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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.08.2005
Aktenzeichen: 19 Sa 722/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 6 S. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 242
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt - 4 Ca 2837/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird auf 7.200,-- € festgesetzt.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Entfernung von drei Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers. Der am 01.02.12xx geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 05.11.1980 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt 2.400,-- € beschäftigt. Nachdem der Kläger zunächst jahrelang in der Versandabteilung tätig war, wird er seit dem 04.10.2004 von der Beklagten als Kommissionierer eingesetzt. Der Kläger beantragte wegen einer Hochzeit für den 24.09.2004 einen Tag Erholungsurlaub, der ihm von der Beklagten bewilligt wurde. In der Folgezeit ordnete die Beklagte mit Zustimmung des bei ihr gewählten Betriebsrates für den folgenden Samstag, den 25.09.2004, eine Sonderschicht an, für die sie auch den Kläger einteilte. Nachdem der Kläger davon erfuhr, begab er sich am 21.09.2004 in den Pausenraum, in dem sich mindestens 20 Arbeitnehmer, u.a. auch der Betriebsratsvorsitzende H4xxxxxxx, befanden. Der Kläger schimpfte in dem Pausenraum lauthals herum und beschwerte sich über den Betriebsrat, wobei die genauen Äußerungen zwischen den Parteien streitig sind. Später entschuldigte sich der Kläger bei dem Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx, für den die Angelegenheit damit erledigt war, was er auch der Geschäftsleitung der Beklagten mitteilte. Gleichwohl erhielt der Kläger mit Schreiben vom 24.09.2004 eine Abmahnung wegen beleidigender Äußerungen gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx, die die Beklagte im Verlaufe dieses Rechtsstreits aus der Personalakte des Klägers entfernte, nachdem Bedenken gegen die Bestimmtheit dieser Abmahnung geäußert wurden. Gleichzeitig ersetzte die Beklagte diese Abmahnung durch die Abmahnung vom 20.01.2005, die u.a. folgenden Wortlaut hat: "Am Samstag, dem 25.09.2004, war seitens der Geschäftsleitung eine Sonderschicht angeordnet worden, die vorher mit dem Betriebsrat abgestimmt worden war; der Betriebsrat hatte dieser Sonderschicht zugestimmt. Nachdem Sie davon Kenntnis erlangt hatten, begaben Sie sich am 21.09.2004 in den Pausenraum, der zu dieser Zeit voll besetzt war mit etwa 20 Mitarbeitern. Vor den anwesenden Mitarbeitern wandten Sie sich recht lautstark an den ebenfalls im Raum befindlichen Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx und beschimpften diesen mit folgenden Äußerungen (sinngemäß): - Der Betriebsrat ist unfähig - Der Betriebsrat ist ein Zirkusverein - Herr H4xxxxxxx ist völlig unfähig und soll zurücktreten - Herr H4xxxxxxx redet als Vorsitzender des Betriebsrates nur der Geschäftsleitung nach dem Mund Nachdem Sie offensichtlich erfahren hatten, dass Ihnen diesbezüglich eine Abmahnung erteilt werden sollte, begaben Sie sich zu Herrn H4xxxxxxx und haben sich ihm gegenüber entschuldigt. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir ein solches Verhalten - Beschimpfungen und Beleidigungen anderer Mitarbeiter, insbesondere Mitglieder des Betriebsrates - in unserem Betrieb nicht dulden. Die Tatsache, dass Sie sich bei Herrn H4xxxxxxx im Nachhinein entschuldigt hatten, macht diesen Vorfall nicht ungeschehen." Mit Schreiben vom 16.11.2004 erhielt der Kläger wegen Schlechtleistung eine weitere Abmahnung, die u.a. folgenden Wortlaut hat: "Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass nach Abschluss der Einarbeitungszeit Ihre persönliche Leistung weit hinter der Ihrer Kollegen zurückbleibt. Der erarbeitete Wochendurchschnitt der gesamten Gruppe betrug in der 46. Kalenderwoche (KW) 2.084,34 Euro/Stunde (s. Anlage). Ihre Wochenleistung in der 46. KW betrug lediglich 1.544,16 Euro/Stunde (s. Anlage). Die Wochenleistung Ihrer Teamkollegen betragen für die 46. KW: (s. Anlage) Her U1xxxx: 2.403,50 Euro/Stunde Herr O1xxxxxxx: 2.350,24 Euro/Stunde Herr S5xxxxxx: 2.066,21 Euro/Stunde Die aufgeführten Werte sind Ihnen bekannt, da Ihnen wöchentlich die entsprechende Leistungsübersicht ausgehändigt wird (s. Anlage)." Mit Schreiben vom 08.02.2005 erhielt der Kläger eine weitere Abmahnung wegen Schlechtleistung in den Monaten Dezember 2004 und Januar 2005, die u.a. folgenden Wortlaut hat: "Leider haben sich Ihre Arbeitsleistungen in den Monaten Dezember 2004 und Januar 2005 nicht so weit verbessert, dass sie nun denen der anderen Kommissionierer entsprechen. Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass Ihre persönliche Leistung im Monat Dezember 2004 weit hinter der Ihrer Kollegen zurückbleibt. Der erarbeitete Monatsdurchschnitt der gesamten Gruppe betrug im Monat Dezember 2004 2.562,32 Euro/Stunde (s. Anlage). Ihre Monatsleistung im Monat Dezember 2004 betrug lediglich 1.962,61 Euro/Stunde (s. Anlage 1). Die Monatsleistungen Ihrer Teamkollegen betrugen im Dezember 2004: (s. Anlage 1) Herr U1xxxx: 2.598,26 Euro/Stunde Herr O1xxxxxxx: 2.840,08 Euro/Stunde Herr S5xxxxxx: 2.690,96 Euro/Stunde Auch im Monat Januar 2005 lagen Ihre Leistungen immer noch weit hinter den Leistungen Ihrer Kollegen zurück. Der erarbeitete Monatsdurchschnitt der gesamten Gruppe betrug im Monat Januar 2005 2.660,08 Euro/Stunde (s. Anlage 2). Ihre Monatsleistung im Januar 2005 betrug lediglich 2.281,14 Euro/Stunde (s. Anlage 2). Die Monatsleistungen Ihrer Teamkollegen betrugen im Januar 2005: (s. Anlage 2) Herr U1xxxx: 2.786,08 Euro/Stunde Herr O1xxxxxxx: 3.002,79 Euro/Stunde Herr S5xxxxxx: 2.580,27 Euro/Stunde In der Abmahnung vom 16.11.2004 haben wir bereits auf diese, für uns inakzeptable Arbeitsleistung hingewiesen und Sie aufgefordert, Ihre Arbeitsleistung zu verbessern. Leider haben sich Ihre durchschnittlichen Leistungswerte im Vergleich zu Ihren Kollegen nicht verbessert. Nach wie vor sind Sie im Vergleich aller Kommissionierer der mit Abstand schwächste. Dieses verdeutlichen die als Anlage 3 und 4 beigefügten Aufstellungen der Gesamtleistungen aller Kommissionierer in den Monaten Dezember 2004 und Januar 2005." Nach der Gruppenbewertung vom 22.02.2005 (Bl. 57 d. GA) lag die Leistung des Klägers bei 2.132,44 Euro, die Leistung des Mitarbeiters U1xxxx, der seit 24 Jahren als Kommissionierer tätig ist, betrug 2.076,84 Euro, die des seit drei bis vier Jahren als Kommissionierer tätigen Mitarbeiters O1xxxxxxx 2.595,40 Euro, die des seit 15 Jahren als Kommissionierer tätigen Mitarbeiters S5xxxxxx 2.587,25 Euro und die des Mitarbeiters B6xxxx 1.731,42 Euro. Im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 20.01.2005 hat der Kläger behauptet, dass er am 21.09.2004 im Pausenraum zu verstehen gegeben habe, dass er sich wie im "Ohnsorg-Theater" fühle. Wenn der Betriebsratsvorsitzende H4xxxxxxx diese Äußerung auf sich bezogen habe, sei dies nicht so gemeint gewesen. Jedenfalls nachdem er sich später bei dem Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx für die Äußerung entschuldigt und für diesen die Angelegenheit damit erledigt gewesen sei, sei dieser Vorfall nicht geeignet, um die ausgesprochene Abmahnung zu rechtfertigen. Im Hinblick auf die wegen Schlechtleistung erteilten Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 hat der Kläger behauptet, dass er die Leistung erbracht habe, die ihm angesichts der kurzen Tätigkeit als Kommissionierer möglich gewesen sei. Da er sich noch in der Einarbeitungsphase befunden habe, sei es ihm noch nicht möglich gewesen, die Leistungen zu erbringen, die die langjährigen Kommissionierer seiner Gruppe, die die leistungsstärkste sei, erbracht hätten. Darüber hinaus hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass die Abmahnung vom 16.11.2004 schon deswegen unwirksam sei, weil eine Leistung während einer Woche nicht und schon gar nicht erst nach einer fünf- bis sechswöchigen Tätigkeit als Kommissionierer aussagekräftig sei. Darüber hinaus hat der Kläger das von der Beklagten vorgelegte Zahlenwerk bestritten und behauptet, dass die Kommissionierleistung sehr von den einzelnen Aufträgen abhängig sei, weil mit bestimmten Kommissionieraufträgen die Erwartung der Beklagten viel leichter zu erfüllen sei als mit anderen Aufträgen, die arbeitsintensiver seien. Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 16.11.2004 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen, 2. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20.01.2005 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen, 3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 08.02.2005 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe sich am 21.09.2004 recht lautstark an den Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx gewandt und diesen sinngemäß mit den in der Abmahnung vom 20.01.2005 wiedergegebenen Äußerungen beschimpft. Die Tatsache, dass der Kläger sich bei dem Betriebsratsvorsitzenden für die Äußerungen entschuldigt habe, mache diesen Vorfall nicht ungeschehen. Sie müsse sich schützend vor ihre Mitarbeiter stellen. Dies gelte umso mehr, als im Jahr 2003 eine Mitarbeiterin selbst gekündigt habe, weil der Kläger ihr zunächst nachgestellt und sie später mit den Worten "falsche Schlange" beleidigt habe. Hinsichtlich der Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 hat die Beklagte behauptet, dass ein Kommissionierer erfahrungsgemäß durchschnittlich zwei bis drei Wochen benötige, um ausreichend eingearbeitet zu werden. Da der Kläger nach ausreichender Einarbeitungszeit nicht nur in seiner Gruppe, sondern von allen Kommissionierern der leistungsschwächste gewesen sei, seien die Abmahnungen berechtigt. Das von ihr vorgelegte Zahlenwerk entspreche der tatsächlich in dem jeweiligen Monat erbrachten Arbeitsleistung, weil die Gruppenbewertungen exakt erfassen würden, welche wahren Werte das jeweilige Mitglied der Gruppe kommissioniert habe, indem die jeweilige Monatsleistung durch die individuelle Monatsstundenzahl geteilt und so die individuelle Stundenleistung ermittelt werde. Der Kläger könne sich auch nicht auf "schlechte" Aufträge berufen, um seine unterdurchschnittliche Leistung zu rechtfertigen, weil es vom reinen Zufall abhängig sei, welche Kommissionierer welche Aufträge erhalten, so dass sich "gute und schlechte" Aufträge dadurch ausgleichen würden. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Entfernung aller drei Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers verurteilt. Bei dem Entfernungsanspruch hinsichtlich der Abmahnung vom 20.01.2005 hat das Arbeitsgericht die Behauptung der Beklagten hinsichtlich des Inhalts der Äußerungen gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden H4xxxxxxx als richtig unterstellt und festgestellt, dass diese Äußerungen jedenfalls unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger am Freitag, dem 24.09.2004, Erholungsurlaub hatte und dennoch am Samstag, dem 25.09.2004, mit Zustimmung des Betriebsrates zu einer Sonderschicht eingeteilt worden sei, von der gemäß Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit des Klägers gedeckt seien. Die wegen Schlechtleistung erfolgten Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 seien angesichts der kurzen Tätigkeit des Klägers als Kommissionierer unverhältnismäßig und damit unwirksam. Gegen das am 02.04.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 13.04.2005 Berufung eingelegt und diese am 21.04.2005 begründet. Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie zur Rechtfertigung der Abmahnung vom 20.01.2005 vor, dass der Kläger sein Recht auf freie Meinungsäußerung überschritten habe, indem er vor einer größeren Menge von Arbeitskollegen "herumgepöbelt", den Betriebsratsvorsitzenden persönlich beleidigt und auch die Institution "Betriebsrat" in ihrer Gesamtheit herabgewürdigt habe. Die wegen Schlechtleistung des Klägers erteilten Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 seien auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gerechtfertigt gewesen, weil die Leistungen des Klägers erheblich schlechter gewesen seien als die der anderen Gruppenmitglieder, obwohl es sich bei der Kommissioniertätigkeit um keine besonders schwierige Tätigkeit handele, für die eine Einarbeitungszeit selbst für Betriebsneulinge von cirka zwei bis drei Wochen ausreichend sei. Da der Kläger innerhalb seiner Gruppe während der den Abmahnungen zugrunde liegenden Zeiträume immer die schlechteste Leistung erbracht habe, habe er seine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Erbringung der Arbeitsleistung verletzt. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 18.03.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger stellt klar, dass die Klageanträge zu 1) bis 3) nur auf die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte gerichtet seien und verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts. Wegen des Parteienvorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO. II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger von der Beklagten die Entfernung der Abmahnungen vom 16.11.2004, 20.01.2005 und 08.02.2005 aus seiner Personalakte verlangen kann. 1. Das Arbeitsgericht geht zunächst zu Recht davon aus, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilen Abmahnung aus der Personalakte verlangen kann. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen. 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht auch entschieden, dass alle drei Abmahnungen unberechtigterweise erteilt wurden, so dass sie aus der Personalakte des Klägers nach §§ 242, 1004 BGB zu entfernen sind. a. Die wegen der Äußerungen des Klägers vom 21.09.2004 erteilte Abmahnung vom 20.01.2005 ist auch nach Ansicht der Berufungskammer bereits mangels eines objektiven Verstoßes des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten unwirksam. aa. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die behaupteten Äußerungen des Klägers vom 21.09.2004, deren Richtigkeit zugunsten der Beklagten unterstellt werden kann, jedenfalls nach Berücksichtigung der Gesamtumstände von dem durch Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung geschützt sind. Die erkennende Kammer folgt insoweit den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und macht sie sich zu Eigen. bb. Auch das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Beurteilung, sondern gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen hinsichtlich des Umfangs des durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Grundrechts der Meinungsfreiheit: (1) Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Der Grundrechtsschutz besteht unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird. Grundrechtsschutz bezieht sich nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form einer Äußerung. Allein eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit. Das schließt es aus, an eine Äußerung allein wegen deren Form ohne Berücksichtigung der sonstigen Umstände negative arbeitsrechtliche Konsequenzen zu knüpfen. Allein die Schmähkritik oder Formalbeleidigung scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von vornherein aus dem Schutzbereich des Grundrechts aus. Ist eine Äußerung hingegen weder als Schmähung noch als Formalbeleidigung einzustufen, hat das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände eine Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit einerseits und des Rechtsguts, in dessen Interesse die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist, andererseits vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 16.10.1998 - 1 BvR 1685/92, NZA 1999, 77; BAG, Urteil vom 06.11.2003 - 2 AZR 177/02, ZTR 2004, 261; Urteil vom 17.02.2000 - 2 AZR 927/98, Juris). Ausgehend von diesen Grundsätzen waren die von der Beklagten behaupteten Äußerungen des Klägers von dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. (2) Die Äußerungen des Klägers sind erkennbar im Zusammenhang mit seiner Einteilung zu der Sonderschicht am Samstag, dem 25.09.2004 gefallen, die mit Zustimmung des Betriebsrates erfolgt ist, obwohl er für Freitag, den 24.09.2004 Erholungsurlaub wegen Teilnahme an einer Hochzeit beantragte und erhielt. Dass der Kläger unter diesen Umständen über die Einteilung zu der Sonderschicht am Samstag und damit auch über den Betriebsrat, mit dessen Zustimmung dies geschah, verärgert war, ist verständlich. Denn der Kläger hatte nach Bewilligung des Urlaubs mit einem verlängerten Wochenende, insbesondere mit einem arbeitsfreien Samstag nach der Hochzeitfeier gerechnet. Verständlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger sich über den Betriebsrat als den Repräsentanten der Belegschaft, der seiner Schichteinteilung trotz des Urlaubs am Vortag zustimmte, beschwerte. Seine Kritik der Amtstätigkeit des Betriebsrates und des Betriebsratsvorsitzenden mag zwar polemisch und überspitzt ausgefallen sein. Dies ändert aber nichts daran, dass auch solche Äußerungen vom Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden (BAG, Urteil vom 17.02.2000, - 2 AZR 927/98, Juris). Zu Recht weist das Arbeitsgericht auch darauf hin, dass die behaupteten Äußerungen des Klägers keine ehrenrührigen Tatsachenbehauptungen, sondern lediglich subjektive Einschätzungen des Klägers und eine pauschale Kritik der Arbeit des Betriebsrates als seines Repräsentanten und dessen Vorsitzenden darstellen, wozu der Kläger als wahlberechtigter Arbeitnehmer grundsätzlich auch berechtigt ist. Hinzu kommt, dass der Betriebsrat und sein Vorsitzender als Amtsträger mit einer, auch überspitzten und polemischen Kritik der Arbeitnehmer an der Amtsführung rechnen und sich diese in einem gewissen Umfang auch gefallen lassen müssen, wenn sie an einer Entscheidung mitwirken, die die Arbeitnehmer oder einzelne von ihnen als nachteilig empfinden. Denn jede Person, die ein Amt übernimmt, muss in Kauf nehmen, dass sie teilweise scharf und unsachlich wegen der Amtsführung von den Personen kritisiert wird, die sie gewählt haben und die mit der Art und Weise der Amtsführung nicht einverstanden sind. Dies gilt auch für den Betriebsrat und dessen Vorsitzenden. Nicht mehr als eine solche pauschale Kritik der Amtstätigkeit des Betriebsrates und seines Vorsitzenden stellen die behaupteten Äußerungen des Klägers nach Ansicht der erkennenden Kammer dar. Der Betriebsratsvorsitzende, der nicht persönlich, sondern in seiner Eigenschaft als Amtsträger vom Kläger verbal angegriffen wurde, hat deshalb völlig zu Recht die Angelegenheit jedenfalls nach der Entschuldigung des Klägers als erledigt angesehen. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob nicht bereits die vom Betriebsratsvorsitzenden angenommene Entschuldigung des Klägers der Wirksamkeit der Abmahnung vom 20.01.2005 entgegensteht. b. Das Arbeitsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die wegen Schlechtleistungen des Klägers ausgesprochenen Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 unwirksam sind. Denn die Beklagte hat nach Ansicht der erkennenden Kammer bereits das Vorliegen einer objektiven Pflichtwidrigkeit des Klägers nicht schlüssig dargelegt. aa. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass der Arbeitsnehmer zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Arbeitspflicht nicht nur in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht verpflichtet ist. Zu Recht geht das Arbeitsgericht auch davon aus, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, eine in quantitativer Hinsicht schlechte Arbeitsleistung abzumahnen, die der Arbeitnehmer nicht unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erbringt. bb. Das Arbeitsgericht geht zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens einer objektiv pflichtwidrigen Schlechtleistung in quantitativer Hinsicht aus (so BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784; Urteil vom 03.06.2004 - 2 AZR 386/03, NZA 2005, 175). (1) Ob der Arbeitnehmer der ihm obliegenden Verpflichtung zu einer Arbeitsleistung unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit nachkommt, ist für den Arbeitgeber anhand objektivierbarer Kriterien nicht immer erkennbar. Der bloße Umstand, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft. In einer Vergleichsgruppe ist stets ein Angehöriger der Gruppe das "Schlusslicht". Das kann seine Ursache auch darin haben, dass die übrigen Gruppenangehörigen besonders leistungsstark sind, sich überfordern oder dass umgekehrt der gruppenschwächste Arbeitnehmer besonders leistungsschwach ist. Andererseits ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichten Mittelwerts oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Reserven nicht ausschöpft, die mit zumutbaren Anstrengungen nutzbar wären. Der Konflikt zwischen diesen widerstreitenden Gesichtspunkten ist deshalb so zu lösen, dass es zunächst Sache des Arbeitgebers ist, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast grundsätzlich bereits dann, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Davon kann dann gesprochen werden, wenn, gemessen an der durchschnittlichen Leistung der vergleichbaren Arbeitnehmer, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist. Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, so ist es alsdann Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Es ist dann davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft (BAG, Urteil vom 11.12.2003, - 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784). (2) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte nach Ansicht der erkennenden Kammer nicht ausreichend dargelegt, dass der Kläger objektiv pflichtwidrig in quantitativer Hinsicht schlechte Arbeitsleistungen erbracht hat. (a) Die Leistungen des Klägers, die Gegenstand der Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 waren, lagen zwar in quantitativer Hinsicht in der 46. Kalenderwoche sowie in den Monaten Dezember und Januar nach dem Zahlenwerk der Beklagten, dessen Richtigkeit zugunsten der Beklagten unterstellt werden kann, erheblich unter den Leistungen der übrigen Gruppenmitgliedern. Dies reicht nach Ansicht der Kammer bei Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht aus, um im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast anzunehmen, dass der Kläger deutlich unterdurchschnittliche Leistungen objektiv erbracht hat, so dass er zu seiner Entlastung Umstände darlegen müsste, aus denen sich ergeben soll, dass er gleichwohl seine persönliche Leistungsfähigkeit voll ausgeschöpft hat. (b) Das entlastende Vorbringen des Arbeitnehmers ist erst dann erforderlich, wenn er über einen längeren Zeitraum im Verhältnis zu seinen Arbeitskollegen unterdurchschnittliche Leistungen erbracht hat (BAG, Urteil vom 11.12.2003,- 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784.; Urteil vom 03.06.2004, Urteil vom 03.06.2004 - 2 AZR 386/03, NZA 2005, 175). Daran fehlt es vorliegend, weil der Kläger nicht über einen längeren Zeitraum, sondern auch nach dem Vorbringen der Beklagten lediglich innerhalb von drei Monaten nach Übertragung der Kommissioniertätigkeit eine von den Arbeitskollegen in quantitativer Hinsicht abweichende Arbeitsleistung erbracht hat, was jedenfalls nach Berücksichtigung der Gesamtumstände kein längerer Zeitraum ist. (1) Die erste Abmahnung vom 16.11.2004 wegen Schlechtleistung in quantitativer Hinsicht hat der Kläger bereits für die Arbeitsleistung als Kommissionierer in der 46. Kalenderwoche erhalten. Da der Kläger zuvor jahrelang in der Versandabteilung beschäftigt war und erstmals am 04.10.2004 als Kommissionierer eingesetzt wurde, bezog sich diese Abmahnung auf eine Arbeitsleistung an einem neuen Arbeitsplatz unmittelbar nach Ablauf der dem Kläger von der Beklagten selbst eingeräumten Einarbeitungszeit bis zum 29.10.2004. Aus der Unterschreitung der Leistungswerte der anderen Gruppenmitglieder, die seit längerer Zeit als Kommissionierer tätig sind, unmittelbar zu Beginn einer neuen Tätigkeit können keine Schlüsse auf die Nichtausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit hergeleitet werden, so dass die bloße Darlegung der unterdurchschnittlichen Leistungswerte in der 46. Kalenderwoche schon aus diesem Grund nicht geeignet ist, die Berechtigung der Abmahnung zu rechtfertigen. Andere konkrete Tatsachen, die eine objektive Pflichtwidrigkeit des Klägers begründen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen, so dass die Abmahnung vom 16.11.2004 schon aus diesem Grunde unwirksam ist. (2) Die zweite Abmahnung wegen quantitativer Schlechtleistungen bezog sich zwar auf die Monate Dezember 2004 und Januar 2005. Doch auch insoweit reicht nach Ansicht der Kammer nicht aus, nur die objektive Unterschreitung der Leistungswerte der anderen Gruppenmitglieder vorzutragen, um im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast objektiv pflichtwidriges Verhalten des Klägers annehmen zu können. Denn bei einem Arbeitnehmer, der innerhalb von drei Monaten nach der Einarbeitung noch nicht den Leistungsstandard der anderen Gruppenmitglieder erreicht hat, kann nicht ohne besondere zusätzliche Anhaltspunkte angenommen werden, dass er seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass ein Arbeitnehmer, der erst seit kurzem mit einer neuen Aufgabe betraut worden ist, Zeit benötigt, um die Arbeiten nicht nur in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht ordnungsgemäß zu erledigen, zumal sich die Kommissioniertätigkeit auch nach dem Vorbringen der Beklagten auf unterschiedlich "gute" und "schlechte" Aufträge bezieht. Dies gilt umso mehr, wenn die Leistungen - wie hier - mit den Arbeitsleistungen von Arbeitnehmern verglichen werden, die bereits seit Jahren diese Tätigkeit verrichten und deren Leistungen auch erheblichen Schwankungen unterliegen, wie die von der Beklagten vorgelegten Zahlen belegen. Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger seine Leistungen in den Monaten Dezember 2004 und Januar 2005 im Verhältnis zu dem Monat November 2004 gesteigert hat, was die Beklagte in der Abmahnung vom 08.02.2005 selbst anerkennt, und im Monat Februar 2005 einen Leistungswert erreichte, der erheblich über dem Leistungswert des seit 15 Jahren als Kommissionierer tätigen Arbeitnehmers S6xxxxxx lag. Angesichts der o.g. Umstände reicht für die Darlegung des objektiv pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers die Darlegung der Unterschreitung der Leistungswerte der langjährigen Kommissionierer in den ersten drei Monaten nach Ablauf der Einarbeitungszeit nicht aus. Vielmehr hätte die Beklagte nach Ansicht der Kammer darüber hinausgehende Tatsachen vortragen müssen, die den Schluss auf ein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Klägers zulassen würden. Daran fehlt es vorliegend, so dass auch die Abmahnung vom 08.02.2005 mangels schlüssiger Darlegung einer pflichtwidrigen Schlechtleistung des Klägers unwirksam und deshalb aus dessen Personalakte zu entfernen ist. Ob die Abmahnungen vom 16.11.2004 und 08.02.2005 selbst bei Annahme pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzips unwirksam wären, wie das Arbeitsgericht festgestellt hat, bedarf keiner Entscheidung. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

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