzlicher sechswöchiger Entgeltfortzahlung und anschließender Krankengeldzahlung seitens der Krankenkasse. Dies widerspreche jedoch der Wertung des § 50 SGB V. Weiterhin habe die Klägerin in keinem anderen Fall gegenüber Mitarbeitern eine Erstattung des Überzahlungsbetrages verlangt, so dass sie sich diesbezüglich auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen könne. Letztendlich sei ein etwaiger Rückzahlungsanspruch der Klägerin verfallen. Durch Urteil vom 12.10.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 3.799,76 € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Anspruch sei nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b KnAT begründet. Nach der tariflichen Vorschrift seien die überzahlten Krankenbezüge als Vorschuss zurückzuzahlen. Eine Berufung auf Wegfall der Bereicherung sei nicht möglich. § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei auf die tarifliche Entgeltfortzahlung nicht anzuwenden, da keine gesetzliche Krankengeldzahlung vorliege. Weiter bestehe keine Verpflichtung, von der Rückzahlung abzusehen. Auch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Verfall liege nicht vor. Gegen dieses ihr am 28.10.2004 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 05.11.2004 Berufung eingelegt und diese am 28.12.2004 begründet. Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie stützt sich weiterhin maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.10.2004 - 2 Ca 1112/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.10.2004 - 2 Ca 1112/03 - zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen. Entscheidungsgründe: A. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der für die Zeit vom 01.06.1996 bis zum 08.10.1996 gezahlten Krankenbezüge (16.512,93 DM), soweit der Anspruch nicht von ihr als Rentenversicherungsträgerin in Höhe von 10.557,84 DM befriedigt wurde, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. 1. Der Rückforderungsanspruch richtet sich nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b KnAT. a) Nach dieser tariflichen Vorschrift werden Krankenbezüge nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an der Angestellte Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Beträge, die als Krankenbezüge über diesen Zeitpunkt hinaus gezahlt worden sind, gelten als Vorschüsse auf die zustehenden Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Insoweit gehen die Ansprüche des Angestellten auf den Arbeitgeber über. b) Dadurch haben die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung getragen, dass der Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit anerkennt und von diesem Zeitpunkt an rückwirkend die Rentenversicherungsleistung zahlt. Der arbeitsunfähige Angestellte soll in diesem Fall nicht neben dem Rentenanspruch den Anspruch auf Krankenbezüge behalten. Deshalb endet die Zahlung der Krankenbezüge an dem Tag, der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der Tag bezeichnet ist, von dem an die Versicherungsleistung erstmals gewährt wird. c) Dadurch, dass die Tarifvertragsparteien die über den Beginn der Rentenversicherungsleistung hinaus gezahlten Krankenbezüge als Vorschüsse auf die Rentenversicherungsleistung fingiert haben, haben sie geregelt, dass diese Krankenbezüge ihre Arbeitsentgelteigenschaft verlieren. Die Bezeichnung dieser Zahlungen als Vorschüsse bewirkt, wie die Auslegung schon nach dem Tarifwortlaut ergibt, dass der Angestellte als Empfänger der Leistung zur Rückzahlung verpflichtet ist, wenn die tariflichen Voraussetzungen der Vorschussfiktion vorliegen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 25.02.1993 - 6 AZR 334/91 - ZTR 1994, 163; BAG, Urteil vom 30.09.1999 - 6 AZR 130/98 - NZA 2000, 547). 2. Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b KnAT sind hinsichtlich der der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.1996 bis 08.10.1996 gezahlten Krankenbezüge erfüllt. a) Die Beklagte hat ab 22.05.1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und damit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Der Rentenbeginn ist durch den Rentenbescheid vom 23.04.997 festgesetzt worden. aa) Maßgeblich für die Rückzahlungsverpflichtung ist nach der tariflichen Vorschrift allein der Tag des im Rentenbescheid genannten Rentenbeginns und nicht wie die Klägerin meint, frühestens der Tag der Antragstellung, im vorliegenden Fall der 13.11.1996. Der Angestellte führt dadurch, dass er den Rentenantrag stellt, selbst die rechtliche Folge herbei, die die tarifliche Regelung an den Erfolg des Rentenantrags stellt. Der Angestellte löst durch den Rentenantrag die durch den Rentenbezug aufschiebend bedingte Rückzahlungspflicht aus, auch wenn der Beginn des Rentenbezuges durch den Rentenversicherungsträger rückwirkend vor den Termin der Antragstellung festgesetzt wird. bb) Für die Auslösung dieser Rechtsfolge kommt es nicht darauf an, ob der Angestellte den Tarifinhalt bzw. auch die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften kennt. Weiter hängt die Begründung der Rückzahlungsverpflichtung nicht von einer bestimmten Leistungshandlung des Arbeitgebers ab (vgl. BAG, Urteil vom 25.02.1993 - 6 AZR 334/91 - ZTR 1994, 163; BAG, Urteil vom 30.09.1999 - 6 AZR 130/98 - NZA 2000, 547). b) Die Beklagte musste bei Antragstellung damit rechnen, dass der Tag des Rentenbeginns zum frühest möglichen Zeitpunkt festgestellt wird wegen der erfolglosen Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme (§ 116 Abs. 2 Ziffer 2 SGB VI). Im Antrag vom 13.11.1996 hat die Beklagte im Feld 1 des Antrags die Frage "Soll die Altersrente schon von einem späteren Zeitpunkt an als dem frühest möglichen Rentenbeginn gezahlt werden" nicht beantwortet. Der im Rentenbescheid vom 23.04.1997 festgesetzte Tag des Rentenbeginns ist für beide Parteien verbindlich. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. 3. Die durch die tarifliche Vorschrift begründete Rückzahlungsverpflichtung verstößt nicht gegen § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V bzw. wegen § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. a) Auch die Tarifvertragsparteien sind an die Grundrechte gebunden. Sie haben den Gleichheitssatz des § 3 Abs. 1 GG zu beachten (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 29.10.1998 - 6 AZR 241/97 - NZA 1999, 1051). Artikel 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ungleich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte rügt im vorliegenden Fall die Ungleichbehandlung der Normadressaten, die unter die tarifliche Vorschrift fallen im Verhältnis zu den von der tariflichen Norm nicht erfassten Arbeitnehmer. b) Die tarifliche Vorschrift verstößt auch nicht gegen § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V unmittelbar. Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V kann zuviel gezahltes Krankengeld vom Versicherten nicht zurückgefordert werden. Diese Bestimmung ist eine krankenversicherungsrechtliche Vorschrift und gilt nur für das Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenbezüge, die gemäß § 71 Abs. 2 KnAT bis zur Dauer von 26 Wochen zu zahlen sind, stellen eine vom Arbeitgeber zu zahlende Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall dar und nicht ein von der Krankenkasse zu zahlendes Krankengeld. Es ist eine tarifliche Leistung, die zugunsten des Arbeitnehmers über die gesetzlich vorgeschriebene Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die ersten sechs Wochen der Krankheit hinausgeht. Solche Leistungen werden von der sozialversicherungsrechtlichen Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht erfasst. c) Wegen der Verschiedenheit der Rechtsgebiete scheidet auch eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V aus. 4. Die Beklagte kann sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Grundsätzlich ergibt sich bei einer Vorschusszahlung die Rückzahlungsverpflichtung aus der Vorschussvereinbarung selbst. Diese beinhaltet ohne Rücksicht auf eine etwaige Entreicherung die Verpflichtung zur Rückzahlung (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 25.02.1993, a.a.O.; BAG, Urteil vom 30.09.1999 - 6 AZR 130/98 - NZA 2000, 547). 5. Die Rückforderung verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), weil die Klägerin die Beklagte nicht über die Umwandlung der gezahlten Krankenbezüge in eine Vorschusszahlung belehrt hat. a) Auch wenn die Beklagte nicht wusste, dass sie mit einer Rückzahlung rechnen musste, begründet dies keine Aufklärungspflicht der Klägerin. Für die Beklagte war aus dem Wortlaut der tariflichen Vorschrift erkennbar, dass sie gegebenenfalls überzahlte Krankenbezüge wieder zurückzahlen müsse. Es mag zutreffen, dass die Beklagte keine genauen Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts hatte und ihr bewusst war, dass durch den Rentenantrag und die erfolglose Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme der Rentenbeginn rückwirkend festgesetzt werden konnte. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, sich selbst über die für ihn maßgebenden sozialrechtlichen Regelungen vor Antragstellung zu informieren und den ihm sachgerecht erscheinenden Antrag zu stellen. b) Ein Hinweis war der Klägerin weiter vor Zustellung des Rentenbescheides an sie nicht möglich, da sie zum Zeitpunkt der Zahlung der Krankenbezüge selbst nicht wusste, ob ein Rückforderungsanspruch für sie entstehen würde. 6. Die Klägerin war nicht verpflichtet, von der Rückforderung des überzahlten Betrages abzusehen. Nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Satz 4 KnAT kann der Arbeitgeber von der Rückforderung des überzahlten Betrages absehen, es sei denn, der Angestellte hat dem Arbeitgeber die Zustellung des Rentenbescheides schuldhaft verspätet mitgeteilt. a) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nach der tariflichen Vorschrift der Arbeitgeber nach freiem Ermessen entscheiden, ob er gegenüber dem Angestellten auf die Rückforderung der aufgrund der rückwirkenden Rentengewährung zuviel gezahlten Krankenbezüge verzichtet (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 22.09.1999 - 10 AZR 839/98 - NZA 2000, 551). Der Wortlaut des § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Satz 4 KnAT gibt zwar keinen eindeutigen Aufschluss darüber, welche Kriterien der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er von der Rückforderung absieht, zu beachten hat. Dass der Arbeitgeber die Entscheidung nach freiem Ermessen zu treffen hat und nicht an Billigkeitserwägungen gebunden ist, ergibt sich aber im Vergleich mit der Vorschrift des § 36 Abs. 6 Satz 1 KnAT, der die Rückforderung sonstiger überzahlter Bezüge regelt. In dieser tariflichen Vorschrift haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich bestimmt, dass aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge ganz oder teilweise abgesehen werden kann. Dagegen ist im Wortlaut des § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Satz 4 KnAT nicht auf Billigkeitsgründe abgestellt worden. b) Bei dem freien Ermessen wird die Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers nur auf die Grenze der Willkür eingeschränkt. Gründe dafür, dass die Rückforderungsentscheidung willkürlich war, sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten selbst auch nicht behauptet. 7. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 3.044,79 €. Sie hat im Monat Juni 3.723,69 DM, im Monat Juli 4.129,90 DM, im Monat August 3.746,45 DM, im Monat September 3.961,03 DM und im Monat Oktober 951,86 DM als Krankenbezüge jeweils netto an die Beklagte geleistet, insgesamt 16.512,93 DM. Durch den Übergang der Rentennachzahlung in Höhe von 10.587,84 DM verblieb für die Klägerin ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 5.955,09 DM = 3.044,79 €. 8. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug. 9. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verfallen, da er innerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist des § 70 KnAT durch Schreiben der Klägerin vom 03.09.1997 schriftlich geltend gemacht wurde. Zwar wird ein Rückforderungsanspruch wegen überzahlter Bezüge grundsätzlich im Zeitpunkt der Überzahlung fällig. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs zu erkennen und ihn wenigstens annähernd zu beziffern. Dann tritt die Fälligkeit erst ein, wenn der Arbeitgeber über die zur Geltendmachung erforderlichen Tatsachen Kenntnis erlangt. Im vorliegenden Fall war der Klägerin erst mit Zugang der Mitteilung der Rentengewährung vom 23.04.1997 am 13.05.1997 erkennbar, dass ein Rückzahlungsanspruch entstanden war und welchen Restbetrag sie verlangen konnte. Mit diesem Zeitpunkt ist der Rückforderungsanspruch fällig geworden im Sinne der tariflichen Verfallfrist. II. Hinsichtlich des Restanspruchs in Höhe von 754,97 € ist die Klage wegen Unschlüssigkeit nicht begründet. Soweit die Klägerin den Anspruch auf Rückzahlung einer anteiligen Zuwendung in Höhe von 754,97 € stützt, fehlt eine Begründung der Rückzahlungsforderung dem Grunde und der Höhe nach. B. Nach alledem hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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