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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.12.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 1083/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 196 Abs. 1 Ziffer 8
BGB § 196 Abs. 1 Ziffer 9
Leistet der Arbeitgeber auf eine erfolgsabhängige Vergütung Abschlagszahlungen oder Vorschüsse, so unterliegt sein Anspruch auf Rückgewähr der nicht verdienten Vergütung der kurzen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Ziffer 8/9 BGB a. F..

Die Grundsätze des Kontokorrentverhältnisses finden keine Anwendung auf die vom Ergebnis des Geschäftsjahres abhängige erfolgsabhängige Vergütung.

Verpflichtet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, im Rahmen der erfolgsabhängigen Vergütung auch Verluste zu tragen die dadurch entstehen, dass vom Arbeitgeber veranlasste Personal- und Sachkosten nicht verdient werden, so ist diese Entgeltvereinbarung wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten rechtsunwirksam.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.03.2003 - 8 (6) Ca 6866/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin gegenüber denjenigen Verlust auszugleichen, der ihr in den Jahren 1994 bis 1998 in der Bezirksstelle P2x-xxxxx entstanden ist.

Die Klägerin und der landwirtschaftliche B7xxxxxxxxxxxxxxxxx S1xxxxxxx-H4xxxx-xx/H5xxxxx haben den Beklagten zum 01.09.1993 als Steuerberater angestellt und ihn zeitgleich zum Leiter des Bezirks P2xxxxxx bestellt. Für dieses Anstellungsverhältnis galten die nachfolgenden Bedingungen:

...

1. Der Verband ist berechtigt, den Bezirk aufzuteilen oder mit einem anderen Bezirk zusammenzulegen, ferner einen oder mehrere zusätzliche Bezirksstellenleiter zu berufen. Für diesen Fall gelten die beigefügten Grundsätze sowie für Herrn G2xxx ein fristloses Kündigungsrecht.

Der Verband hat das Recht, Auftraggeber in diesem Bezirk anderen Bearbeitern bzw. Bezirken zuzuweisen, wenn hierfür besondere Gründe, in erster Linie Wünsche der Auftraggeber vorliegen.

Dem Bezirksstellenleiter ist es untersagt, ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung des Verbandes Auftraggebern, die von einem anderen Bezirk betreut werden, die Bearbeitung durch ihn in Aussicht zu stellen, zuzusagen oder die Bearbeitung zu übernehmen.

Aufgabe des Bezirksstellenleiters ist es, für die in dem ihm zugewiesenen Bezirk uns angeschlossenen landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, gärtnerischen und sonstigen Betrieben bzw. Auftraggeber die laufende Buchführung und Steuerberatung zu übernehmen,

2. betriebsstatistisches und betriebswirtschaftliches Material aus den zur Verfügung stehenden Rechnungsunterlagen der angeschlossenen Betriebe der Hauptgeschäftsstelle K1xx auf Anforderung termingerecht zu liefern,

3. die Beratung und Betreuung der Auftraggeber im Rahmen des Arbeitsgebietes des Verbandes durchzuführen.

Die Führung der Geschäfte hat nach den Anweisungen der Hauptgeschäftsstelle K1xx zu erfolgen.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Die Bücher der Auftraggeber sind vollständig, ordnungsgemäß und sauber den Vorschriften und Anordnungen des Verbandes entsprechend zu führen, laufend in regelmäßigen Abständen aufzuarbeiten; die Jahresabschlüsse sind schnellstmöglich anzufertigen und die Bücher abzuschließen.

Die Steuerangelegenheiten sind sorgfältig im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu bearbeiten, die Steuererklärungen sind termingemäß anzufertigen und die Bescheide ordnungsgemäß zu prüfen. Im Übrigen hat der Bezirksstellenleiter die Auftraggeber des Verbandes vor den Finanzbehörden zu vertreten und Rechtsbehelfe vor den Finanzämtern, falls erforderlich, durchzuführen. Rechtsmittelverfahren vor den Finanzgerichten sind der Hauptgeschäftsstelle zur Bearbeitung zu übergeben, sofern nicht im Einzelfall die weitere Vertretung vor den Finanzgerichten mit Zustimmung der Hauptgeschäftsstelle durch den Bezirksstellenleiter erfolgt.

Der Verband andererseits wird die Bezirksstellenleiter bei ihrer Arbeit durch Rundschreiben über allgemeine Fragen und Auskünfte in Einzelfällen weitgehend unterstützen. Bei Aufgaben mit besonderem Schwierigkeitsgrad steht die Geschäftsführung gegen Gebührenbeteiligung zur Mitwirkung zur Verfügung.

1. Der Bezirksstellenleiter ist verpflichtet, für die im Rahmen der Auftragserledigung erforderlichen Gegenstände wie Büroräume, Telefon, Bücher und Vordrucke etc. Sorge zu tragen. Soweit der Buchführungsverband diese Gegenstände zur Verfügung stellt, verbleiben das Eigentum und der unmittelbare Besitz an diesen Gegen-ständen beim Verband. Der Bezirksstellenleiter ist nur Besitzdiener und damit verpflichtet, den Weisungen des Verbandes über die vorgenannten Gegenstände Folge zu leisten.

2. Der Bezirksstellenleiter hat seine volle Arbeitskraft dem Verband zu widmen. Die Übernahme einer entgeltlichen, auch gelegentlichen Nebentätigkeit, gleich welcher Art, ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verbandes zulässig.

3. Die für die Buchführungsarbeiten erforderlichen Bücher und Vordrucke stellt der Verband für die Auftraggeber gegen Berechnung zur Verfügung. Bücher und Vordrucke dürfen nur an angeschlossene Betriebe für deren Bedarf abgegeben werden.

4. Für die Gebühren gilt die gemäß § 10 der Satzung des Verbandes vom Delegiertenausschuss beschlossene Gebührenordnung und die hierzu ergangenen Anweisungen. Abweichungen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Geschäftsführung.

Die Zahlung der Gebühren und Kosten durch die Auftraggeber erfolgt unmittelbar an den Verband aufgrund der von diesem erteilten Rechnungen nach Möglichkeit im Abrufverfahren. Der Bezirksstellenleiter ist zum Inkasso grundsätzlich nicht ermächtigt. Ausnahmsweise von ihm vereinnahmte Beträge sind sofort mit genauer Bezeichnung an die Hauptgeschäftsstelle in K1xx weiterzuleiten.

1. Die Vergütung des Bezirksstellenleiters für seine Tätigkeit berechnet sich wie folgt.

Von den Gebühren (ausschließlich Umsatzsteuer) ist der darin enthaltene Betrag für Bücher und Vordrucke (z. Zt. 70,00 DM) in Abzug zu bringen. Von dem dann verbleibenden Betrag erhält der Bezirk als Bezirksaufkommen:

1. 84 % der aufkommenden laufenden Gebühren der vom Bezirk bearbeiteten Betriebe bzw. Auftraggeber,

2. 19 % der vereinnahmten Gebühren für die an die Hauptgeschäftsstelle zur Bearbeitung abgegebenen Sonderfälle,

3. den in den Gebühren enthaltenen Betrag für Bücher und Vordrucke - Bezirksbücherkonto (z. Zt. 70,00 DM).

Aus dem Bezirksaufkommen sind zu berichtigen:

Der danach verbleibende Betrag ergibt die Vergütung des Be-zirksstellenleiters bzw. - bei mehreren Bezirksstellenleitern - die Vergütung der Bezirksstellenleiter. Er hat hieraus sämtliche sachlichen Aufwendungen des Bezirks zu decken, soweit sie nicht vom Verband getragen werden, insbesondere für Büro, Maschinenmiete, Porto, Telefon, Reisekosten usw..

Die Bezüge werden grundsätzlich erst fällig nach Eingang der Gebühren und Fertigstellung der entsprechenden Arbeiten durch den Bezirksstellenleiter.

Der Verband gewährt jedoch vorläufig und bis auf Widerruf als Abschlagszahlung monatlich einen Teilbetrag von 1/12 der Bezüge des Vorjahres, wobei die endgültige Verrechnung vorbehalten bleibt. Die Abschlagszahlung erfolgt jeweils zum 20. eines Monats.

Vorbehalten bleibt insbesondere, den Monatssatz der Abschlagszahlung entsprechend dem tatsächlichen Gebühreneingang und etwaige Arbeitsrückstände anderweitig festzusetzen.

Die Entrichtung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge sowohl für den Bezirksstellenleiter selbst als auch für seine Mitarbeiter richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.

1. Die Einstellung von Buchführern oder sonstigen Mitarbeitern für den Bezirk erfolgt ausschließlich durch die Geschäftsführung. Bei der Einstellung werden etwaige Vorschläge des Bezirksstellenleiters tunlichst Berücksichtigung finden.

Die Kündigung von Mitarbeitern bleibt ausschließlich der Geschäftsführung vorbehalten.

10. Der Verband ist berechtigt, bei festgestelltem Arbeitsrückstand im Bezirk durch Einsatz zusätzlicher Mitarbeiter, deren Vergütung aus dem Bezirksaufkommen zu tragen ist, diese Rückstände zu beseitigen.

11. Dem Bezirksstellenleiter steht ein Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen zu. Der Urlaub ist so zu legen, dass die Abschluss- und Steuerarbeiten keine Verzögerung erleiden.

Der Zeitpunkt ist vorher mit der Hauptgeschäftsstelle abzustimmen. Für ausreichende Vertretung ist Sorge zu tragen.

Den Urlaub seiner Mitarbeiter regelt der Bezirksstellenleiter in eigener Verantwortung.

Bei der Urlaubsregelung muss dafür Sorge getragen werden, dass dringende Angelegenheiten der Mitglieder von der Bezirksstelle erledigt werden können oder das Mitglied rechtzeitig an die Hauptgeschäftsstelle oder eine benachbarte Bezirksstelle verwiesen werden kann.

12.Der Bezirksstellenleiter verpflichtet sich zu strengster Gemeinhaltung aller Angelegenheiten und Verhältnisse der Auftraggeber, die ihm durch seine Tätigkeit bekannt werden sowie zur Geheimhaltung aller Verbandsangelegenheiten. Diese Verpflichtung besteht auch nach einem etwaigen Ausscheiden aus der Tätigkeit beim Verband in vollem Umfang weiter; er darf keinerlei Schriftstücke, insbesondere keine Handakten oder Urkunden an sich nehmen, noch Abschriften oder Fotokopien daraus anfertigen.

13.Das Dienstverhältnis kann von jeder Vertragspartei unter Innehaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auf den Schluss des Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.

Eine fristlose Kündigung kann erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht und gegen das Verbot der entgeltlichen Nebentätigkeit.

Das Dienstverhältnis endet ohne Kündigung mit dem 01. des auf die Vollendung des 65. Lebensjahres des Bezirksstellenleiters folgenden Monats.

14.Der Bezirksstellenleiter verpflichtet sich, im Falle seines Ausscheidens aus den Diensten des Verbandes, die in seinem Besitz befindlichen Vordrucke, Akten, Geschäftsstempel, Ausweise, die ihm während seiner Tätigkeit zugegangenen Mitteilungen und sonstigen Unterlagen, die nur für den innerdienstlichen Gebrauch bestimmt sind, und sonstige im Eigentum des Verbandes oder seiner Auftraggeber stehenden Gegenstände unverzüglich herauszugeben. Er verzichtet gegenüber dieser Herausgabe auf die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts.

15.Der Verband behält sich vor, den Bezirksstellenleiter, falls sich dies ohne schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile für ihn ermöglichen lässt, in einer anderen, gleichwertigen Tätigkeit im Rahmen des Verbandes zu verwenden.

16.Der Bezirksstellenleiter verpflichtet sich, nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zwei Jahre lang weder entgeltlich noch unentgeltlich, mittelbar oder unmittelbar, eine buchführungsmäßige, steuerliche oder wirtschaftliche Betreuung von solchen Auftraggebern auszuführen, die im Zeitpunkt der Kündigung des Dienstvertrages, gleich aus welchem Grunde und von welcher Seite die Kündigung erfolgt, Auftraggeber des Verbandes waren. Er verpflichtet sich weiter, jede Mitwirkung dahin zu unterlassen, dass Auftraggeber des Verbandes einen anderen Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder eine Buchstelle mit ihrer Betreuung oder mit Buchführungsarbeiten zu beauftragen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe in Höhe eines Gebührenjahresumsatzes des betreffenden Betriebes zu zahlen.

Für diese zwei Jahre steht ihm die Hälfte des zuletzt bezogenen Gehaltes zu, jedoch unter Vorbehalt der Vorschriften der §§ 74 c und 75 a HGB.

Sofern der Verband gemäß § 75 a HGB auf die Geltendmachung vorstehender Mandatsschutzklausel verzichtet oder im Einzelfall - gleich aus welchem Grunde - Auftraggeber des Verbandes im Einverständnis mit diesem durch den ausgeschiedenen Bezirksstellenleiter weiter betreut werden, zahlt dieser die berufsübliche Vergütung für die Übernahme eines Mandates (gegenwärtig 75 % vom Jahresumsatz aus dem Durchschnitt der letzten beiden Jahre vor der Übernahme des Mandats) an den Verband.

17. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.

18. ....

19. Besondere Vereinbarungen:

Der Veräußerer verpflichtet sich, die Mandanten, die jetzt zur veräußerten Praxis gehören, sowie diejenigen Mandanten, die zu den Geschäftsstellen der S1xxxxxxx-H6xxxxxxxxxxx B8xxxxxxxxx- und B9xxxxxxxxxxxxxxxxxxx sowie des L5xxxxxxxxxxxxxxx B10xxxxx-xxxxxxxxxxxxx in P2xxxxxx gehören, als Geschäftsstellenleiter der S1xxxxxxxxx-H6xxxxxxxxxxxx B8xxxxxxxxxx- und B9xxxx-xxxxxxxxxxxxxxx mbH sowie als Bezirksstellenleiter des L5xxxxxxxxxxxxxxxxxx B10xxxxxxxxxxxxxxxxxx mindestens für eine Zeit von acht Jahren weiterhin zu betreuen.

Ein vorzeitiges Ausscheiden des Herrn S7x G2xxx aus den Diensten des L5xxxxxxxxxxxxxxxxxx B10xxxxxxxxxxxxxxx und der S1xxxxxxx-H6xxxxxxxxxxxx B8xxxxxxxxxx- und B9xxxxxxxxxxxx-xxxxxxx ist dann möglich, wenn ein ausgebildeter, in die Praxisbelange eingeführter Nachfolger (Steuerberater) vorhanden ist.

Für diese Tätigkeit erhielt der Beklagte in 1993 monatlich 3.500,00 DM, im Januar 1994 ebenfalls 3.500,00 DM und ab Februar 1994 10.000,00 DM monatlich. Diese Zahlung wurde ab Januar 1995 auf 15.000,00 DM monatlich angehoben. Im Dezember wurde ein erhöhter Betrag, nämlich 21.000,00 DM im Dezember 1995, 20.628,79 DM im Dezember 1996 und 20.592,00 DM im Dezember 1997 gezahlt. In 1998 erhielt der Beklagte gleichbleibend monatlich 15.031,87 DM. Nachdem der Beklagte am 24.06.1998 fristgerecht zum 31.12.1998 gekündigt hatte, nahm die Klägerin im Interesse beider Vertragspartner Verhandlungen mit ihm auf, um ihn dazu zu bewegen, inzwischen aufgetretene Minussalden auszugleichen. Diesen Saldo bezifferte sie für Ende Dezember 1998 mit 184.820,42 DM. Dieser Saldo stiegt ihrer Meinung nach im Dezember 2000 auf 203.178,82 DM an.

In der Bezirksstelle P2xxxxxx waren neben dem Beklagten als Steuerberater acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Deren Löhne bzw. Gehälter wurden von den 84 % der aufkommenden laufenden Gebühren gemäß Ziffer 8. a) des Anstellungsvertrages bestritten. Mitte 1998 stellte die Klägerin einen weiteren Steuerberater ein, dessen Gehalt ebenfalls aus den Gebühren der Bezirksstelle bestritten wurde.

Da eine Verständigung mit dem Beklagten nicht erzielt werden konnte, beantragte die Klägerin am 22.12.2000 bei dem Arbeitsgericht Dortmund den Erlass eines Mahnbescheides über 133.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit. Die diesem Antrag zugrunde liegende Forderung kennzeichnete die Klägerin wie folgt:

Ausgleich des Negativsaldos des Bezirkskontos der Bezirksstelle P2xxxxxx gemäß Ziffer 8 des Dienstvertrages vom 18.09./01.11.1993 und gemäß Abrechnungsschreiben vom 13.12.2000; einschließlich Ausgleich des Lohnsteuerkontos, das auf den Namen des Antragstellers und Frau B3xxxxxxxx lief. Auf Nachfrage der Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Dortmund zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.01.2001 vortragen, es handele sich um Ansprüche aus einem Dienstvertrag, den die Antragstellerin (als Arbeitgeberin) mit dem Antragsgegner (als Arbeitnehmer) abgeschlossen habe. Nachdem der Beklagte gegen den ihm am 02.02.2001 zugestellten Mahnbescheid vom 17.01.2001 rechtzeitig Widerspruch erhoben hatte, unterließ die Klägerin zunächst die Beantragung eines Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 46 a Abs. 4 ArbGG). Mit Schriftsatz vom 05.11.2002 beantragte die Klägerin die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gemäß § 46 a Abs. 4 ArbGG. Sie verlangt nunmehr vom Beklagten die Rückzahlung von 125.836,17 EUR nebst Zinsen.

Zur Begründung hat sie behauptet, der Minussaldo der Bezirksstelle P2xxxxxx sei zu Lasten des Beklagten inzwischen auf 246.114,17 DM angestiegen. Diese Größenordnung sei aus nachfolgendem Verlauf abzuleiten.

L4xxxxxxxxxxxxxxxxxx B4xxxxxxxxx B8xxxxxxxxxx- u. B9xxxxxxxxxxxxxxxxxxx mbH Wirtschaftsjahr = 01.07. - 30.06. Stand 01.07.1993 = 0 DM Stand 30.061994 = -52.880,26 DM Veränderung 1994/95 = +72.944,97 DM Stand 30.06.1995 = +20.064,71 DM Veränderung 1995/96 = -19.555,67 DM Stand 30.06.1996 = +509,04 DM Veränderung 1996/97 = -2.751,32 DM Stand 30.06.1997 = -2.242,28 DM Veränderung 1997/98 = +20.667,40 DM Stand 30.06.1998 = +18.425,12 DM Veränderung 01.07.1998 - 31.12.1998 = 32.317,00 DM Stand 31.12.1998 = +50.742,12 DM Weiterleitung des Saldos an die B8xxxxxxxxxx- und B9xxxxxxxxxxxxxxxxxxx mbH Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr Stand 01.09.1993 = 0 DM Stand 31.12.1993 = +26.945,22 DM Veränderung 1994 = +31.000,38 DM Stand 31.12.1994 = +57.945,60 DM Veränderung 1995 = -35.711,16 DM Stand 31.12.1995 = +22.234,44 DM Veränderung 1996 = -201.168,86 DM zzgl. Korrektur Bücherkonto +316,10 DM Stand 31.12.1996 = -178.618,32 DM Veränderung 1997 = +63.361,93 DM Stand 31.12.1997 = -115.256,39 DM Weiterleitung des Saldos vom LBV = +50.742,12 DM Veränderung 1998 SHBB= -120.306,15 DM Stand 31.12.1998 = -184.820,42 DM Veränderung 1999 = -17.088,64 DM Stand 31.12.1999 = -201.909,06 DM Veränderung 2000 = -1.269,76 DM Stand Dezember 2000 = -203.178,82 DM Veränderung 2001 = +251,46 DM Stand 31.12.2001 = -202.927,36 DM Stand 28.10.2002 = -202.927,36 DM = -103.755,11 EUR

Hierzu hat sie die Auffassung vertreten, diese Forderung sei entgegen der Einrede des Beklagten nicht verjährt. Da es sich um eine klassische Gehaltsüberzahlung handele, greife die für dieses Anstellungsverhältnis noch gültige 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F.. Die Feststellung einer Überzahlung im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers sei möglich, zumal sie zur Führung eines Kontokorrents berechtigt gewesen sei. Gegen ihre Feststellung einer Überzahlung spreche nicht die vertragliche Gestaltung einer Abschlagszahlung. Mit diesem Begriff habe sie die Vorschussgewährung beschrieben, zumal im Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung nicht einmal annähernd der Verdienst des Beklagten bestimmbar gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 125.836,17 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, die Klage sei unschlüssig. Für ihn seien weder der im Mahnbescheid angegebene Betrag noch das jetzige Klagebegehren nachvollziehbar. Im Übrigen erhebe er die Einrede der Verjährung. Entgegen der Bewertung der Klägerin greife die kurze Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Ziffer 8 BGB a. F., nicht jedoch § 195 BGB a. F.. Der Klägerin sei es seiner Meinung nach verwehrt, die Grundsätze des Kontokorrents zugrunde zu legen. Die zur Akte gereichte Aufstellung sei für ihn nicht nachvollziehbar. Die Anspruchsstellung der Klägerin widerspreche zudem dem der früheren Zusammenarbeit zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis. Der Klägerin als früherer Arbeitgeberin sei es verwehrt, auf ihn das Risiko von Forderungsausfällen, erst recht das wirtschaftliche Risiko der Bezirksstelle zu übertragen. Hieraus folge allenfalls eine sittenwidrige Vergütungsabrede. Im Übrigen sei der Klägerin entgegenzuhalten, trotz Kenntnis eines evtl. negativen Verlaufs von Wirtschaftsjahren ohne Vorbehalt Abschlagszahlungen geleistet zu haben. Schließlich rechne er hilfsweise mit der ihm zustehenden Karenzentschädigung auf. Nachdem die Klägerin am 17.12.1998 auf die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots der Ziffer 6 des Anstellungsvertrages verzichtet habe, schulde sie ihm in Anbetracht seines Umzugs von P2xxxxxx nach D3xxxxxx eine Entschädigung von insgesamt 86.500,00 DM (44.226,75 EUR).

Mit Urteil vom 26.03.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Klägerin berühme sich zu Unrecht eines Rückzahlungsanspruchs aus der Gewährung von Vorschusszahlungen. Obwohl eine klare Vorschussregelung eine Rückzahlungspflicht grundsätzlich begründe, sei die Klägerin vorliegend als Arbeitgeberin darlegungs- und beweispflichtig für den Umstand, dass ausschließlich Vorschüsse geleistet wurden, die in der angegebenen Höhe nicht verdient worden seien. Darüber hinaus sei die Klägerin verpflichtet gewesen, den Beklagten auf den Rechtscharakter einer Vorschussregelung, verbunden mit dem Risiko der Rückzahlungspflicht, deutlich hinzuweisen. Denn in Abgrenzung zur Gewährung von Abschlagszahlungen beschreibe ausschließlich die Vorschussgewährung die Notwendigkeit, diesen Betrag in Zukunft verdienen zu müssen. Mit dieser rechtlichen Konsequenz sei die Vertragsgestaltung der Klägerin nicht zu verstehen. Laut Anstellungsvertrag habe die Klägerin dem Beklagten als Gehalt 84 % der Nettogebühren der Bezirksstelle zugesichert. Als Abschlagszahlung habe sie monatlich 1/12 der Bezüge des Vorjahres leisten wollen. Eine endgültige Verrechnung habe sie sich lediglich vorbehalten. Weder hiervon noch von der weiteren Einschränkung, den Abschlag den tatsächlichen Gebühreneingängen anzupassen, habe die Klägerin im Verlaufe des Anstellungsvertrages keinen Gebrauch gemacht. Im Anstellungsvertrag fehle zudem eine eindeutige Rückzahlungsverpflichtung für möglicherweise überhöhte Abschlagszahlungen. Gegen eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten spreche außerdem, dass die monatlichen Abschlagszahlungen als Gehalt bezeichnet worden seien. In diesem Falle sei die Klägerin zur nachträglichen Überprüfung verpflichtet gewesen, eindeutig auf eine spätere Rückforderung evtl. überzahlter Leistungen hinzuweisen. Die seitens der Klägerin behauptete Überzahlung sei nicht weiter zu überprüfen, zumal dieses Ansinnen den grundlegenden Vertragsbeziehungen der Parteien widerspreche. Mit dem dargestellten Kontokorrent mache sie ihn für den eigenen Einsatz und für den Einsatz von Mitarbeitern, die er nicht eingestellt habe sowie für die mangelnde Durchsetzbarkeit von Forderungen verantwortlich. Mit der darüber hinaus vollzogenen Zuordnung von Verlusten übertrage sie ihm das von ihr allein zu verantwortende Betriebsrisiko. Die hieraus zu ziehende Rechtsfolge sei eine rechtsunwirksame Gehaltsvereinbarung aus den Gründen der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB. Bei ihrer Argumentation übersehe die Klägerin, dass der Beklagte weisungsgebundener Arbeitnehmer gewesen sei. Außerdem sei es ihm verwehrt geblieben, die Kosten und Einnahmen zu beeinflussen. Der Klägerin sei darüber hinaus entgegenzuhalten, dass sie dem Beklagten gegenüber einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der eine Rückzahlungsverpflichtung ausschließe. Obwohl die Klägerin im Geschäftsjahr 1996 einen Minusbetrag von über 200.000,00 DM festgestellt habe, habe sie Abschlagszahlungen in gleichbleibender Höhe geleistet. Darüber hinaus habe sie in ihre Abrechnungen Gebühren einbezogen, die von den jeweiligen Auftraggebern noch nicht bezahlt gewesen seien. Auch dies widerspreche dem Anstellungsvertrag. Abschließend sei nicht erkennbar, dass die nunmehr aufgezeigten Minusbeträge ohne Anpassung der Gehaltsabschläge in angemessener Zeit hätten ausgeglichen werden können. Da sie trotz erfolgter Aufkündigung des Anstellungsvertrages die Abschlagszahlungen auch der Höhe nach nicht verändert habe, habe der Beklagte den Schluss ziehen können, mit einer Rückforderung nicht belastet zu werden. Von einer ungerechtfertigten Bereicherung des Beklagten in Höhe der Klageforderung könne abschließend nicht ausgegangen werden. Der bei Zahlung vorliegende Rechtsgrund sei nicht nachträglich weggefallen. Der Klägerin sei zudem entgegenzuhalten, Zahlungen in einem Zeitpunkt geleistet zu haben, zudem sie der Überzeugung war, zu weiteren Leistungen nicht mehr verpflichtet zu sein.

Gegen dieses, ihr am 17.06.2003 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 14.07.2003 Berufung eingelegt, die nach vorausgehender Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 17.09.2003 an diesem Tage begründet worden ist. Die Klägerin greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Zur Begründung weist sie darauf hin, ihre Vertragsgestaltung werde nicht sachgerecht bewertet. Der Anstellungsvertrag erwähne zwar Abschlagszahlungen. Die gesamte Vergütungsregelung mache jedoch deutlich, dass kein Abschlag im definierten Sinne sondern ein klarer Vorschuss gezahlt worden sei. Denn zum jeweiligen Leistungszeitpunkt habe der Beklagte ein anteiliges Entgelt noch nicht verdient, der Beklagte habe vielmehr diesen Gegenwert erst noch verdienen müssen. Da die zu beanspruchende Vergütung auf der Grundlage der laufenden Gebühreneinnahmen der vom Bezirk betreuten Betriebe und Auftraggeber nachträglich berechnet werden sollte, sei für den Beklagten und für sie bei Auszahlung der monatlichen Beträge nicht erkennbar gewesen, in welcher Höhe ein Vergütungsanspruch entstanden war. Sie habe folglich nicht auf einen schon verdienten sondern uneingeschränkt auf einen noch zu verdienenden Entgeltanspruch gezahlt. Da dem Beklagten darüber hinaus über den Vertrag bekannt gewesen sei, dass sie sich eine endgültige Verrechnung vorbehalten habe, habe er den Charakter der Vorschussleistung erkannt und mit einer Rückforderung rechnen müssen. Die mit dem Anstellungsvertrag beschriebene Entgeltbestimmung sei auch nicht sittenwidrig. Mit einer solchen Bewertung werde übersehen, dass der Beklagte als Steuerberater einen freien Beruf ausübe. Der Beklagte habe eigenverantwortlich die Bezirksstelle P2xxxxxx geleitet. Er habe mit dem zur Verfügung gestellten Personal wie ein freiberuflicher Steuerberater arbeiten können. Da er aufgrund seiner Vorgesetztenfunktion den wirtschaftlichen Erfolg habe beeinflussen können, sei ihm ein angemessener Ausgleich an dem erwirtschafteten Verlust zuzumuten. Der von ihr errechnete Verlustvortrag sei nicht zu seinen Lasten erfolgt. Vielmehr sei dies durch sein Abrechnungsverhalten beeinflusst worden. Da ihm vertraglich "nur" 84 % des bereinigten Gebührenaufkommens zugestanden hätten, der Beklagte andererseits in der Vertragszeit erheblich mehr erhalten habe, sei dieser zur Rückzahlung verpflichtet. Dieses Ansinnen komme für den Beklagten nicht überraschend. Mit Abschluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres seien ihm die Jahresergebnisse, also die Grundlagen des Kontokorrents bekannt gegeben worden. Mit der entgegenstehenden Bewertung übersehe das angefochtene Urteil, dass sie dem Beklagten ohne jegliche Beschränkung eine leistungsorientierte Vergütung zugesagt habe, deren Höhe auch von nicht einbringlichen Gebührenforderungen beeinflusst werde. Abschließend sei sie der Auffassung, der Kläger sei entgegen der bisherigen Bewertung nicht Arbeitnehmer sondern freier Mitarbeiter gewesen.

Die hilfsweise vom Beklagten erklärte Aufrechnung greife in der geltend gemachten Höhe nicht. Zum einen mache sie von ihrem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 74 c Abs. 2 HGB Gebrauch. Zum anderen sei es dem Beklagten verwehrt, die Karenzentschädigung auf der Grundlage der Vorschusszahlungen zu berechnen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 125.836,17 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt die Einrede der Verjährung, verweist erneut auf den Widerspruch zwischen Zahlungsbegehren und Mahnbescheid und stellt schließlich weiterhin auf einen zu seinen Gunsten geschaffenen Vertrauenstatbestand ab, der jegliche Rückzahlungsverpflichtung verhindere.

Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer an sich statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517, 519, 520 Abs. 2 und 3 ZPO) hat keinen Erfolg. Mit dem angefochtenen Urteil ist die erkennende Berufungskammer der Überzeugung, dass die Klägerin vom Beklagten mögliche Überzahlungen nicht, bzw. nicht mehr, zurückfordern kann.

I.

Die Klägerin hat keinen durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. einer Kontokorrentbildung.

1. Der Beklagte schuldet der Klägerin allenfalls die mit Mahnantrag vom 22.12.2000 angesprochene Rückzahlung nicht verdienter Vorschüsse in Höhe von 133.000,00 DM (68.001,82 EUR). Der darüber hinausgehende erstmals mit Klageerweiterungsschrift vom 05.11.2002 angesprochene Rückzahlungsanspruch über insgesamt 246.114,17 DM = 125.836,17 EUR ist auch zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer verjährt. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin greift die sogenannte kurze Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8, 9 BGB a. F.. Im Gegensatz zu der von der Klägerin erstmals in der Berufungsverhandlung vertretenen Rechtsauffassung hat zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis und kein freies Mitarbeiterverhältnis bestanden.

1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist namentlich der Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist und nicht die Modalitäten der Zahlung oder die Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder die Überbürdung vertraglicher Risiken. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist Letztere maßgebend (BAG, Urteile vom 04.12.2002 - 5 AZR 667/01 -, vom 12.12.2001 - 5 AZR 253/00 - und Beschluss vom 16.02.2000 - 5 AZB 71/99 -). Selbständig ist hingegen nur derjenige, der im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Obwohl der Kläger als Steuerberater grundsätzlich einen freien Beruf ausübt, war er Angestellter der Klägerin entsprechend dem Grundgedanken des § 84 Abs. 2 HGB. Der Beklagte leitete zwar verantwortlich die Bezirksstelle P2xx-xxxx der Klägerin. Er hatte Vorgesetztenfunktion. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass er wie ein freiberuflich tätiger Steuerberater die mit Ziffer 3 des Vertrages beschriebenen Aufgaben hat wahrnehmen können. Es soll auch nicht angezweifelt werden, dass er als Vorgesetzter den wirtschaftlichen Erfolg der Geschäftsstelle P2xxxxxx beeinflussen konnte. Dennoch war er uneingeschränkt abhängig beschäftigt und nicht selbständig tätig. Er war der Klägerin gegenüber weisungsunterworfen. Der Beklagte wurde als Bezirksstellenleiter des von der Klägerin zugeschnittenen Bezirks P2xxxxxx eingesetzt. Diese Bezirksstelle betreute die dem landwirtschaftlichen B7xxxxxxxxxxxxxxxxx angeschlossenen landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, gärtnerischen und sonstigen Betriebe sowie Auftraggeber. Für die B8xxxxxxxxxx- und B9xx-xxxxxxxxxxxxxxxxx mbH, also für die Klägerin betreute diese Geschäftsstelle unter seiner Leitung die nicht landwirtschaftlichen Auftraggeber. Damit nahm der Beklagte als Leiter dieser Geschäftsstelle fremde Interessen, d. h. ausschließlich die Interessen der Klägerin und des B10xxxxxxxxxxxxxxxxxx, nicht jedoch originär eigene Interessen wahr. Dem Kläger war als Geschäftsstellenleiter zudem eine nur eingeschränkte Personalbefugnis gegenüber dem, von der Klägerin und der Buchführungsgesellschaft eingestellten Person übertragen (Ziffer 9 des Anstellungsvertrages). Obwohl die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal kein Kriterium einer Selbständigkeit ist, zumal Betriebsleiter und Personalleiter trotz klarer Einstellungs- und Entlassungsbefugnis namens des Arbeitgebers ohne Einschränkung Arbeitnehmer sind, war ihm diese Befugnis nicht übertragen. Der Beklagte nahm ausschließlich das von der Klägerin abgeleitete verlängerte Direktionsrecht wahr. Darüber hinaus war der Beklagte zur persönlichen Leistung gemäß § 613 Satz 1 BGB verpflichtet. Gemäß Ziffer 5 des Anstellungsvertrages war er gehalten, seine volle Arbeitskraft dem B7xxxxxxxxxxxxxxxxx und der B9xxxxxxxxxxxxxxxxxxx zu widmen. Das Recht zur Ausübung einer Nebentätigkeit war eingeschränkt. Auch dies ist ein Kriterium gegen eine Selbständigkeit des Klägers im räumlichen Bereich der Bezirksstelle P2xxxxxx. Schließlich haben sich der B7xxxx-xxxxxxxxxxx und die B9xxxxxxxxxxxxxxxxxxx mit Ziffer 10 des Anstellungsvertrages vorbehalten, zusätzliche Mitarbeiter einzusetzen sobald Arbeitsrückstände im Bezirk P2xxxxxx festgestellt würden. Gegen eine Selbständigkeit des Beklagten und zugleich für seine weitere Abhängigkeit von der Klägerin und dem B7xxxxxxxxxxxxxxxxx spricht darüber hinaus Ziffer 15 des Anstellungsvertrages. Danach behielten sich B7xxxxxxxxxxxxxxxxx und B9xxxxx-xxxxxxxxxxx vor, den Beklagten in anderen gleichwertigen Tätigkeiten im Verband zu verwenden. Gegen seine Selbständigkeit spricht schließlich Ziffer 13 des Anstellungsvertrages. Danach sollte das Dienstverhältnis ohne Kündigung mit vollendetem 65. Lebensjahr enden, obwohl diese Bestimmung eine Befristung enthält (vgl. hierzu z. B. BAG, Urteil vom 27.11.2002 - 7 AZR 414/01 -), Befristungen auch im Verhältnis zum Selbständigen nicht ungewöhnlich sind (vgl. hierzu: § 89 Abs. 3 HGB), ist die Lebenszeitbefristung ein typisches Merkmal des abhängig beschäftigten Arbeitnehmers.

1. Trotz behaupteter Überzahlung d. h. ungerechtfertigter Bereicherung, greift zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer die kurze Verjährungsfrist und nicht die - inzwischen stark eingeschränkte - 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. (heute: § 197 BGB). Die erkennende Berufungskammer ist an dieser Stelle noch nicht verpflichtet, die Abschlagszahlung der Klägerin gemäß Ziffer 8 des Anstellungsvertrages dahingehend zu überprüfen, ob es sich hierbei nicht doch um eine reine Vorschusszahlung im rechtstechnischen Sinne handelt, zumal sich die Klägerin eine Verrechnung vorbehalten hat (zur Abgrenzung der Abschlagszahlung von der Vorschussgewährung: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl., § 70 Rdnr. 12 - 14; BAG, Urteil vom 11.02.1987 - 4 AZR 144/86 - AP Nr. 11 zu § 850 ZPO). Denn die erkennende Berufungskammer vertritt mit Schaub (a. a. O. § 73 Rdnr. 4) und Preis (ErfK BGB § 225 a. F. Rdnr. 5, § 614 Rdnrn. 26 und 29) die Auffassung, dass die kurze Verjährungsfrist für alle Ansprüche auf Abschlagszahlungen und Vorschussleistungen greift, die der Arbeitgeber auf Forderungen des Arbeitnehmers, also Lohn- und Gehaltsansprüche, erbracht hat. Die früher gültige grundlegende 30-jährige Verjährungsfrist erfasste ausschließlich irrtümlich ohne Rechtsgrund erbrachte Leistungen.

1. Die Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Ziffer 8 und 9 BGB konnte mit der Klageerweiterung vom 05.11.2002 nicht mehr unterbrochen werden (§ 209 BGB a. F.). Auch mit einer Festlegung des Beginns der Verjährung auf den 31.12.1999 - dies bezogen auf das am 30.06.1999 ausgelaufene Geschäftsjahr des B10xxxxxxxxxxxxxxxxxx - war die Verjährungsfrist bzgl. des Rückzahlungsanspruchs aus überzahlten Abschlägen bzw. Vorschüssen am 31.12.2001 abgelaufen. Insoweit greift die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung.

Die Klägerin kann sich entgegen ihren weiteren Ausführungen nicht auf einen Kontokorrentsaldo als eigenständigem Anspruch, also als eigenständiger Forderung zum Stande 01.11.2003 stützen. Dabei übersieht sie, dass die Parteien keine Abrede über ein Kontokorrentverhältnis getroffen haben. Mit Ziffer 8 des Anstellungsvertrages hat die Klägerin lediglich festgehalten, auf die erfolgsabhängige Vergütung i. H. v. 84 % des bereinigten Honorareinkommens der Bezirksgeschäftsstelle Abschlagszahlungen zu leisten. Im gleichen Zusammenhang hat sie sich vorbehalten, einen Ausgleich vorzunehmen, sobald mit diesen Zahlungen der zu beanspruchende Vergütungsanteil überschritten würde. Der Klägerin ist in ihren Vorstellungen zuzustimmen, dass die endgültige Höhe der erfolgsabhängigen Vergütung erst mit dem jeweiligen Ende des Geschäftsjahres bestimmbar war. Zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer war die Klägerin dann auch verpflichtet - und nicht lediglich berechtigt - zu diesem Zeitpunkt einen Ausgleich vorzunehmen. Dies mag die Klägerin als Kontokorrentverhältnis verstehen, sofern mit den Abschlagszahlungen tatsächlich Vorschüsse auf die zu erwartende, im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht verdiente Vergütung erbracht wurden. Mit dem gesetzlichen Kontokorrentverhältnis des § 355 HGB stimmt diese Vertragsgestaltung jedoch nicht überein. Dann hätten die Parteien verabreden müssen, dass allein der nach dem Geschäftsjahr festzustellende Ausgleichsanspruch des Beklagten oder Rückzahlungsanspruch der Klägerin als eigenständige Forderung geschuldet sein sollte (Ensthaler, GK zum HGB - Herget, § 355 Rdnrn. 2 und 3; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, § 355 Rdnr. 58; Baumbach/Hopt, HGB, § 355 Rdnr. 7). Es ist auch nicht zu unterstellen, dass zwischen den Parteien stillschweigend, also durch konkludentes Handeln ein derartiges Kontokorrentverhältnis begründet worden ist (Herget a. a. O. Rdnr. 19). Die Begründung eines derartigen Kontokurrentverhältnisses lag auf gar keinen Fall im Interesse des Beklagten.

Selbst bei unterstelltem Kontokorrent war die Klägerin nicht berechtigt, diesen unbefristet fortzuschreiben. Vielmehr musste sie in regelmäßigen Zeiträumen einen Saldo bestimmen, der von ihr zugunsten des Beklagten zu erfüllen bzw. gegen den Beklagten durchzusetzen war. Dieser zeitliche Abstand war das Kalenderjahr bzw. das Geschäftsjahr (Herget a. a. O. Rdnr. 20, Schlegelberger/Hefermehl a. a. O. Rdnr. 13). Im Anschluss an § 355 Abs. 2 HGB wäre demzufolge die Klägerin verpflichtet gewesen, nach diesen Zeitperioden, das Kontokorrent auszugleichen. Denn lediglich bis zum Ende dieser Zeitperiode war die Verjährung gehemmt (analog zu § 202 BGB a. F.). Das seitens der Klägerin behauptete Kontokorrentverhältnis konnte folglich nicht, wie es die Klägerin jetzt durchzusetzen beabsichtigt, auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten hinausgehend mit dem Ziel fortgeschrieben werden, nunmehr einen eigenständigen, vom Kontokorrent losgelösten Saldo geltend zu machen und durchsetzen zu können. Für den mit der Klageerweiterung beschriebenen Gesamtanspruch kommt diese Klageerhebung zu spät.

1. Die Klägerin ist also nicht berechtigt, Klage bzgl. eines Kontokorrentsaldos mit dem Stand 28.10.2002 bzw. 01.11.2002 zu erheben. Mit der Klägerin akzeptiert die erkennende Berufungskammer durchaus, dass Sie dem Beklagten eine erfolgsabhängige Vergütung schuldet. Immerhin beläuft sich der Anspruch des Beklagten auf 84 % des bereinigten Gebührenaufkommens der Bezirksstelle P2xxxxxx pro Geschäftsjahr. Daraus folgt, dass die pro Geschäftsjahr verdiente Gesamtvergütung erst mit Abschluss des jeweiligen Geschäftsjahres bestimmbar ist bzw. feststeht. Dies war spätestens der 01.07. des Folgejahres. Im Zusammenwirken mit Ziffer 8 des Anstellungsvertrages war die Klägerin zu diesen Zeitpunkten verpflichtet, das Geschäftsjahr auch korrekt abzurechnen. Schließlich hat sie ihm zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes monatliche Abschlagszahlungen versprochen, deren Höhe sich an den Bezügen des Vorjahres zu orientieren hatte. Bezüge des Vorjahres waren nach dem Selbstverständnis der Klägerin nicht die im Vorjahr gewährten Abschlagszahlungen, sondern die verdiente variable Vergütung. Bei der Bestimmung dieser Vergütung dürfte die Klägerin ausschließlich die gezahlten Honorare, nicht jedoch auch schon die lediglich berechneten Honorare zugrunde legen. Vertraglich hat sie sich dazu zwar nicht eindeutig geäußert. Dies entspricht jedoch dem Vertrauensschutz des Beklagten. Denn sein für die Klägerin erkennbares Interesse bestand darin zu wissen, welchen Anteil der erbrachten Abschlagszahlungen er endgültig behalten dürfte. Die Klägerin war folglich nicht berechtigt, unkritisch den Rechnungsbestand zugrunde zu legen ohne zugleich den Beklagten darauf hinzuweisen, dass ein Teil der dem Jahreergebnis zugrunde gelegten Gebühren noch verdient (bezahlt) werden mussten (vgl. hierzu den Grundsatz der §§ 87 a, 65 HGB). Schließlich hatte der Beklagte keinen Überblick über den Gebühreneingang. Die Gebühren etc. waren gemäß Ziffer 4 des Anstellungsvertrages direkt an den Verband bzw. die B9xxxxxxxxxxxxxxxxxx zu entrichten. Der Beklagte war in keiner Weise Inkassoberichtigt. Zahlte die Klägerin dem Beklagten in der Form der Abschlagsleistungen gemäß Ziffer 8 des Anstellungsvertrages mehr als ihm als erfolgsabhängige Vergütung zustand, so greift zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer die Verwirkungsklausel des § 814 BGB. Denn die Klägerin hat sich vertraglich lediglich eine endgültige Verrechnung vorbehalten. Es fehlt hierzu ergänzend jegliche klare Regelung, bis wann eine Verrechnung vorbehalten bleiben durfte. Auch diese Vertragsgestaltung berechtigt die Klägerin nicht, Salden in der Form eines Kontokorrentverhältnisses fortzuschreiben, um dieses Kontokorrent - wann - aufzulösen.

1. Erbringt die Klägerin als Arbeitgeberin ausschließlich Abschlags- oder Vorschusszahlungen ohne aufgrund der selbst formulierten Vertragsgrundlage die Verrechnung zu realisieren und nicht lediglich im Wege eines vermeintlichen Kontokorrents buchmäßig fortzuschreiben, so erweckt sie bei dem Angestellten das Vertrauen, dass er diese Zahlungen behalten darf. Denn ein unbefristetes Aufschieben bis zur späteren Beendigung der vertraglichen Zusammenarbeit nimmt dem belasteten Arbeitnehmer das Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG, seinen Arbeitsplatz jeder Zeit neu wählen zu können. Diese Art Kontokorrentbildung eröffnet zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer nicht lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht (Schaub a. a. O. Rdnr. 14). Es verwehrt der Klägerin als Arbeitgeberin eher jegliches Rückforderungsrecht aus den Gründen des § 814 BGB. Ein Anerkenntnis der Klägerin, auch für die Zukunft uneingeschränkt diesen Abschlag als endgültig verdientes Entgelt zu schulden, kann nicht erkannt werden. Einem derartigen Anerkenntnis dürfte das Schriftformerfordernis der Ziffer 17 des Anstellungsvertrages entgegenstehen, auch wenn hierüber keine qualifizierte Schriftformklausel im Sinne der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 24.06.2003 - 9 AZR 302/02) beschrieben wird. Die fortgesetzte Abschlagszahlung stellt in Anbetracht der bekannten Ergebnisse der Wirtschaftsjahre auch eine aufgedrängte Bereicherung dar. Dies verdeutlicht die Klägerin dadurch, dass sie für das Geschäftsjahr des SHBB für 1996 einen Negativsaldo in Höhe von 201.168,86 DM feststellt, die monatlichen Abschläge jedoch ohne Einschränkung in den nachfolgenden Kalenderjahren 1997 und 1998 in Höhe von 15.000,00 DM weiter gewährt.

1. Die erkennende Berufungskammer gibt außerdem zu bedenken, dass eine Rückforderung des beschriebenen Saldos deshalb ausgeschlossen sein dürfte, weil die vertraglich beschriebene erfolgsabhängige Vergütung als sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB bewertet werden muss. Dies soll weniger damit begründet werden, dass die Klägerin dem Beklagten ihr wirtschaftliches Risiko unkritisch übertragen hat. Denn für die erfolgsabhängige Vergütung ist es nicht untypisch, dass auch der Arbeitnehmer und nicht nur der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko der erfolglosen Realisierung des verdienten Lohnes trägt. Diese Risikolast des Arbeitnehmers ist jedoch nur dann begründet, sobald dieser den Kunden, Betrieb oder Auftraggeber aussucht und dem Arbeitgeber ein Geschäft mit diesem vermittelt. Dabei trägt er auch das Risiko der Leistungsfähigkeit mit, zumal es ihm obliegt diese vorab zu überprüfen. Anders ist dies jedoch, auch zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer, sobald der Arbeitgeber - wie mit Ziffer 3 des Anstellungsvertrages geschehen - die zu betreuenden Kunden vorgibt. Dann trägt er allein das wirtschaftliche Risiko der Uneinbringlichkeit von Bearbeitungsgebühren. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass dem Arbeitnehmer mit einer erfolgsabhängigen Vergütung nur dann das wirtschaftliche Risiko mitübertragen werden darf, sobald er selbst entscheiden kann, ob er Personal einstellt und wen er beschäftigt. Wird dem verantwortlichen Leiter der Beratungsstelle das Personal und das Gehaltsvolumen vorgegeben - der Kläger hatte keine Einstellungsbefugnis und kein Recht zur Entlassung - so dürfte eine Übertragung des gesamten unternehmerischen Risikos auf ihn dem Grundsatz der abhängigen Beschäftigung widersprechen. Hierüber wird das Betriebsrisiko des Einsatzes weiterer Arbeitnehmer auf den Arbeitnehmer abgewälzt. Ihm wird letztlich das Risiko der Wirtschaftlichkeit seines Arbeitseinsatzes übertragen (BAG Urteil vom 25.03.1976 - 3 AZR 331/75 - AP Nr. 9 zu § 65 HGB; Urteil vom 03.11.1986 - 9 AZR 65/86 - AP Nr. 14 zu § 65 HGB; Urteil vom 10.10.1990 - 5 AZR 404/89 - AP Nr. 47 zu § 138 BGB).

1. Auch der mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides vom 22.12.2000 beschriebene Rückforderungsanspruch bzw. Ausgleichsanspruch eines Negativsaldos ist unbegründet. Die Klägerin kann sich auch für diesen Anspruch in Höhe von 133.000,00 DM nicht auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen.

1. Gegenüber diesem "Teilanspruch" greift die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nur bedingt. Die kurze zweijährige Verjährungsfrist wurde zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer bzgl. der Veränderung der SHBB 1998 in Höhe von 120.306,15 DM und der Veränderung der SHBB 1999 in Höhe von 17.088,64 DM rechtzeitig unterbrochen gemäß § 209 BGB a. F.. Zwar war der maßgebliche Zeitpunkt für die Unterbrechung der Verjährung der Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids. Diese erfolgte tatsächlich erst am 02.02.2001. Dieser an sich sehr späte Zustellungszeitpunkt ist jedoch unschädlich. Die Rückwirkung der Zustellung auf den Tag der Einreichung des Mahnbescheidsantrags, also auf den 27.12.2000, ist deshalb nicht ausgeschlossen. Denn die Zustellung des Mahnbescheids erfolgte dennoch demnächst im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO: Für die Unterbrechung der Verjährung ist nämlich nicht die Rechtshängigkeit maßgeblich (§ 696 Abs. 3 ZPO). Deshalb ist die Dauer der Verzögerung rechtlich neutral, solange diese nicht von der Antragstellerin zu vertreten ist. Davon kann nicht ausgegangen werden. Die verzögerte Zustellung ist ausschließlich darin begründet, dass die zuständige Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Dortmund gemeint hatte, die sachliche Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG vorab klären zu müssen. Auf die am 04.01.2001 zur Post gegebene Rückfrage hat die Klägerin noch rechtzeitig, nämlich mit Schriftsatz vom 10.01. reagiert. Der weitere Verlauf war von ihr nicht mehr beeinflussbar.

Diese Unterbrechungswirkung ist auch nicht nachträglich entfallen. Die Unterbrechung der Verjährung wird nicht dadurch berührt, dass die Klägerin nicht zeitnah nach Bekanntgabe des Widerspruchs des Beklagten einen Antrag zur Terminsbestimmung gestellt hat (§ 46 a Abs. 4, 5 ArbGG). Zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer ist auch hier der Grundgedanke des § 696 Abs. 3 ZPO zugrunde zu legen. Daraus folgt, dass die Unterbrechung der Verjährung nicht dadurch berührt wird, dass die "alsbaldige Abgabe der Streitsache" an die Kammer unterbleibt. Demzufolge ist es unschädlich, dass die Klägerin erst mit Schriftsatz vom 05.11.2002 d. h. erst nach weiteren 20 Monaten um Anberaumung eines Termins zur Güteverhandlung nachgesucht hat (BGH Urteil vom 08.05.1996 - XII ZR 8/95 - NJW 1996, 2152: Widerspruch vom 24.06.1991, Einzahlung der zweiten Hälfte der Gerichtsgebühr im November 1993, verbunden mit dem Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens, Klage begründet am 20.04.1994; Parlandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 209 Rdnrn. 7 und 16).

Der darüber hinausgehende Anspruch ist verjährt, soweit er sich auf die Vergangenheit bezieht. Denn die Verjährungsfrist begann mit Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres.

1. Die erkennende Berufungskammer teilt durchaus die Auffassung des Beklagten, dass in Anbetracht der Klagebegründung vom 05.11.2002 der mit Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids bekannt gegebene Saldo in Höhe von 133.000,00 DM nicht nachvollziehbar ist. Schließlich behauptet die Klägerin, zu ihren Gunsten per 31.12.1998 einen Saldo in Höhe von 184.820,42 DM bestimmen zu können. Dennoch ist die Klageforderung nicht allein aus diesem Grunde unschlüssig. Die Klägerin erhält allenfalls das Recht, den vermeintlichen Saldo in dieser gekürzten Höhe zu realisieren. In Höhe dieses Teilbetrages wurde die Verjährung rechtzeitig unterbrochen. Mit dem BGH (a. a. O.) unterstellt die erkennende Berufungskammer, dass im Mahnbescheid eine Begründung nicht erforderlich ist. Die Klägerin war demzufolge nicht gehalten, die Schlüssigkeit dieser Anspruchshöhe dazustellen.

1. Dennoch ist dieser Betrag gegen den Beklagten nicht durchsetzbar. Die vertraglich beschriebene Entgeltregelung ist nämlich sittenwidrig (§ 138 BGB). Dem Beklagten kann in diesem Zusammenhang nicht entgegengehalten werden, dass ihm, bezogen auf den Beschäftigungszeitraum September 1993 bis Dezember 1998, trotz Verrechnung mit dem vermeintlichen Minussaldo ein angemessenes Entgelt in Höhe von 9.708,47 DM monatlich verbleiben würde (Abschlagszahlung insgesamt: 867.456,00 DM abzüglich Klageforderung in Höhe von 246.114,00 DM = Verbleib beim Beklagten 621.342,00 DM : 64 Monate = 9.708,47 DM monatlich). Aus den oben näher beschriebenen Gründen ist eine derartige Saldierung und Durchschnittsberechnung unzulässig. Im Übrigen fällt der erforderliche Jahresvergleich anders aus. Bezogen auf das Geschäftsjahr 1996 müsste der Beklagte in Anbetracht des errechneten Minussaldos von 201.168,86 DM nicht nur alle Abschlagszahlungen in Höhe von 186.296,69 DM zurückzahlen sondern darüber hinaus weitere 14.000,00 DM an die Klägerin zahlen, um den entstandenen Verlust auszugleichen. Bezogen auf das Geschäftsjahr 1998 verblieben dem Beklagten bei einem Minussaldo in Höhe von 120.306,15 DM und gewährten Abschlagszahlungen in Höhe von 181.132,44 DM lediglich 20.500,00 DM, dass sind monatlich 1.708,33 DM. Als Leiter der Bezirksstelle würde er weniger behalten dürfen als den ihm unterstellten Mitarbeitern der Klägerin zugestanden war. Über diese, allein maßgebliche Bewertung der Geschäftsjahre wird deutlich, dass die Klägerin den Beklagten mit der im Anstellungsvertrag beschriebenen Entgeltvereinbarung an ihrer Stelle als Unternehmer behandeln will. Dies widerspricht grundlegend dem zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnis.

Die Rückforderung ist zur weiteren Überzeugung der erkennenden Berufungskammer auch aus den Gründen des § 814 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat sehr früh erkannt, dass es unter Berücksichtigung ihrer Auslegung des Entgeltgefüges der Ziffer 8 des Anstellungsvertrages zu einer Überzahlung gekommen ist. Gewährt sie dem Beklagte für die darauf folgenden Geschäftsjahre ohne jeglichen Vorbehalt Abschlagszahlungen in uneingeschränkter Höhe, so geht sie bewusst das Risiko ein, dass dieser Abschlag vom Beklagten nicht verdient wird.

II.

Da der Klägerin auch zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer der vermeintliche Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht zusteht, war der an sich statthaften Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund der gewünschte Erfolg zu versagen; diese Berufung war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die erkennende Berufungskammer die Revision ausdrücklich zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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