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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.08.2005
Aktenzeichen: 18 Sa 255/05
Rechtsgebiete: EntgFG, ZPO


Vorschriften:

EntgFG § 3 Abs. 1
EntgFG § 4 Abs. 1
ZPO § 286 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.01.2005 - 2 Ca 1610/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 04.05.2004 bis 15.06.2004. Die am 20.02.1970 geborene Klägerin ist seit dem 15.03.1992 als Reinigungskraft bei der Beklagten tätig. Die Beklagte betreibt einen Großhandel für Reinigungstechnik und Betriebshygiene, Gebäudereinigung und Dienstleistungen. In der Zeit vom 02.12.2002 bis zum 03.05.2004 war die Klägerin wegen Depressionen und Schlafstörungen arbeitsunfähig erkrankt. Am 08.01.2004 suchte sie die Fachärztin für Frauenheilkunde, die Zeugin Dr. B1xxxx auf, die das Vorliegen einer Schwangerschaft feststellte. Die Klägerin suchte die Zeugin Dr. B1xxxx weiter am 05.02.2004, 02.03.2004 und 25.03.2004 auf, so auch am 04.05. 2004, als die Zeugin das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit feststellte und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellte. Die Klägerin war während der gesamten weiteren Schwangerschaft wegen dieser von Dr. B1xxxx festgestellten Arbeitsunfähigkeit wegen Kreislaufregulationsstörungen arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 16.06.2004 verlangte die Klägerin die Vergütung ab 04.05.2004. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 11.08.2004 erhoben. Die Klägerin hat behauptet, sie sei ebenfalls in der Zeit vom 03.05.2004 ab 19.15 Uhr bis am Morgen des 04.05.2004 nicht arbeitsunfähig krank gewesen. Jedenfalls nach dem 25.03.2004 habe sie nicht mehr unter Kreislaufbeschwerden gelitten. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.980,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf 1.320,50 € seit dem 03.06.2004 und auf 660,25 € seit dem 03.07.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat behauptet, dass die ab dem 04.05.2004 durchgängig bestehenden Kreislaufregulationsstörungen bereits ohne Unterbrechung zu einem Zeitpunkt vor dem 03.05.2004 bestanden hätten. Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die schriftliche Zeugenvernehmung der Zeugin Dr. B1xxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen der Zeugin Dr. B1xxxx vom 02.11.2004 (Bl. 20 d.A.) und vom 07.12.2004 (Bl. 32 d.A.) verwiesen. Durch Urteil vom 07.01.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.980,75 € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht es als erwiesen angesehen, dass die Klägerin durchgehend schon vor dem 04.05.2004 wegen Kreislaufbeschwerden arbeitsunfähig krank gewesen sei. Gegen dieses ihr am 03.02.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 11.02.2005 Berufung eingelegt und diese am 18.03.2005 begründet. Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie stützt sich maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.01.2005 - 2 Ca 1610/04 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.980,75 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.320,50 € seit dem 03.06.2004 und auf 660,25 € seit dem 03.07.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Paderborn vom 07.01.2005 - 18 Sa 255/05 - zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. Entscheidungsgründe: I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht der begehrte Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 04.05.2004 bis zum 15.06.2004 nicht gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EntgFG zu. 1. Nach § 3 Abs. 1 EntgFG hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer für jede neue Erkrankung, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Tritt wegen einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheitsursache hinzu, die für sich ebenso die Arbeitsunfähigkeit bedingt hätte, so wird hierdurch kein neuer Sechswochenzeitraum in Lauf gesetzt. Auch mehrere unterschiedliche Erkrankungen, die sich teilweise überlappen, lösen nur einmal nach dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles für sechs Wochen einen Entgeltfortzahlungsanspruch auf (vgl. BAG Urteil vom 02.02.1994 - 5 AZR 345/93 - NZA 1994, 547; BAG Urteil vom 19.06.1991 - 5 AZR 304/90 - NZA 1961, 894; LAG Hamm Urteil vom 09.01.2001 - 11 Sa 889/00 -; Schmitt, Entgeltfortzahlungsgesetz, 5. Aufl., § 3 Rn. 196; Marienhagen/Künzel, Entgeltfortzahlung, § 3 Rn. 52 d; Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, § 3 Rn. 216; ErfK/Dörner, 5. Aufl., § 3 EntgFG Rn. 97; a.A. Kunz/Wedde, Entgeltfortzahlungsrecht, 2 Aufl., § 3 Rn. 160). Eine andere Erkrankung liegt im Gegensatz zu einer fortgesetzten Krankheit vor, wenn die Krankheit eine andere Ursache hat und nicht auf demselben Grundleiden beruht (Schmitt Entgeltfortzahlungsgesetz, § 3 Rz. 195). Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Eintritts der neuen Erkrankung nicht mehr wegen der vorangegangenen Krankheit arbeitsunfähig war. Dann entsteht ein neuer Anspruch für die Dauer von bis zu sechs Wochen (vgl. BAG Urteil vom 01.06.1983 - 5 AZR 468/80 - AP Nr. 54 zu § 1 LohnFG). Da es sich um eine Ausnahme zum grundsätzlich gegebenen Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 handelt, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die zweite andere Erkrankung sich ohne Unterbrechung ab einem Zeitpunkt, der vor dem Ende der ersten Erkrankung liegt, fortgesetzt hat (vgl. für den Fall der fortgesetzten Krankheit MüKo/Müller-Glöge, § 3 EntgFG. Rn. 87). 2. Das Arbeitsgericht hat nach der durchgeführten Beweisaufnahme es für erwiesen angesehen, dass die Klägerin ab einem Zeitpunkt vor dem 03.05.2004 unter Kreislaufregulationsstörungen gelitten hat, die neben der bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine andere Arbeitsunfähigkeit begründet haben. Das Berufungsgericht teilt die Überzeugung des Arbeitsgerichtes (§ 286 Abs. 1 ZPO). Insbesondere ist das Berufungsgericht davon überzeugt, dass in der Zeit vom 03.05.2004, 19.15 Uhr bis zum Morgen des 04.05.2004 die Arbeitsunfähigkeit wegen der Kreislaufregulationsstörungen weiter angedauert hat. a) Das Berufungsgericht stützt die Überzeugung auf die schriftliche Aussage der Ärztin Dr. B1xxxx vom 02.11.2004 und vom 07.12.2004. Die Zeugin hat bekundet, dass sie das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit ab 08.11.2004 bescheinigt hätte, wenn die Klägerin nicht schon von ihrer Hausärztin krankgeschrieben gewesen wäre. Bereits am 08.01.2004 habe die Klägerin an einer intrauterinen Gravidität gelitten mit starkem Erbrechen und weiter an Kreislaufregulationsstörungen mit Schwindel. Auch bei den nachfolgenden Untersuchungen am 05.02., 02.03. und 25.03.2004 seien die geklagten Beschwerden Erbrechen und Kreislaufregulationsstörungen mit Schwindel von einer solchen Intensität gewesen, dass der Klägerin Antimedika bzw. Kreislaufmittel rezeptiert worden seien. b) Das Gericht übersieht nicht, dass die Zeugin Dr. B1xxxx eingeräumt hat, dass wegen der restrospektiven Aussage es für sie schwer ist zu beurteilen, ob eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit gegeben war. Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Aussage der Zeugin B1xxxx und der gegebenen Umstände davon überzeugt, dass die Klägerin ab 08.01.2004 durchgehend arbeitsunfähig krank war wegen Kreislaufregulationsstörungen. c) Soweit die Klägerin behauptet, sie habe jedenfalls nach dem 25.03.2004 bis zum 04.05.2004 morgens nicht mehr an Kreislaufregulationsstörungen gelitten, glaubt ihr das Berufungsgericht dies nicht (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Vortrag der Klägerin zu diesem Bestreiten ist so widersprüchlich, dass sich eine Beweisaufnahme verbietet (Beweisangebot der Klägerin: Zeugnis der Zeugin Dr. B2xxxxxx). In der Klageschrift hat die Klägerin vorgetragen, dass es sich bei den Kreislaufstörungen ab 04.05.2004 um eine völlig neue Erkrankung gehandelt habe. Sie habe zuvor nicht an Kreislaufstörungen gelitten. Im Schriftsatz vom 12.11.2004 räumt die Klägerin Kreislaufregulationsstörungen am 08.01.2004 ein, behauptet aber, in den Folgemonaten seien keine Kreislaufstörungen mehr diagnostiziert worden. Erst am 04.05.2004 seien diese wieder aufgetreten. Im Schriftsatz vom 29.12.2004 trägt die Klägerin als Reaktion auf die schriftliche Aussage der Zeugin Dr. B1xxxx vom 07.12.2004 vor, dass sie jedenfalls nach dem 25.03. nicht mehr an Kreislaufregulationsstörungen gelitten habe. Ein solch widersprüchlicher Vortrag ist nicht glaubhaft, insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass die Klägerin ab 04.05.2004 ununterbrochen weiterhin wegen der Kreislaufregulationsstörungen arbeitsunfähig krank gewesen ist. II. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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