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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.04.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 1881/02
Rechtsgebiete: HGB, BGB, EGBGB


Vorschriften:

HGB §§ 74 ff.
BGB §§ 305 ff. n. F. (2002)
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Mittels Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO kann eine abstrakte Entscheidung über die Gültigkeit/Verbindlichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht erreicht werden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, für die Verbindlichkeitsprüfung die im Verbotszeitraum auszuübende Tätigkeit näher zu kennzeichnen.

Auch nach In-Kraft-Treten des Schuldrechtsreformgesetzes verbleibt es bei der gesetzlichen Inhalts-/Wirksamkeitskontrolle der §§ 74 ff. HGB und der hierin beschriebenen geltungserhaltenden Reduktion.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

7 Sa 1881/02

Verkündet am: 14.04.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 14.04.2003 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Schulte als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Feldkamp und Stelter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 09.07.2002 - 2 Ca 446/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die zwischen ihnen am 20.07./14.11.2000 begründete Wettbewerbsvereinbarung dazu geeignet ist, den Kläger während eines Jahres nach Beendigung der Vertragsbeziehungen zu wettbewerbsfreiem Handeln zu veranlassen.

Der am 01.02.11xx geborene Kläger ist für die Beklagte seit dem 01.11.1997 Verkaufsberater im Außendienst. Die Beklagte ist ein Handelsunternehmen für Befestigungstechnik. Sie ist bundesweit tätig und hält einen Marktanteil von 20 %. Der Kläger bereist für sie in Nordrhein-Westfalen Handwerksbetriebe der Fachbereiche: Bauhandwerk, Schreinerhandwerk, Schlosserhandwerk, Kfz-Reparaturbetriebe, Karosseriebau, Motorradwerkstätten und gegebenenfalls auch Lackierereien. Er hat sich verpflichtet, im übernommenen Verkaufsprogramm auch akquisitorisch tätig zu sein. Für die Erledigung seines Aufgabenbereichs versprach ihm die Beklagte neben einem Grundgehalt von 1.000,00 DM, Provisionen, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, ein Firmenfahrzeug und Spesen. Sein durchschnittliches Jahreseinkommen betrug zwischen 30.500,00 und 36.000,00 € brutto. Mit dem grundlegenden Vertrag vom 05.10.1998 hat der Kläger seine Bereitschaft erklärt, auf Wunsch der Beklagten einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zuzustimmen. Dieses hat der Kläger schließlich am 14.11.2000 unterschrieben. Es hat folgenden Wortlaut:

1. GELTUNGSBEREICH

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit dem Arbeitgeber in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist.

Als Wettbewerbsunternehmen gelten insbesondere solche Unternehmen, die Artikel vertreiben, die der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsvertrages in seinem Verkaufsprogramm hatte. In gleicher Weise ist es dem Arbeitnehmer untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar und mittelbar zu beteiligen.

Diese Wettbewerbsvereinbarung gilt für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

2. ENTSCHÄDIGUNG

Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung in Höhe von 50 % der zuletzt von ihm bezogenen Leistungen. Die Entschädigung wird jeweils am Schluss eines Monats gezahlt.

Auf die Entschädigung ist anderweitiger Erwerb sowie böswillig unterlassener Erwerb nach Maßgabe des HGB anzurechnen.

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer des Wettbewerbsverbots unaufgefordert jeweils zum Schluss eines Kalendermonats Auskunft über die Höhe seiner Bezüge zu geben und die Anschrift seines jeweiligen neuen Arbeitgebers mitzuteilen. Er verpflichtet sich, jeweils zum Schluss eines Kalenderjahres die Lohnsteuerkarte im Original oder in beglaubigter Fotokopie vorzulegen.

3. VERZICHT

Der Arbeitgeber kann vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Folge verzichten, dass er nach Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung befreit wird.

4. EINTRITT IN DEN RUHESTAND

Das Wettbewerbsverbot entfällt, sobald der Arbeitnehmer Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat und diesen wahrnimmt.

5. VERTRAGSSTRAFE

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für den Fall der Verletzung des Wettbewerbsverbots an die A1xxx W1xxx GmbH & Co. KG eine Vertragsstrafe in Höhe des sechsfachen durchschnittlichen Bruttomonatsbezuges der letzten sechs Einkommensmonate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen. Bei einer Dauerverletzung des Wettbewerbsverbots ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Gleichzeitig entfällt der Anspruch auf die Karenzentschädigung für die Dauer der Verletzung. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vertragsstrafe auch ohne Nachweis eines durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens zu beanspruchen. Die Geltendmachung weiterer Schäden durch den Arbeitgeber bleibt von dieser Vertragsstrafenvereinbarung unberührt.

6. SONSTIGE VEREINBARUNGEN

Diese Wettbewerbsvereinbarung geht in allen Punkten auf einen etwaigen Rechtsnachfolger - gleich aus welchem Rechtsgrund - über. Dieser ist berechtigt, die Einhaltung des Verbots im eigenen Namen durchzusetzen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis bei Eintritt des Rechtsnachfolgers bereits beendet ist, das Wettbewerbsverbot aber noch andauert.

7. GELTUNG DER HANDELSRECHTLICHEN VOR-SCHRIFTEN

Im Übrigen gelten die Vorschriften der HGB.

8. SALVATORISCHE KLAUSEL

Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung unwirksam sein, so lässt dies die Wirksamkeit der Übrigen unberührt. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt eine dem Parteiwillen möglichst nahekommende wirksame Vereinbarung.

Nachdem der Kläger vergeblich vorgerichtlich versucht hatte, die Beklagte im Zusammenhang mit einem möglichen Arbeitgeberwechsel dazu zu bewegen, auf dieses Wettbewerbsverbot zu verzichten, begehrt er mit der beim Arbeitsgericht Bochum am 14.02.2002 erhobenen Feststellungsklage das Ziel, dieses Verbot aus den Gründen des § 74 a Abs. 1 HGB für unverbindlich erklären zu lassen. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, durch dieses Verbot werde er bei der Arbeitsplatzsuche unangemessen benachteiligt. Sein berufliches Fortkommen werde rechtswidrig erschwert, ohne dass die Beklagte hierfür ein berechtigtes Interesse geltend machen könne. Dies werde zunächst durch das Verbotsgebiet "Bundesrepublik Deutschland", sodann durch den Verbotskatalog aller Artikel im Verkaufsprogramm der Beklagten bei Vertragsende (z. Zt. 48.000 Artikel), sowie durch die unangemessen hohe Vertragsstrafe deutlich. Mit diesem Verbot untersage ihm die Beklagte jegliche Tätigkeit im Handel, ja sogar jede berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Denn es sei kaum denkbar, dass ein anderes Handelsunternehmen bestehe, dass keine Produkte vertreibe, die nicht auch von der Beklagten verkauft würden. Hierdurch verletze die Beklagte sein Grundrecht der Berufsfreiheit. Zu beachten sei außerdem, dass er bei Einhaltung dieses Verbots jeden Kundenkontakt verliere, zumal wohl auch jeglicher Kontakt zum Baustoffhandel verschlossen sein dürfte. Er sehe keinen berechtigten Anlass für ein derartiges Erschwernis seines beruflichen Fortkommens nach Art, Zeit und Gegenstand der verbotenen Tätigkeit. Seiner Meinung nach bedürfe es eines Kundenschutzes nicht. Bei seinem möglichen Wechsel zum Konkurrenten sei ein Einbruch in den Kunden- und Lieferantenkreis nicht zu befürchten. Die Beklagte übersehe außerdem, dass die Preisgestaltung inzwischen landestypisch erfolge; diese obliege inzwischen dem Bezirksleiter in B2xxxx. Aufgrund des unzulässigen Eingriffs in sein weiteres berufliches Fortkommen sei die Wettbewerbsvereinbarung unverbindlich; dies führe zur Nichtigkeit. Eine geltungserhaltende Reduktion sei seiner Meinung nach ausgeschlossen. Die zu § 74 a HGB ergangene Rechtsprechung und Literatur sei durch die §§ 307, 309 BGB n. F. überholt. Die Wettbewerbsabrede sei eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne dieser Bestimmungen. Da er hierdurch unzulässig in seinen Rechten benachteiligt werde, sei diese rechtsunwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die zwischen den Parteien bestehende Wettbewerbsabrede vom 20.07./14.11.2000 unverbindlich ist;

2. hilfsweise festzustellen, dass die zwischen den Parteien bestehende Wettbewerbsabrede vom 20.07./14.11.2000 jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2002 ihre Wirksamkeit verlieren wird inklusive des in dieser Vereinbarung enthaltenen Vertragsstrafenversprechens.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Wettbewerbsvereinbarung als rechtswirksam bewertet. Die vom Kläger beschriebene unzulässige Erschwernis in seiner beruflichen Entwicklung sei ihrer Meinung nach nicht erkennbar, zumal ihm trotz ihres Handels mit Befestigungsteilen wie Dübeln, Schrauben, Spezialwerkzeugen, Chemieartikeln durchaus eine Tätigkeit im Handel mit Baustoffhändlern möglich sei. Sollte entgegen ihrer Auffassung eine Unverbindlichkeit im geringfügigen Umfang festzustellen sein, so verbleibe es bei dem Grundsatz der gesetzlich festgelegten geltungserhaltenden Reduktion. § 74 a HGB sei durch die Schuldrechtsreform nicht verändert worden. Dies gelte auch für das Vertragsstrafenversprechen, das nicht von § 309 Nr. 6 BGB n. F. erfasst werde. Im Übrigen habe sie Bedenken bezüglich der Zulässigkeit der begehrten Feststellung. Entgegen seinen Hinweisen sehe sie keinen Abkehrwillen.

Mit Urteil vom 09.07.2002 hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsbegehren des Klägers entsprochen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Klage sei zulässig. Der Kläger habe ein Feststellungsinteresse an der Klärung der Verbindlichkeit bzw. Unverbindlichkeit dieser Wettbewerbsvereinbarung. Aufgrund seiner Hinweise sei davon auszugehen, dass er abkehrwillig sei. Hieraus resultiere das berechtigte Interesse an alsbaldiger Feststellung der Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung. Die Klage sei auch begründet. Die Wettbewerbsvereinbarung sei rechtsunwirksam. Durch sie werde der Kläger ohne berechtigtes Interesse der Beklagten in seiner beruflichen Tätigkeit auf ein unerträgliches Maß beschränkt. Es sei nicht erkennbar, dass dem Kläger ohne Verstoß gegen diese Wettbewerbsvereinbarung ein konkreter Bezug zu der, bei der Beklagten ausgeübten Tätigkeit, gewährleistet bleibe. Da die Beklagte kein Interesse daran habe, den Kläger für die Konkurrenz zu binden und der Verbotsumfang ein absolutes Beschäftigungsverbot beinhalte, erhalte der Kläger ein Wahlrecht. Dieses sei auch darüber zu begründen, dass selbst ein indirekter Wettbewerb verbotswidrig sein solle und dass schon der Verbund mit einem Wettbewerbsunternehmen den begehrten Schutz auslösen solle. Hierüber sei der Kreis möglicher Arbeitgeber positiv nicht mehr abgrenzbar; diese Begrenzung sei zu unpräzise.

Gegen dieses, ihr am 28.11.2002 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil, hat die Beklagte am 05.12.2002 Berufung eingelegt, die nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28.02.2003 am 28.01.2003 begründet worden ist. Die Beklagte greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Sie bewertet die Klage weiterhin als unzulässig. Ihrer Meinung nach fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Die zur Überprüfung gestellte Rechtsfrage der Verbindlichkeit/Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung sei ausschließlich im Zeitpunkt der Geltendmachung von Rechten aus dem Wettbewerbsverbot zu klären. Dies sei uneingeschränkt der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Erst jetzt könne festgestellt werden, gegenüber welcher Produktpalette Wettbewerb betrieben werden könne. Anzeichen für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkenne sie beim Kläger nicht. Bewerbungen bei anderen Unternehmen seien ihr nicht bekannt. Darüber hinaus bewerte die Beklagte das Klagebegehren als unbegründet. Sie sieht für sich nicht nur ein berechtigtes Interesse für die getroffene Wettbewerbsvereinbarung; sie verneint außerdem eine unzulässige Einschränkung des beruflichen Fortkommens des Klägers hierdurch. Als Handelsunternehmen auf dem Fachgebiet der Befestigungstechnik sehe sie in der späteren Tätigkeit des Klägers für die Konkurrenz die Gefahr der Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen, insbesondere der Weitergabe ihrer Preiskalkulation. Hierüber sei ein Einbruch in ihren Kundenstamm zu befürchten. Sie sehe außerdem die Gefahr der Preisgabe ihrer vermittelten Verkaufstechnik. Durch die ihm vermittelte Produktschulung und Verkaufstechnik sei er in der Lage dem Wettbewerber ihre Angebotssituation, ihre wirtschaftlichen Daten einschließlich ihrer Rabattgewährung zu eröffnen. Derartige Daten befänden sich im Leitfaden "Außendienst", in ihren Verkaufshilfen zur Umsatzförderung und Neu-Akquisition und in ihren Preislisten, die Rabattvorgaben enthielten. Letzteres werde über die Industriepreisliste deutlich. Über den zur Verfügung gestellten Laptop erhalte der Kläger als Außendienstmitarbeiter eine klare Übersicht über ihre Preisgestaltung, über Standardrabatte sowie Großrabatte. Dies alles bewerte sie als schützenswert. Deren Kenntnis sei für die Konkurrenz von Vorteil. Die Wettbewerbsabrede sei erforderlich, um ein Abwerben von Kunden zu verhindern. Durch die Ausgestaltung dieser Wettbewerbsvereinbarung werde das berufliche Fortkommen des Klägers nicht unbillig erschwert. Er sei durchaus weiterhin in der Lage, eine Außendiensttätigkeit fortzusetzen. Den in ihrem Interesse beschriebenen notwendigen Schutz könne sie nur über die Ausgrenzung von Firmen im Handelsbereich mit Befestigungstechnik erreichen. Betroffen seien hierdurch auch Firmen, die die Befestigungstechnik lediglich als Teil ihrer Gesamtleistung anböten. Völlig zu Recht belege sie das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit diesem Verbot. Entgegen den Hinweisen des Klägers kalkuliere sie nicht nach abgrenzbaren Gebieten; dies erfolge vielmehr einheitlich für das Bundesgebiet. Schließlich wehrt sich die Beklagte gegen ein Wahlrecht des Klägers. Bei einer eventuellen Überschreitung ihrer berechtigten Interessen, verweist sie auf die gesetzlich beschriebene geltungserhaltende Reduktion. Im § 74 a HGB sieht sie eine sondergesetzliche Ausnahmeregelung außerhalb der §§ 307 ff. BGB n. F.. Die gleiche Bewertung erfahre das Vertragsstrafenversprechen. § 309 Nr. 6 BGB n. F. habe § 75 c HGB nicht ersetzt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er bewertet die erhobene Feststellungsklage weiterhin als zulässig. Durch das Beharren der Beklagten auf Einhaltung der Wettbewerbsabrede sehe er sich daran gehindert, sein Vertragsverhältnis zu ihr zu beenden. Da ihm bei Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung eine zumutbare Verwertung seiner Arbeitskraft unmöglich sei, müsse ihm gerade unter dem Druck der drohenden Vertragsstrafe die gerichtliche Überprüfung der Verbindlichkeit, ja sogar der Rechtsunwirksamkeit dieser Wettbewerbsabrede möglich sein. Diese sei auch zumindest unverbindlich. Nach einer Beendigung der Zusammenarbeit mit der Beklagten sei es ihm nicht weiter möglich, wirtschaftlich sinnvoll zu arbeiten. Die von dieser inhaltlich vorgegebene Wettbewerbsvereinbarung beschreibe für ihn ein Berufsverbot. Die Beklagte versage ihm den Vertrieb von Artikeln, die sich bei Beendigung der Vertragsbeziehungen in ihrem Verkaufsprogramm befänden. Damit werde ihm jeglicher Kontakt zum Handwerksbereich untersagt. Hierin sehe er den Ausschluss einer berufsorientierten, fachbezogenen Tätigkeit. Er vertrete auch weiterhin die Auffassung, dass der Beklagten für diese Einschränkung jegliches berechtigtes Interesse fehle. Als "einzelner" Außendienstmitarbeiter sei er nicht in der Lage, in ihren Kundenstamm einzugreifen. Ihm sei es genauso wenig möglich, Kalkulationsgrundlagen weiterzugeben. Solche seien aus den Preislisten nicht herzuleiten. Die Beschränkung auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik sei unzulässig, zumal die Beklagte mit regionalen Preissystemen, also mit regional unterschiedlichen Preisuntergrenzen arbeite. Dieses Übermaßverbot bewirke den kompletten Wegfall des Wettbewerbsverbots. Diese Rechtsfolge beschreibe § 309 Nr. 6 BGB n. F.. Eine geltungserhaltende Reduktion auf ein zulässiges Verbotsmaß werde der Schuldrechtsmodernisierung nicht gerecht.

Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) statthafte, form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) hat Erfolg.

I.

Mit der Beklagten hat die erkennende Berufungskammer erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann Klage erhoben werden, wenn ein rechtliches Interesse daran besteht, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1 ZPO). Diese Voraussetzungen dürften nicht umfassend erfüllt sein. Dabei übersieht die erkennende Berufungskammer nicht, dass die Wettbewerbsvereinbarung im Sinne der §§ 74 ff. HGB durchaus ein Rechtsverhältnis im Sinne dieser Bestimmung ist. Fraglich ist jedoch, ob der Kläger zur Zeit ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Unverbindlichkeit bzw. Rechtsunwirksamkeit dieser Wettbewerbsvereinbarung hat. Ein rechtliches Interesse wäre erkennbar, sofern der rechtsschutzsuchende Kläger nicht nur abkehrwillig ist sondern auch darzustellen vermag, in welchem Produktbereich er zukünftig einer Außendiensttätigkeit nachgehen wird bzw. nachzugehen beabsichtigt. Nur dann kann festgestellt werden, ob der Kläger weiterhin in dem Handelszweig der Arbeitgeberin - hier der Beklagten - tätig ist und ob durch diese Tätigkeit ihre schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt werden. Deshalb wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass nicht schon im laufenden, ungekündigten Arbeitsverhältnis sondern frühestens mit Beginn des Verbotszeitraums auf Feststellung geklagt werden kann, dass das von der Arbeitgeberin vorformulierte Wettbewerbsverbot nicht verbindlich ist (ErfK/Schaub, 3. Auflage 2003, § 74 a HGB Rdnr. 13). Die gegenteilige vertretende Rechtsauffassung, die Unverbindlichkeit könne auch schon im bestehenden Arbeitsverhältnis geklärt werden (MK HGB/von Hoyningen-Huene, § 74 a Rdnr. 23), überzeugt nicht. Die Wettbewerbsvereinbarung kann frühestens dann Rechtswirkungen erzielen, sobald feststeht, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll und dass mit der weiteren beruflichen Tätigkeit des früheren Arbeitnehmers diese Wettbewerbsabrede überhaupt tangiert ist (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 3. Auflage Rdnr. 222). Hält der Arbeitnehmer die Wettbewerbsabrede für teilweise unverbindlich oder sogar für insgesamt nichtig, so kann er ohne weiteres eine entsprechende Konkurrenztätigkeit aufnehmen bzw. seinem frühen Arbeitgeber die neue Tätigkeit anzeigen und nunmehr die Rechtslage durch Erhebung einer Feststellungsklage klären lassen, sobald der Arbeitgeber das Recht zur Aufnahme dieser Tätigkeit bestreitet (Bauer/Diller a. a. O.). Obwohl der Kläger unbestritten darauf hingewiesen hat, die Beklagte um die Erteilung eines Zwischenzeugnisses gebeten zu haben, ist der Kläger auch für die erkennende Berufungskammer noch nicht abkehrwillig. Für ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 256 ZPO fehlt außerdem zumindest die Andeutung des zukünftigen Tätigkeitsbereichs.

Bedenken bezüglich eines beschriebenen Feststellungsinteresses bestehen auch deshalb, weil eine Rechtskraftwirkung der erwarteten Tenorierung nicht erkennbar ist. Die für ein notwendiges Feststellungsinteresse erforderliche Rechtskraftwirkung ist nur dann erkennbar, wenn die vorzunehmende Feststellung d. h. der begehrte Tenor für Folgeprozesse Rechtskraftwirkung entfalten kann. Dies ist gewährleistet, sobald festzustellen ist, dass die Außendiensttätigkeit z. B. für die Firma A. nicht verbotswidrig ist, folglich nicht dazu geeignet ist, eine Vertragsstrafe auszulösen. Rechtskraftwirkung tritt folglich nur für eine konkretisierte, zukünftige Tätigkeit ein. Deshalb ist eine abstrakte Entscheidung über die Verbindlichkeit/Unverbindlichkeit, ja sogar Rechtsunwirksamkeit des Wettbewerbsverbots im Rahmen des § 74 a HGB nicht möglich. Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO kann, wie angesprochen, nur erhoben werden, wenn der Arbeitnehmer sein Recht zur Aufnahme einer genau bestimmten, konkreten Tätigkeit festgestellt wissen will. Nur so lässt sich das Feststellungsinteresse an alsbaldiger Klärung eines konkreten Rechtsverhältnisses, hier: eines möglichen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvereinbarung, von der reinen Begutachtung einer Wettbewerbsvereinbarung durch das Gericht abgrenzen, auf die der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat (Bauer/Diller a. a. O.; RGRK HGB/Würdiger, § 74 a HGB Rdnr. 4; Heymann/Henssler, HGB, § 74 a Rdnr. 17; BAG, Urteil vom 02.02.1986 - 3 AZR 462/66 - AP Nr. 22 zu § 74 HGB). Der Kläger begehrt zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer eine allgemeine gutachtliche Bewertung. Er erwartet von der erkennenden Berufungskammer die abstrakte Überprüfung möglicher Handelsunternehmen, die nicht auf dem Gebiet der Befestigungstechnik tätig sind. Er will zudem festgestellt wissen, ob es auch Handelsunternehmen gibt, die nicht Handwerksbetriebe als Endverbraucher beliefern. Die erkennende Berufungskammer soll für ihn darüber hinaus abstrakt klären, ob eine Außendiensttätigkeit für Handelsunternehmen, die ausschließlich den Großhandel oder Baumärkte beliefern, von der Wettbewerbsvereinbarung erfasst wird. Um diese Frage zu beantworten müsste die erkennende Berufungskammer über Anfragen bei den Industrie- und Handelskammern herausarbeiten, ob in der Bundesrepublik derartige Handelsunternehmen oder Produktionsbetriebe mit vergleichbarem Außendienst tätig sind. Um diese Frage sachgerecht beantworten zu können, müsste die erkennende Berufungskammer abklären, welche Unternehmen auf diesem Fachgebiet überhaupt tätig sind. Dies ist nicht Aufgabe eines Gerichts.

Da der Umfang des Feststellungsinteresses durch § 74 a HGB vorgegeben ist, bestehen auch Bedenken zur Antragsfassung im Sinne des § 253 ZPO. Der zur Entscheidung gestellte Antrag ist zu global. Er enthält auch Tätigkeiten, die nicht vom Wettbewerbsverbot erfasst sind. Bei Unklarheiten zwischen den Vertragspartnern kann demzufolge über eine Feststellungsklage nicht allgemein die Auslegung einer Konkurrenzklausel verlangt werden. Vielmehr ist der Arbeitnehmer auch für die Antragsfassung gehalten, dem Arbeitgeber und dem Gericht eine bestimmte, geplante oder schon übernommene Tätigkeit zu benennen, um so mit der gebotenen Rechtsklarheit überprüfen zu können, ob diese Tätigkeit vom Verbot erfasst ist oder nicht (Preis, Der Arbeitsvertrag, 2002: nachvertragliches Wettbewerbsverbot, II W 10, Rdnr. 101; Grüll/Janert, Die Konkurrenzklausel, S. 41 u. 42; Röhsler/Borrmann, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 136; Heymann/Henssler a. a. O. Rdnr. 17; MK-HGB von Hoyningen-Huene, § 74 a Rdnr. 23; ErfK/Schaub a. a. O. Rdnr. 13; BAG a. a. O.). Da der Kläger nicht bereit war, seine für die Zukunft beabsichtigte Tätigkeit zu benennen sondern allgemein darauf hinwies, selbstverständlich im bekannten Aufgabenbereich bleiben zu wollen, bleiben Bedenken zur Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage zurück. Diese können nicht dadurch ausgeräumt werden, dass der erkennenden Berufungskammer eine eventuelle Rechtsverweigerung entgegengehalten wird. Das Gericht hat von verfassungswegen nicht den Auftrag, die Rechtswirksamkeit von Vertragsgestaltungen allgemein zu überprüfen. Dies ist die originäre Aufgabe der rechtsberatenden Berufe. Vom Gericht kann demzufolge nicht verlangt werden, spätere Entscheidungen des Arbeitnehmers für einen Arbeitsplatzwechsel vorzubereiten, um darüber letztlich sicherzustellen, dass kein Unterlassungsbegehren oder Schadenersatzbegehren des Arbeitgebers droht. Mit diesem Begehren verlangt der Kläger vom Gericht, sich an einer Erhebung zu beteiligen, in welchen Fachbereichen Außendiensttätigkeiten abverlangt werden und welche dieser Tätigkeiten noch erlaubt sind oder nicht. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, durch das Gericht aufgrund eigener Erhebungen beschreiben zu lassen, in welchem Umfang Unternehmensverbünde oder Unternehmenskooperationen bestehen, die als Konkurrenz der Beklagten zu kennzeichnen sind. Die Aufgabe des Gerichts kann nicht darin gesehen werden, an seiner Stelle eine schützende Warnfunktion zu erfüllen. Es ist die originäre Aufgabe des Klägers, diese Ermittlungen persönlich anzustellen und hierzu außerhalb des Gerichts Rechtsrat einzuholen. Aufgrund dieses Ergebnisses ist er sodann in der Lage, für die angedachte neue berufliche Perspektive eine Entscheidung zu treffen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Entgegen den Vorstellungen des Klägers sieht sich die erkennende Berufungskammer dazu außer Stande, die Unwirksamkeit d. h. völlige Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung z. B. aus den Gründen des § 74 Abs. 2 HGB i. V. m. § 138 BGB festzustellen. Da die Beklagte mit der Wettbewerbsvereinbarung eine Entschädigung versprochen hat, kann die Vereinbarung nur dann insgesamt unverbindlich sein, sobald die Mindestentschädigung des Abs. 2 nicht erreicht wird. Davon ist letztlich nicht auszugehen. Als Entschädigung wurden 50 % der zuletzt bezogenen Leistungen versprochen. Da der Kläger keine feststehende Vergütung erhält, sind seine hiergegen vorgetragenen Bedenken zunächst berechtigt. Dennoch führen diese Bedenken nicht zur allgemeinen Unverbindlichkeit. Gemäß Abschnitt 7 verweist die Wettbewerbsvereinbarung auf die Vorschriften des HGB, also auch auf § 74 b Abs. 2 HGB. Hier regelt das Gesetz die Berechnungsgrundlage für variable Vergütungsbestandteile wie Provisionen etc.. Die unter Abschnitt 2 angesprochenen 50 % der zuletzt bezogenen Leistungen geben bei Beachtung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB den Mindestentschädigungsumfang korrekt wieder (zur Auslegung: Preis, a. a. O. Rdnr. 101). Die Rechtsfolge des § 74 Abs. 2 HGB, also der absoluten Rechtsunwirksamkeit bzw. der relativen Unverbindlichkeit ist entgegen den Vorstellungen des Klägers so nicht festzustellen.

Die umfassende Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung kann entgegen den weiteren Vorstellungen des Klägers auch nicht über § 74 a HGB i. V. m. § 138 BGB hergeleitet werden. Anhaltspunkte für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 74 a Abs. 2 HGB hat der Kläger nicht vorgetragen. Allgemeine Gesichtspunkte für einen Verstoß gegen die guten Sitten oder für das Vorliegen der an den Wucher zu stellenden Anforderungen, hat der Kläger ebenso wenig dargestellt (§ 74 a Abs. 3 HGB). Nach seinem Vorbringen dürfte allenfalls eine partielle Unverbindlichkeit gemäß § 74 a Abs. 1 HGB festzustellen sein. Diese bewirkt jedoch nicht eine absolute Unverbindlichkeit im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB. Beide Tatbestände unterscheiden sich dadurch, dass § 74 a Abs. 1 HGB den "seltenen Fall" einer gesetzlich angeordneten sog. geltungserhaltenden Reduktion umschreibt. Mit der Formulierung "insoweit unbillig" wird von rechtswegen durch das Gericht das Wettbewerbsverbot auf das erlaubte Maß zurückgeführt. Dieses erlaubte Maß wird durch Auslegung im Sinne der §§ 133, 157 BGB ermittelt (Preis a. a. O. Rdnrn. 99 und 101; Schaub a. a. O. Rdnr. 10; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 10. Auflage § 58 Rdnrn. 61 und 53). Das Schuldrechtsreformgesetz hat diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand nicht aufgehoben. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mögen allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB n. F. sein, sobald sie bei einer Vielzahl von Abreden mit Mitarbeitern im Außendienst etc. in vorformulierter Form von der Beklagten als Verwenderin umgesetzt werden. Dennoch tritt die Rechtsfolge der §§ 307 bis 309 BGB n. F. nicht ein, sobald im gewissen Umfang die Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung festgestellt werden sollte. Es greift sinngemäß die Ausnahmeregelung des § 307 Abs. 3 BGB n. F.. Denn die Wettbewerbsvereinbarung setzt die gesetzlichen Bestimmungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot der §§ 74 ff. HGB um. Letztere enthalten auch vom früheren AGB-Recht abweichende Regelungen. Das frühere und heutige AGB-Recht greift auf diese sondergesetzliche Spezialregelung nur insoweit ein, als vorformulierte Wettbewerbsklauseln wie allgemeine Geschäftsbedingungen also z. B. wie § 307 BGB n. F. i. V. m. Artikel 239 § 5 Satz 1 EGBGB auszulegen sind. Im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der durch die Wettbewerbsvereinbarung Verpflichteten sind sie eng, d. h. eher zugunsten des betroffenen Arbeitnehmers auszulegen. Insoweit greift die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB n. F. (Preis a. a. O. Rdnr. 103). Die Verbindlichkeit bzw. Unverbindlichkeit einer Wettbewerbsvereinbarung bleibt damit Rechtsfolge der eigenständigen Wirksamkeitskontrolle gemäß den §§ 74 ff. HGB. Dabei bildet § 74 a HGB einen Anwendungsfall der gesetzlichen Inhaltskontrolle (Preis a. a. O. Rdnr. 98 und Preis, Vertragsgestaltung, § 18 II. 4 c).

Diese Rechtskontrolle erfährt auch die Verabredung der Vertragsstrafe gemäß § 75 c HGB. Das Vertragsstrafenversprechen gemäß Abschnitt 5 der Wettbewerbsvereinbarung unterliegt keiner Beschränkung gemäß § 309 Nr. 6 BGB n. F.. Sollte die seitens der Beklagten einseitig festgelegte Vertragsstrafe unangemessen hoch sein, so ist diese gemäß den §§ 343 BGB, 75 c Abs. 1 Satz 2 HGB angemessen herabzusetzen. Die Nichtigkeitsfolge des §307 Abs. 1 BGB n. F. greift entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung nicht; diese bleibt auf die Tatbestandsmerkmale des § 309 Nr. 6 BGB n. F. begrenzt (LAG Hamm, Urteil vom 24.01.2003 - 10 Sa 1158/02 - EzA-Schnelldienst Nr. 6/2003 Seite 7 ff.; Bauer/Diller, Nachvertragliche Wettbewerbsverbote: Änderung durch die Schuldrechtsreform?, NJW 2002, 1609 ff. (1614)).

2. Entgegen der Bewertung des angefochtenen Urteils und der seitens des Klägers geäußerten Rechtsauffassung ist zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer die Wettbewerbsvereinbarung nicht unverbindlich im Sinne des § 74 a Abs. 1 HGB. Dem Kläger bleibt noch ein Mindestmaß an Bewegungsfreiheit nach einem vermeintlichen Vertragsende (zu den diesbezüglichen Anforderungen: Preis, Der Arbeitsvertrag 2002, II W 10 Rdnrn. 90 ff.).

a) Die Wettbewerbsabrede dient dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der Beklagten. Entgegen seinen Einschätzungen ist der Kläger zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer durchaus dazu in der Lage, mit der Aufnahme einer vergleichbaren Außendiensttätigkeit in Betriebsgeheimnisse und in den Kunden-/Lieferantenkreis der Beklagten einzugreifen. Trotz seiner gegenteiligen Argumentation hat der Kläger zur Annahme dieser Voraussetzung konsequent vorgetragen. Er hat nämlich immer wieder auf seine erworbenen Kenntnisse des Kundenkreises der Beklagten abgestellt. Auch hat er seine besonderen Kenntnisse in der Befestigungstechnik herausgestellt. Über den Vertrieb dieser Produkte kennt er auch die Preisgestaltung der Beklagten, insbesondere deren Rabattgewährung.

Mit der Übernahme einer vergleichbaren Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen wäre der Kläger in der Lage, diese Kenntnisse für dieses neue Unternehmen vorteilhaft umzusetzen und dieser einen entsprechenden Vorteil zu verschaffen. Er wäre in der Lage Kunden abzuwerben. Es wäre ihm durchaus möglich, die Vorteile des neuen Produktes zu vermitteln und aufgrund der von ihm aufgebauten persönlichen Beziehungen mittels Preiskampfes zum Nachteil der Beklagten frühere Kunden zum neuen Arbeitgeber herüberzuziehen. Da die Beklagte die bestehende Konkurrenz trotz ihres Marktanteils befürchten muss, hat sie ein berechtigtes Interesse daran, sich vor einer "unzulässigen" Stärkung dieser Konkurrenz zu schützen. Damit soll nicht nur verhindert werden, dass die Konkurrenz in irgendeiner Form gestärkt wird. Es soll vielmehr ausgeschlossen werden, dass der Kläger über einen Wechsel zur Konkurrenz Geschäftsgeheimnisse weitergibt. Sich in dieser Form vor derartigen Nachteilen zu schützen, steht der Beklagten ein berechtigtes Interesse zu (zur Problematik des berechtigten Interesses: BAG, Urteil vom 01.08.1995 - 9 AZR 884/93 - NZA 1996, 310 ff. = EzA § 74 a HGB Nr. 13 = AP Nr. 5 zu § 74 a HGB; Ensthaler/Etzel, GK zum HGB, §§ 74 ff. HGB Rdnr. 48; MK HGB/von Hoyningen-Huene § 74 a Rdnr. 9).

b) Die Wettbewerbsabrede erschwert den Kläger nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen. Dem Kläger wurde hierdurch kein Berufsverbot auferlegt. Er wird nicht gezwungen, den Beruf des Außendienstmitarbeiters gänzlich aufzugeben. Ihm verbleibt vielmehr noch ein Mindestmaß an Bewegungsfreiheit.

Dass sich das Verbot auf das Gebiet der Bundesrepublik erstreckt, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist bundesweit tätig. Sie wendet eine einheitliche Vertriebspolitik an. Sie legt ihrer Preisgestaltung eine einheitliche Kalkulation zugrunde, bei der möglicherweise örtliche oder lokale Besonderheiten Berücksichtigung finden. Mit einem Konkurrenzunternehmen könnte der Kläger der Beklagten sowohl in Nordrhein-Westfalen, seinem Einsatzgebiet, aber auch in Bayern oder Niedersachsen sowie im Saarland Konkurrenz betreiben und in den dort bestehenden Markt einbrechen (zur Ausdehnung des Wettbewerbsverbots auf das gesamte Bundesgebiet: BAG Urteil vom 02.02.1986 - 3 AZR 462/66 - a. a. O.; Preis, Der Arbeitsvertrag, a. a. O. Rdnr. 145; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch a. a. O. § 58 Rdnr. 66; Ensthaler/Etzel, GK zum HGB a. a. O. Rdnr. 51). Die zum Teil in der Literatur vertretene Auffassung, eine Sperrung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland komme nur für wenige hervorragende Arbeitnehmer in Betracht, die bei bundesweit tätigen Spezialunternehmen arbeiten (MK HGB/von Hoyningen-Huene a. a. O. Nr. 11) überzeugt nicht. Nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer ist nachzufragen, in welchem örtlichen Bereich der frühere Arbeitnehmer in den Kundenkreis der früheren Arbeitgeberin im Interesse Dritter eindringen kann. Dies ist bei einem bundesweit tätigen Handelsunternehmen im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland möglich. Der angesprochene Handwerksbereich ist flächendeckend angesiedelt. Dieser benötigt die Befestigungstechnik. Die Verkaufsstrategie ist in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland gleich. Der Kläger wäre folglich in der Lage, in jedem anderen Bundesland den Kundenkreis der Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen anzusprechen und unter Ausnutzung der Betriebsgeheimnisse für den neuen Arbeitgeber zu gewinnen.

Die Zeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist ebenso wenig zu beanstanden. Sie beschreibt die Hälfte des gesetzlich zulässigen Zeitrahmens. Gerade hierüber nimmt die Beklagte Rücksicht auf die beruflichen Interessen des Klägers. Dieser dürfte in dieser Zeit weder die erworbenen Materialkenntnisse noch die vermittelte Verkaufstechnik verlernt haben. Außerdem schreitet die technische Entwicklung auf diesem Fachgebiet nicht derart schnell fort, so dass er ein eventuell auftretendes Wissensdefizit nicht nachholen könnte. Über die neuen Medien (z. B.: Internet) ist der Kläger durchaus in der Lage, seine fachspezifischen Kenntnisse zu erhalten.

Die untersagte Beteiligungsform ist genauso wenig zu beanstanden. Dies betrifft vorrangig die selbständige Tätigkeit als Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB oder eine unselbständige Tätigkeit als abhängiger Außendienstmitarbeiter bzw. sogenannter Einfirmenvertreter im Sinne des § 84 Abs. 2 HGB sowie die Tätigkeit als Handelsvertreter im Nebenberuf gemäß § 92 b HGB. Diese Einschränkung ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es im Rahmen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots durchaus gestattet ist, dem früheren Arbeitnehmer jegliche Tätigkeit für Konkurrenten zum Vertrieb der früheren Artikel zu untersagen (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch a. a. O. § 58 Rdnr. 64). Genauso wenig zu beanstanden ist das Verbot, ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran finanziell zu beteiligen. Auch eine derartige wirtschaftliche Betätigung würde die höherrangigen Interessen der Beklagten unzulässig beeinträchtigen. Als finanzielle Beteiligungen sind denkbar der Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder die Einbringung als stiller Gesellschafter. Hierüber wird aber auch angesprochen die Gewährung einer Bürgschaft bzw. eines Darlehens; letzteres gegebenenfalls zur treuhänderischen Verwaltung. Allenfalls die Gewährung eines Darlehens könnte einer angemessenen Reduktion unterliegen, solange hierüber eine wirtschaftliche Mächtigkeit im Unternehmen nicht festzustellen ist (Bauer/Diller a. a. O. Rdnr. 128 b; Schaub/Konzen/Weber, HGB, § 74 Rdnr. 10; Ensthaler/Etzel a. a. O.: Die notwendige Mächtigkeit kann möglicherweise erst bei einer Einlage von mindestens 10 % des gesamten Gesellschaftsvermögens unterstellt werden). Erfasst wird hierdurch schließlich eine fortgesetzte unentgeltliche Tätigkeit oder das Vorschieben von Strohmännern.

Schließlich ist auch der Gegenstand des Verbots nicht zu beanstanden. Berechtigt stellt die Wettbewerbsabrede auf den Vertrieb derjeniger Artikel ab, die die Beklagte bei Beendigung des Arbeitsvertrages in ihrem Verkaufsprogramm hat und - so müsste wohl einschränkend formuliert werden - über die gewohnte Vertriebsform an Endverbraucher wie Handwerksbetriebe verkauft. Der Kreis der Wettbewerbsunternehmen unterliegt ebenso wenig den vom Kläger geäußerten Bedenken. Denn es ist durchaus zulässig auch unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote zu vereinbaren. Hierüber würde die Beklagte auch vor der indirekten Unterstützung sogenannter Wettbewerbs-Verbundunternehmen geschützt.

III.

Da zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer weder das Rechtsschutzinteresse des Klägers an alsbaldiger Feststellung erkennbar ist noch hinreichende Gesichtspunkte für eine Unverbindlichkeit der Wettbewerbsvereinbarung vorgetragen wurden, war die vor dem Arbeitsgericht Bochum erhobene Feststellungsklage zumindest unbegründet. Auf die Berufung der Beklagten war das entgegenstehende Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abzuändern und die Klage abzuweisen. Durch die zur Beurteilung aufgeworfenen Rechtsfragen kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu, so dass die Revision ausdrücklich gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen war.

Ende der Entscheidung

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