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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 235/04
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 415 Abs. 1 Satz 1
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 611
BGB § 625
HGB § 25 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 2 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.01.2004 - 2 Ca 3477/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 43.071,06 € festgesetzt.

Gründe: I Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges. Der Kläger wendet sich mit seiner am 13.10.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrages vom 06.04.2000 und macht Vergütungsansprüche für den Zeitraum September 2003 bis einschließlich Juni 2004 geltend. Außerdem verlangt er die Zahlung dreizehnter Gehälter für 2003 und 2004 sowie einer Prämie. Der Kläger schloss mit der Firma F1xxxxxx E1xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG am 06.04.2000 mit Wirkung ab 01.03.2000 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einer Kündigungsfrist von neun Monaten. Dem Kläger wurde die Leitung der kaufmännischen und technischen Bereiche übertragen und er wurde zum gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementärin bestellt. Als monatliche Vergütung für die Tätigkeit des Klägers wurden 15.385,00 DM zzgl. Prämie vereinbart. Für Auseinandersetzungen aus diesem Vertrag vereinbarten die Vertragsparteien gemäß § 16 die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 4 ArbGG. Am 01.01.2001 übernahm die Firma M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH von ihrer Mutter den Geschäftsbetrieb der F1xxxxxx E1xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG. Die Firma M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH firmierte seinerzeit noch als F1xxxxxx GmbH. Diese übergab dem Kläger folgende Überleitungsmitteilung vom 29.12.2000: "Sehr geehrter Herr H1xxxxxx, wie Ihnen bereits bekannt ist, erhält die F1xxxxxx Unternehmensgruppe eine neue Organisationsstruktur. Die E1xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG agiert künftig als reine Besitzgesellschaft, alle operativen Aktivitäten werden in der F1xxxxxx GmbH gebündelt. Hiermit teilen wir Ihnen mit, daß Ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2001 von der F1xxxxxx GmbH übernommen wird. Alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis gehen damit auf diese Gesellschaft über. Der bestehende Arbeitsvertrag bleibt inhaltlich unverändert. Ihr sozialer Besitzstand, insbesondere die Betriebszugehörigkeit bleibt in voller Höhe erhalten." Über das Vermögen der Firma M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH wurde im Dezember 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt W1xxxx zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser schloss am 25.02.2003 mit der D3.I2.E2. F1xxxx GmbH, vertreten durch den Kläger, einen notariell beurkundeten Vertrag über die Übernahme des gesamten beweglichen Anlagevermögens der Insolvenzschuldnerin. Ferner heißt es in § 4 des Übernahmevertrages, dass die Käuferin mit Wirkung zum 01.03.2003 alle Arbeitsverhältnisse mit den in der Anlage 5 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernimmt. Zu den in der Anlage 5 aufgeführten Mitarbeitern gehört auch der Kläger. Die Käuferin stellte den Verkäufer ab 01.03.2003 von allen Ansprüchen der in der Anlage 5 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern frei. Der Insolvenzverwalter verpflichtete sich, die Arbeitsvertragsverhältnisse gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zum 28.02.2003 abzurechnen und die Löhne zu zahlen. Die Käuferin übernahm mit Wirkung zum 01.01.2003 alle den Geschäftsbetrieb betreffenden laufenden Verträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Übernahmevertrages vom 25.02.2003 (Bl. 38 bis 47 d.A.) Bezug genommen. Gleichzeitig mit dem Abschluss des Übernahmevertrages wurden die Geschäftsanteile der D3.I2.E2. F1xxx GmbH an die jetzigen Beklagte, die F1xxx H2xxxxx GmbH, veräußert. Die Parteien sind sich einig, dass der Betrieb der Insolvenzschuldnerin auf die jetzige Beklagte gemäß § 613 a BGB übergegangen ist. Die Beklagte zahlte ab 01.03.2003 die Vergütung des Klägers in unveränderter Höhe fort und bestellte ihn zum Geschäftsführer. Durch Gesellschafterbeschluss vom 01.07.2003 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Die Beklagte kündigte den Geschäftsführerdienstvertrag mit Schreiben vom 30.07.2003 zum 31.08.2003. Sie vertritt die Auffassung, der Kläger habe die Geschäftsführung ohne Abschluss eines schriftlichen Dienstvertrages wahrgenommen. Ein Übergang des ursprünglich geschlossenen Geschäftsführeranstellungsvertrages gemäß § 613 a BGB auf sie habe nicht stattgefunden. Es gelte daher die gesetzliche Kündigungsfrist. An die Zuständigkeitsvereinbarung in dem Vertrag vom 06.04.2000 sei sie nicht gebunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie auf den Akteninhalt verwiesen. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit durch Beschluss vom 13.01.2004 für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund des zwischen den Parteien geltenden Anstellungsvertrages vom 06.04.2000 ergebe sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 4 ArbGG aus der Zuständigkeitsvereinbarung in § 16 des Vertrages. Infolge der Überleitungsmitteilung vom 29.12.2000 habe die Firma M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH den Vertrag vom 06.04.2000 übernommen. Durch den Übernahmevertrag vom 25.02.2003 hätte die Beklagte die Bedingungen des Anstellungsvertrages vom 06.04.2000 akzeptiert, denn andernfalls ergebe die namentliche Erwähnung des Klägers in der Anlage 5 keinen Sinn. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, welcher der Beklagten am 17.02.2004 zugestellt worden ist, Bezug genommen. Dagegen hat die Beklagten mit Schriftsatz vom 01.03.2004, der am 02.03.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt sie vor, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei sie nicht Vertragspartei des Dienstvertrages vom 06.04.2000 geworden, den der Kläger seinerzeit mit der Firma F1xxxxxx E1xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG abgeschlossen habe. Bereits die Überleitung des Dienstvertrages von der Firma F1xxxxxx E1xxx-xxxxxxxxx GmbH & Co. KG auf die Firma M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH sei gesellschaftsrechtlich unwirksam, weil es an der erforderlichen Mitwirkung der einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer gefehlt habe. Schließlich sei auch der Insolvenzverwalter zur Überleitung des Geschäftsführerdienstvertrages nicht berechtigt gewesen. Der Kläger beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluss und tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen. Er weist darauf hin, dass er vom 01.01.2001 bis zum 25.02.2003 Geschäftsführer der M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH zu unveränderten Bedingungen gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen. II Die gemäß den §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG an sich statthafte und im Übrigen gemäß den §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569, 571, 572 ZPO zulässige Beschwerde der Beklagten bleibt erfolglos. Die Arbeitsgerichte sind aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 06.04.2000 getroffenen Zuständigkeitsvereinbarung, welche die Beklagte gegen sich gelten lassen muss, für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig. 1. Als Organgeschäftsführer gilt der Kläger an sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer. § 2 Abs. 4 ArbGG ermöglicht es aber ausdrücklich für diesen Personenkreis wegen der vielfach gleichen Interessenlage Streitigkeiten aus dem Anstellungsvertrag des Organmitglieds vor den Arbeitsgerichten auszutragen (vgl. dazu Kissel, GVG, § 13 Rdnr. 205). Der Kläger war streitlos Geschäftsführer der Beklagten und ist für sie nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses, sondern aufgrund eines freien Dienstverhältnisses als Geschäftsführer tätig gewesen (vgl. dazu BAG vom 06.05.1999 - 3 AZB 22/98 - NZA 1999, 839). Es handelt sich vorliegend auch um eine Streitigkeit aus dem Geschäftsführeranstellungsverhältnis, so dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte durch Vereinbarung begründet werden konnte. 2. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass die Beklagte den ursprünglich zwischen dem Kläger und der Firma F1xxxxxx E1xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG geschlossenen Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 06.04.2000 übernommen hat. Es ist ihr jedenfalls verwehrt, sich auf einen vertragslosen Zustand zu berufen, weil es zur Unterzeichnung eines neuen Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht gekommen ist. Allerdings ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 06.04.2000 nicht von Gesetzes wegen nach § 613 a BGB auf die Beklagte als Betriebserwerberin übergegangen. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst nur Arbeitsverhältnisse (BAG vom 13.02.2003 - 8 AZR 654/01 - ZIP 2003, 1010 = NJW 2003, 2473). Zur Recht hat das Arbeitsgericht daher nicht auf die Betriebsübergänge von der F1xxxxxx E1xxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG auf F1xxxxxx GmbH bzw. M1xxxxxxx-xxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH und auf den nachfolgenden Betriebsübergang auf die Beklagte aufgrund der Übernahmevereinbarung vom 25.02.2003 abgestellt. Die Beklagte muss sich aber entgegenhalten lassen, dass sie in den bestehenden Anstellungsvertrag vom 06.04.2000 eingetreten ist. Sie hat nämlich unverändert und vorbehaltlos auch nach dem 01.03.2003 die Dienste des Klägers als Geschäftsführer in Anspruch genommen und das bisherige Geschäftsführergehalt weitergezahlt. Bezeichnenderweise hat sie den von ihr entworfenen neuen Geschäftsführeranstellungsvertrag dem Kläger nicht vorgelegt und ihm gegenüber auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie sich an die ursprünglich bestandenen Anstellungsbedingungen nicht gebunden fühlt. Der Kläger durfte das Verhalten der Beklagten daher im Sinne der §§ 145 ff BGB als Angebot zur Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses auffassen, welches der Kläger durch Fortsetzung seiner Tätigkeit angenommen hat. Insoweit ist der Rechtsgedanke des § 625 BGB heranzuziehen. a) Aufgrund der Überleitungsmitteilung vom 29.12.2000 ist der am 06.04.2000 abgeschlossene Dienstvertrag zunächst auf die F1xxxxxx GmbH bzw. die M1xxxxxxxxxxx F2xxxxxxxxxxxx GmbH übergegangen. Ob es dafür einer ausdrücklichen Mitwirkung der übrigen Geschäftsführer der F1xxxxxx GmbH bedurft hätte, kann offen bleiben, denn dies ändert an der Außenwirkung der Erklärung gemäß den § 36, 37 Abs. 2 GmbHG nichts. Es ist auch unschädlich, dass die Vertragsbeziehungen mit dem Kläger in der Überleitungsmitteilung als Arbeitsverhältnis bezeichnet worden sind. Entscheidend ist, dass der bestehende Vertrag inhaltlich unverändert weitergelten sollte. b) Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Übernahmevertrag vom 25.02.2003 und seiner Anlage 5 entscheidende Bedeutung beigemessen. Es fehlt zwar an einer ausdrücklichen Überleitungsmitteilung der Beklagten. Trotzdem kann die Bindung der Beklagten an den Inhalt des Anstellungsvertrages vom 06.04.2000 und die darin enthaltene Zuständigkeitsvereinbarung von der Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden. Die Beklagte hat nämlich in dem Übernahmevertrag vom 25.02.2003 gegenüber dem Insolvenzverwalter ausdrücklich die Erklärung abgegeben, alle Arbeitsverhältnisse der in der Anlage 5 genannten Mitarbeiter zu übernehmen. Diese Übernahmeerklärung erfasste auch das zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin bestandene Dienstverhältnis. Auch hier ist es unschädlich, dass die Parteien des Übernahmevertrages die Vertragsbeziehungen des Klägers fälschlicherweise als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben. Es entsprach jedenfalls dem Willen der Vertragsparteien, den Kläger zu übernehmen, denn andernfalls gibt die Nennung seines Namens in der Anlage 5 keinen Sinn. Bezeichnenderweise verpflichtete sich die Beklagte als Käuferin in § 5 des Übernahmevertrages, alle den Geschäftsbetrieb betreffenden laufenden Verträge zu übernehmen, soweit sie nicht durch den Insolvenzverwalter beendet worden waren. Dies wird noch durch die Verpflichtung in § 5 Abs. 2 des Übernahmevertrages unterstrichen, wonach sich beide Vertragsparteien um eine Vertragsübernahme bemühen wollten. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Kläger an diesem Übernahmevertrag unmittelbar beteiligt war, denn er hat ihn aufseiten der Käuferin als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der D3.I2.E2. F1xxxxxx GmbH abgeschlossen. c) Schließlich entspricht der Eintritt der Beklagten in den bestandenen Anstellungsvertrag der Rechtslage. Die Beklagte haftet nämlich als Erwerberin eines Handelsgeschäfts gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für alle Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Bei unternehmensbezogenen Dauerschuldverhältnissen kann eine Vertragsübernahme wie vorliegend geschehen auch konkludent erfolgen (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 25 Rdnr. 11). Es handelt sich faktisch um einen Fall der Schuldübernahme gemäß § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB, wobei die erforderliche Genehmigung des Klägers durch Abschluss des Übernahmevertrages und die Fortsetzung seiner Geschäftsführertätigkeit erteilt worden ist. III Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. IV Der Wert des Beschwerdegegenstandes richtet sich nach dem Wert der Hauptsache. Wegen der eingeschränkten Rechtskraft im Rechtswegbestimmungsverfahren sind davon 3/10 in Ansatz gebracht worden. Der Wert der Hauptsache ist auf 143.570,21 € zu veranschlagen, denn für den Feststellungsantrag sind gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG drei Monatsverdienste zu veranschlagen.

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