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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 21/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 305 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.11.2006 - 4 Ca 1061/06 L - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 892,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Qualifikationszulage.

Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 84 - 87 d.A.) abgesehen.

Das Arbeitsgericht Hamm hat die Klage mit Urteil vom 24.11.2006 - 4 Ca 1061/06 - abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 88 - 89 d.A.).

Das Urteil ist dem Kläger am 07.12.2006 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 04.01.2007 eingelegte und mit dem am 01.02.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Der Kläger wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil. Er trägt ergänzend vor: Die Klagehauptforderung finde ihre Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag, der sachgerecht auszulegen sei. So weit ein höherer Betrag als im Arbeitsvertrag angegeben eingeklagt werde, beruhe die Forderung auf einer konkludenten Änderung des Arbeitsvertrags. Eine ggf. erfolgte Verweisung auf die Betriebsvereinbarung führe zur arbeitsvertraglichen Bindung auch nach Ablauf der Betriebsvereinbarung. Die arbeitsvertragliche Widerrufsklausel halte keiner Angemessenheitskontrolle stand.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.11.2006 - 4 Ca 1061/06 L - die Beklagte zu verurteilen, an ihn 892,59 EUR brutto, hilfsweise 732,15 EUR brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gem. § 247 BGB seit dem 07.05.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage. Sie trägt ergänzend vor: Die Berufung sei mangels genügender Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung unzulässig. Die Auslegung des Arbeitsvertrags ergebe eindeutig, dass die Qualifizierungszulage nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung gezahlt werden sollte. Der Arbeitsvertrag enthalte keine Berechnungsgrundlage für die Zulage, sondern verweise auf die einschlägige Betriebsvereinbarung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

1. Die Berufung kann nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Berufung dient damit primär der Fehlerkontrolle und -beseitigung und ähnelt darin - wenn auch eingeschränkt - der Revision (§ 545 Abs. 1 ZPO). Das kommt auch in der Verweisung auf eine sonst nur für das Revisionsverfahren geltende Vorschrift (§ 546 ZPO) zum Ausdruck (BGH Beschl. v. 26.06.2003 - III ZB 71/02). Die Umgestaltung der Berufungsinstanz zu einem Instrument der Fehlerkontrolle hat zugleich die Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung modifiziert und teilweise präzisiert. Während die Berufungsbegründung bisher ohne Differenzierung zwischen den möglichen Berufungsangriffen "die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung" sowie der neu anzuführenden Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten musste (§ 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.), unterscheidet § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO jetzt zwischen den nach der Reform zulässigen Berufungsgründen und bestimmt dafür jeweils unterschiedliche Mindestanforderungen an die Rechtsmittelbegründung (BGH Beschl. v. 26.06.2003 - III ZB 71/02; BGH Beschl. v. 29.05.2003 - XII ZB 165/02). § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO sind auf das Prüfungsprogramm des § 513 Abs. 1 ZPO iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugeschnitten, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO auf das des § 513 Abs. 1 ZPO iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG (BGH Beschl. v. 29.05.2003 - XII ZB 165/02). Diese Ausrichtung der Begründung am jeweiligen Berufungsangriff bedeutet aber keine qualitative Erhöhung, sondern lediglich eine Präzisierung der Berufungsanforderungen, soweit es die Zulässigkeit der Berufung betrifft. Eine Verschärfung kann weder dem Gesetzestext noch den Materialien entnommen werden (BGH Beschl. v. 28.05.2003 - XII ZB 165/02).

Zweck der gesetzlichen Regelung in § 520 Abs. 3 ZPO ist es, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken; allein schon aus der Berufungsbegründung sollen Gericht und Gegner erkennen können, welche Gesichtspunkte der Berufungskläger seiner Rechtsverfolgung oder -verteidigung zugrunde legen, insbesondere welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils er bekämpfen und auf welche Gründe er sich hierfür stützen will. Die Rechtsmittelbegründung muss - im Falle ihrer Berechtigung - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Es ist die auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Die Berufungsbegründung erfordert aber weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (BGH Beschl. v. 26.06.2003 - III ZB 71/02). Mit Rücksicht auf § 9 ArbGG sind besonders im Arbeitsgerichtsprozess hohe Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung zu stellen (BAG Beschl. v. 06.04.1957 - 2 AZR 19/55; BAG Urt. v. 20.07.1971 - 1 AZR 314/70; BAG Urt. v. 11.03.1998 - 2 AZR 497/97). Es genügt, wenn die Berufungsbegründung erkennbar auf bestimmte Einzelheiten des konkreten Streitstoffs eingeht und erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil unrichtig sein soll; es genügt auch, wenn die Begründung zu erkennen gibt, dass nach Auffassung des Berufungsklägers über eine von ihm unter Beweisantritt behauptete Tatsache hätte Beweis erhoben werden müssen oder dass der Berufungskläger die rechtliche Würdigung des erstinstanzlichen Urteils bekämpft; eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung setzt § 520 Abs. 3 ZPO nicht voraus (BAG Urt. v. 01.07.1967 - 3 AZR 393/66; BAG Urt. v. 13.05.1987 - 5 AZR 370/86; BAG Urt. v. 09.10.1997 - 2 AZR 32/97). Die alleinige Verweisung auf erstinstanzliches Vorbringen reicht jedoch nicht aus (BGH Beschl. v. 18.02.1981 - IVb ZB 505/81). Erforderlich ist eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen (BAG Urt. v. 21.06.1958 - 2 AZR 15/58; BAG Urt. v. 20.07.1971 - 1 AZR 314/70; BAG Urt. v. 26.09.1991 - 2 AZR 62/91). Der Berufungsführer muss konkret auf den Streitfall eingehen. Es reicht nicht aus, die tatsächliche und rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen (BGH Urt. v. 09.03.1995 - IX ZR 142/94; BGH Urt. v. 20.02.1975 - VI ZR 183/74; BGH Beschl. v. 22.11.1977 - IV ZB 29/77). Die Bezugnahme auf das - vom Erstgericht angeblich nicht oder unrichtig gewürdigte - Vorbringen in der Klage oder Klageerwiderung ist unzulässig (BGH Urt. v. 09.03.1995 - IX ZR 142/94; BGH Beschl. v. 18.02.1981 - IVb ZB 505/81; BGH Urt. v. 29.09.1993 - XII ZR 209/92). Die Berufungsbegründung soll aus sich heraus verständlich sein, damit eine Zusammenfassung und Beschleunigung des Rechtsstreits erreicht werden kann. Zwar ist die Schlüssigkeit der Begründung nicht Voraussetzung der Zulässigkeit (BGH Urt. v. 09.03.1995 - IX ZR 142/94; BGH Urt. v. 08.10.1976 - V ZR 224/74). Es gibt jedoch Grenzen. Wenn diese überschritten sind, kann nicht mehr von einer Begründung im Sinne einer Urteilskritik gesprochen werden. Eine kurze, auf den konkreten Fall bezogene Darlegung ist auch in einfachen Streitfällen unerlässlich (BGH Urt. v. 09.03.1995 - IX ZR 142/94).

2. Die Berufungsbegründung des Klägers genügt den genannten Anforderungen. Das Arbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen Ausführungen zum Rechtsgrund der Klageforderungen gemacht. Es hat gemeint, die Auslegung des Arbeitsvertrags ergebe, dass keine konstitutive Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung zur Qualifikationszulage erfolgt sei. Mit dieser Argumentation setzt sich der Kläger in der Berufungsbegründung nicht nur ausreichend, sondern ausführlich auseinander. Die Berufungsbegründung lässt deutlich erkennen, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen Gründen der Kläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält.

II. Die Klage ist begründet.

Die Klagehauptforderungen folgen dem Grunde nach aus Nr. 2 des Arbeitsvertrags vom 02.06.1998. Dort findet sich die konstitutive Zusage der Zahlung einer Qualifikationszulage. Dies ergibt die an den Grundsätzen der AGB-Kontrolle orientierte Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelung.

1. Auf den Arbeitsvertrag vom 02.06.1998 finden seit dem 1. Januar 2003 die §§ 305 ff. BGB Anwendung. Dies folgt aus Art. 229 § 5 EGBGB. Der Arbeitsvertrag wurde im Jahre 1998 geschlossen. Nach Art. 229 § 5 EGBGB findet auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 begründet worden sind, vom 1. Januar 2003 an das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung Anwendung. Hierzu gehören auch die §§ 305 bis 310 BGB. Vertrauensschutz hat das Gesetz nur bis zum 31. Dezember 2002 eingeräumt (BAG Urt. v. 19.12.2006 - 9 AZR 294/06).

2. Bei den Regelungen in dem Arbeitsvertrag vom 02.06.1998 handelt es sich um vorformulierte Arbeitsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie wurden für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Dies ist nach der Form der Vertragsbestimmungen schon zu vermuten. Im Streitfall reichte auch, wenn die Arbeitsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung vorformuliert worden wären (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), denn es geht um einen Verbrauchervertrag (BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04). Der Arbeitsvertrag wurde dem Kläger von der Beklagten im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gestellt. Zudem gilt der Arbeitsvertrag nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als gestellt.

3. Die Regelungen in dem Arbeitsvertrag vom 02.06.1998 sind als vorformulierte Klauseln ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsarbeitnehmers einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer verstanden werden (BAG 26.01.2005 - 10 AZR 215/04). Verbleiben nicht behebbare Zweifel und sind mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar, so ist von der für die Arbeitnehmer günstigeren Auslegung der Klausel auszugehen. Es ist Sache des Klauselverwenders, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Für die Anwendung dieser Unklarheitenregel ist ohne Bedeutung, ob bereits § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung findet. Bei Zweifeln über den Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen war bereits vor dem 1. Januar 2003 die für den Arbeitnehmer günstigste Lösung zu wählen. Schon vor der Aufhebung der Bereichsausnahme des AGBG für das Arbeitsrecht nach § 23 Abs. 1 AGBG, ist der Grundgedanke der Unklarheitenregel des § 5 AGBG von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen der Kontrolle formularmäßiger Arbeitsvertragsbedingungen anerkannt gewesen (BAG 26.01.2005 - 10 AZR 215/04; BAG 18. August 1998 - 1 AZR 589/97). Auf die Unklarheitenregel kann jedoch nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05). Das ist hier der Fall.

4. Die Formulierung unter Nr. 2 Arbeitsvertrag, wonach sich die monatliche Bruttovergütung unter anderem aus der "Qualifikationszulage (QZ 2) 604,45 DM" zusammensetze, kann dahin verstanden werden, dass die Zahlung dieser Zulage durch den Arbeitsvertrag - konstitutiv - zugesagt werden sollte. Hierfür sprechen folgende Erwägungen:

Für die Begründung oder Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses und der daraus abzuleitenden Ansprüche bedurfte es nicht des Vertrags vom 02.06.1998. Die Beklagte ist vielmehr nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der früheren Inhaberin des übergegangenen Betriebsteils eingetreten. Eine Aufnahme von Ansprüchen aus der Betriebsvereinbarung über Leistungsentlohnung in den Arbeitsvertrag war ebenfalls nicht erforderlich, weil die Betriebsvereinbarung normativ wirkte. Zudem wurde bereits durch Nr. 4 des Arbeitsvertrags iVm. Nr. 1 der "Beschäftigungsbestimmungen für tarifliche Arbeiter, Angestellte und Auszubildende" (Stand: Mai 1997)" die Geltung u.a. der Betriebsvereinbarungen deklaratorisch angesprochen, "soweit einzelvertraglich nicht Abweichendes vereinbart ist." Die ausdrückliche Aufnahme der Qualifikationszulage in einen "Arbeitsvertrag" (neben dem deklaratorischen Hinweis unter Nr. 4 des Arbeitsvertrags iVm. Nr. 1 der "Beschäftigungsbestimmungen für tarifliche Arbeiter, Angestellte und Auszubildende" (Stand: Mai 1997)) auf die geltenden Betriebsvereinbarungen) und nicht in einen Nachweis nach dem NachwG durfte der Kläger in diesem Zusammenhang als Festschreibung und damit als konstitutive Regelung verstehen. Die ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung der Qualifikationszulage neben der deklaratorischen Verweisung auf die geltenden Betriebsvereinbarungen lässt gerade auf den Willen der Vertragsparteien schließen, es sollte die bei Vertragsschluss geltende kollektivrechtliche Zusage der Qualifikationszulage unabhängig von ihrem kollektivrechtlichen Fortbestand als vertraglich vereinbart gelten.

Allein aus der Bezeichnung der geregelten Leistung als Qualifikationszulage bzw. als QZ 2 folgt noch nicht, dass lediglich deklaratorisch auf die Betriebsvereinbarung über Leistungsentlohnung verwiesen werden sollte. Nur der "Leistungslohnüberverdienst" wurde im Anschluss an die Regelung zur Qualifikationszulage durch die in Klammern beigefügte Formulierung "gemäß Betriebsvereinbarung über Leistungsentlohnung vom 29.01.88 und Zusatzvereinbarung vom 28.10.96" in Bezug zu den Regelungen in der Betriebsvereinbarung gesetzt. Ein solcher Verweis fehlt gerade bei der Qualifikationszulage.

Für eine konstitutive Regelung spricht entscheidend Nr. 2 Abs. 3 Arbeitsvertrag. Dort werden alle übertariflichen Zulagen als "freiwillig, anrechenbar und widerruflich" bezeichnet. Die Qualifikationszulage zählt zu den übertariflichen Zulagen. Eine Regelung zur Freiwilligkeit, Anrechenbarkeit und Widerruflichkeit macht aber nur einen Sinn bei vertraglichen Zusagen. Für Ansprüche aus normativ geltenden Betriebsvereinbarungen machen Freiwilligkeits-, Anrechnungs- und/oder Widerrufsvorbehalte gerade keinen Sinn. Nur vertragliche Leistungen können, wenn überhaupt, in sinnvoller Weise solchen Vorbehalten unterworfen werden, wobei hier dahinstehen kann, ob diese intransparenten, ggf. sogar widersprüchlichen Vorbehalte einer AGB-Kontrolle standhielten (vgl. LAG Hamm 27.07.2005 - 6 Sa 29/05; zum Freiwilligkeitsvorbehalt jetzt BAG 25.04.2007 - 5 AZR 627/06). An diesem Befund ändert die Regelung zur Widerruflichkeit und Anrechenbarkeit der Qualifikationszulage unter Nr. 9.4 der Betriebsvereinbarung über Leistungsentlohnung nichts. Diese Regelung steht im Widerspruch zu Nr. 11.1 der Betriebsvereinbarung; sie begründet keine ausübbaren Vorbehalte gegenüber den Arbeitnehmern, sondern verhindert allenfalls die Doppelung von Ansprüchen auf Leistung der Qualifikationszulage aus dem Arbeitsvertrag und der Betriebsvereinbarung.

Dahinstehen kann, ob auch für die Auslegung der Zusage der Qualifikationszulage als deklaratorische Regelung oder als reine Wissenserklärung ausreichende Argumente streiten (vgl. BAG 18.11.2003 - 1 AZR 604/02 - zum fehlenden eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund einer Betriebsvereinbarung in einem anders gelagerten Fall). Es verblieben im Streitfall nach Ausschöpfung der maßgeblichen Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel über die Tragweite der arbeitsvertraglichen Regelung der Qualifikationszulage (vgl. BAG 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 - zur Unklarheitenregel bei Zweifeln über die Tragweite der Verweisung auf Tarifnormen). Mindestens zwei Auslegungen wären hier rechtlich gut vertretbar. Keine der Auslegungen verdiente den klaren Vorzug (BGH 03.07.2002 - XII ZR 327/00). Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten. Es war Sache der Beklagten als Klauselverwenderin, sich klar und unmissverständlich auszudrücken.

5. Wird die Zusage der Qualifikationszulage als konstitutive Regelung ausgelegt, so ist sie dahin zu verstehen, dass der Kläger eine Qualifikationszulage - mindestens - in vertraglich zuletzt bestimmter Höhe erhalten sollte. Der der Zusage der Qualifikationszulage zugeordnete Zahlbetrag sollte nur über die bei Vertragsabschluss aktuelle Höhe der Zulage informieren (vgl. ähnlich BAG 09.11.2005 - 5 AZR 128/05). Daher konnte der Kläger erfolgreich den zuletzt gezahlten Betrag der Qualifikationszulage zum Gegenstand der Klage machen. Nach dieser Maßgabe hat der Kläger die Klagehauptforderungen zutreffend errechnet.

6. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 2, 288 Abs.1 S. 2 BGB in Verbindung mit § 247 BGB. Die Zinsen können auf die Brutto-Forderung verlangt werden (BAG 07.03.2001, GS 1/00). Die Tenorierung für die künftigen Zinssätze ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Germelmann, NZA 2000, 1017). Die Verurteilung zur Zahlung hat im Hinblick auf die Hauptforderungen ohne den Zusatz "brutto" zu erfolgen (BAG 26.05.1998 - 3 AZR 171/97; BAG 26.05.1998 - 3 AZR 96/97; Ziemann, MDR 13/1999, R 1).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S.1 ZPO iVm. § 97 ZPO.

IV. Gründe, die Revision nach § 72 Abs.2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Nach dem Vortrag der Parteien betrifft der Streit um die Qualifikationszulage allein fünf weitere Arbeitsverhältnisse (3 Rechtsstreite).

Ende der Entscheidung

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