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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.11.2005
Aktenzeichen: 18 Ta 269/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, RVG


Vorschriften:

ArbGG § 11 a Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4 Alt. 2
RVG § 46 Abs. 1
RVG § 48 Abs. 1
Soweit durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts entstandenen Reisekosten erstattbar.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort im PKH-Bewilligungsbeschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 15.12.2004 - 1 Ha 25/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe: I. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 03.12.2004, der am 06.12.2004 bei dem Arbeitsgericht Herne einging, beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin W1xxxx aus M2xx zu bewilligen zur Verfolgung der Klageanträge den Antragsgegner zu verurteilen, die Arbeitspapiere der Antragstellerin, bestehen aus 1. Lohnsteuerkarte 2004 2. sämtliche Gehaltsabrechnungen 3. Sozialversicherungsnachweis herauszugeben und den Antragsgegner zu verurteilen, der Antragstellerin ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung in dem Arbeitsverhältnis erstreckt. Durch Beschluss vom 15.12.2004 hat das Arbeitsgericht Herne der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin W1xxxx aus M2xx bewilligt, jedoch unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 19.01.2005 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit die Entscheidung die Bewilligung der Prozesskostenhilfe einschränkt. Das Arbeitsgericht hat eine Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Landesarbeitsgericht Hamm als Vertreter der Landeskasse eingeholt, auf deren Inhalt (Bl. 12 bis 16 d. PKH-Akte) verwiesen wird. Mit Beschluss vom 19.04.2005 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgte mit Einschränkungen, die für den dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütungsanspruch maßgeblich sind (§§ 46 Abs. 1, 48 Abs. 1 RVG). III. Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet. Die von dem Arbeitsgericht angeordnete Einschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung ist grundsätzlich zulässig. Die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten kann lediglich dann erfolgen, wenn dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen (§ 11 a Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 121 Abs. 3 ZPO analog). 1. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. a) Die Vorschrift ist über § 11 a Abs. 3 ArbGG entsprechend auf das arbeitsgerichtliche Verfahren anwendbar. Das bedeutet, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren statt auf die Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht auf seine Ansässigkeit am Ort des Gerichts abzustellen ist (vgl. LAG Bremen, Beschluss vom 11.05.1988 - 1 Ta 9/88 -, LAGE, ZPO, § 121 Nr. 3; LAG Thüringen, Beschluss vom 21.07.1997 - 8 Ta 100/97 - LAGE, ZPO, § 121 Nr. 4). Grundgedanke der Vorschrift ist es, unnötige Reisekosten zu vermeiden (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.08.2003 - 1 Ta 84/01 - NZA-RR 2004, 212). Die Vermeidung zusätzlicher Kosten ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Beiordnung. Entscheidet sich das Gericht für die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten, ist durch die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Beiordnung tatsächlich vorliegen (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 AZB 65/03 - NZA 2005, 1078). b) Bei der Entscheidung, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts weitere Kosten nicht entstehen, ist stets zu überprüfen, ob durch die Beiordnung die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart wurden (BAG, Beschluss vom 18.07.2005, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 23.06.2004 - XII ZB 61/04 - NJW 2004, 2749; LAG Hamm, Beschluss vom 07.09.2005 - 5 Ta 568/05 -). Nach § 121 Abs. 4 Alt. 2 ZPO hat eine Partei, wenn besondere Umstände dies erfordern, das Recht, dass ihr zur Vermittlung des Verkehrs mit dem - am Gerichtsort ansässigen - Prozessbevollmächtigten ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Soweit unter diesen Voraussetzungen durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts entstandenen Reisekosten erstattbar (vgl. BAG, Beschluss vom 18.07.2005, a.a.O.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.10.2004 - 10 WF 3403/04 - NJW 2005, 687; LAG Hamm, Beschluss vom 07.09.2005 - 5 Ta 568/05 - m.w.N.). 2. Hiernach ist die arbeitsgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. a) Nach § 121 Abs. 4 ZPO müssen "besondere Umstände" die Beiordnung eines Verkehrsanwalts erfordern. Das ist der Fall, wenn seine Beiordnung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig ist. Der Begriff "besondere Umstände" als Voraussetzung der Beiordnung ist eng auszulegen (BGH, Beschluss vom 23.06.2004, a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 121 Rdnr. 65; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 121 ZPO Rdnr. 20). Besondere Umstände im Sinne des § 121 Abs. 4 ZPO können darin liegen, dass die hilfsbedürftige Partei wegen Gebrechen, Schreibungewandtheit, Rechtsunerfahrenheit oder Schwierigkeit des Streitstoffes den Prozessbevollmächtigten nicht sachgemäß schriftlich und wegen der Unzumutbarkeit einer Reise auch nicht persönlich informieren kann (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.10.1985 - 1 Ta 218/85 - LAGE, ZPO, § 121 Nr. 2; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.06.2001 - 2 UF 12/01 - NJW-RR 2002, 500). b) Solche Voraussetzungen, die in der Person der Klägerin liegen, sind nicht vorgetragen. Der Streitstoff ist nicht von besonderer Schwierigkeit. Es geht um die Herausgabe der Arbeitspapiere und die Erstellung eines Zeugnisses. IV. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

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