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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: 19 Sa 1248/04
Rechtsgebiete: SGB III, BGB


Vorschriften:

SGB III § 2 Abs. 2 S 1
SGB III § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3
SGB III § 2 Abs. 5 Nr. 2
SGB III § 37 b
SGB III § 140
SGB III § 147 a
BGB § 121 Abs. 1 S. 1
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 629
BGB § 823 Abs. 2
Kommt ein Arbeitnehmer seiner Verpflichtung gemäß § 37 b SGB III, sich unverzüglich nach Kenntnis der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend zu melden, nicht nach und mindert deshalb die Agentur für Arbeit gemäß § 140 SGB III das Arbeitslosengeld, so hat er dennoch in der Regel keinen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber, wenn dieser ihn nicht gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III auf seine Verpflichtung hingewiesen hat.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.05.2004 - 2 Ca 696/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand: Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil die Beklagte ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass er sich bei der Agentur für Arbeit unverzüglich arbeitssuchend zu melden habe. Die Beklagte betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Sie stellte den Kläger ab dem 10.11.2003 zunächst befristet bis zum 30.11.2003 ein, verlängerte dann die Befristung bis zum 22.12.2003 und schließlich am 18.12.2003 bis zum 25.01.2004. Sie wies den Kläger jeweils nicht darauf hin, dass er sich bei der Agentur für Arbeit unverzüglich arbeitssuchend zu melden habe, was der Kläger erst am 12.01.2004 tat. Nach Auslaufen des Arbeitsvertrages zum 25.01.2004 war der Kläger arbeitslos bis zum 25.04.2004. Die Agentur für Arbeit teilte dem Kläger mit Schreiben vom 18.02.2004 mit, dass er sich bereits am 12.11.2003 habe arbeitssuchend melden müssen und sich deshalb sein Anspruch auf Leistungen um je 35 EUR für 30 Tage und damit insgesamt um 1.050 EUR mindere. Mit Bescheid vom 24.02.2004 bewilligte sie dem Kläger rückwirkend ab dem 26.01.2004 wöchentlich Arbeitslosengeld in Höhe von 92,68 EUR (Leistungssatz in Höhe von 185,36 EUR unter Anrechnung der Minderung auf die Hälfte des Leistungssatzes gemäß § 140 S 4 SGB III) unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 490,-- EUR und eines Leistungsentgelts in Höhe von 308,99 EUR. Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 19.04.2004 eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 1.050,-- EUR begehrt. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III verpflichtet gewesen sei, ihn jeweils bei Abschluss der befristeten Arbeitsverträge über seine Verpflichtung, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, zu informieren. Wegen Verletzung dieser Verpflichtung habe er einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.050,-- EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 25.04.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie nicht schadensersatzpflichtig sei. Mit Urteil vom 07.05.2004 hat das Arbeitsgericht Paderborn die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB III als öffentlich-rechtliche Bestimmung allein das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitsamt und den Arbeitsvertragsparteien, nicht jedoch das Rechtsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien selbst regele. Die Bestimmung bezwecke allein das Zusammenwirken der Arbeitsvertragsparteien mit der Agentur für Arbeit zwecks Vermeidung/Verkürzung einer Arbeitslosigkeit. Eine Fürsorgepflichtverletzung scheide auch aus, weil nicht unterstellt werden könne, dass der Beklagten die Verpflichtung des Klägers gemäß § 37 b SGB III, sich unverzüglich arbeitslos zu melden, bekannt gewesen sei. Die Agentur für Arbeit hat auf den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 12.05.2004 die Kürzung des Arbeitslosengeldes auf 840,-- EUR herabgesetzt. Der Kläger hat zwischenzeitlich Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Gegen das ihm am 07.06.2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn hat der Kläger am 02.07.2004 in vollem Umfang Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer begründe, zumal nicht der Agentur für Arbeit durch die vom Arbeitgeber unterlassene Information ein Schaden entstünde, sondern allein dem Arbeitnehmer in Form der Kürzung des Arbeitslosengeldes gemäß § 140 SGB III. Er behauptet, dass der Beklagten auch anders als ihm seine Verpflichtung gemäß § 37 b SGB III, sich sofort nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend zu melden, bekannt gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Beklagte ihn auf seine Verpflichtung nicht hingewiesen habe, habe er sich auch deshalb nicht vor dem 12.01.2004 arbeitslos gemeldet, weil die Beklagte ihm durch mehrmalige Verlängerung des Arbeitsvertrages Anlass zu der Annahme gegeben habe, dass der Arbeitsvertrag nochmals verlängert würde. Auch insofern sei die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger beantragt unter Zurücknahme der Berufung im Übrigen, das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.05.2004 - 2 Ca 696/04 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 840,-- EUR Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie vertritt die Ansicht, dass § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III lediglich einen Appell an den Arbeitgeber im Interesse des Arbeitsamtes enthalte. Gemäß § 37 b SGB treffe allein den Arbeitnehmer die Verpflichtung, sich arbeitssuchend zu melden, weil er auch allein wisse, ob er für die Zeit nach Ablauf der Befristung noch eine Arbeitsstelle suche. Da es ihm obliege, sich um seinen Lebensunterhalt zu bemühen, sei es auch allein seine Aufgabe, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend zu melden, um für die Vermittlung einer Anschlussbeschäftigung zu sorgen. Hierzu bedürfe es eigentlich keiner gesetzlichen Regelung und auch keines Hinweises des Arbeitgebers. Dies gebiete bereits die Vernunft. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit Aussicht auf eine Verlängerung bestehe allerdings keine Meldepflicht des Arbeitnehmers. Auch habe sie ihn nur geringfügig beschäftigt, so dass er während der Zeit seiner Beschäftigung bei ihr weiterhin arbeitssuchend hätte gemeldet bleiben können. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 07.09.2004 Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des Schadens, der ihm durch eine von der Agentur für Arbeit auf § 140 SGB gestützte Minderung des Arbeitslosengeldes bisher entstanden ist. I Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich nicht aus den §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 1 und 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III, wonach der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine Verpflichtung gemäß § 37 b SGB III, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, informieren soll (vgl. auch ArbG Verden, Urteil vom 27.11.2003 - 3 Ca 1567/03, BB 2004, 1632 ff. = NZA-RR 2004, 108 ff; Wolf, NZA-RR 2004, 337, 338 ff; Bauer/Krets, NJW 2003, 537,541ff.; Heins/Höstermann, BB 2004, 1633 ff.;; GK-SGB III/Rademacher, Rdnr. 21 und 29 zu § 37 b SGB III und GK-SGB III/Feckler, Rdnr. 20 zu § 2 SGB III; a.A.: Ziegelmeier, DB 2004, 1830, 1834 ff.; Hanau, ZiP 2003, 1573, 1575 und einschränkend wegen Mitverschuldens des Arbeitnehmers: Kreutz, AuR 2003, 201 ff.). 1. Sofern der Arbeitgeber in § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SBG III dazu aufgefordert wird, den Arbeitnehmer auf seine Verpflichtung gemäß § 37 b SGB III hinzuweisen, ist diese Aufforderung nicht dazu bestimmt, bei ihrer Nichtbefolgung durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der sich nicht entsprechend seiner Verpflichtung gemäß § 37 b SGB III frühzeitig arbeitssuchend gemeldet hat, einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Ersatz eines durch eine verspätete Meldung entstandenen Schadens zu verschaffen. a) Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Bestimmung, die gemäß ihrer Überschrift das vom Gesetzgeber im Interesse der Versichertengemeinschaft und der Allgemeinheit gewünschte Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit den Agenturen für Arbeit regelt. Die Mitwirkung des Arbeirgebers soll - wie sich aus § 2 Abs 2 S 1 SGB III ergibt - Arbeitslosigkeit und "damit die Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitsförderung" vermeiden, also bewirken, dass der Versicherungs-/Schadensfall der Arbeitslosigkeit nicht eintritt, kein Arbeitslosengeld zu zahlen ist und auch die mit der Arbeitslosigkeit verbundenen weiteren Nachteile für die Sozialversicherungsträger (Beitragsverluste) und auch die Allgemeinheit (geringere Steuereinnahmen) nicht eintreten. b) Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitnehmer als Versichertem, sich darüber zu erkundigen, wie er sich bei Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses verhalten muss, um nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht arbeitslos zu werden und für den Fall der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld zu erhalten. Gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 2 SGB III haben die Arbeitnehmer zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eigenverantwortlich frühzeitig vor einer Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses nach einer Beschäftigung zu suchen, sich also auch arbeitssuchend zu melden, ohne dass dies davon abhängig gemacht wird, ob zuvor ein Hinweis des Arbeitgebers erfolgte. c) Der Schaden, der vermieden werden soll, ist nicht die Kürzung des Arbeitslosengeldes gemäß § 140 SGB, sondern die Arbeitslosigkeit selbst, bzw. genauer die sich daraus ergebenden Folgen für die Versichertengemeinschaft und die Allgemeinheit. Im Sinne der sozialrechtlichen Bestimmungen ist die Kürzung des Arbeitslosengeldes gemäß § 140 SGB kein Schaden, sondern sie verringert den Schaden, stellt also einen Schadensausgleich dar ( vgl. Wolf, NZA-RR 2004, 337, 338) Trotz Kürzung des Arbeitslosengeldes verringert sich aber der durch eine Arbeitslosigkeit für die Versichertengemeinschaft und die Allgemeinheit entstehende Schaden nicht wesentlich. Es kann deshalb dem SGB III nicht die Absicht unterstellt werden, die Eigenverantwortung des Arbeitnehmers hinsichtlich der Kenntnis seiner Obliegenheiten, auf die ihn der Arbeitgeber hinweisen soll, generell und auf Dauer durch Schaffung zusätzlicher zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche zumindest überwiegend auf den Arbeitgeber zu verlagern und allenfalls den Einwand des Mitverschuldens des Arbeitnehmers zuzulassen, wobei den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast träfe. Es besteht nur ein Interesse daran, dass der Arbeitgeber zwecks Vermeidung einer Arbeitslosigkeit zusätzlich dazu beiträgt, dass der Arbeitnehmer eine Meldung gemäß § 37b SGB nicht unterlässt, indem er den Arbeitnehmer eigens auf seine Obliegenheiten hinweist und ihn dadurch anhält, seinen Verpflichtungen nachzukommen, damit zumindest andernfalls das Arbeitslosengeld gemindert werden kann, ohne dass eventuell noch zu berücksichtigen wäre, ob der Arbeitnehmer die Bestimmung des § 37b SGB III kennen musste. Wegen des starken Interesses der Sozialversicherungstäger und der Allgemeinheit an der Vermeidung von Arbeitslosigkeit, das zur Einführung des § 37 b SGB III geführt hat, soll nicht die Verantwortung des Arbeitnehmers, sich über seine sozialversicherungsrechtlichen Obliegenheiten zu erkundigen und diese wahrzunehmen, geschmälert werden, sondern der Arbeitgeber präventiv für die Arbeitverwaltung tätig werden (vgl. auch Bauer/Krets, NJW 2003, 542 unter Hinweis darauf, dass es in der Gesetzesbegründung [BT-Dr 11/21, S.55] "Mitwirkung" heißt und Düwell, FA 2003, 108,110) d) Dass § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III dem Arbeitnehmer keine zivilrechtlichen Ansprüche einräumen soll, ergibt sich auch daraus, dass der Gesetzgeber mit § 629 BGB, der nach einer Kündigung einen Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers zwecks Arbeitssuche vorsieht, eigens eine Norm geschaffen hat, die den entsprechenden zivilrechtlichen Regelungsbereich betrifft, aber keine Informationspflicht des Arbeitgebers vorsieht. 2. Jedenfalls verfolgt § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SBG III nicht den Zweck, dem Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstattung einer Kürzung des Arbeitslosengeldes gemäß § 140 SGB einzuräumen, weil die Kürzung des Arbeitslosengeldes gemäß § 140 SGB nur einen Schadensausgleich für den Schaden darstellen soll, den der Arbeitnehmer durch eigenes schuldhaftes Verhalten verursacht hat und den Arbeitnehmer anhalten soll, zur Vermeidung der Entstehung eines Schadens durch die Arbeitslosigkeit für die Versichertengemeinschaft beizutragen. Sofern ein fehlender Hinweis des Arbeitgebers auf die Meldepflicht ein Verschulden des Arbeitnehmers entfallen lässt, ist dies bei der Festsetzung der Kürzung des Arbeitslosengeldes von der Agentur für Arbeit bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Denn die Kürzung ist nur dann berechtigt, wenn der Arbeitnehmer sich entgegen § 37 b SGB nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. "Unverzüglich" bedeutet gemäß § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, der insoweit einen allgemeinen Rechtssatz enthält, "ohne schuldhaftes Zögern" (vgl. auch Ziegelmeier, DB, 2004, 1830, 1832), wobei sich das Kriterium der unverzüglichen Meldung nicht nur auf das Wann der Meldung sondern auch auf das Ob bezieht und damit auch den unverschuldeten Irrtum über den Eintritt der Meldepflicht berücksichtigt (vgl. Hanau, ZIP, 2003, 1573, 1574). Das SGB III sieht im Übrigen an keiner Stelle vor, dass der Arbeitnehmer auch für ein Fehlverhalten des Arbeitgebers verantwortlich gemacht werden soll, ihn also im Verhältnis zur Agentur für Arbeit unabhängig davon die Verantwortung treffen soll, ob ihn oder den Arbeitgeber ein Verschulden trifft, und nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Verantwortung entsprechend dem Verschulden zu übernehmen ist. Sofern das SGB III von einer Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Arbeitslosigkeit ausgeht, sieht es keine Kürzung des Arbeitslosengeldes vor, sondern allenfalls eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit, wie sie sich beispielsweise aus § 147 a SGB III ergibt. Es wäre auch mit der Zielsetzung der Arbeitsförderung nicht vereinbar, den Arbeitnehmer für ein Fehlverhalten des Arbeitgebers verantwortlich zu machen und ihn auf einen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitgeber verweisen zu wollen, zumal nicht feststeht, ob der Arbeitgeber leistungsfähig ist. II. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus den §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleiteten arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Nachdem die Einführung des § 37 b SGB III bereits Ende 2002 beschlossen worden ist, war ein Arbeitgeber jedenfalls bei Abschluss bzw. Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages gegen Ende 2003 nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht gehalten, den Arbeitnehmer auf Obliegenheiten gemäß § 37 b SGB III hinzuweisen. 1. Eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über sozialrechtliche Bestimmungen aufzuklären, ist in Erwägung zu ziehen, wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag schließt, der mit sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen für den Arbeitnehmer verbunden ist und der Arbeitgeber damit rechnen muss, dass der Arbeitnehmer diese eventuell nicht beachtet. So dürfte der Arbeitgeber insbesondere dann, wenn er dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vorschlägt, gehalten sein, den Arbeitnehmer zumindest darüber zu unterrichten, dass aufgrund des Aufhebungsvertrages bei Eintreten von Arbeitslosigkeit Einbußen beim Arbeitslosengeld zu erwarten sind. In solchen Einzelfällen dürfte der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis eine so große Mitverantwortung gegenüber dem Arbeitnehmer übernehmen, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sein kann (vgl. auch Erf. Komm. zum Arbeitsrecht - Preis, 4. Aufl., Rdnr. 782 zu § 611 BGB; Küttner/Eisemann, Personalbuch 2004, Rdnr. 13 Stichwort "Aufhebungsvertrag"; BAG, Urteil vom 10.03.1988 - 8 AZR 420/85 - und Urteil vom 17.10.2000 - 3 AZR 605/99 - AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). 2. Ein vergleichbares Verhalten liegt jedoch nicht vor, wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag schließt ( vgl. Wolf, NZA-RR 2004, 337, 338 ff.) Hierdurch veranlasst er den Arbeitnehmer nicht zu einem sozialversicherungsrechtlich nachteiligen Verhalten, sondern verhindert sogar eine Arbeitslosigkeit. Ein solches Verhalten weist keine Besonderheiten auf und kann die Verantwortung des Arbeitnehmers, sich selbst über seine regulären Obliegenheiten zu informieren, die er jeweils vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses beachten muss, um nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses für den Fall der Arbeitslosigkeit ungekürztes Arbeitslosengeld zu erhalten, nicht mindern und auf den Arbeitgeber überwiegend verlagern. Weil nach Ablauf der Befristung häufig auch der Arbeitgeber das Arbeitverhältnis verlängern möchte, hat er auch gegenüber dem Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran, bei ihm keinen gegenteiligen Eindruck entstehen zu lassen und ihn nicht zu veranlassen, schon für die Zeit nach Ablauf der Befristung eine neue Arbeit zu suchen. Schon deshalb wird der Arbeitnehmer einen solchen Hinweis vom Arbeitgeber genauso wenig erwarten wie einen Hinweis auf eine Klagefrist bezüglich einer Entfristungsklage, wenn ersterer auch im Hinblick auf die Interessen der Sozialversicherungsträger und der Allgemeinheit in § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III vorgesehen ist. Der Arbeitnehmer dürfte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Hinweis auf § 37b SGB III auch dann nicht erwarten, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet und den Arbeitnehmer nicht zu einer sozialversicherungsrechtlich schädlichen Mitwirkung an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst. In diesen Fällen eines üblichen Verhaltens des Arbeitgebers besteht im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Abwägung allein ihrer Interessen kein Grund, dem Arbeitgeber eine Informationspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer aufzuerlegen (a.A. wohl Düwell, FA 2003,108,110, allerdings ausdrücklich nur bezüglich der Freistellungspflicht). 3. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass die Einführung des § 37 b in das SGB III bereits durch das am 30.12.2002 verkündete Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erfolgte (vgl. zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Düwell, FA 2003,108,109ff.) und der Kläger erst im November von der Beklagten eingestellt wurde. Insofern hatte der Kläger bereits Gelegenheit, sich mit der vorgezogenen Meldepflicht gemäß § 37 b SGB III vertraut zu machen und konnte sogar bereits zuvor von dieser Regelung betroffen sein. Dies besagt nicht, dass den Kläger sozialversicherungsrechtlich ein Verschulden treffen muss, wenn er sich nicht bei Abschluss der befristeten Verträge unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Insbesondere stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob es dem Sinn und Zweck des § 37 b SGB III entspricht, dass sich ein Arbeitnehmer im Falle einer Befristung des Arbeitsverhältnisses und deren Verlängerungen gemäß § 14 Abs.2 f TzBfG insbesondere schon vor der dritten und letzten möglichen Verlängerung, für die es keines sachlichen Grundes bedarf, jeweils persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend meldet, weil bei Vereinbarung solcher Befristungen, auch wenn sie sich auf einen Zeitraum unter drei Monaten (vgl. § 37 b S 2 SGB III) erstrecken, in der Regel keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit Auslaufen der Befristung tatsächlich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt ist. Es ist zweifelhaft, ob es sinnvoll ist, dass die Agentur für Arbeit in diesen Fällen schon mit der Vermittlung einer neuen Arbeitsstelle beginnt (vgl. hierzu auch Hanau aaO, S.1574, wonach die Arbeitsverwaltung bei Befristungen bis zu sechs Wochen auf eine Meldung verzichtet und Bauer/Krets, NJW 2003, 537, der eine Meldepflicht verneint, wenn eine Verlängerung der Befristung im Raum steht). Von dieser sozialversicherungsrechtlichen Frage hängt jedoch nicht die Verteilung der Verantwortung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Kenntnis der Bestimmung des § 37b SGB III ab. Gemäß den §§ 97,516 Abs 3 ZPO waren dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsfrage gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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