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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: 19 Sa 1014/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO, EFZG, 5.VermBG, MTV Groß- und Außenhandel


Vorschriften:

BGB § 362
BGB § 366
BGB § 387
BGB § 389
BGB § 393
BGB § 394 S. 1
BGB § 611
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 814
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 64 Abs. 6 S. 1
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO §§ 850 ff.
ZPO § 850 Abs. 1
ZPO § 850 a
ZPO § 850 a Nr. 1
ZPO § 850 a Nr. 3
ZPO § 850 a Nr. 4
ZPO § 850 b
ZPO § 850 c
ZPO § 850 c Abs. 1
ZPO § 850 c Abs. 2
ZPO § 850 d
ZPO § 850 e
ZPO § 850 f
ZPO § 850 g
ZPO § 850 h
ZPO § 850 i
ZPO § 851 Abs. 1
EFZG § 3
5.VermBG § 2 Abs. 7 S. 2
MTV Groß- und Außenhandel § 15 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 02.03.2005 - 1 Ca 1719/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

a) für September 2004 408,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2004,

b) für Oktober 2004 363,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2004

c) für November 2004 484,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2004

d) für Dezember 2004 484,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2005

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im darüber hinausgehenden Umfang wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 7% und der Beklagten zu 93% auferlegt

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Zahlung einer außertariflichen Zulage für die Monate September bis Dezember 2004.

Der am 21.01.15xx geborene, verheiratete und gegenüber 3 Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.04.1980 bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.01.1980 als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Nach § 4 des Arbeitsvertrages gelten u.a. hinsichtlich des Erlöschens von Ansprüchen die Bestimmungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages "für gewerbliche Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel des B6xxxxxxx Arbeitgeberverbandes im Groß- und Außenhandel". Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 3 bis 5 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Bis einschließlich August 2004 zahlte die Beklagte an den Kläger ein monatliches Bruttofestgehalt in Höhe von 2.496,-- €, in dem eine außertarifliche Zulage in Höhe von 448,84 € enthalten war. Ab September 2004 reduzierte die Beklagte das monatliche Bruttofestgehalt um die außertarifliche Zulage auf 2.047,16 € im Hinblick auf eine am 23.07.2004 mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung. In der Präambel dieser Betriebsvereinbarung Nr. 25 (Prämiensystem im gewerblichen Bereich der Werke L1xxxxxxxxxx und G2xxxxxxx) heißt es:

"Die Firma S1xxxx hat den gewerblichen Mitarbeitern in den Produktionsstätten in L1xxxxxxxxxx und G2xxxxxxx bisher im erheblichen Umfang leistungsunabhängige tarifliche Entgeltbestandteile gewährt (sogenannte außertarifliche freiwillige Zulagen). Diese Entgeltbestandteile sollen mit der vorliegenden Gesamtbetriebsvereinbarung - soweit individualrechtlich zulässig - durch ein flexibilitäts- und qualifikations- und leistungsbezogenes Prämiensystem abgelöst werden.

Gleichzeitig soll damit ein Beitrag zur Sicherung der Standorte in L1xxxxxxxxxx und G2xxxxxxx geleistet werden.

..."

Darüber hinaus enthält diese Vereinbarung folgende Regelungen:

"2. Geltungsbereich

...

Persönlich gilt diese Betriebsvereinbarung für alle gewerblichen Arbeitnehmer/innen in der Produktion einschließlich der vor- und nachgelagerten Bereiche unter Berücksichtigung der Einschränkung gemäß Punkt 9.

... 9. Tarifliche und individualrechtliche Ansprüche ... In einzelvertragliche Ansprüche wird mit dieser Vereinbarung ebenfalls nicht eingegriffen. Sofern diese Vereinbarung - wie in der Präambel beschrieben - bisher gezahlte übertarifliche Entgeltbestandteile ersetzen soll, setzt der Wegfall dieser Entgeltbestandteile einen entsprechenden einzelvertraglichen Verzicht voraus. ... Die in dieser Gesamtbetriebsvereinbarung zugesagten Prämienansprüche gelten ausschließlich für Mitarbeiter/innen, die keine freiwilligen außertariflichen Zulagen erhalten oder auf diese durch einzelvertragliche Regelung verzichtet haben. Mitarbeiter/innen, die weiterhin diese freiwilligen außertariflichen Zulagen erhalten, können keinen Anspruch auf variable Bestandteile aus dieser Betriebsvereinbarung herleiten. ..." Hinsichtlich der weiteren Regelungen der Betriebsvereinbarung wird auf die von der Beklagten zur Akte gereichte Kopie (Bl. 32 ff GA) Bezug genommen. Von den 186 betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des W2xxxx L1xxxxxxxxxx stimmten 140 Mitarbeiter der Regelung zu. Im Werk G2xxxxxxx erklärten sich alle 98 Mitarbeiter mit der Regelung einverstanden. Der Kläger, der in dem Werk L1xxxxxxxxxx beschäftigt ist, lehnte die Zustimmung zu dem neuen Entlohnungsmodell ab. Ab September 2004 wiesen die Gehaltsabrechnungen des Klägers neben dem auf 2.047,16 € reduzierten Bruttofestgehalt Prämien unter verschiedenen Bezeichnungen (z.B. Qualifikationsprämie, Flexi-Prämie, Prämie, Prämienwerkabschlag) und in unterschiedlicher Höhe aus. Hinsichtlich der einzelnen Beträge wird auf die Gehaltsabrechnungen für die Monate September bis Dezember 2004 (Bl. 20 bis 26 d. GA) Bezug genommen. Auf Bl. 2 dieser Abrechnungen ist jeweils vermerkt: "Qualifikationsprämie, Flexibilitätsprämie und Leistungsprämie werden anstelle der bisher freiwilligen außertariflichen Zulage gezahlt." Nachdem der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2004 (Bl. 6 d. GA) ohne Erfolg die Unzulässigkeit der Kürzung des Festgehalts geltend machte, hat er mit dem am 04.11.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 02.11.2004 Klage auf Zahlung des monatlichen Differenzbetrages für September 2004 in Höhe von 484,84 € erhoben. Mit dem am 19.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21.01.2005 zugestellten Schriftsatz hat der Kläger die Klage um die monatliche Differenz von jeweils 448, 84 € für die Monate Oktober bis Dezember 2004 erweitert. Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 448,84 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2004 zu zahlen, 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.346,52 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 448,84 € seit dem 01.11.2004, aus weiteren 448,84 € seit dem 01.12.2004 und aus weiteren 448,84 € seit dem 01.01.2005 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Kläger die jeweiligen Vergütungsdifferenzen nicht zutreffend berechnet habe, weil er die gezahlten Prämien nicht in Abzug gebracht habe. Wegen der Einzelheiten der Beanstandung der Anspruchshöhe wird auf die mit Schriftsatz vom 14.02.2005 überreichte Anlage 2 (Bl. 94 d. GA) Bezug genommen. Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass die bisherige außertarifliche Zulage jedenfalls wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit vom 29.09.2004 bis zum 06.10.2004 zu kürzen sei, weil der Kläger während dieser Zeit - unstreitig - keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten habe. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die individualrechtlich vereinbarte Zulage einseitig zu kürzen, zumal nach Ziffer 2 der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung die Kürzung nur bei einer Zustimmung des Arbeitnehmers zulässig gewesen sei, die der Kläger unstreitig nicht erteilt habe. Eine Kürzung der übertariflichen Zulage sei auch nicht für den Zeitraum vom 29.09.2004 bis zum 06.10.2004 möglich gewesen, weil die Beklagte nicht ausreichend dargelegt habe, dass und gegebenenfalls inwieweit der Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen Ablaufs des Sechswochenzeitraumes weggefallen sei, zumal die Beklagte an den Kläger für die Monate September und Oktober 2004 ausweislich der Lohnabrechnungen für diese Monate das ungekürzte Festgehalt von 2.047,16 € gezahlt habe. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Berechnung der Restvergütungsansprüche unter Hinweis auf eine Aufrechnung berufen, weil die Aufrechnung jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 393 BGB ausgeschlossen sei. Die entsprechende Anwendung des § 393 BGB, nach dem die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht zulässig sei, sei gerechtfertigt, weil die Beklagte in Kenntnis der fehlenden Zustimmung des Klägers zur Kürzung der freiwilligen Zulage das neue Vergütungssystem angewendet habe, obwohl ihr die fehlende Berechtigung dazu bekannt gewesen sei. Gegen das am 28.04.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 18.05.2005 Berufung eingelegt und diese - innerhalb der bis zum 12.07.2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist - am 01.07.2005 begründet. Die Beklagte greift das Urteil des Arbeitsgerichts nur teilweise an. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere weiterhin die Ansicht, dass die gezahlten Prämien nach Maßgabe der Gesamtbetriebsvereinbarung in Höhe von insgesamt 1.222,14 € brutto (September 2004: 239,22 €, Oktober 2004: 366,84 €, November 2004: 333,95 € und Dezember 2004: 282,13 €) in Abzug zu bringen seien. Denn das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine automatische Verrechnung der gezahlten Prämien mit der übertariflichen Zulage verneint. Zumindest seien die Ansprüche des Klägers aufgrund der von der Beklagten spätestens in der Klageerwiderung vom 14.02.2005 konkludent erklärten Aufrechnung erloschen, weil sie mit der mit diesem Schriftsatz überreichten Anlage 2, die eine Gegenüberstellung der Forderungen enthalte, ihren Aufrechnungswillen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe. Jedenfalls seien die Restansprüche des Klägers in Höhe der gezahlten Prämien aufgrund der in der Berufungsschrift vom 30.06.2005 ausdrücklich erklärten Aufrechnung erloschen. § 393 BGB stehe entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts der erklärten Aufrechnung nicht entgegen, weil diese eng auszulegende Ausnahmevorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt nach ihrem Sinn und Zweck auch nicht entsprechend anwendbar sei. Der Aufrechnung stehe auch die Bestimmung des § 814 BGB nicht entgegen, nach der die Rückforderung des in Kenntnis der Nichtschuld geleisteten Betrags ausgeschlossen sei, weil diese Vorschrift nicht anwendbar sei, wenn die Leistung in der Hoffnung auf eine später entstehende Verbindlichkeit erbracht werde. Darüber hinaus verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich, wenn er die Zahlung der übertariflichen Zulage verlange, gleichzeitig aber die Rückzahlung der ihm nach der Betriebsvereinbarung nicht zustehenden Prämien unter Hinweis auf § 814 BGB verweigere. Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, dass die vom Kläger geltend gemachten Restvergütungsansprüche jedenfalls für den Zeitraum vom 29.09.2004 bis zum 06.10.2004 zu kürzen seien, weil dem Kläger ausweislich der Bestätigung der A1x W3xxxxxxx-L2xxx vom 28.06.2005 (Bl. 143 d. GA) für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zugestanden habe. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 02.03.2005 - 1 Ca 1719/04 - teilweise abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als sie verurteilt worden ist, an den Kläger a) für Oktober 2004 einen Betrag in Höhe von 448,04 € nebst Zinsen b) für September einen über 168,82 €, für November einen über 114,89 € und für Dezember 2004 einen über 166,71 €, jeweils nebst Zinsen, hinausgehenden Betrag zu zahlen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens. Außerdem beruft sich der Kläger auf das Erlöschen der geltend gemachten Rückzahlungsansprüche wegen des Ablaufs der tariflichen Verfallfrist sowie auf den Wegfall der Bereicherung unter Hinweis darauf, dass er das Geld für den Unterhalt seiner Familie verwendet habe. Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO. II. Die Berufung ist nur insoweit begründet, als die Beklagte sich gegen die Zahlung einer übertariflichen Zulage wehrt, die im Monat September 2004 den Betrag von 408,04 € und für Oktober den Betrag von 363,29 € übersteigt. Im darüber hinausgehenden Umfang ist die Berufung dagegen unbegründet. 1. Es ist zwischen den Parteien jedenfalls in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer außertariflichen Zulage in Höhe von 448,84 € pro Monat aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zusteht. 2. Für die Monate September und Oktober 2004 steht dem Kläger allerdings kein Anspruch auf Zahlung der vollen übertariflichen Zulage zu, weil er unstreitig in der Zeit vom 29.09.2004 bis zum 06.10.2004 arbeitsunfähig krank war und in dieser Zeit wegen des Ablaufs des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums des § 3 EFZG keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte hatte, sondern Krankengeld bezog. Aus diesem Grunde war die übertarifliche Zulage für den Monat September 2004 ausgehend von 22 Arbeitstagen in diesem Monat und 2 Arbeitstagen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch um 40,80 € (448,84 € : 22 Arbeitstage x 2 Arbeitstage ohne Entgeltfortzahlung) zu kürzen. Für den Monat Oktober 2004 war ausgehend von 21 Arbeitstagen und 4 Arbeitstagen ohne Entgeltfortzahlung eine Kürzung um insgesamt 85,55 € (448,84 € : 21 Arbeitstage x 4 Arbeitstage ohne Entgeltfortzahlung) vorzunehmen. Dem Kläger steht somit für September 2004 eine übertarifliche Zulage in Höhe von 408,04 € (448,84 € - 40,80 €) und für Oktober 2004 in Höhe von 363,29 € (448,84 € - 85,55 €) zu. Dieses Ergebnis ist nach der Erörterung der Problematik der Kürzung der übertariflichen Zulage wegen Nichtbestehens des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in der Berufungsverhandlung ebenfalls unstreitig geworden. 3. Darüber hinaus gehende Kürzungen der geltend gemachten Ansprüche scheiden entgegen der Ansicht der Beklagten aus. a. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass eine automatische Verrechnung der von der Beklagten gezahlten Prämien nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Nr. 25 mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der übertariflichen Zulage für die Monate September 2004 bis Dezember 2004 ausscheidet, weil die Beklagte eine andere Leistung als geschuldet erbracht hat. Ein anderes Ergebnis rechtfertigt auch das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht. Die Beklagte wusste, dass der Kläger der neuen Entgeltregelung nicht zugestimmt hatte, so dass ihm kein Anspruch auf Zahlung der Prämien nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung zustand. Gleichwohl hat sie seit September nicht die dem Kläger zustehende außertarifliche Zulage von 448,84 €, sondern verschiedene Prämien nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Nr. 25 gezahlt und in den Lohnabrechnungen die in unterschiedlicher Höhe gezahlten Beträge den verschiedenen Prämien auch zugeordnet. Bereits damit hat die Beklagte eine eindeutige Leistungsbestimmung im Sinne der §§ 362, 366 BGB getroffen, so dass sie eine andere Leistung als geschuldet erbracht hat (vgl. dazu BAG, Urteil vom 03.03.1993 - 5 AZR 132/92, NJW 1993, 2397; BGH, Urteil vom 03.12.1990 - II ZR 215/89, NJW 1991, 1294). Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagte darüber hinaus auf der Seite 2 der jeweiligen Lohnabrechnung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Prämien "anstelle der bisherigen freiwilligen außertariflichen Zulagen gezahlt werden", so dass sie aufgrund der eindeutigen Leistungsbestimmung ohne Verrechnungsvorbehalt nicht nachträglich geltend machen kann, dass die Zahlungen automatisch auf die außertarifliche Zulage anzurechnen seien, die sie gerade nicht zahlen wollte. Denn dies würde im Ergebnis auf eine unzulässige Umgehung des Aufrechnungsverbots des § 394 S. 1 BGB hinauslaufen, nach dem die Aufrechnung gegen das Arbeitseinkommen mit einer Gegenforderung des Arbeitgebers nur unter Beachtung der Pfändbarkeitsschutzbestimmungen der §§ 850 ff. ZPO zulässig ist. b. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht auch davon ausgegangen, dass die Restvergütungsansprüche des Klägers nicht durch Aufrechnung nach §§ 387, 389 BGB erloschen sind. aa. Ob die Beklagte sich zu Recht gegen die vom Arbeitsgericht angenommene Unzulässigkeit der Aufrechnung nach § 393 BGB analog wehrt, kann offen bleiben. Denn die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist bereits nach § 394 S. 1 BGB i.V.m. §§ 850 ff. ZPO unzulässig. (1) § 394 Satz 1 BGB schließt eine Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese nicht der Pfändung unterworfen ist. Bei Arbeitseinkommen bestimmt sich der pfändbare Teil gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850 a bis 850 i ZPO. Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen regelt § 850 c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren Grundbetrag. Er ist entsprechend den Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gestaffelt und nach oben begrenzt. Für den Teil des Arbeitseinkommens, der diesen Grundbetrag übersteigt, gelten die weiteren Pfändungsbeschränkungen des § 850 c Abs. 2 ZPO. Danach ist bei dem Kläger, der verheiratet und gegenüber drei Kindern, insgesamt also gegenüber 4 Personen unterhaltspflichtig ist, ein monatliches Nettoeinkommen bis zu einem Nettobetrag von 1.869,99 € unpfändbar und damit auch der Aufrechnung nach § 394 S. 1 BGB entzogen. (2) Die von der Beklagten mit den Bruttorückzahlungsansprüchen gegen die Bruttorestzahlungsansprüche des Klägers erklärte Aufrechnung ist zwar grundsätzlich möglich, weil der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers bei einer Lohnüberzahlung ebenfalls auf den Bruttobetrag gerichtet ist. Dies ändert aber nichts daran, dass auch in diesem Fall die Aufrechnung nur insoweit zulässig ist, als ein nach §§ 850 ff. ZPO pfändbarer Nettobetrag verbleibt, da anderenfalls der Schutzzweck der §§ 850 ff. ZPO umgangen würde (BAG, Urteil vom 24.10.2000 - 9 AZR 610/99, NZA 2001, 663; LAG Nürnberg, Urteil vom 02.03.1999 - 6 Sa 1137/96, BB 1999, 1818). Bei Geltendmachung von Vergütungsrestansprüchen für mehrere Monate müssen die jeweiligen Vergütungsdifferenzen den einzelnen Monaten hinzugerechnet werden mit der Folge, dass der nach §§ 850 ff. ZPO unpfändbare Nettobetrag für jeden einzelnen Monat festzulegen ist, weil nur dadurch der mit den Pfändbarkeitsschutzbestimmungen bezweckten Sicherung des Lebensunterhalts in dem Monat, in dem das Einkommen gezahlt wird, Rechnung getragen werden kann (BAG; Urteil vom 28.08.2001 - 9 AZR 611/99, NZA 2002, 323; Urteil vom 04.04.1989 - 8 AZR 689/87, Juris). Die Darlegungslast dafür, dass die Aufrechnung gegen den gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nur nach Maßgabe der §§ 850 a bis 850 i ZPO pfändbaren Vergütungsanspruch des Klägers das Erlöschen oder den teilweisen Untergang dieser Forderungen gemäß § 389 BGB bewirkt hat, trägt dabei der Arbeitgeber. Denn zur Ermittlung der pfändbaren Teile des Nettoeinkommens sind die Gerichte für Arbeitssachen im Urteilsverfahren, für das der Beibringungsgrundsatz gilt, nicht verpflichtet (BAG, Urteil vom 05.12.2002 - 6 AZR 569/01, NZA 2003, 802). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nach § 394 S.1 BGB i.V.m. §§ 850 ff. ZPO unzulässig.

(a) Der Kläger hat in den Monaten September und November 2004 bei Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile einschließlich der nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Nr. 25 gezahlten Prämien nach den von der Beklagten erstellten Abrechnungen einen Nettoverdienst von 1.825,41 € bzw. 1.375,22 € erzielt. Diese Beträge liegen unter dem nach § 850 c ZPO unpfändbaren Nettobetrag von 1.869,99 €, so dass die insoweit erklärte Aufrechnung schon aus diesem Grunde unzulässig ist. Eine andere Beurteilung würde sich in diesen Monaten auch dann nicht ergeben, wenn bei der Festlegung der Höhe des Bruttoeinkommens des Klägers die übertariflichen Zulagen für September in Höhe von 408,04 € und für November in Höhe von 448,84 € berücksichtigt würden. Denn in diesem Fall wären die von der Beklagten zurückverlangten Prämien für September 2004 in Höhe von 239,22 € und für November in Höhe von 335,95 € in Abzug zu bringen, so dass sich die Vergütung des Klägers für September 2004 nur um 168,82 € und im November um lediglich 114,89 € erhöhen würde. Im Monat November 2004, in dem die Beklagte die wegen des Ablaufs des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums in den Monaten September und Oktober versehentlich geleistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 186,11 € brutto bzw. 389,94 € brutto in Abzug gebracht hat, verbliebe auch nach Hinzurechnung des Differenzbetrages zwischen der außertariflichen Zulage und den gezahlten Prämien in Höhe von 114,89 € kein pfändbares Nettoeinkommen. Das gleiche gilt für den Monat September 2004, in dem zwar der Differenzbetrag von 168,82 € brutto hinzuzurechnen, aber zum einen zu berücksichtigen wäre, dass die gezahlte Überstundenvergütung in Höhe von mindestens 58,29 € nur zur Hälfte nach § 850 a Nr. 1 bzw. 3 ZPO pfändbar ist. Zum anderen wäre auch zu beachten, dass die vermögenswirksame Leistung der Beklagten in Höhe von 26,59 € nach § 2 Abs. 7 S. 2 des 5. VermBG nicht übertragbar und deshalb bei der Ermittlung des pfändbaren Teils des Nettoeinkommens entsprechend § 851 Abs. 1 ZPO außer Betracht zu bleiben hat (Zöller/Stöber, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl., § 850 ZPO Rdnr. 13; Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, Band. 8, 22. Aufl., § 850 ZPO Rdnr. 29; Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rdnr. 922; Boewer, Lohnpfändung, 1. Aufl., Rdnr. 454, 455)

(b) Im Oktober hat zwar der Kläger einen Nettoverdienst von 1.877,14 € erzielt, so dass insoweit an sich ein Nettobetrag von 1 € nach § 850 c ZPO pfändbar wäre. Da jedoch in dem Bruttobetrag eine Überstundenvergütung von mindestens 55,53 € brutto enthalten ist, die nach § 850 a Nr. 1 ZPO nur zur Hälfte als Nettobetrag pfändbar ist, liegt auch in diesem Monat kein nach §§ 850 ff. ZPO pfändbares Nettoeinkommen vor, ohne dass es darauf ankommt, in welcher Höhe genau die Überstundenvergütung als Nettobetrag an sich pfändbar wäre. Etwas anderes würde sich auch nicht bei einer Berücksichtigung der übertariflichen Zulage von 363,29 € brutto ergeben, weil in diesem Fall die dem Kläger nach der Betriebsvereinbarung Nr. 25 nicht zustehenden Prämien von 366,84 € in Abzug zu bringen wären, so dass das Bruttoeinkommen sogar um 3,49 € niedriger wäre.

(c) Der Nettoverdienst des Klägers in dem Monat Dezember betrug nach der von der Beklagten erteilten Abrechnung 2.243,09 €, so dass bei ausschließlicher Berücksichtigung der Unpfändbarkeitsschutzbestimmung des § 850 c ZPO ein Betrag in Höhe von 75 € pfändbar wäre. Dabei bliebe aber unberücksichtigt, dass in der Abrechnung für Dezember 2004 tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt 830,60 € enthalten sind, die nach § 850 a Nr. 4 ZPO zur Hälfte, höchstens bis zu einem Betrag von 500 € Euro unpfändbar sind. Darüber hinaus wäre auch die nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 2 Abs. 7 S. 2 des 5. VermBG unpfändbare vermögenswirksame Leistung in Höhe von 26,59 € in Abzug zu bringen. Bei Berücksichtigung auch dieser Pfändbarkeitsschutzbestimmungen steht fest, dass auch im Dezember 2004 kein pfändbarer Teil des Nettoeinkommens verbleibt, ohne dass es auf die genaue Höhe der pfändbaren Teile des Nettoeinkommens ankommt, die von der Beklagten darzulegen wäre.

bb. Da die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nach § 394 S. 1 BGB i.V.m. §§ 850 ff. ZPO unzulässig ist, ist über das Bestehen der von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Nr. 25 in den Monaten September bis Dezember 2004 gezahlten Prämien nicht mehr zu entscheiden, so dass Ausführungen dazu zu unterbleiben haben, weil sie ohnehin als ungeschrieben gelten würden (BGH, Urteil vom 31.07.2001 - XI ZR 217/01, NJW 2001, 3616; Urteil vom 13.04.1983 - VIII ZR 320/80, NJW 1984, 128; Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rdnr. 19). Auf den in der Berufungsverhandlung ebenfalls erörterten Ausschluss der Rückzahlungsansprüche nach § 814 BGB wegen Leistung in Kenntnis der Nichtschuld oder den Untergang wegen Ablaufs der tariflichen Verfallfrist des § 15 Nr. 2 des Manteltarifvertrages Groß- und Außenhandel kommt es deshalb nicht mehr an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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