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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 1738/07
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16 Abs. 1
In der sog. Abwicklungsgesellschaft ist der Arbeitgeber verpflichtet, die aus den Versorgungsrückstellungen erwirtschafteten Erträge in vollem Umfang für die zugesagten Betriebsrenten und ihre Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG einzusetzen. Er ist nicht berechtigt, diese Beträge zur Erzielung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung zu verwenden.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers vom 25.09.2007 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.05.2007 - 1 Ca 2403/06 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.559,84 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jährlichen Basiszinssatz aus jeweils 106,66 € ab 01. Januar 2006 und dem jeweiligen Ersten des Folgemonats zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, ab 01. Dezember 2007 eine Betriebsrente von monatlich 2.425,27 € zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, ab Dezember 2005 die betriebliche Altersversorgung des Klägers anzupassen.

Der Kläger war bis zum 31.03.1998 bei der Beklagten beschäftigt. Aufgrund einer entsprechenden Versorgungszusage der Beklagten bezog er seit dem 01.04.1998 eine Betriebsrente i.H.v. 4.481,00 DM, die zum 01.12.1999 auf 4.534,80 DM, was 2.318,61 EUR entspricht, erhöht wurde. Weitere Erhöhungen erfolgten nicht.

Die Beklagte, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Fa. E1 GmbH, war ursprünglich ein Straßenbauunternehmen. Nach Umsetzung von Umstrukturierungsmaßnahmen übt sie seit 2003 keine operative Tätigkeit mehr auf dem Gebiet des Straßenbaus aus. Eine Beteiligung an der Fa. E1 I1 GmbH veräußerte sie für 14,275 Mío. EUR. Ihre geschäftlichen Aktivitäten bestehen seitdem neben Abwicklungsarbeiten in der Vermögensverwaltung, namentlich der Vermietung und Verpachtung von Immobilien sowie der Bewirtschaftung ihres Vermögens und einiger Beteiligungen. Zu diesem Zweck beschäftigt sie noch wenige, zuletzt nur noch einen eigenen Arbeitnehmer. Sie ist gegenüber etwa 1.800 ehemaligen Beschäftigten verpflichtet, Betriebsrenten in einem Gesamtvolumen von derzeit etwa 4,3 Mio. EUR zu zahlen. Zusammen mit weiteren Versorgungsanwartschaften bestehen insgesamt gegenüber ca. 3.000 Personen Versorgungsverpflichtungen. Im Geschäftsjahr 2005 veräußerte die Beklagte weitere Geschäftsanteile der Fa. E1 I1 GmbH i.H.v. 1,124 Mio. EUR, im Geschäftsjahr 2006 ihre 50%ige Beteiligung an der Firma S1 GmbH für 20,89 Mio. Für das Jahr 2007 war eine Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft der Beklagten in Höhe von 15 Mio. EUR vorgesehen.

Im Zusammenhang mit der Prüfung einer möglichen Anpassungsverpflichtung nach § 16 BetrAVG hat die Beklagte bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W2 & K2 ein Gutachten über die Eigenkapitalrendite der Geschäftsjahre 2003 bis 2008 erstellen lassen. Das Gutachten kommt zu folgendem Ergebnis.

"Aufgrund unserer Ermittlung, die wir anhand der uns vorgelegten Unterlagen und Nachweise unter analoger Anwendung der Grundsätze für Unternehmensbewertungen des IDW S1 vorgenommen haben, kommen wir zu dem Ergebnis, dass T1 in den Jahren 2003 bis 2008 folgende bereinigte handelsrechtliche Jahresergebnisse erzielt hat bzw. laut Planung erzielen wird:

 2003 TEUR2004 TEUR2005 TEUR2006 TEUR2007 TEUR2008 TEUR
1.808- 7.695- 50921.283600570

Das Planergebnis 2006 ist maßgeblich geprägt durch den zum Zeitpunkt unserer gutachterlichen Tätigkeit bereits realisierten Buchgewinn aus der Veräußerung der Anteile an der S1 GmbH.

Die Überleitung der Ergebnisse gemäß handelsrechtlicher Gewinn- und Verlustrechnung zu vorstehenden bereinigten Jahresergebnissen ist im Einzelnen in Anlage 1 dargestellt.

Auf Basis der in Anlage 2 errechneten durchschnittlichen Eigenkapitalien ergeben sich damit folgende Eigenkapitalrenditen:

 2003 %2004 %2005 %2006 %2007 %2008 %
5,4- 60,3- 5,9106,22,53,3

Unsere auftragsgemäß zusätzlich vorgenommene Beurteilung der (nominellen) Substanzerhaltung der T1 seit dem Erwerb ihrer Anteile durch die E1 GmbH kommt zu dem Ergebnis, dass das Eigenkapital der Gesellschaft - ohne Berücksichtigung von Einlagen und Zuschüssen des Gesellschafters - in den Geschäftsjahren 1999 bis 2005 durch Gewinne und Verluste von per Saldo - TEUR 71.618 ausgezehrt worden ist."

Die Eigenkapitalrendite hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anhand der Jahresergebnisse wie folgt ermittelt:

 2003 Ist TEURO2004 Ist TEUR2005 Ist TEUR2006 Plan TEUR2007 Plan TEUR2008 Plan TEUR
Jahresergebnis laut handelsrechtlicher Gewinn- und Verlustrechnung16.582- 8.67235522.520600570
Bereinigung um bestimmte außerordentliche und periodenfremde Aufwendungen und Erträge      
Bildung außerordentlicher Rückstellungen0977260000
Auflösung außerordentlicher Rückstellungen- 49900- 1.23700
Buchgewinn aus dem Verkauf und der Ausgliederung der Beteiligungen an Mischwerksgesellschaften an die E1 I1 GmbH- 14.2750- 1.124000
Bereinigtes Jahresergebnis1.808- 7.695- 50921.283600570

 2003 Ist TEURO2004 Ist TEUR2005 Ist TEUR2006 Plan TEUR2007 Plan TEUR2008 Plan TEUR
Bereinigtes Jahresergebnis1.808- 7.695- 50921.283600570
Bilanziertes Eigenkapital      
Stand 01.01.49.61617.1008.4298.78331.30016.900
Stand 31.12.17.1008.4298.78331.30016.90017.470
Durchschnitt33.35812.7658.60620.04224.10017.185
Eigenkapitalrendite5,4%- 60,3%- 5,9%106,2%2,5%3,3%

Die Bilanz zum 31.12.2005 schließt wie folgt:

Aktiva

 Anhang31.12.2005 EURVorjahr EUR
A. Anlagevermögen   
I. Sachanlagen(1)  
1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken 8.645.112,089.460.719,67
2. Technische Anlagen und Maschinen 5.209,0048.454,00
3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 1.133,0096.110,00
  8.651.454,089.605.283,67
II. Finanzanlagen(2)  
1. Anteile an verbundenen Unternehmen 613.164,59766.616,07
2. Beteiligungen 2.123.044,952.692.831,13
3. Sonstige Ausleihungen 27.598,7648.805,35
  2.763.808,303.508.252,55
  11.415.262,3813.113.536,22
B. Umlaufvermögen   
I. Vorräte(3)  
1. Nicht abgerechnete Bauleistungen 2.661.451,243.956.657,32
2. Abzüglich erhaltene Abschlagszahlungen 907.112,202.015.815,32
  1.754.339,041.940.842,00
II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände(4)  
1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 786.928,62738.990,29
2. Forderungen gegen Arbeitsgemeinschaften 73.866,660,00
3. Forderungen gegen verbundene Unternehmen 2.163.563,385.637.731,22
4. Forderungen gegen Gesellschafter 82.221.273,6281.698.878,13
5. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 42.249,2256.560,08
6. Sonstige Vermögensgegenstände 548.002,561.027.427,77
  85.835.884,0689.159.587,49
III. Guthaben bei Kreditinstituten(5)78.891,81519.535,68
  87.669.114,9191.619.965,17
C. Rechnungsabgrenzungsposten(6)127.072,72138.300,19
  99.211.450,01104.871.801,58

Passiva

 Anhang31.12.2005 EURVorjahr EUR
A. Eigenkapital   
I. Gezeichnetes Kapital(7)15.500.000,0015.500.000,00
II. Kapitalrücklage 18.150,8618.150,86
III. Verlustvortrag (Vorjahr: Gewinnvortrag) 7.089.520,711.582.151,97
IV. Jahresüberschuss (Vorjahr: Jahresfehlbetrag) 354.703,788.671.672,68
  8.783.333,938.428.630,15
B. Rückstellungen(8)  
1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen 72.856.474,0072.986.839,00
2. Sonstige Rückstellungen 13.941.372,0815.821.630,07
  86.797.846,0888.808.469,07
C. Verbindlichkeiten(9)  
1. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 1.025.426,512.366.340,59
2. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 18.547,48508.801,89
3. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 1.775.793,633.246.132,74
4. Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitsgemeinschaften 70.148,2144.872,73
5. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen 634.613,39861.560,66
6. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 20.000,000,00
7. Sonstige Verbindlichkeiten davon aus Steuern: EUR 7.916,95 (Vorjahr: EUR 10.649,83 davon im Rahmen der sozialen Sicherheit: EUR 35.333,45 (Vorjahr: EUR 125.152,60) 85.740,78606.993,75
  3.630.270,007.634.702,36
  99.211.450,01104.871.801,58

Die Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2005 hat folgendes Ergebnis:

 Anhang2005 EURVorjahr EUR
1. Umsatzerlöse(11)2.639.670,391.347.782,05
2. Verminderung (Vorjahr: Erhöhung des Bestands an nicht abgerechneten Bauleistungen sowie unfertigen Leistungen) 1.295.206,0849.264,70
3. Sonstige betriebliche Erträge(12)7.837.140,574.185.734,58
4. Materialaufwand(13)  
a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 10.397,2963.602,38
b) Aufwendungen für bezogene Leistungen 430.162,50353.172,84
5. Personalaufwand(14)  
a) Löhne und Gehälter 51.916,5938.869,87
b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung davon für Altersversorgung: EUR 4.133.887,96 (Vorjahr: EUR 9.943.629,15) 4.145.393,4510.452.808,27
6. Abschreibungen auf Sachanlagen 726.738,87690.604,10
7. Sonstige betriebliche Aufwendungen(15)7.536.700,916.235.885,14
8. Erträge aus Beteiligungen davon aus verbundenen Unternehmen: EUR 53.458,88 (Vorjahr: EUR 39.285,42) 276.341,28253.895,62
9. Erträge aus Ausleihungen des Finanzanlagevermögens 3.613,833.728,34
10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge davon aus verbundenen Unternehmen: EUR 3.567.553,41 (Vorjahr: EUR 3.693.928,71) 3.907.901,933.891.103,90
11. Zinsen und ähnliche Aufwendungen davon an verbundene Unternehmen: EUR 0,00 (Vorjahr: EUR 18.532,46) 96.404,91191.283,80
12. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 371.747,40- 8.294,717,21
13. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 224,25343.376,74
14. Sonstige Steuern(16)16.819,3733.578,73
15. Jahresüberschuss (Vorjahr: Jahresfehlbetrag) 354.703,788.671.672,68

Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen des Gutachtens wird auf Aktenblatt 64 ff. Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Anpassung seiner Betriebsrente ab Dezember 2005. Der für die Zeit von Dezember 2002 bis November 2005 ermittelte Anpassungsbedarf von 4,6% = 106,66 EUR monatlich ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger hat vorgetragen, bei der Beklagten handele es sich praktisch um eine reine Rentnergesellschaft. Auch als Abwicklungsgesellschaft sei sie aber verpflichtet, gemäß § 16 BetrAVG eine Anpassungsprüfung vorzunehmen und die Renten anzupassen. Eine Rücksicht auf Investitionsbedarf sei nicht mehr erforderlich, noch komme es darauf an, ob Eigenkapital in genügender Höhe zur Verfügung stehe. Die angemessene Verzinsung des Eigenkapitals sei nur von Bedeutung für Unternehme, welches noch werbend am Markt tätig seien. Auch könne es nicht darauf ankommen, ob durch die Belastung mit der Anpassungsverpflichtung es zu einer etwaigen Auszehrung des Eigenkapitals kommen könne. Das von der Beklagten vorgelegte Gutachten gehe bei seiner Bewertung von einem am Markt tätigen Unternehmen aus, und somit von falschen Voraussetzungen. Zutreffender Maßstab für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage sei nur die Frage, ob die Beklagte über Einkünfte verfüge, die für eine Anpassung der Betriebsrenten herangezogen werden könnten. Dies sei der Fall. Aus den im Jahre 2005 erzielten Erträgen, namentlich den Zinseinkünften, könne sie die geschuldeten Anpassungen über Jahre hinaus erfüllen. Allein ihrer Muttergesellschaft habe sie ein verzinsliches Darlehn in Höhe von 68,5 Mio. EUR zur Verfügung gestellt. Sie könne auch nicht Gewinne an die Fa. E1 GmbH ausschütten, bevor sie nicht ihre gesetzlichen Verpflichtungen aus § 16 BetrAVG erfüllt habe. Ohnehin müsse deren wirtschaftlich gute Lage der Beklagten zugerechnet werden. Die Muttergesellschaft der Beklagten habe nämlich ihre wirtschaftliche Macht zum Nachteil der Beklagten ausgeübt, indem sie ihr eine weitere Betätigung als Tiefbauunternehmen untersagt und ihr damit jede Chance auf ein wirtschaftlich positives Ergebnis genommen habe.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, sie habe zu Recht die vom Kläger geforderte Rentenanpassung verweigert. Eine Anpassungsprüfung finde nicht nur einseitig und ausschließlich zur Wahrung der Belange der Versorgungsempfänger statt. Vielmehr seien auch die wirtschaftlichen Aspekte des Arbeitgebers zu berücksichtigen, vorrangig gehe es dabei um die Erhaltung und gesunde Weiterentwicklung des Unternehmens. Dabei müsse eine angemessene Eigenkapitalverzinsung als vorrangiges maßgebliches Prüfkriterium berücksichtigt werden, denn die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens werde gefährdet, wenn es nicht über genügend Eigenkapital verfüge. Bezogen auf den Prüfungstermin 01.12.2005 hätte sie eine Eigenkapitalverzinsung von 6,1% erzielen müssen. Eine solche Eigenkapitalverzinsung habe sie weder in der Vergangenheit erzielt, noch sei eine solche für die Zukunft zu erwarten gewesen. Der Arbeitgeber könne die Rentenanpassung verweigern, wenn er davon ausgehen müsse, dass der Eigenkapitalmangel bis zum nächsten Anpassungsstichtag fortbestehe. Nach einer Eigenkapitalauszehrung habe er das Recht, verlorene Vermögenssubstanz wieder aufzubauen, was dem Anpassungsbegehren der Betriebsrentner vorgehe. Das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weise aus, dass in den Geschäftsjahren 1999 bis 2005 ihr Eigenkapital ausgezehrt worden sei. Die in ihrer Prognoseberechnung enthaltene fiktive Gewinnausschüttung könne keine Rolle spielen. Selbst bei einem Verzicht hierauf würde sich die Eigenkapitalrendite nur geringfügig verbessern. Auch dann sei sie zu einer Anpassung nicht verpflichtet. Sie sei angesichts ihrer verbliebenen Geschäftsaktivitäten nicht als Rentnergesellschaft zu qualifizieren. Die Abwicklung der Versorgungsverpflichtungen sei nicht ihr einziger Unternehmenszweck. Ohnehin gelte auch bei einer Abwicklungsgesellschaft, dass dem Versorgungsschuldner eine angemessene Eigenkapitalverzinsung verbleiben müsse. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff seien nicht erfüllt. Ihre Muttergesellschaft habe seinerzeit nur die Wahl gehabt, umzustrukturieren oder für sie das Insolvenzverfahren einzuleiten. Im Übrigen wäre sie auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Fa. E1 GmbH berechtigt, eine Anpassung zu verweigern, denn auch dort sei eine Substanzauszehrung festzustellen. Das Eigenkapital dieser Gesellschaft sei in den Geschäftsjahren 1999 bis 2005 durch Gewinne und Verluste von per Saldo minus 58.239 TEUR ausgezehrt.

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat die Klage durch Urteil vom 15.05.2007 in vollem Umfang abgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte habe eine Rentenanpassung wegen übermäßiger wirtschaftlicher Belastung ablehnen dürfen. Nach dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W2 & K2, welches nach Auffassung der erkennenden Kammer als Rechnungsmodell hinsichtlich der Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer Versagung eines Anpassungsbegehrens habe herangezogen werden können, sei davon auszugehen, dass das Eigenkapital der Gesellschaft in den Geschäftsjahren 1999 bis 2005 durch Gewinne und Verluste in Höhe von per Saldo 1.071.618,00 EUR ausgezehrt worden sei. Daher gehe die erkennende Kammer davon aus, dass das Anpassungsbegehren insoweit rechtlich ohne Erfolg sei.

Gegen das dem Kläger am 12.09.2007 zugestellte Urteil hat dieser mit am 28.09.2007 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 24.10.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen vor, die Beklagte sei wirtschaftlich in der Lage, eine höhere Rente zu zahlen. Bei wertender Betrachtung sei sie als Abwicklungsgesellschaft anzusehen. Die Verwaltung des verbliebenen Vermögens stehe dem nicht entgegen. Bei Abwicklungsgesellschaften sei Maßstab für die Leistungsfähigkeit allein die erzielten Einkünfte. Zwar müsse sie die Anpassung nicht aus der Vermögenssubstanz aufbringen, alle übrigen Einkünfte müssten jedoch zur Verfügung gestellt werden. Mit den in den Jahren 2005 und 2006 erzielten Erträgen könne sie über Jahre hinaus ihre Anpassungspflichten erfüllen. Das von ihr vorgelegte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W2 & K2 gehe von falschen Voraussetzungen aus. Es prüfe die angemessene Verzinsung des Eigenkapitals und die Frage, ob dieses ausgezehrt worden sei. Darauf komme es bei einer Abwicklungsgesellschaft jedoch nicht an. Im Übrigen habe die Beklagte eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals tatsächlich erzielt. Die Beklagte habe in den Jahren 2003 bis 2005 eine Rendite von 24,6% erzielt und werde von 2006 bis 2008 voraussichtlich eine Rendite von 36,1% erwirtschaften. Das Ausnahmejahr 2004 dürfe nicht berücksichtigt werden. Ganz unberücksichtigt gelassen habe das Arbeitsgericht den Aspekt des Berechnungsdurchgriffs. Die Fa. E1 GmbH habe zu ihrem Nachteil durch Ausübung der Weisungsbefugnis verhindert, dass sie den wirtschaftlichen Aufschwung im Straßenbau habe ausnutzen können. Ferner müsse sie deren Versorgungsverpflichtungen erfüllen. Außerdem habe die E1 GmbH von ihr aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 17.11.2003 eine Gewinnrücklage und einen Gewinnvortrag von 34,1 Mio. EUR erhalten und werde im Jahre 2007 in den Genuss der vorgesehene Gewinnausschüttung von 15 Mio. EUR kommen. Die Fa. E1 GmbH habe im Jahr 2006 einen Gewinn von mehr als 7 Mio. EUR und im Jahre 2005 von mehr als 8,75 Mio. EUR erwirtschaftet, der an die Konzernobergesellschaft, die Fa. V1 D4 GmbH, abgeführt worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 01. Dezember 2005 bis 30. November 2007 (24 Monate) in Höhe von 2.559,84 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 106,66 EUR ab 01. Januar 2006 und dem jeweils Ersten des Folgemonats,

die Beklagte zu verurteilen, ab 01. Dezember 2007 insgesamt eine Betriebsrente von monatlich 2.425,27 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen - 1 Ca 2403/06 - vom 15.05.2007 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor, das vorgelegte Gutachten sei zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass es im für § 16 BetrAVG maßgeblichen Prüfungszeitraum zu einer nicht ausreichenden Eigenkapitalrendite gekommen sei. Der Kläger habe die im Gutachten vorgenommenen und begründeten Bereinigungen sowie die dokumentierte Eigenkapitalauszehrung i.H.v. 71.618 TEUR außer Acht gelassen. Der Gutachter habe die Zahlen des Jahresabschlusses um Sondereffekte bereinigt. Dies sei zwingend erforderlich gewesen für die Darstellung und Berechnung der angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals. Der durch die Veräußerung der Anteile an der Fa. S1 GmbH erzielte Gewinn sei nicht repräsentativ für die weitere Entwicklung der Gesellschaft. Sie sei nicht als Renten- oder Abwicklungsgesellschaft zu qualifizieren, denn ihre Aktivitäten im Bereich der Vermietung und Verwaltung von Immobilien seien eine über die reine Abwicklung hinausgehende Tätigkeit mit eigenem unternehmerischem Charakter. Dies gelte umso mehr, als sie hieraus nicht unbeträchtliche Einnahmen erziele. Selbst einer Abwicklungsgesellschaft müsse im Übrigen eine angemessene Eigenkapitalverzinsung verbleiben. Die für das Jahr 2007 vorgesehene Gewinnausschüttung sei ohne Bedeutung und habe auch keinen nennenswerten Einfluss auf ihre Eigenkapitalrendite. Soweit der Kläger versuche, auf eine konzernweite Betrachtung abzustellen, fehle es an den von der Rechtsprechung geforderten besonderen Umständen. Die vom Kläger angeführten Umstrukturierungsmaßnahmen reichten hierfür jedenfalls nicht aus. Diese seien in ihrem eigenen Interesse erfolgt, um sich dem seinerzeit schwierigen Markt anzupassen und Synergieeffekte innerhalb der Gruppe nutzen zu können. Im Zeitpunkt der Durchführung der Umstrukturierung habe sie keine hinreichenden Erträge erwirtschaftet. Ohne finanzielle Unterstützung der Fa. E1 GmbH wäre sie längst bilanziell überschuldet gewesen. Im Übrigen sei sie, selbst wenn man auf die wirtschaftliche Lage der Fa. E1 GmbH abstellte, berechtigt, die Anpassung zu verweigern, weil auch dort eine Substanzauszehrung gegeben sei.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte noch vorgetragen, es sei zwar zutreffend, dass die abzuwickelnden Pensionsrückstellungen den weitaus überwiegenden Teil der Bilanzsumme ausmachten, dies sei jedoch kein Indiz für eine reine Abwicklungsgesellschaft. Bei mit Pensionszusagen belasteten Dienstleistungsunternehmen stellten Pensionsrückstellungen immer einen erheblichen Anteil der Bilanzsumme dar. Außerdem seien bei ihr mehr als ein Drittel der Bilanzsumme der operativen Geschäftstätigkeit zuzuordnen. Die daraus erwirtschafteten Einnahmen seien Bestandteil des Jahresüberschusses und dienten u. a. dazu, die Pensionsverpflichtungen zu finanzieren. Hinsichtlich der Personalkosten sei zu berücksichtigen, dass sie sich personeller Ressourcen von Schwestergesellschaften bediene, deren Kosten naturgemäß in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen und nicht in den Personalkosten enthalten seien. Der gerichtliche Hinweis auf die Möglichkeit, die Anpassung aus den von ihr erwirtschafteten Zinserträgen vorzunehmen, sei nicht zutreffend. Das vorhandene Eigenkapital wäre bei durchschnittlichen Pensionszahlungen von 4,3 Mio. EUR jährlich relativ schnell aufgebraucht. Die Zinsanträge würden zukünftig aufgrund der Kapitalminderung stark rückläufig sein, so dass keinesfalls von einer ausreichenden Kapital- oder Zinsausstattung gesprochen werden könne. Die Finanzierungslücke werde dadurch vermieden, dass sie aus ihrer operativen Tätigkeit das zusätzliche liquiditätswirksame Ergebnis erwirtschafte. Ohne Ausübung des veränderten Gesellschaftszwecks sei sie mittelfristig nicht mehr in der Lage, ihren Pensionsverpflichtungen nachzukommen.

Die am 07.12.2006 eingegangene Klage ist nicht unterzeichnet. Dies ist offenbar erstmals bei der Abfassung des erstinstanzlichen Urteils bemerkt worden. In der mündlichen Verhandlung über die Berufung des Klägers hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, die fehlende Unterschrift werde seitens der Beklagten nicht gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung ist auch begründet und führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Klage ist zulässig und begründet. Ihrer Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klageschrift nicht unterzeichnet ist. Zwar bedurfte die Klage als bestimmender Schriftsatz nach §§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Es handelt sich dabei aber um einen Verfahrensmangel, der nach § 295 ZPO geheilt werden kann (BGH, Urteil vom 25.06.1975 - VIII ZR 254/74 = VersR 1975 954 f.). Jedenfalls durch die ausdrücklich erklärte rügelose Einlassung in der mündlichen Verhandlung über die Berufung ist die Heilungswirkung eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 27.04.1999 - VI ZR 174/97 = NJW-RR 1999, 1251 ff.).

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, mit Wirkung zum 01.12.2005 die Betriebsrente des Klägers um 4,6%, das sind 106,66 EUR monatlich, auf 2.425,27 EUR zu erhöhen. Der Anpassungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 16 Abs. 1 BetrAVG. Danach hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistung der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber unter Berücksichtigung der Belange des Versorgungsempfängers und seiner wirtschaftlichen Lage nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Gerichte für Arbeitssachen haben in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 2 und 3 BGB zu überprüfen, ob der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat (BAG, Urteil vom 31.07.2007 - 3 AZR 810/05 = DB 2008, 135 f.; BAG, Urteil vom 13.12.2005 - 3 AZR 217/05 = NZA 2007, 39 ff.). Zu den Belangen des Versorgungsempfängers gehört sein Interesse an der Erhaltung der Kaufkraft seiner Betriebsrente. Aus dem zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftverlust, der anhand der Veränderungen des Preisindexes zu ermitteln ist, ergibt sich sein Anpassungsbedarf. In einem zweiten Prüfungsschritt kommt es auf die Anpassungsfähigkeit des Arbeitgebers an. Er muss den Anpassungsbedarf nicht befriedigen, wenn er hierzu aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, weil es ihm voraussichtlich nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Erträgen und dem Wertzuwachs des Unternehmens nach dem Anpassungsstichtag aufzubringen (BAG, Urteil vom 10.09.2002 - 3 AZR 593/01 = AP Nr. 52 zu § 16 BetrAVG).

Die Höhe des Anpassungsbedarfs des Klägers steht im vorliegenden Fall zwischen den Parteien nicht im Streit. Beide Seiten gehen übereinstimmend davon aus, dass zum Anpassungsstichtag am 01.12.2005 der zu berücksichtigende Kaufkraftverlust 4,6% betragen hat und daher der Anpassungsbedarf des Klägers sich auf monatlich 106,66 EUR beläuft.

Die Entscheidung der Beklagten, zum Anpassungsstichtag die betriebliche Altersversorgung des Klägers nicht zu erhöhen, widerspricht billigem Ermessen, weil die Beklagte in der Lage war, aus ihren Erträgen die Betriebsrente des Klägers im Umfang des angefallenen Anpassungsbedarfs zu erhöhen. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten steht dem nicht entgegen.

Bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Der Arbeitgeber darf nach § 16 Abs. 1 BetrAVG eine den Belangen des Versorgungsempfängers entsprechende Anpassung insoweit ablehnen, als dadurch sein Unternehmen übermäßig belastet und dessen Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn er annehmen darf, es werde ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens aufzubringen. Da es darauf ankommt, ob das Unternehmen eine volle Anpassung der Betriebsrenten tragen kann, ist die voraussichtliche künftige Belastbarkeit des Unternehmens entscheidend. Der Arbeitgeber hat dazu eine Prognose zu erstellen, wobei ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht. Für seine Einschätzung der künftigen Entwicklung muss aber eine durch Tatsachen gestützte Wahrscheinlichkeit sprechen. Die Prognose muss realitätsgerecht und vertretbar sein. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Anpassungsstichtag. Die wirtschaftliche Entwicklung der Zeit vor diesem Tag ist für die erforderliche Prognose nicht irrelevant, sondern insoweit von Bedeutung, als daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können. Auch die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag können sich auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Sie können seine frühere Prognose bestätigen oder entkräften (BAG, Urteil vom 25.04.2006 - 3 AZR 50/05 = DB 2007, 580 ff.). Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass seine Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält. Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände (BAG, Urteil vom 25.04.2006, a.a.O.; BAG, Urteil vom 20.05.2003 - 3 AZR 179/02 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Auslegung).

Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens darf nicht gefährdet werden. Sie ist nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch dann, wenn das Unternehmen nicht über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus. Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Risikozuschlag. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt für alle Unternehmen einheitlich 2% (BAG, Urteil vom 18.02.2003 - 3 AZR 172/02 = DB 2003, 2606 ff.; BAG, Urteil vom 23.05.2000 - 3 AZR 146/99 = NZA 2001, 1251 ff.). Soweit es auf den Unternehmenserfolg und damit auf die Betriebsergebnisse ankommt, ist von den in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen ausgewiesenen Überschüssen und Fehlbeträgen auszugehen. Allerdings sind die betriebswirtschaftlich gebotenen Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für die in den Bilanzen enthaltenen Scheingewinne, sondern auch für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen. In der Regel sind auch außerordentliche Erträge oder Verluste aus den der Prognose zugrunde gelegten früheren Jahresabschlüssen heraus zu rechnen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn außerordentliche Erträge oder Verluste auch der Höhe nach eine ausreichende Kontinuität aufweisen (BAG, Urteil vom 23.01.2001 - 3 AZR 287/00 = NZA 2002, 560 ff.). Ein wettbewerbsfähiges Unternehmen benötigt genügend Eigenkapital. Zum einen beeinflusst die Eigenkapitalausstattung die Liquidität des Unternehmens und seine Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und Verluste zu verkraften. Zum anderen wirkt sich die Eigenkapitalausstattung auf die künftigen Betriebsergebnisse aus. Der Arbeitgeber darf nach einer Eigenkapitalauszehrung möglichst rasch für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgen und bis dahin von Betriebsrentenerhöhungen absehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Eigenkapital unter das gezeichnete Kapital absinkt, die Gesellschafter daraufhin eine Kapitalrücklage bilden, die anschließend erzielten Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung verwendet werden und trotzdem das gezeichnete Kapital ohne die Kapitalrücklage bis zum nächsten Anpassungsstichtag voraussichtlich nicht erreicht wird (BAG, Urteil vom 23.01.2001, a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten im Wesentlichen, aber nicht uneingeschränkt, auch für sog. Abwicklungsgesellschaften. Abwicklungsgesellschaften sind Unternehmen, die nicht mehr werbend am Markt tätig, aber über die Betriebsrentnerbetreuung hinaus im Bereich der Geschäftsabwicklung noch unternehmerisch aktiv sind (BAG, Urteil vom 25.06.2002 - 3 AZR 226/01 = AP Nr. 51 zu § 16 BetrAVG; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Aufl. 2006, § 16 BetrAVG, Rdnr. 225 ff.; Höfer, BetrAVG, Loseblatt, Stand Juni 2006, § 16 Rdnr. 5334 ff.). Ein Eingriff in die Vermögenssubstanz kann auch in diesen Fällen vom Versorgungsschuldner nicht verlangt werden, soweit es um die Anpassung nach § 16 BetrAVG geht. Demgegenüber ist für Versorgungsverbindlichkeiten zurückgestelltes Kapital zur Auszehrung durch die Zahlung der laufenden Renten bestimmt. Der Umfang der Anpassungspflicht ergibt sich daraus, in welchem Maß Betriebsrentenerhöhungen unter Berücksichtigung der sonstigen Rentenverbindlichkeiten aus den Erträgen des Unternehmensvermögens finanziert werden können. Aus dem zur Erfüllung der künftigen Versorgungspflichten bereit gestellten Kapital, dem die hieraus erzielten Erträge zuzurechnen sind, und den in Zukunft zu erzielenden Erträgen ist zu ermitteln, inwieweit mit dem insgesamt zur Verfügung stehenden Vermögen Betriebsrenten bezahlt werden können, die entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten erhöht wurden. Von den zu erwartenden Erträgen ist vor ihrer Heranziehung zur Finanzierung der Anpassungslasten eine angemessene Eigenkapitalverzinsung abzusetzen. Dabei gilt als angemessene Eigenkapitalverzinsung allerdings nur der Prozentsatz, der bei einer langfristigen Anlage in fest verzinsliche Wertpapiere durchschnittlich zu erzielen ist. Für einen Zuschlag, wie er bei aktiven Arbeitgebern angemessen ist, deren in das Unternehmen investierte Eigenkapital einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, besteht kein Anlass. Für die Finanzierung der Anpassungslasten ist der zu erzielende Vermögensertrag nur um die Verzinsung des verbliebenen Eigenkapitals zu mindern. Gebotene Rückstellungen reduzieren das Eigenkapital. Deshalb gehört hierzu nicht das zur Finanzierung der Versorgungsverbindlichkeiten erforderliche Kapital. Soweit hieraus Erträge erzielt werden, sind sie in vollem Umfang für die Finanzierung der Betriebsrenten und ihrer Anpassung entsprechend der Kaufkraftentwicklung einzusetzen (BAG, Urteil vom 09.11.1999 - 3 AZR 420/98 = NZA 2000, 1057 ff.; Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., Rdnr. 229).

In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den vorliegenden Rechtsstreit folgendes: Die Beklagte ist trotz ihrer verbleibenden geschäftlichen Aktivitäten als Abwicklungsgesellschaft anzusehen. Zu unterscheiden ist die sog. Rentnergesellschaft, deren einzig verbliebener Gesellschaftszweck die Abwicklung seiner Versorgungsverbindlichkeiten ist (BAG, Urteil vom 23.10.1996 - 3 AZR 514/95 = NZA 1997, 1111 ff.; BAG, Urteil vom 11.03.2008 - 3 AZR 358/06 - Pressemitteilung) und die Abwicklungsgesellschaft, die ebenfalls nicht mehr werbend am Markt tätig ist, jedoch über die Betriebsrentnerbetreuung hinaus im Bereich der Geschäftsabwicklung noch unternehmerisch aktiv ist, wobei das Volumen dieses Geschäftsbereichs durchaus die Summe der Betriebsrentenleistungen übertreffen kann (BAG, Urteil vom 25.06.2002 - 3 AZR 226/01, a.a.O.). Nach dieser Definition ist die Beklagte Abwicklungsgesellschaft. Unstreitig hat sie sich aus ihrem früheren Geschäftsfeld, dem Straßenbau, im Jahre 2002 zurückgezogen. Sie bietet diesbezügliche Leistungen auf dem Markt seit dieser Zeit nicht mehr an.

Dass die Beklagte möglicherweise noch einzelne Bauprojekte abwickelt, steht der Annahme einer Abwicklungsgesellschaft schon begrifflich nicht entgegen. Die Beklagte kann aber auch nicht damit gehört werden, sie sei auf dem Gebiet der Vermögensverwaltung aktiv. Dieser Umstand dürfte für eine Gesellschaft, die am Markt nicht mehr werbend tätig ist, jedoch erhebliche Versorgungsverpflichtungen eingegangen ist und dementsprechend auch über Vermögen in entsprechender Höhe zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten verfügt, geradezu typisch sein. Kein Unternehmen würde in einem solchen Fall davon absehen, das vorhandene Vermögen gewinnbringend zu bewirtschaften, nicht zuletzt deshalb, um die vorhandenen Betriebsrentenverbindlichkeiten abzusichern. Dazu bedarf es der Verwaltung des vorhandenen Vermögens - womöglich über Jahrzehnte hinweg, ohne dass dies am Abwicklungscharakter etwas ändern würde. So ist es bei der Beklagten. Nach eigenen Angaben ist sie gegenüber etwa 3.000 früheren Mitarbeitern aktuell oder zukünftig zur Zahlung einer Betriebsrente verpflichtet. Dementsprechend haben ausweislich der Bilanz für das Geschäftsjahr 2005 sich die Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen per 31.12.2005 auf 72.856.474,00EUR belaufen. Gemessen an der Gesamtbilanzsumme von 99.211.450,01 EUR ist dies mit einem Anteil von nahezu 3/4 mit Abstand der größte Einzelposten. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, dass bei einem werbenden Dienstleistungsunternehmen mit hohen Rentenverpflichtungen sich ein ähnliches Bild ergeben kann. Entscheidend ist aber, dass die Beklagte gerade nicht am Markt mit Finanzdienstleistungen, Verpachtungsangeboten oder ähnlichen Aktivitäten auftritt. Jedenfalls hat sie dazu nicht substanziiert vorgetragen. Vielmehr blieb der Sachvortrag des Klägers unwidersprochen, wonach die Beklagte allein ihrer Muttergesellschaft ein Darlehen i.H.v. 68,5 Mio. EUR zur Verfügung gestellt hat. In Ermangelung eines substanziierten Sachvortrags hat die Kammer daher davon auszugehen, dass eine auf Gewinnerzielung orientierte Positionierung der Beklagten auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen nicht existiert oder allenfalls einen ungeordneten Stellenwert einnimmt. Dies wird auch darin deutlich, dass die Beklagte zuletzt nur noch einen Mitarbeiter beschäftigt, was es ebenfalls ausgeschlossen erscheinen lässt, dass sie werbend am Markt tätig ist. Dass sie zugleich bestimmte Personaldienstleistungen von verbundenen Schwesterunternehmen ausführen lässt, unterstreicht nur, dass sie eben nicht mehr am Markt operiert.

Als Abwicklungsgesellschaft gelten jedoch die vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 09.11.1999 entwickelten Grundsätze. Ungeachtet der von der Beklagten thematisierten Eigenkapitalverzinsung und der zwischen den Parteien streitig beurteilten Substanzauszehrung war die Beklagte deshalb verpflichtet, die aus den für die Betriebsrenten gebildeten Rückstellungen erzielten Erträge in vollem Umfang für die Finanzierung der Betriebsrenten und ihrer Anpassung zu verwenden. Der Kläger hat dazu ausdrücklich vorgetragen, dass die Beklagte dazu in der Lage wäre. Angesichts der erwirtschafteten Zinsen im Geschäftsjahr 2005 i.H.v. nahezu 4 Mio. EUR erscheint dieser Sachvortrag zunächst einmal plausibel. Die Beklagte, die nach den o.g. Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist dem nicht substanziiert entgegen getreten. Erstmals in ihrem Schriftsatz vom 10.04.2008, mit dem ein in der mündlichen Verhandlung am 11.03.2008 geschlossener Vergleich widerrufen wurde, trägt sie dazu näher vor und behauptet, die Zinserträge würden zum Ausgleich für sonst entstehende Finanzierungslücken hinsichtlich ihrer Pensionsverpflichtungen benötigt. Abgesehen davon, dass dies in gewissem Widerspruch zu ihrer Finanzplanung steht, wonach die Beklagte unstreitig beabsichtigte, im Jahr 2007 an ihre Muttergesellschaft einen Gewinn i.H.v. 15 Mio. EUR auszuschütten, ist nicht einmal zu diesem Zeitpunkt der Sachvortrag der Beklagten näher spezifiziert, so dass eine Überprüfung, ob tatsächlich bei einer Verwendung der aus den Pensionsrückstellungen erzielten Erträge für die nach § 16 BetrAVG gebotene Anpassung mit Rücksicht auf die bestehenden Verbindlichkeiten und Anwartschaften sich eine Finanzierungslücke auftun würde, der Kammer nicht möglich ist. Schon deshalb war es nicht geboten, nach § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Dies gilt umso mehr, als nicht nur der Kläger in beiden Instanzen ausdrücklich behauptet hat, aus den erzielten Zinserträgen könne die Beklagte die Anpassung der zu zahlenden Betriebsrenten vornehmen, sondern auch die Kammer auf diesen Aspekt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte, ohne dass die Beklagte sich dazu erklärt hätte.

Nach alledem hat die Kammer davon auszugehen, dass die Beklagte in der Lage ist, aus den Erträgen, die sie aus den Versorgungsrückstellungen erwirtschaftet hat, die für eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Abs. 1 BetrAVG erforderlichen Mittel aufzuwenden, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob hier ein sog. Berechnungsdurchgriff geboten ist. Die Beklagte, die die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen zu einer Anpassung außer Stande ist, vermochte die Kammer nicht davon zu überzeugen, dass das Gegenteil der Fall ist.

Demzufolge ist die Beklagte nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers mit Wirkung ab Dezember 2005 um 4,6% zu erhöhen und somit an ihn monatlich weitere 106,66 EUR zu zahlen. Hinsichtlich des ersten Zahlungsantrags war die Beklagte deshalb antragsgemäß zu verurteilen, wobei der ausgeurteilte Betrag die Differenzen für die Zeit von Dezember 2005 bis November 2007 erfasst. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Auch der zweite Antrag ist demnach begründet. Er betrifft die Rente des Klägers ab Dezember 2007 einschließlich der zukünftig fällig werdenden Leistungen (§ 258 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Mit Rücksicht auf die zahlreichen anderen ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten, für die die vorliegende Entscheidung von Bedeutung sein könnte, war die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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