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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.07.2002
Aktenzeichen: 7 Sa 669/02
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 624
BGB § 622
HGB § 60 Abs. 1
Der Arbeitnehmer kann das Kündigungsrecht des § 624 BGB nach Ablauf von 5 Jahren jederzeit ausüben. Eine Verwirkung dieses Rechts tritt nicht ein. Auf dieses Recht kann der Arbeitnehmer jedoch verzichten. In diesem Fall ist er für weitere fünf Jahre gebunden; sein Recht zur ordentlichen Kündigung ist ausgeschlossen. Für diese Zeit bleibt ihm nur noch das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 7 Sa 669/02

Verkündet am: 26.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 26.07.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schulte sowie die ehrenamtlichen Richter Basista und Rolke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.01.2002 - 3 Ca 1278/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigungen des Beklagten vom 23.07.2001 und 24.08.2001 mit dem 30.09.2001 bzw. 31.01.2002 beendet worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, das seit 1978 bestehende Arbeitsverhältnis mit gesetzlicher Kündigungsfrist aufzulösen und andererseits verpflichtet werden kann, u. a. jegliche Tätigkeit für die Firma v1x d7x V2x G1xx & Co. KG mit Sitz in D4xxxxxx zu unterlassen.

Der 48-jährige Beklagte ist D5xxxx-Kaufmann und Zahntechniker. Zum 01.08.1978 hat er zur Klägerin bzw. zu deren Rechtsvorgängerin ein Anstellungsverhältnis als Außendienstmitarbeiter begründet. Die Klägerin betreibt ein D5xxxx-Depot. Sie liefert sämtliche für den zahnärztlichen Bereich bestimmte Ausrüstungs-, Einrichtungs- und Verbrauchsgegenstände. Ihr Einzugsbereich erfasst einen Radius von 50 km um ihren Betriebssitz H3xxxxx. Im Außendienst ist der Beklagte verpflichtet, im Interesse der Klägerin die vorhandenen Kunden zu betreuen und neue Kunden zu akquirieren.

Am 02.10.1989 haben die Parteien ihre Vertragsbeziehungen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt. Die Klägerin erteilte dem Beklagten aufgrund ihrer Absicht, ihn in den Kreis der erweiterten Geschäftsleitung aufzunehmen, (Gesamt-) Prokura. Für seine verbleibende Vermittlungs- und Verkaufstätigkeit sagte sie ihm ein monatliches Fixum von 2.000,00 DM brutto zuzüglich 3 %-iger Provision auf die tatsächlich bei der Gesellschaft eingegangenen Verkaufserlöse aus dem von ihm betreuten Kundenkreis zu. Mit § 4 dieses Vertrages verabredeten die Parteien eine zunächst bis 31.12.1999 andauernde feste Vertragszeit. Diese sollte sich um jeweils zwei weitere Jahre verlängern, sobald nicht mindestens 12 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wurde. Die erstmalige Kündigungsmöglichkeit wurde von den Parteien für spätestens 31.12.1998 beschrieben. Der Anstellungsvertrag sollte auf jeden Fall mit Ablauf des Monats enden, in dem der Beklagte das 65. Lebensjahr vollendet hat. Zur Bewältigung seiner Außendiensttätigkeit stellte die Klägerin dem Beklagten ein Fahrzeug zur Verfügung, das dieser auch privat nutzen durfte. Mit § 11 dieses Vertrages haben die Parteien ergänzend festgestellt, dass der Beklagte zum Kreis der leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG gehöre. Dieser Vertrag wurde von keiner Vertragspartei aufgekündigt. Die Parteien haben vielmehr am 15.11.1999 eine ergänzende Abrede hierzu getroffen und den Vertrag vom 02.10.1998 über den 01.01.2000 hinausgehend für weitere 10 Jahre, also bis zum 31.12.2010 fest geschlossen. Die erstmalige Kündigungsmöglichkeit in diesen neuen 10 Jahres-Zeitraum wurde auf spätestens 31.12.2009 festgelegt. Aus Anlass dieser erneuten Bindung erteilte die Klägerin dem Beklagten Einzelprokura, die allerdings noch nicht in das Handelsregister eingetragen wurde.

Der Beklagte, der in den letzten drei Jahren ein Jahreseinkommen von 121.682,86 DM (1999), von 132.353,64 DM (2000) und von 116.929,46 DM (2001) erzielte, kündigte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin am 23.07. und am 24.08.2001 unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2001 auf. Zum 01.09.2001 begründete er ein Anstellungsverhältnis zur v1x d7x V2x D5xxxx GmbH & Co. KG mit Sitz in D4xxxxxx. Diese hatte zuvor in H3xxxxx eine Filiale für O2xxxxxxxxxx eröffnet. An diese Firma hat er sich für einen Zeitraum von drei Jahren gebunden. Geschuldet ist auch hier eine Tätigkeit im Außendienst. Entgegen der hierdurch aufgezeigten Absicht wurde dieser Vertrag nach den Angaben des Beklagten noch nicht realisiert.

Da die Klägerin von Anfang an die Auffassung vertrat, die Kündigungen des Beklagten könnten das Vertragsverhältnis frühestens zum 30.06.2005 gestalten, verfolgt sie mit der beim Arbeitsgericht Herford am 11.09.2001 erhobenen Klage das Ziel, feststellen zu lassen, dass eine frühere Beendigung ausgeschlossen ist und dem Beklagten zu Untersagen, für Wettbewerber - insbesondere für die Konkurrentin v1x d7x V2x GmbH & Co. KG - tätig zu werden. Obwohl der Beklagte anderer Auffassung ist, hat er im einstweiligen Verfügungsverfahren - 3 Ga 24/01 ArbG Herford - erklärt, bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Hauptsacheverfahrens ausschließlich für die Klägerin tätig zu sein. Eine zwischenzeitlich erklärte fristlose Kündigung hatte er wieder zurückgenommen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, nicht im Sinne des § 624 BGB gebunden zu sein. Mit der Abrede vom 15.11.1999 habe sich ausschließlich die Klägerin zu seinen Gunsten binden wollen. Ihm sei zugleich zugesichert worden, jeder Zeit unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen zu können. Als Rechtsgrundlage hierfür sieht er u. a. den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Bedingt durch erhebliche Veränderungen in der sogenannten Depot-Landschaft bewertet er die Klägerin nicht mehr als wettbewerbsfähig. Dies wirke sich zukünftig negativ auf sein Provisionseinkommen aus. Diese Einschätzung nehme er nicht allein vor. Ansonsten hätten nicht zwei Außendienstmitarbeiter und ein Servicetechniker gekündigt.

Mit Urteil vom 16.01.2002 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Bezüglich der rechtlichen Bewertung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Im Wege der Widerklage begehrt er die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien spätestens zum 31.01.2002 beendet worden ist. Er greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Hierbei kritisiert er zunächst die unterbliebene Parteivernehmung des Geschäftsführers M2xxx zur behaupteten Zusicherung einer ausschließlich einseitigen Bindung der Klägerin. Zum anderen beanstandet er die Bewertung zur Geschäftsgrundlage und deren Wegfalls. Er sieht den völligen Verlust einer Wettbewerbsfähigkeit. Dies zeige der Einbruch seines Provisionsanspruchs im Februar 2002 auf unter 50 % auf. Den Grund hierfür sieht er ausschließlich in der Tatsache, dass der Lieferant K2xx den Liefervertrag zum 31.12.2001 aufgekündigt habe. Dieser Lieferant habe nach seinen Angaben einen Marktanteil von 30 %; im Hand- und Winkelstückbereich sogar von mehr als 70 %. Ein weiterer Lieferant, die S4xxxx D5xxxx beabsichtige die Aufkündigung des Liefervertrages zum 30.09.2002. Deshalb seien Folgeaufträge in Gefahr. Produkte der K2xx seien von der Klägerin überhaupt nicht mehr lieferbar. Dies alles mache deutlich, dass ihm ein Festhalten an dem Vertrag zur Klägerin nicht mehr zumutbar sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch seine Kündigungen spätestens am 31.01.2002 geendet hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Sie bewertet die Widerklage als unzulässig und verteidigt im Übrigen das angefochtene Urteil.

Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zur Klägerin am 19.02. und 17.06.2002 fristlos aufgekündigt. Die Rechtswirksamkeit dieser Kündigungen lässt die Klägerin im Verfahren 3 Ca 299/02 Arbeitsgericht Herford überprüfen. Die Klägerin hat zum 01.06.2002 ihre Service- und Technikleistung ausgegliedert. Diese Leistungen werden inzwischen angeboten durch die D6x D5xxxx-S3xxxxx-C1xxxx GmbH, die fünf frühere Mitarbeiter der Klägerin beschäftigt.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Auch die Widerklage ist unbegründet.

I.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien konnte weder zum 30.09.2001 noch zum 31.01.2002 beendet werden. Dem Beklagten war aus den Gründen des § 624 BGB eine ordentliche Kündigung zu diesen Zeitpunkten verwehrt.

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig (§ 256 ZPO). Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, feststellen zu lassen, dass die Kündigungen des Beklagten das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum gewünschten Zeitpunkt beendet haben. Da der Fortbestand des Vertragsverhältnisses ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO beschreibt und der Beklagte der Klägerin äußerst zurückhaltend zugesichert hat, zumindest bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens nur für sie tätig zu sein, hat sie auch ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Fortbestandes dieses Vertragsverhältnisses. Dieses Interesse an alsbaldiger Feststellung ist auch dadurch begründet, dass der Beklagte Vertragsbeziehungen zur Konkurrentin aufgenommen hat und beabsichtigt, zu ihr ab sofort in Wettbewerb zu treten (zu vergleichbarer Problematik: BAG, Urteil vom 19.12.1991 - 2 AZR 363/91 - AP Nr. 2 zu § 624 BGB).

2. Diese Feststellungsklage ist auch dem Grunde nach begründet.

a) Der Beklagte kann sich nicht auf sein allgemeines gesetzliches Kündigungsrecht aus § 622 Abs. 1 BGB berufen; dies auch nicht in Verbindung mit § 7 Abs. 4 MTV Groß- und Außenhandel. Die Parteien haben kein befristetes Arbeitsverhältnis begründet. Ein solches unterscheidet sich vom unbefristeten Arbeitsverhältnis im Wesentlichen dadurch, dass der Beendigungszeitpunkt von vornherein festgelegt wird und es zur Beendigung der Vertragsbeziehungen nicht des Kündigungsausspruchs bedarf. Das befristete Vertragsverhältnis endet automatisch wie vorgesehen (§ 620 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 1 TzBfG). Abweichend zur entsprechenden gesetzlichen Regelung haben die Parteien am 15.11.1999 - wie zuvor schon am 02.10.1989 - die vertragliche Zusammenarbeit für einen Zeitraum von jeweils 10 Jahren fest vereinbart. Mit Ablauf dieses Zeitraums sollte das Vertragsverhältnis nicht etwa automatisch enden. Dieses Ergebnis konnte nur mittels Kündigung erreicht werden, die spätestens zum 31.12.2009 erklärt werden musste. Da der Vertrag von einer erstmaligen Kündigungsmöglichkeit ausgeht, haben die Parteien für den davor liegenden Zeitraum beiderseits das Recht der ordentlichen Kündigung ausgeschlossen. Dass eine derartige Vertragsgestaltung von der Rechtsordnung getragen wird, beschreibt § 624 BGB. Dass für diesen Zeitraum nicht nur die Klägerin sondern auch der Beklagte auf das ordentliche Kündigungsrecht verzichtet hat, wurde durch die Erörterung in der Berufungsverhandlung deutlich. Der Beklagte musste schließlich einsehen, dass der Vertragstext insoweit eindeutig ist. Dieser beschreibt für beide Parteien die erstmalige Kündigungsmöglichkeit zum 31.12.2010. Eine hiervon abweichende Zusage wurde dem Beklagten nicht gegeben. Nach seiner Einlassung hat ihm der Geschäftsführer M2xxx nicht zugesichert, der Vertrag regele ausschließlich ein Kündigungsverbot der Klägerin. Er hat ihm lediglich zu verstehen gegeben, dass er mit dieser Regelung "auf der sicheren Seite sei". Falls die Firma verkauft würde, könne der Übernehmer ihm nicht kündigen. Bei diesem Sachvortrag war es dem Gericht verwehrt, die angeregte Parteivernehmung gemäß den §§ 445 ff. ZPO durchzuführen. Die mit der Berufungsbegründung vorgetragene Kritik an der vergleichbaren Bewertung im angefochtenen Urteil ist folglich unangebracht. Die erkennende Berufungskammer ist auch nicht verpflichtet, sich mit der Abgrenzung zwischen einer Täuschung bei Abschluss des Arbeitsvertrages über einzelne Inhalte und einer über den schriftlichen Vertragstext hinausgehenden mündlichen Abrede zu befassen.

b) Die Kündigungen des Beklagten sind deshalb nicht geeignet, das Vertragsverhältnis der Parteien zum 30.09.2001 bzw. 31.01.2002 zu beenden, zumal der Beklagte auf dieses Recht wirksam verzichtet hat. Die ordentliche Beendigung der am 15.11.1999 verabredeten Ergänzungsvereinbarung ist frühestens zum 30.06.2005 möglich. So will es § 624 BGB. Die vom angefochtenen Urteil zitierte Rechtsprechung und Literatur bewertet die verfrüht erklärte Kündigung nicht als rechtsunwirksam. Vielmehr geht man übereinstimmend davon aus, dass die einzuhaltende 6-monatige Kündigungsfrist des § 624 Satz 2 BGB erst mit Ablauf der ersten fünf Vertragsjahre beginnt. Der Beklagte kann demnach nicht damit gehört werden, diese Kündigungsfrist habe schon mit Zugang der ersten Kündigung begonnen, so dass das Vertragsverhältnis am 31.01.2002 beendet worden sei. Auf dieses Recht hat er mit der Vertragsabrede vom 15.11.1999 verzichtet. Innerhalb der ersten 10-jährigen Bindung war für den Beklagten nach Ablauf der ersten fünf Jahre das Kündigungsrecht ermöglicht. Dieses Recht bestand auch noch am 15.11.1999. Es kann, nachdem es entstanden ist, jederzeit ausgeübt werden. Eine Verwirkung dieses Rechts tritt nicht ein (KR-Fischermeier, § 624 BGB Rdnr. 28 mit weiteren Nachweisen). Dieses Recht bestand jedoch nicht mehr am 23.07.2001. Mit der ergänzenden Abrede vom 15.11.1999 hat er auf dieses Kündigungsrecht für die kommenden fünf Jahre, beginnend mit dem 01.01.2000, verzichtet. In dieser Bewertung stimmt die erkennende Berufungskammer mit dem angefochtenen Urteil überein. Ein derartiger Verzicht ist wirksam (ErfK. Müller/Glöge § 624 BGB Rdnr. 15; KR-Fischermeier, § 26 BGB Rdnr. 28; MK-Schwerdtner § 624 BGB Rdnr. 15).

c) Obwohl der Beklagte mit seiner Kündigung vom 23.07.2001 die gewünschte Rechtsfolge nicht vor dem 30.06.2005 erreichen konnte, war eine uneingeschränkte Tenorierung entsprechend dem Klagebegehren der Klägerin nicht zulässig. Dem Beklagten steht in der Zwischenzeit das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund zu. Dieses Recht ist ihm durch § 624 BGB nicht genommen; es ist unverzichtbar. Dieses Recht hat er in 2001 nicht ausgeübt. Der Beklagte hat von Anfang an "fristgerecht zum 30.09.2001" gekündigt. Darin lag nicht zugleich eine Kündigung aus wichtigem Grund mit Auslauffrist. Eine nachträgliche Umdeutung gemäß § 140 BGB wiederspräche dem Recht der Willenserklärung. Diese ist nämlich so auszulegen, wie sie vom Empfängerhorizont betrachtet verstanden werden musste. Dieses Recht hat er allerdings zwischenzeitlich zweimal ausgeübt. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien über den 19.02.2002 hinausgehend kann nur festgestellt werden, sobald feststeht, dass sich der Beklagte nicht auf einen wichtigen Grund beruft (§ 626 Abs. 1 BGB). Trotz der Erörterungen im Termin zur Berufungsverhandlung ist es der erkennenden Berufungskammer verwehrt, diese Rechtsfrage vorweg zu prüfen. Dem steht die Rechtshängigkeit der Feststellungsklage 3 Ca 299/02 Arbeitsgericht Herford entgegen. Aus rein prozessualen Gründen war demzufolge die weitergehende Feststellungsklage der Klägerin abzuweisen. Entgegen ihren Vorstellungen durfte der Beklagte nicht auf die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage verwiesen werden.

II.

Die Klage ist auch bezüglich der Anträge zu 2) und 3) unbegründet. Dem Beklagten ist es selbstverständlich aus den Gründen des § 60 HGB untersagt, im bestehenden Arbeitsverhältnis mit seiner Arbeitgeberin, der Klägerin in Wettbewerb zu treten. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist es ihm folglich untersagt, einer Tätigkeit für die Konkurrentin v1x d7x V2x GmbH & Co. KG nachzugehen. Eine Zuwiderhandlung könnte auch mit einem Ordnungsgeld oder mit Ordnungshaft geahndet werden (§ 890 ZPO). Dennoch ist zur Zeit die begehrte Verurteilung ausgeschlossen. Es wurde noch nicht festgestellt, dass beide fristlosen Kündigungen rechtsunwirksam sind und das Arbeitsverhältnis über den 17.06.2002 hinaus fortbesteht. Aus den oben beschriebenen Gründen war es der erkennenden Berufungskammer verwehrt, eine möglicherweise offensichtliche Rechtsunwirksamkeit der ersten Kündigung zu überprüfen.

III.

Aus den vorstehenden Gründen war die an sich zulässige Berufung des Beklagten nur eingeschränkt erfolgreich. Die gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zulässige Widerklage war jedoch unbegründet.

Die Kosten des Rechtsstreits waren auf die Parteien zu gleichen Anteilen zu verteilen (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Die Revision war nicht ausdrücklich zuzulassen; der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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