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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 19 Sa 337/04
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 305
BGB § 305 c
BGB § 306
BGB §§ 307 ff.
BGB § 308
BGB § 309
BGB § 310
BGB § 315
BGB § 611
BGB § 612 a
KSchG § 1
KSchG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 09.01.2004 - 4 Ca 1520/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Einstellung der Zahlung von Überstundenzuschlägen im Betrieb der Beklagten und die Kürzung des Stundenlohns einschließlich des Weihnachtsgeldes beim Kläger. Die Beklagte, ein Betrieb des Kunststofffensterbaus und Glasbaus, stellte den Kläger mit Formulararbeitsvertrag vom 04.01.2000 zum 01.03.2000 als Tischler für den Fensterbau ein. In § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages heißt es: Für das Arbeitsverhältnis gelten die für das Glaserhandwerk jeweils gültigen Tarifverträge, soweit im folgenden keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen werden. In den weiteren Bestimmungen des Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien u.a. eine 38-Stunden-Woche mit dem Zusatz, dass je nach betrieblichem Bedarf auch Mehrarbeit zu leisten sei, einen Tariflohn der Lohngruppe A als Facharbeiter in Höhe von 23,10 DM und eine außertarifliche Zulage in Höhe von 3,90 DM mit dem Vorbehalt, dass sie frei widerruflich und bei Tariflohnänderungen aufrechenbar sei, sowie ein mit dem Novemberlohn auszahlbares Weihnachtsgeld in Höhe von "80 Stunden", ebenfalls unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Entsprechend diesem Arbeitsvertrag zahlte die Beklagte einen Gesamtstundenlohn von 27,-- DM (23,10 DM + 3,90 DM) bzw. später von 13,80 EUR (11,81 EUR + 1,99 EUR). Für Überstunden zahlte sie einen Überstundenzuschlag in Höhe von 25 % des Gesamtstundenlohnes. Weihnachtsgeld zahlte sie jeweils in Höhe des 80-fachen Gesamtstundenlohns. Mit Schreiben vom 08.05.2003 teilte die Beklagte allen Arbeitnehmern mit, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen keine Überstundenzuschläge mehr zahle. So erhielt der Kläger für fünf Überstunden im Juni keine Überstundenzuschläge. Im Juli 2003 leistete der Kläger 37,25 Überstunden. Mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 25.07.2003, das der Beklagten am 26.07.2003 zuging, machte der Kläger die Überstundenzuschläge für Juni in Höhe von 17,25 EUR geltend. Die Beklagte kürzte daraufhin dem Kläger rückwirkend für die Zeit ab dem 01.07.2003 zusätzlich den Gesamtstundenlohn für alle geleisteten Stunden um den im Arbeitsvertrag als außertarifliche Zulage ausgewiesenen Betrag von 1,99 EUR, nämlich auf 11.81 EUR brutto und forderte den Kläger nicht mehr auf, Überstunden zu leisten. Mit der beim Arbeitsgericht am 27.08.2003 eingegangenen und der Beklagten am 10.09.2003 zugestellten Klage hat der Kläger für Juni 2003 17,25 EUR brutto Überstundenzuschläge und für Juli 2003 bezüglich der von der Beklagten abgerechneten 160,5 Stunden und weiteren 37,25 Überstunden 522,03 EUR brutto Lohndifferenz und Überstundenzuschläge begehrt. Mit der der Beklagten am 17.10.2003 zugestellten Klageerweiterung hat er 649,74 EUR brutto Lohndifferenz, nämlich 316,41 EUR brutto für 159 Stunden im August und 333,-- EUR brutto für 167,5 Stunden im September geltend gemacht. Schließlich hat er mit der der Beklagten am 19.12.2003 zugestellten Klageerweiterung eine Differenz in Höhe von 808,93 EUR brutto eingeklagt, nämlich 347,25 EUR brutto für 174,5 Stunden im Oktober, 302,48 EUR brutto für 152 Stunden im November und 159,20 EUR (80 x 1,99 EUR) brutto bezüglich des Weihnachtsgeldes, dessen Berechnung die Beklagte ebenfalls den gekürzten Stundenlohn zugrunde legte. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Überstundenzuschläge zu streichen und nach Erhalt des Geltendmachungsschreibens seinen Stundenlohn zu kürzen. Er behauptet, er habe, soweit von der Beklagten angeordnet, immer Mehrarbeitsstunden geleistet. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn zu zahlen 1. 17,25 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2003, 2. 522,00 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2004, 3. 649,74 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 316,71 EUR seit dem 01.09.2003 und aus weiteren 333,33 EUR seit dem 01.10.2003, 4. 808,43 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2003. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, aufgrund ihres Rundschreibens habe der Kläger keinen Anspruch mehr auf Überstundenzuschläge. Auch hat sie behauptet, der Kläger habe sich dagegen gewandt, ab Juni pro Arbeitstag zwei Stunden länger und auch samstags zu arbeiten (Beweis: Zeugnis der E2xxx V1xxxxxxxx). Sie meint deshalb berechtigt gewesen zu sein, die im Arbeitsvertrag aufgeführte außertarifliche Zulage in Höhe von 3,90 DM = 1,99 EUR zu streichen. Mit dem am 09.01.2003 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Herford der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass sich der Anspruch auf einen Überstundenzuschlag in Höhe von 25 % aufgrund der Bezugnahmeklausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages aus Ziffer 39 des Manteltarifvertrages für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk ergebe, dessen Anwendungsbereich das Glaserhandwerk erfasse. Die Einstellung der Zahlung der im Arbeitsvertrag als außertarifliche Zulage ausgewiesenen 3,90 DM = 1,99 EUR entspreche nicht billigem Ermessen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass der Kläger sich geweigert habe, ab Juni Überstunden zu leisten, da dies erkennbar nicht zutreffe, weil sie in der Lohnabrechnung des Klägers für Juni 2003 fünf Überstunden und in der Lohnabrechnung für Juli 2003 37,25 Überstunden, wenn auch ohne berstundenzuschlag, abgerechnet habe. Im Hinblick auf die von ihr angekündigte Nichtzahlung eines Überstundenzuschlages hätte aber selbst eine Weigerung des Klägers, Überstunden zu leisten, einen Widerruf der außertariflichen Zulage nicht gerechtfertigt, zumal der im Arbeitsvertrag vereinbarte Widerrufsvorbehalt primär auf eine Anrechenbarkeit der Zulage abziele. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen. Gegen das der Beklagten am 03.02.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.02.2004 Berufung eingelegt und diese am 12.03.2004 begründet. Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachten Überstundenzuschläge habe, da sie nicht tarifgebunden sei. Auch könne ein Anspruch auf Überstundenzuschläge nicht darauf gestützt werden, dass die Parteien im Arbeitsvertrag die Einbeziehung der jeweils für das Glaserhandwerk gültigen Tarifverträge unter dem Vorbehalt "soweit im Folgenden keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen werden" vereinbart hätten. Unter Hinweis auf Griese in Küttner, Personalbuch, Rdnr. 14 zum Stichwort Tarifbindung vertritt die Beklagte die Auffassung, dass es den Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer Vertragsfreiheit zwar möglich sei, nur Teile eines Tarifvertrages in das Arbeitsverhältnis zu übernehmen, nicht aber die tariflichen Vergütungssätze. Im Übrigen sei auch im Folgenden eine anderweitige Vereinbarung durch das Rundschreiben vom 08.05.2003 getroffen worden, in dem sie mitgeteilt habe, dass keine Überstundenzuschläge mehr bezahlt würden. Schließlich sei auch die Streichung der außertariflichen Zulage wirksam, da sie einer Billigkeitskontrolle standhalte. Wer ohne ersichtlichen Grund meine, keine Überstunden mehr ableisten zu müssen und nicht bereit sei, einen Beitrag dafür zu erbringen, dass das Unternehmen wirtschaftlich existieren könne und keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden müssten, solle nicht in den Genuss einer freiwillig gewährten Zulage kommen. Der bezüglich der außertariflichen Zulage vereinbarte Vorbehalt ziele auch nicht primär auf eine Anrechenbarkeit der Zulage ab, sondern in gleicher Weise auf seine Widerruflichkeit. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 09.01.2004 - 4 Ca 1520/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen Der Kläger vertritt die Ansicht, dass im Arbeitsvertrag wirksam die Anwendung der einschlägigen Tarifverträge vereinbart worden sei und grundsätzlich auch die Möglichkeit bestanden habe, zusätzlich weitere Vereinbarungen zu treffen. Durch das einseitige Rundschreiben der Beklagten sei jedoch nicht die Einstellung der Zahlung von Überstundenzuschlägen vereinbart worden. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt gewesen, nach Erhalt des gewerkschaftlichen Geltendmachungsschreibens die im Arbeitsvertrag vereinbarte Zulage zu streichen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen und die überreichten Lohnabrechnungen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. I Die Beklagte war nicht berechtigt, die Zahlung eines Überstundenzuschlags in Höhe von 25 % bei Überschreitung der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden einzustellen, da der Arbeitsvertrag auf die tariflichen Bestimmungen Bezug nimmt, die Beklagte bisher den Überstundenzuschlag gezahlt hat und der sich daraus ergebende Anspruch auf Überstundenzuschlag nicht durch das Rundschreiben der Beklagten vom 08.05.2003 entfallen ist. 1. Gemäß § 611 BGB hat der Kläger Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien die Geltung der jeweils für das Glaserhandwerk gültigen Tarifverträge vereinbart, soweit "im Folgenden keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen werden". a) Wie vom Arbeitsgericht Herford ausgeführt, ist diese Bezugnahme so auszulegen, dass die Tarifverträge für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk (Tischlerhandwerk) Anwendung finden sollen, da die Beklagte als ein Unternehmen des Kunststofffensterbaus und Glasbaus diesem Wirtschaftszweig angehört und das Glaserhandwerk Teil dieses Wirtschaftszweiges ist. Der Manteltarifvertrag sieht den vom Kläger geltend gemachten Überstundenzuschlag von 25 % vor. b) Diese einzelvertragliche Bezugnahme auf tarifliche Regelungen ist wirksam. Durch die Verweisung in einem Arbeitsvertrag auf tarifliche Regelungen eines bestimmten Wirtschaftszweiges entsteht zwar keine Tarifbindung, die tariflichen Regelungen werden aber Inhalt des Arbeitsvertrages (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.1977, AP Tarifvertragsgesetz, § 4 Nachwirkung Nr. 9 und ErfKomm. zum Arbeitsrecht/Schaub, 4. Aufl., RN 40 zu § 3 Tarifvertragsgesetz). Eine Unwirksamkeit der Verweisung ergibt sich auch nicht daraus, dass diese nur teilweise erfolgt ist, weil sie nur gelten soll, soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren. Die Arbeitsvertragsparteien können aufgrund ihrer Vertragsfreiheit tarifliche Regelungen auch teilweise in Bezug nehmen (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1999, NZA 1999, 679 und ErfKomm., a.a.O., Rdnr. 45). Bei einer teilweisen Inbezugnahme tariflicher Regelungen kann allerdings fraglich werden, ob die einbezogenen tariflichen Bestimmungen noch Vorrang haben vor tarifdispositivem Gesetzesrecht (vgl. auch ErfKomm., a.a.O., Rdnr. 47 ff.). Eine wie hier für den Arbeitnehmer vorteilhafte einbezogene tarifliche Regelung könnte aus diesem Grund allenfalls dann nicht anzuwenden sein, wenn sie in Zusammenhang mit einer teilweise übernommenen tariflichen Regelung stünde, die für den Arbeitnehmer ungünstiger als tarifdispositives Gesetzesrecht wäre. Dies ist aber bezüglich des Überstundenzuschlages nicht erkennbar. Soweit die Beklagte auf die Ansicht von Griese in Küttner, Personalhandbuch 2004, Stichwort Tarifbindung, Rdnr. 14 verweist, wonach durch Einzelarbeitsvertrag die Übernahme tariflicher Vergütungssätze nicht möglich sei, wird diese Ansicht von Griese nicht erläutert, ist aber wohl so gemeint, dass eine solche Inbezugnahme unter Umständen nicht ausreichend erkennen lässt, welche tariflichen Bestimmungen im Einzelnen einbezogen werden sollen. Dass die von den Parteien gewählte Inbezugnahmeklausel die tariflichen Überstundenzuschläge erfasst, steht jedoch außer Zweifel. Im Arbeitsvertrag wurden keine weiteren Regelungen getroffen, aus denen sich ergeben könnte, dass die tariflichen Überstundenzuschläge keine Anwendung finden sollen. Im Übrigen gehen gemäß § 305 c BGB Zweifel bei der Auslegung eines vom Arbeitgeber verwendeten Formulararbeitsvertrages zu Lasten des Arbeitgebers. 2. Unabhängig von der Wirksamkeit der Verweisung auf die tariflichen Regelungen in § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ergibt sich der Anspruch des Klägers auf einen Überstundenzuschlag in Höhe von 25 % auch aus betrieblicher Übung, da die Beklagte bisher einen Überstundenzuschlag in Höhe von 25 % gezahlt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine betriebliche Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, ihm solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das Verhalten des Arbeitgebers ist als Vertragsangebot zu werten. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer stillschweigend annehmen (§ 151 BGB). Daraus folgt ein vertraglicher Anspruch auf die üblich gewordene Leistung. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Vielmehr kommt es darauf an, wie der Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger dessen Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen konnte (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 18.09.2002 - 1 AZR 477/01 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 59 unter Hinweis auf vorangegangene Urteile des BAG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Zahlung von Überstundenzuschlägen in Höhe von 25 % für über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitszeit war bei der Beklagten üblich. Anders als hinsichtlich der im Arbeitsvertrag genannten außertariflichen Zulage von 3,90 DM und den im Arbeitsvertrag genannten Gratifikationen wurde im Arbeitsvertrag bezüglich der gezahlten Überstundenzuschläge kein Widerrufsvorbehalt vereinbart. Will der Arbeitgeber aber verhindern, dass der Arbeitnehmer bei einer betrieblichen Übung den Schluss auf einen dauerhaften Bindungswillen zieht, muss er einen entsprechenden Vorbehalt konkret zum Ausdruck bringen (vgl. BAG, Urteil vom 16.04.1997 - 10 AZR 705/96 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 53 und BAG, Urteil vom 18.09.2002, a.a.O.). 3. Der Anspruch des Klägers auf einen Überstundenzuschlag in Höhe von 25 % des Stundenlohnes ist auch nicht durch das Rundschreiben der Beklagten vom 08.05.2003 entfallen. a) Aufgrund des Rundschreibens haben die Parteien keine anderweitige Vereinbarung getroffen, da eine Vereinbarung übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragspartner voraussetzt. b) Die einseitige Änderung einzelner Vertragsbedingungen durch Teilkündigung oder Widerruf kann nur dann zulässig sein, wenn die Vertragspartner das Recht hierzu vereinbart haben (vgl. BAG, Urteil vom 04.11.1990 - 5 AZR 509/89 - AP § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 25). Gelingt keine einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen, bleibt nur die Möglichkeit einer Änderungskündigung, d.h. einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen (vgl. auch ErfKomm./Preis, Rdnr. 475 zu § 611 BGB). Eine solche Änderungskündigung hat die Beklagte jedoch nicht ausgesprochen. Da offensichtlich auch das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, wäre eine solche Änderungskündigung auch nur unter den in den §§ 1 und 2 KSchG genannten Voraussetzungen möglich. c) Der Kläger war auch nicht verpflichtet, auf Überstundenzuschläge zu verzichten, weil die anderen Arbeitnehmer dies eventuell im Hinblick auf die von der Beklagten angeführte angespannte konjunkturelle Lage getan haben. Ein Arbeitnehmer ist in aller Regel auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht verpflichtet, von ihm vertraglich zustehenden Rechten freiwillig Abstand zu nehmen. Aus § 242 BGB ergibt sich selbst dann keine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, auf die Geltendmachung von Lohnansprüchen zu verzichten, wenn sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Zwangslage befindet, insbesondere nicht, wenn es sich um Ansprüche auf unmittelbare Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung handelt (vgl. BAG, Urteil vom 15. März 2000 -10 AZR 745/98 n.v.). Ein Arbeitnehmer ist auch nicht verpflichtet, sein Verhalten an dem Verhalten anderer Arbeitnehmer auszurichten. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Grundsatz der Vertragsfreiheit verbietet die Annahme einer rechtlichen Verpflichtung, einer Vertragsänderung allein deshalb zustimmen zu müssen, weil eine noch so überwältigende Mehrheit von Personen in vergleichbarer Lage sich mit einer Vertragsänderung einverstanden erklärt (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 742/00 - AP § 615 BGB Nr. 100 = NZA 2003, 1139). II Der Kläger hat auch gemäß § 611 BGB einen Anspruch auf den geltend gemachten Stundenlohn in Höhe von 13,80 EUR anstelle des von der Beklagten ihm für die Zeit ab Juli nur noch gezahlten Stundenlohnes in Höhe von 11,88 EUR. Die Beklagte war nicht berechtigt, dem Kläger den im Arbeitsvertrag als außertarifliche Zulage ausgewiesenen Anteil des Stundenlohns in Höhe von 3,90 DM = 1,99 EUR für die Zeit ab dem 01.06.2003 nicht mehr zu zahlen. Die Beklagte kann sich nicht auf den im Formulararbeitsvertrag vereinbarten Widerrufsvorbehalt stützen. Zunächst ist zweifelhaft, ob der in dem von der Beklagten verwendeten Formulararbeitsvertrag vereinbarte Widerrufsvorbehalt nach dem 01.01.2003 noch gemäß den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführten Bestimmungen der §§ 307 ff. BGB, die grundsätzlich ab dem 01.01.2003 auch auf die vor dem 01.01.2002 geschlossenen Arbeitsverträge Anwendung finden, wirksam ist. Ferner wäre zu beachten, dass auch dann, wenn eine Widerrufsmöglichkeit bezüglich eines Vergütungsbestandteils besteht, die Leistung nicht rückwirkend ohne vorherigen Widerruf (Ankündigung) eingestellt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 12.01.2000 - 10 AZR 840/98 AP § 611 BGB Gratifikation Nr.223) und der Kläger aus den Lohnabrechnungen nur ersehen konnte, dass ihm ein geringerer Lohn für den bereits abgelaufenen Monat gezahlt wurde. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn der vereinbarte Widerrufsvorbehalt einer gemäß den §§ 307 ff. BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle standhielte und die Beklagte einen Widerruf erklärt hätte, wäre dieser unwirksam, weil er nicht billigem Ermessen entspricht und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstößt. 1. Auch bei einem wirksam vereinbartem Widerrufsvorbehalt muss der Widerruf gemäß § 315 BGB billigem Ermessen entsprechen (vgl. BAG, Urteil vom 13.05.1987 - AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 4). Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.1996, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48). Es darf nicht zu einer unangemessenen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung kommen (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.93 - 5 AZR 153/93 - AP § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr.11). Zudem hat die Partei, die sich auf ein Widerrufsrecht beruft, darzulegen und zu beweisen, dass die Ausübung des Widerrufsrechts billigem Ermessen entspricht (BAG, Urteil vom 13.05.1987 aaO). Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten aber nicht. Nach ihrem Vorbringen hat die Beklagte die Zahlung des im Arbeitsvertrag als außertarifliche Zulage bezeichneten Betrages beim Kläger eingestellt, weil sie im Mai 2003 darauf hingewiesen habe, dass es Überstundenzuschläge nicht gebe und der Kläger sich im Zeitraum ab Juni 2003 geweigert habe, zwei Stunden täglich mehr und auch samstags zu arbeiten. Die Beklagte hat nicht berücksichtigt, dass sie nicht berechtigt war, den Überstundenzuschlag einzubehalten. Sie hat auch nicht dargelegt, warum der Kläger ab Juni 2003 verpflichtet gewesen sein soll, täglich zwei Überstunden zu leisten und auch samstags zu arbeiten. Eine Verpflichtung zur regelmäßigen Ableistung von Überstunden in einem solchen Umfang lässt sich nicht aus § 5 Ziff. 5 des Arbeitsvertrages herleiten, wonach je nach betrieblichem Bedarf auch Mehrarbeit zu leisten ist. Sofern eine solch unbestimmte Regelung nicht bereits gemäß den §§ 305-310 BGB unwirksam ist (vgl. zur Frage der Wirksamkeit einer solchen Klausel in einem Formulararbeitsvertrag ErfKomm-Preis, 4.Aufl. Rdnr. 55 zu §§ 305-310 BGB), kann sie nur so gemeint sein, dass bei gegebenen konkreten betrieblichen Gründen wie z.B. überdurchschnittlichen Fehlzeiten im Betrieb oder kurzfristig vermehrtem Arbeitsanfall eine Verlängerung der vereinbarten Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche zulässig sein soll, da anderenfalls der vereinbarten 38 - Stundenwoche keine Bedeutung mehr zukäme und die Anordnung von Überstunden nicht den Grundsätzen billigen Ermessens entspräche, die auch bei der Festlegung der Dauer der Arbeitszeit zugrunde zu legen sind (vgl. ErfKomm-Preis, 4.Aufl. Rdnr. 825 zu § 611 BGB; Reinecke in Küttner, Personalbuch 2004 Stichwort Überstunden, Rdnr.4 und BAG, Urteil vom 28.11.84 - 5 AZR 195/83 - AP § 4 TVG Bestimmungsrecht). Zur dauerhaften Erreichung einer besseren Betriebsauslastung und damit einer besseren Kostenstruktur besteht die Möglichkeit der Einführung von Schichtarbeit und der Einstellung zusätzlicher Arbeitnehmer evtl. auch von Teilzeitbeschäftigten unter Vereinbarung einer variablen Arbeitzeit, sofern nicht schon durch freiwillige berstunden dieses Ziel erreicht werden kann. Ferner hätte die Beklagte berücksichtigen müssen, dass der Kläger Überstunden geleistet hat und zwar im Juli sogar 37 berstunden. Auch eventuell vorliegende wirtschaftliche Gründe rechtfertigen es nicht, die bei anderen Arbeitnehmern durch Nichtzahlung von Überstundenzuschlägen erreichte Ersparnis beim Kläger durch Streichung der außertariflichen Zulage zu erreichen. Die außertarifliche Zulage entspricht weder hinsichtlich Ihrer Art und ihres Zweckes noch hinsichtlich ihrer Höhe den Überstundenzuschlägen. Sie stellt eine zusätzliche Vergütung insbesondere für die vereinbarte Arbeitszeit dar und ist mit 1,99 EUR pro Stunde insgesamt auch höher, als die nur für die Überstunden anfallenden Überstundenzuschläge. 2. Soweit die anderen Arbeitnehmer weiterhin eine außertarifliche Zulage erhielten, wird durch den Einbehalt beim Kläger auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es auch unter Berücksichtigung des Charakters und des Zwecks der Leistung keine billigenswerten Gründe für die unterschiedliche Behandlung gibt (vgl. auch BVerfG 2. Senat, Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39, 58; BAG, Urteil vom 08.03.1995, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 123 zu II 1 der Gründe; Urteil vom 23. 04.97, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 22 und BAG, Urteil vom 21.03.02 - 6 AZR 144/01, EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 88). Wie oben gezeigt liegen diese Voraussetzungen hier vor und sind die von der Beklagten angegebenen Gründe mit dem Charakter und dem Zweck der außertariflichen Zulage sowie ihrer Höhe und der Art ihrer Gewährung nicht vereinbar. 3. Der Widerruf verstößt auch gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB. Hiernach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB kann auch darin liegen, dass der Arbeitgeber den Adressatenkreis einer freiwilligen Leistung um diejenigen Mitarbeiter verringert, die zuvor in zulässiger Weise ihre vertraglichen Rechte ausgeübt haben (vgl. BAG, Urteil vom 12.06.2002- 10 AZR 340/01 - AP § 612 a BGB Nr. 8 = NZA 2002, 1389 ff.). Aus dem Umstand, dass die Beklagte erst nach Eingang des gewerkschaftlichen Geltendmachungsschreibens am 26.07.2003 in der Abrechnung für den Monat Juli den Stundenlohn reduzierte, obwohl der Kläger im Juli bereits 37 Überstunden geleistet hatte, ergibt sich, dass der Eingang des gewerkschaftlichen Geltendmachungsschreibens ausschlaggebend für die Reduzierung des Stundenlohnes war und nicht eine von der Beklagten behauptete Weigerung des Klägers, ab Juni 2003 Überstunden zu leisten. Letzteres kann auch deshalb nicht der Grund gewesen sein, weil die Beklagte vom Kläger nach Eingang des Geltendmachungsschreibens keine Überstunden mehr forderte, was zeigt, dass sie kein Interesse an der Ableistung von berstunden durch den Kläger hatte, soweit dieser einen Überstundenzuschlag begehrte, und sie damit nach Eingang des Geltendmachungsschreibens, als sie Anfang August 2003 mit der Juliabrechnung den Stundenlohn des Klägers kürzte, nicht mehr bedauert haben kann, dass der Kläger eventuell vorher insbesondere im Juni weniger Überstunden leistete, als sie gefordert hatte. III Insofern hat der Kläger auch einen Anspruch darauf, dass der ungekürzte Stundenlohn von 13,80 EUR bei der Berechnung des Weihnachtsgeldes in vereinbarter Höhe von 80 Stundenlöhnen zugrunde gelegt wird. Einen eigenständigen teilweisen Widerruf des Weihnachtsgeldes hat die Beklagte nicht ausgesprochen. Er wäre zudem ebenfalls unwirksam gewesen. An die Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB bezüglich eines Widerrufsvorbehalts hinsichtlich einer Weihnachtsgratifikation mögen zwar geringere Anforderungen zu stellen sein als bezüglich eines Widerrufsvorbehalts hinsichtlich einer laufenden Leistung, die unmittelbar im Verhältnis zum Umfang der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung steht. Ein Widerruf des Weihnachtsgeldes wäre aber aus den gleichen Erwägungen unbillig gewesen und hätte in gleicher Weise einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot dargestellt wie die Reduzierung des Stundenlohnes. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

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