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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 18 Ta 530/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 124
§ 124 ZPO enthält eine abschließende Regelung der Aufhebungsgründe. Bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten im Prüfungsverfahren rechtfertigt lediglich die Nichterfüllung der in § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO angeführten Pflicht eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO. Die Nichtmitteilung der Änderung der Anschrift wird von § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht erfasst.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der PKH-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 06.04.2006 - 2 Ca 1293/03 - aufgehoben.

Gründe:

I. Das Arbeitsgericht Bocholt hat dem Kläger zur Durchführung des Rechtsstreits 2 Ca 1293/05 durch Beschluss vom 27.07.2005 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin H1xxxxxx bewilligt. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgte mit der Maßgabe, dass der Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten brauchte.

Im Überprüfungsverfahren ist dem Kläger im automationsgestützen Verfahren mit Schreiben vom 14.02.2006 ein amtlicher Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Bitte um Ausfüllung und Rücksendung zugeleitet worden.

Die gerichtlichen Erinnerungen mit Fristsetzung vom 16.03.2006 und vom 03.04.2006 konnten nicht zugestellt werden, da der Kläger jeweils umgezogen war, ohne dies dem Arbeitsgericht mitzuteilen.

Durch Beschluss vom 06.04.2006 hat das Arbeitsgericht den PKH-Bewilligungsbeschluss vom 27.07.2005 aufgehoben mit folgender Begründung:

Durch den oben genannten Beschluss war dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt. Durch Schreiben des Gerichts vom 10.08.2005 wurde der Kläger über die Wirkungen und Verpflichtungen der Prozesskostenhilfe belehrt. Das Gericht wies in diesem Schreiben besonders darauf hin, dass der Kläger Anschriftenänderungen dem Gericht mitzuteilen habe. Dieser Verpflichtung kommt der Kläger schuldhaft nicht nach. Er verändert ständig seinen Wohnort, ohne dem Gericht entsprechende Mitteilungen zu machen. Durch sein Verhalten zeigt der Kläger, dass er seine Mitwirkungspflicht bei der Nachprüfung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse umgehen will.

Dieses Verhalten kann das Gericht nicht hinnehmen. Der Beschluss vom 27.07.2005 war daher aufzuheben. Der Kläger schuldet nunmehr die bisher durch die Landeskasse gestundeten Kosten in Höhe von 793,34 € in einer Summe.

Der Beschluss konnte dem Kläger wiederum an der vom Arbeitsgericht zuletzt ermittelten Anschrift L3xxxxx S2xxxx 31 in 52xxx S4xxxxx nicht zugestellt werden.

Gegen die Entscheidung hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 14.07.2006 sofortige Beschwerde eingelegt und hilfsweise beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren wegen der Versäumung der Beschwerdefrist. Aus der dem Antrag beigelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 13.07.2006 ergibt sich, dass der Kläger nunmehr nach D1xxxxxx, S1xxxxxxxxx S2xxxx 51 umgezogen ist. Der Kläger trägt zur Begründung der sofortigen Beschwerde vor, er sei aufgrund der Trennung von seiner Ehefrau und seiner Arbeitslosigkeit mehrfach umgezogen.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 19.07.2006 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die nach § 11 RPflG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, § 127 Abs. 2 ZPO eingelegte Beschwerde ist zulässig. Die sofortige Beschwerde ist fristgerecht erfolgt. Zum Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde war der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 06.04.2006 dem Kläger noch nicht zugestellt.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Die Nichtmeldung seiner Umzüge rechtfertigt nicht eine Aufhebung der PKH-Bewilligung. Eine der gesetzlichen Aufhebungstatbestände des § 124 ZPO ist durch dieses pflichtwidrige Verhalten des Klägers nicht erfüllt. § 124 ZPO enthält eine abschließende Regelung der Aufhebungsgründe. Die Enumeration zeigt, dass das Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand der PKH-Bewilligung im Übrigen geschützt wird (vgl. OLG Köln, OLGReport 1999, 59; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 124 Rz. 1; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 830).

Aus dem Katalog des § 124 ZPO kommt als Sanktionsnorm bei Mitwirkungspflichtverletzungen im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nur die Vorschrift des § 124 Nr. 2 2. Alt. in Betracht. Die Aufhebung ist gerechtfertigt, wenn der Antragsteller eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat. Nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hat sich der Antragsteller auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine solche Pflichtverletzung hat der Kläger nicht begangen, da ihm schon wegen seiner Umzüge die gerichtlichen Aufforderungen nicht erreichten. Dass der Kläger seine Umzüge und Anschriftenänderungen dem Arbeitsgericht nicht mitgeteilt hat, ist zwar pflichtwidrig. Der Katalog des § 124 ZPO ordnet aber für diese Pflichtwidrigkeit nicht die Aufhebung des PKH-Bewilligungsbeschlusses an. Für die Aufhebung besteht insoweit keine Anspruchsgrundlage.

III. Nach alledem hat das Rechtsmittel Erfolg.

Ende der Entscheidung

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