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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 18 Ta 889/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 2 2. Alt.
ZPO § 571 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 571 Abs. 3
Die im Verfahren nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzten Fristen sind keine Ausschlussfristen. Für die Beurteilung der Aufhebung der Prozesskostenbewilligung im Beschwerdeverfahren ist es unerheblich, ob die Partei im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die Fristversäumung verschuldet hat. Eine Partei kann eine nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO geforderte Erklärung auch dann nachholen, wenn sie die Frist für die Erklärung schuldhaft versäumt hat.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der PKH-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 02.10.2003 - 4 Ca 60/00 - aufgehoben.

Gründe: I. Das Arbeitsgericht Bochum hat der Klägerin zur Durchführung eines Kündigungsschutzprozesses mit Beschluss vom 12.04.2000 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und ihr Rechtsanwalt D2xxxxx beigeordnet. Nach Verfahrensabschluss ist der Klägerin im Überprüfungsverfahren ein amtlicher Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Bitte zugeleitet worden, diesen vollständig auszufüllen und an das Arbeitsgericht Bochum zurückzusenden. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin am 27.06.2003 nachgekommen, ohne Belege beizufügen. Nach Überprüfung der Angaben ist der Klägerin unter Fristsetzung bis zum 19.07.2003 aufgegeben worden, folgende Belege nachzureichen:

1. letzte Lohnabrechnung (bei schwankendem Lohn die letzten drei Abrechnungen),

2. Nachweis über die Höhe des mtl. Beitrags für die Kfz-Haftpflichtversicherung (50,-- EUR),

3. Nachweis über die Höhe der derzeitigen Wohnkosten von 519,-- EUR. Weiterhin wollen Sie bitte eine Erklärung Ihres Lebenspartners beifügen, dass Sie sich mit einem Betrag von 250,-- EUR an den Kosten beteiligen.

Mit Schreiben vom 28.07.2003 ist die Klägerin an die Erledigung der Auflage erinnert worden. Ihr ist eine Nachfrist zur Einreichung der angeforderten Belege bis zum 09.09.2003 gesetzt worden mit dem Bemerken, dass nach ergebnislosem Fristablauf mit der Aufhebung der PKH-Bewilligung und sofortigen Rückforderung der gesamten Verfahrenskosten, nämlich die Vergütung des Rechtsanwalts und Gerichtskosten, in einer Summe gerechnet werden müsse. Mit Schreiben vom 16.09.2003 ist die Klägerin letztmalig erinnert worden. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, hat das Arbeitsgericht Bochum mit Beschluss vom 02.10.2003 die PKH-Bewilligung vom 12.04.2000 wegen unterlassener Mitwirkung bei der Aufklärung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgehoben. Gegen diese ihr am 07.10.2003 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.11.2003, bei dem Arbeitsgericht am 06.11.2003 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt und diese am 24.11.2003 unter Beifügung der im Überprüfungsverfahren vom Arbeitsgericht angeforderten Belege begründet. II. Die nach § 11 RPflG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Aufhebung der PKH-Bewilligung wegen mangelnder Mitwirkung der Klägerin ist zwar nicht zu beanstanden (§ 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO i.V.m. § 120 Abs. 4 ZPO). Die Klägerin hat aber ihre Bedürftigkeit nachträglich im Beschwerdeverfahren nachgewiesen. 1. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2003 - 5 AZB 46/03 - sind die im Rahmen des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzten Fristen keine Ausschlussfristen (siehe auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 120 Rnr. 29, § 124 Rnr. 39; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 120 Rnr. 28; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 124 Nr. 3). Nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann die sofortige Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Folglich ist es für die Beurteilung der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung im Beschwerdeverfahren unerheblich, ob die Partei im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die Fristversäumung verschuldet hat. Abgesehen von § 571 Abs. 3 ZPO muss ein verspätetes Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht entschuldigt werden (BAG, Beschluss vom 18.11.2003, a.a.O.). 2. Unter Berücksichtigung der nachgereichten Belege ist von einer Fortdauer der Bedürftigkeit der Klägerin auszugehen, so dass sie auch weiterhin keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten braucht. Dem Einkommen der Klägerin in Höhe von 673,05 EUR stehen Gesamtabzüge in Höhe von 762,50 EUR entgegen. III. Nach alledem hat das Rechtsmittel Erfolg. Durch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Prozesskostenbewilligung vom 12.04.2002 wiederhergestellt.

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