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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: 7 Ta 90/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen den Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 01.02.2007 - 3 Ca 765/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 8.094,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Gläubiger ist seit Jahren bei den Schuldnern als einer von zwei Messtruppführern im Außendienst tätig. Aufgrund aus ihrer Sicht anhaltend schlechter Auftragslage haben die Schuldner die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Außendienst auf einen Messtrupp zu reduzieren. Hierauf beruht die Aufkündigung des mit dem Gläubiger bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Mit Urteil vom 16.11.2006 hat das Arbeitsgericht Detmold festgestellt, dass die Kündigung der Schuldner vom 29.06.2006 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.01.2007 beendet. Zur Überzeugung des Gerichts sei es den Schuldnern nicht gelungen, die behauptete unternehmerische Entscheidung nachvollziehbar darzulegen. Aus diesem Grunde hat es die Schuldner dazu verpflichtet, den Gläubiger über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 3 Ca 765/06 als Vermessungsingenieur zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Dieses Urteil wurde den Schuldnern am 21.11.2006 zugestellt und am 11.12.2006 zu Gunsten des Gläubigers für vollstreckbar erklärt. Gegen dieses Urteil wehren sich die Schuldner mit ihrer Berufung (2 Sa 1979/06 LAG Hamm). Da die Schuldner ihm gegenüber außergerichtlich zum Ausdruck gebracht haben, ihn nicht weiterbeschäftigen zu können und zu wollen, hat der Gläubiger am 10.01.2007 die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt, um seinen titulierten Beschäftigungsanspruch zu erzwingen. Im Rahmen ihrer Anhörung haben die Schuldner darauf hingewiesen, dieser Beschäftigungspflicht nicht nachkommen zu können. Angesichts ihrer unternehmerischen Entscheidung, den Außendienst auf einen Messtrupp zu reduzieren, sei der Arbeitsplatz des Gläubigers endgültig entfallen. Ihnen sei seine Beschäftigung demzufolge unmöglich geworden. Zur weiteren Unterstützung ihres Vorbringens haben sie auf ihre Berufungsbegründung verwiesen.

Mit Beschluss vom 01.02.2007 hat das Arbeitsgericht Detmold gegen die Schuldner ein Zwangsgeld i. H. v. 10.000,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die vom Gläubiger begehrte Zwangsvollstreckung sei nur dann unzulässig, sobald feststehe, dass der Gläubiger nicht mehr entsprechend seinem Arbeitsauftrag beschäftigt werden könne, weil z. B. durch eine Betriebs- oder Teilbetriebsstilllegung sein Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen sei. Hierfür sei entscheidend, dass seiner Beschäftigung objektive Hindernisse, die von den Schuldnern als Arbeitgeber nicht beeinflusst werden könnten, entgegenstünden (z. B.: Beschäftigungsverbot, Hausverbot). Dies sei von den Schuldnern nicht glaubhaft gemacht worden. Die Bezugnahme auf die Berufungsbegründung genüge hierfür nicht. Ihre Behauptung, der Arbeitsplatz des Gläubigers sei dauerhaft weggefallen, deshalb sei seine Beschäftigung nicht mehr möglich, sei zudem als materiell-rechtlicher Einwand einzuordnen. Hierüber werde nicht die Art und Weise der Zwangsvollstreckung angesprochen.

Gegen diesen, ihnen am 02.02.2007 zugestellten, vorgetragenen und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss, richtet sich ihre beim Landesarbeitsgericht am 12.02.2007 eingegangene sofortige Beschwerde. Sie bitten um Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses und Zurückweisung des Gesuchs des Gläubigers. Zur Begründung verweisen sie erneut auf die aus ihrer Sicht unzulässige Zwangsvollstreckung hin. Sie bewerten weiterhin das Beschäftigungsverlangen des Gläubigers als objektiv unmöglich. Durch ihre unternehmerische Entscheidung sei sein Arbeitsplatz als Messtruppführer endgültig entfallen. Dies sei im Vollstreckungsverfahren zu beachten. Es handele sich hierbei nicht um eine rein materiell-rechtliche Frage, die ausschließlich im Hauptsacheverfahren angesprochen und überprüft werden könne. Mit ihrer Entscheidung hätten sie den Beschäftigungsbedarf der Arbeitsmenge angepasst. Da ein weiterer Auftragsrückgang zu verzeichnen sei stehe aus ihrer Sicht fest, dass der Arbeitsplatz des Gläubigers endgültig auf Dauer weggefallen sei. Trotz des zu seinen Gunsten ergangenen Vollstreckungstitels sei ihnen demzufolge seine Beschäftigung nicht mehr möglich.

Die Schuldner beantragen deshalb,

den Zwangsgeldbeschluss vom 01.02.2007 aufzuheben und den Antrag des Gläubigers vom 10.01.2007 zurückzuweisen.

Der Gläubiger beantragt,

die sofortige Beschwerde der Schuldner zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und wehrt sich erneut gegen den Einwand einer objektiven Unmöglichkeit.

Die sofortige Beschwerde der Schuldner ist zwar statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt, §§ 793, 567, 569 ZPO, §§ 62 Abs. 2, 78 ArbGG. Die mithin zulässige sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Gegen die Schuldner wurde zu Recht ein Zwangsgeld auf der Grundlage des § 888 ZPO festgesetzt, zu mal sie ihrer titulierten Verpflichtung, den Gläubiger zu den bisherigen Bedingungen als Messtruppführer im Außendienst weiterzubeschäftigen, nicht nachgekommen sind.

Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind gegeben. Die Schuldner haben es versäumt, mit Einlegung und Begründung der Berufung die Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG zumindest einstweilen einstellen zu lassen. Die Zwangsvollstreckung ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig. Der vom Gläubiger am 16.11.2006 erlangte Titel ist vollstreckungsfähig. Mit Ziff. 2 des Tenors wird die Verpflichtung der Schuldner eindeutig bestimmt. Die Schuldner können auch nicht mit dem Einwand gehört werden, ihnen sei die Weiterbeschäftigung des Gläubigers unmöglich geworden. Bei Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung ist die Zwangsvollstreckung zwar unzulässig. Eine Zwangsvollstreckung kann nämlich nur dann erfolgen, wenn die Vornahme der ausgeurteilten Handlung im Zeitpunkt der Vollstreckung ausschließlich vom Willen der Schuldner abhängt. Die Schuldner müssen sich also in der Lage befinden, in der sie nur zu wollen brauchen, um die von ihnen geforderte Handlung vorzunehmen. Daran fehlt es, wenn die geschuldete Handlung objektiv nicht mehr möglich ist; wenn also der ernstlich gewollten Vornahme der Handlung unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (LAG Hamm vom 29.11.1985, LAGE § 888 ZPO Nr. 5; LAG Hamm vom 15.02.1991, LAGE § 888 ZPO Nr. 22). Dies ist zu unterstellen, wenn der Arbeitsplatz des Gläubigers durch Rationalisierungsmaßnahmen oder sonstige unternehmerische Entscheidungen des Arbeitgebers endgültig weggefallen ist. Obwohl dies primär eine materiell-rechtliche Rechtsfrage ist - gerade hierüber streiten die Parteien im Kündigungsschutzprozess - ist das gleichlautende Vorbringen der Schuldner auch für die Zwangsvollstreckung nicht unbeachtlich. Denn es ist nicht entscheidend, ob überhaupt Vermessungsaufgaben anfallen. Auch für die Zwangsvollstreckung ist maßgeblich, dass der Gläubiger neben den im Ingenieurbüro verbliebenen Vermessungsingenieuren wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden kann. Dass dies objektiv nicht möglich ist, wurde von den Schuldnern nicht bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Mit dem angefochtenen Beschluss wurden die Schuldner zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf die Berufungsbegründung nicht ausreicht. Die Schuldner sind zwar nicht gehalten, die "berechtigte Reduzierung" auf einen Messtrupp - wie im Erkenntnisverfahren - zur Gewissheit der Beschwerdekammer nachzuweisen. Dies muss allerdings mit Mitteln des § 294 ZPO glaubhaft gemacht werden. Denn die Schuldner erwarten mit ihrer Beschwerde eine Korrektur der im Erkenntnisverfahren getroffenen gerichtlichen Entscheidung. Diese ist nur statthaft, wenn wesentliche Erkenntnisse mit Mitteln der Glaubhaftmachung bekräftigt werden. Diesen Anforderungen sind die Schuldner auch mit ihrer Beschwerde nicht gerecht geworden. Deshalb sieht sich die Beschwerdekammer nicht dazu in der Lage, die gewünschte Feststellung zu treffen.

Das Beschwerdeverfahren konnte auch nicht auf der Grundlage des § 91 a ZPO eingestellt werden. Obwohl die Schuldner den Gläubiger auf der Grundlage des Zwangsgeldbeschlusses zur Abwendung der Zwangsvollstreckung = Vollziehung des Zwangsgeldes seit dem 07.02.2007 beschäftigen, kann dies nur als vorläufige Beschäftigung bewertet werden, die jeder Zeit aufgegeben werden kann. Die Schuldner haben bewusst auf eine Erledigungserklärung i. S. d. § 91 a Abs. 1 ZPO verzichtet. Schließlich streben sie eine Korrektur des Beschäftigungstitels an. Gegen den Willen der Parteien ist eine Entscheidung gem. § 91 a ZPO nicht statthaft; eine Erledigung von Amts wegen ist dem Gesetz fremd.

Da die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 888 ZPO erfüllt sind, ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Diese Feststellung erfasst auch die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes, die von den Schuldnern nicht ausdrücklich kritisiert wird.

Die sofortige Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung begründet sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 72, 78 ArbGG besteht kein Anlass.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach den §§ 3 ff. ZPO. Dabei ist der Wert des durchzusetzenden Anspruchs maßgebend, der hier mit dem zweifachen Monatsverdienst des Gläubigers bemessen wurde.

Ende der Entscheidung

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