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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 1055/05
Rechtsgebiete: BGB, AÜG


Vorschriften:

BGB § 242
AÜG Art. 1 § 9
AÜG Art. 1 § 10
AÜG Art. 1 § 13
Zur Verwirkung des Rechts, sich im Zusammenhang mit der Berechnung von Ruhegeldansprüchen auf Vorbeschäftigungszeiten wegen unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung zu berufen.
Tenor:

Verbunden mit Beschluss vom 24.05.2006

Hamm, den 09.06.2006

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 23.03.2005 - 5 Ca 3865/04 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:

Mit seiner Klage begehrt der zwischenzeitlich in den Ruhestand getretene Kläger, welcher aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27.05.1991 (Bl. 28 ff. d.A.) mit Wirkung seit dem 01.10.1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Ingenieur in der Funktion des "Sachbearbeiters I Korrosionsschutz" tätig war, im Hinblick auf seine Rechte aus der betrieblichen Altersversorgung die Feststellung, dass bei der Bestimmung der Betriebszugehörigkeit auch vorangehende Einsatzzeiten aus - seiner Ansicht nach - unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung zu berücksichtigen sind und die Beklagte dementsprechend verpflichtet ist, bei der Berechnung der Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung eine Betriebszugehörigkeit ab dem 15.03.1983 zu berücksichtigen.

Wie unstreitig ist, war der Kläger vor Begründung der Vertragsbeziehung zur Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.03.1983 (Bl. 24 ff. d.A.) mit Wirkung ab dem 15.03.1983 bei der Firma "Technische Bauführung D5xx L3xxx" als Hochbauingenieur angestellt und hier auf werkvertraglicher Grundlage bis zum 31.12.1987 im Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingesetzt. Ob die Vereinbarung zwischen der Firma L3xxx und der Rechtsvorgängerin der Beklagten und ihre tatsächliche Durchführung werkvertraglichen Regeln unterlagen oder in Wahrheit ein Fall unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung vorlag, ist unter den Parteien streitig. In der Zeit vom 01.01.1988 bis zum 30.09.1991 war der Kläger sodann bei der Firma B7xxxxx angestellt und für diese andernorts tätig, bevor er ab dem 01.10.1991 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten trat. Mit Wirkung zum 31.07.2002 trat der Kläger aufgrund einer entsprechenden Vorruhestandsvereinbarung (Bl. 215 d.A.) in den vorzeitigen Ruhestand.

Nachdem der Kläger seinen Angaben zufolge aus Presseberichten auf die Fragen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung und deren Auswirkungen auf Betriebszugehörigkeit und betriebliche Altersversorgung aufmerksam geworden war, erhob er die am 02.07.2004 bei Gericht eingegangene Feststellungsklage.

Durch Urteil vom 23.03.2005 (Bl. 94 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, es könne dahinstehen, ob tatsächlich im Zeitraum 1983 bis 1987 ein Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen habe. Das Recht des Klägers, sich auf die Fiktion der §§ 9, 10 AÜG zu berufen und eine Betriebszugehörigkeit seit dem Jahre 1983 geltend zu machen, sei jedenfalls verwirkt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts sei davon auszugehen, dass auch das Recht des Arbeitnehmers, sich darauf zu berufen, dass ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gelte, wie jedes andere Recht verwirken könne. Soweit demgegenüber in der Rechtsprechung des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Ausdruck komme, allein Ansprüche aus einem fingierten Arbeitsverhältnis, nicht jedoch das Recht selbst, sich auf die gesetzlich angeordnete Fiktion zu berufen, unterlägen dem Einwand der Verwirkung, vermöge dies nicht zu überzeugen. Richtig sei zwar, dass etwa Ansprüche aufgrund einer Betriebsvereinbarung oder aufgrund Tarifvertrages keiner Verwirkung unterlägen. Hieraus könne jedoch nicht hergeleitet werden, auch das "Berufen" auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses als Vorfrage derartiger Ansprüche sei dem Verwirkungseinwand entzogen. Unter den vorliegenden Umständen seien sowohl das sog. Zeitmoment als auch das sog. Umstandsmoment erfüllt. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten gründe sich hier darauf, dass das möglicherweise kraft Fiktion im Jahre 1983 zustande gekommene Arbeitsverhältnis jedenfalls faktisch für rund 3 1/2 Jahre unterbrochen gewesen sei, als der Kläger zum 01.10.1991 (gegebenenfalls erneut) in die Dienste der Beklagten eingetreten sei und hierbei als maßgeblichen Beschäftigungsbeginn in seinem Arbeitsvertrag den 01.10.1991 akzeptiert habe. Auch in der Vorruhestandsvereinbarung aus dem Jahre 2002 sei wiederum als Beginn des Arbeitsverhältnisses der 01.10.1991 vermerkt worden. Unter diesen Umständen habe die Beklagte jedenfalls ab dem 01.08.2002 darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger keine Rechte mehr aus einer etwaigen Beschäftigungszeit von 1983 bis 1987 herleiten werde.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens weiter und beantragt zuletzt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Ansprüche des Klägers auf betriebliche Altersversorgung die Betriebszugehörigkeit ab dem 15.03.1983 zu berücksichtigen;

2. hilfsweise festzustellen, dass der Kläger seit dem 15.03.1983 bei der Beklagten als betriebszugehörig gilt und dies auch im Sinne der betrieblichen Versorgungsbedingungen der Beklagten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbringens als zutreffend und tritt insbesondere dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils bei, das Recht des Klägers, sich auf eine frühere angebliche Betriebszugehörigkeit zu berufen, sei in jedem Falle verwirkt. Neben den bereits vom Arbeitsgericht zutreffend berücksichtigten Gesichtspunkten spreche für eine Verwirkung zusätzlich der bereits erstinstanzlich vorgetragene Umstand, dass der Kläger schon im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden bei der Firma D5xx L3xxx gegenüber dem Sachbearbeiter Herrn V1xxxx und dem Gruppenleiter M1xxxxxxxx geäußert habe, dass er die R7x (Rechtsvorgängerin der Beklagten) wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung hätte verklagen sollen (Beweis: Mxxxxxxxx , V1xxxx). Gleichwohl habe der Kläger erst im Jahre 2004 seine vermeintlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht; seine Behauptung, erstmals im Februar 2004 habe er von der rechtlichen Problematik Kenntnis erhalten, sei damit nachweislich falsch.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt auch nach Neufassung des Klageantrags auf der Grundlage von Haupt- und Hilfsantrag ohne Erfolg.

I

Dies gilt zunächst für den neugefassten Hauptantrag, mit welchem der Kläger die Verpflichtung der Beklagten festgestellt wissen will, bei der Berechnung seiner Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung eine Betriebszugehörigkeit ab dem 15.03.1983 zu berücksichtigen.

1. Mit der Neufassung des Klageantrags trägt der Kläger dem Umstand Rechnung, dass das zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis gegenwärtig nicht mehr besteht. Ein umfassendes Feststellungsinteresse - gerichtet auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung des Rechtsverhältnisses insgesamt - kann unter diesen Umständen nicht angenommen werden. Vielmehr beschränkt sich das Feststellungsinteresse auf die Frage der Dauer der Betriebszugehörigkeit, wobei der neugefasste Antrag zugleich zum Ausdruck bringen soll, dass der Kläger nicht allein die Beschäftigungszeit 1983 bis 1987, sondern auch den sich anschließenden vermeintlichen "Ruhenszeitraum" bis zum 01.10.1991 als anrechnungsfähige Betriebszugehörigkeit berücksichtig wissen will. Hierfür kann dem Kläger ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 256 ZPO nicht abgesprochen werden.

2. In der Sache erweist sich der verfolgte Klageantrag jedoch als unbegründet. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil kann der Kläger aus Gründen der Verwirkung die begehrte Feststellung nicht mehr verlangen.

a) Auch wenn man im Ausgangspunkt dem Standpunkt des Klägers folgt, dass Gegenstand der Verwirkung nicht das "Rechtsverhältnis" als solches, sondern nur "Rechte" sein können, trifft es andererseits jedoch nicht zu, dass allein einzelne Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis der Verwirkung unterliegen. Bei der Verwirkung handelt es sich vielmehr um einen Unterfall der "missbilligten Inanspruchnahme von Rechten" im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung, welche sich nicht auf das Anwendungsfeld der Verwirklichung subjektiver Rechte beschränkt, sondern auch auf alle Arten günstiger Rechtslagen oder -positionen Anwendung findet, indem sie deren rechtliche Berücksichtigung verweigert (MünchKomm, BGB-Roth, 4. Aufl., § 242 Rz. 338 ff.).

b) Dementsprechend kommt als Gegenstand der Verwirkung neben Einzelansprüchen im Sinne des § 241 BGB auch eine umfassende "Rechtsposition" - gedanklich vorstellbar als Grundlage und/oder Bündelung von Einzelrechten - in Betracht (vgl. Roth, a.a.O., Rz.359).

So kann nach den Grundsätzen der sog. Prozessverwirkung das Recht zur klageweisen Durchsetzung von Rechtspositionen oder Ansprüchen eingeschränkt sein. Auf dem Gebiet des materiellen Rechts kommt neben dieser Einschränkung der Durchsetzbarkeit von Rechtsansprüchen der Verlust der Befugnis in Betracht, Zustandekommen oder Fortbestehen anspruchsbegründender Rechtsverhältnisse, welche gegebenenfalls als Vorfrage einzelner Rechtsansprüche anzusehen sind, geltend zu machen. Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts gilt dies insbesondere für den Verlust des "Klagerechts" gegenüber einer unwirksamen Kündigung, soweit nicht ohnehin nach § 4, 7 KSchG die Kündigung als wirksam gilt. Dies kommt insbesondere für solche Mängel in Betracht, welche nicht der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG unterliegen (vgl. die Nachweise bei KR-Rost, 7. Aufl., § 7 KSchG Rz 35 ff.). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gegenüber dem Betriebserwerber erst nach geraumer Zeit das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend macht (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozessverwirkung; AP Nr. 263 zu § 613 a BGB). Der mit dem Einwand der Verwirkung geltend gemachte Vertrauensschutz führt in derartigen Fällen nicht allein dazu, dass einzelne Erfüllungsansprüche - gerichtet auf Beschäftigung oder Zahlung von Arbeitsvergütung - nicht mehr geltend gemacht werden können, vielmehr wird, soweit die Voraussetzungen der Verwirkung im Einzelfall vorliegen, umfassend das Vertrauen des Gegners in das Nichtbestehen der fraglichen Rechtsposition geschützt. Eben hierin liegt ein entscheidender Unterschied zur Rechtsfigur der Verjährung, die sich in der Tat auf einzelne Ansprüche bezieht, das Rechtsverhältnis hingegen unberührt lässt. Während es bei Einzelansprüchen - etwa auf Zahlung - vor Ablauf der Verjährung nicht selten an relevanten "Vertrauensinvestitionen" (Roth a.a.O. Rz499) fehlt, so dass eine Verwirkung ausscheidet, geht es im vorliegenden Zusammenhang um das Vertrauen, nicht bzw. nicht mehr in einer Sonderrechtsbeziehung zu stehen, aus welcher möglicherweise laufend neue Rechte und Pflichten entstehen können.

c) Auch der Umstand, dass mit der Verwirkung der Befugnis, eine bestimmte umfassende Rechtsposition geltend zu machen, mittelbar die hiervon abhängigen Einzelansprüche betroffen sind und nicht mehr durchgesetzt werden können, obgleich sie als solche kraft Gesetzes (§ 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG) nicht der Verwirkung unterliegen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Allein die Tatsache, dass innerhalb einer unstreitig bestehenden Rechtsbeziehung bestimmte Rechtsansprüche zum Schutz einer Vertragspartei der Verwirkung entzogen sind, rechtfertigt nicht den Umkehrschluss, das Recht, Zustandekommen oder Fortbestehen des Rechtsverhältnisses geltend zu machen, sei gleichermaßen oder erst recht dem Verwirkungseinwand entzogen. Die nur beiläufig - in einem "obicter dictum" - geäußerten diesbezüglichen Zweifel in der Entscheidung des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18.02.2003 - 3 AZR 160/02- AP Nr. 5 zu § 13 AÜG) werden der vorstehenden Differenzierung zwischen der Verwirkung von Rechtsansprüchen und der Verwirkung der auf das Rechtsverhältnis insgesamt bezogenen Befugnis zur Geltendmachung von Fortbestand oder Beendigung nicht gerecht. Zuzustimmen ist der Rechtsprechung des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts dementsprechend allein insoweit, als mit Rücksicht auf den gesetzlich angeordneten Ausschluss des Verwirkungseinwandes hinsichtlich besonders geschützter Rechtsansprüche jeweils sorgfältig zu prüfen ist, inwiefern das mit dem Verwirkungseinwand geltend gemachte Vertrauen des Schuldners, welches das "Nichtbestehen der Rechtsbeziehung" zum Gegenstand hat, sich möglicherweise darauf beschränkt, der Gläubiger werde den fraglichen Einzelanspruch im Hinblick auf den eingetretenen Zeitablauf nicht mehr geltend machen (in diesem Sinne auch Boemke, Anm. zu BAG a.a.O.)

d) Die vorliegende Fallgestaltung ist - im Gegensatz zum Sachverhalt der zitierten Entscheidung des 3. Senats - dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger nicht allein die Anrechnung einer früheren, dem Arbeitsverhältnis nahtlos vorangehenden Beschäftigungszeit geltend macht, so dass aus den Gründen der zitierten BAG-Entscheidung für einen Vertrauensschutz in Form der Verwirkung kein Raum bleibt. Vielmehr ist hier die Besonderheit zu beachten, dass die vom Kläger als Teil der Betriebszugehörigkeit geltend gemachte Vorbeschäftigungszeit über 3 1/2 Jahre unterbrochen gewesen ist, bevor es zum Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahre 1991 gekommen ist.

Anknüpfungspunkt für den Verwirkungseinwand ist dementsprechend hier nicht die Tatsache, dass der Kläger erst nach langer Zeit (nach Eintritt in den Ruhestand) mit dem Begehren hervorgetreten ist, eine Anrechnung der früheren Beschäftigungszeit zu erreichen. Abzustellen ist vielmehr auf den Umstand, dass der Kläger die Beendigung der Beschäftigung im Jahre 1987 ohne jedweden Protest hingenommen und so den Eindruck erweckt hat, mit der Beendigung einer etwa begründeten Rechtsbeziehung einverstanden zu sein. Dies wird an der Überlegung deutlich, wie sich die Rechtslage etwa im Jahre 1988 dargestellt hätte, wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt an die Beklagte mit dem Begehren herangetreten wäre, trotz der Beendigung seiner Tätigkeit im Jahre 1987 den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Wenn die Beklagte im Zusammenhang mit der Beendigung ihrer Vertragsbeziehung zur Firma L3xxx im Jahre 1987 vom Kläger keine Arbeitsleistung mehr entgegennahm, der Kläger dies hinnahm und in der Folge eine anderweitige Beschäftigung aufnahm, begründete dies aus Sicht der Beklagten die berechtigte Vorstellung, mit dem Kläger in keinerlei rechtlicher Beziehung mehr zu stehen. Gleich ob die Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Problematik der Abgrenzung von Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung im Allgemeinen oder auch in Bezug auf die konkrete Vertragsgestaltung mit der Firma L3xxx bereits erkannt hatte, entsprechende rechtliche Zweifel hegte oder gar - aufgrund von Hinweisen der Rechtsabteilung - ernstlich davon ausgehen musste, der mit der Firma L3xxx geschlossene Werkvertrag werde im Streitfall einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten, war doch für die Beklagte keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Kläger aus diesem Umstand irgendwelche Rechte herleiten und sich gegen das erlittene Unrecht zur Wehr setzen wollte. Im Gegenteil stellte sich der Sachverhalt aus Sicht der Beklagten so dar, dass sich der Kläger mit Beendigung seiner Tätigkeit abgefunden und sich zwischenzeitlich anders orientiert hatte. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass die Beendigung der Vertragsbeziehung zur Firma L3xxx im Zweifel darin ihre Ursache hatte, dass entweder ein entsprechender Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten nicht mehr bestand oder aber die Beklagte ihren Bedarf an entsprechenden Ingenieurleistungen anderweitig deckte, so hätte die Beklagte, wenn der Kläger zeitnah den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hätte, unzweifelhaft zu konkreten Dispositionen Anlass gehabt und sich entweder bemüht, das mit dem Kläger kraft Fiktion zustande gekommene Arbeitsverhältnis zu beenden oder aber den Kläger an geeigneter Stelle im Betrieb unterzubringen. Weder zur Vertragsbeendigung noch zur Beschäftigung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz hatte die Beklagte indessen Anlass, weil der Kläger gegen die Beendigung seiner Tätigkeit im Hause der Beklagten keine Einwände erhob. Dann muss

aber bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass das Recht des Klägers, gegenüber der Beklagten den Fortbestand des (fingierten) Arbeitsverhältnisses geltend zu machen, aufgrund der eingetretenen Verwirkung nicht mehr durchgesetzt werden konnte.

e) Entgegen dem Standpunkt des Klägers kommt es hierfür nicht darauf an, ob er zum damaligen Zeitpunkt die rechtliche Problematik der sog. "Scheinwerkverträge" noch nicht erkannt hatte, sondern - wie er behauptet - hierauf erst durch Presseberichte im Jahre 2004 aufmerksam geworden ist. Diejenigen Tatsachen, welche der Kläger im Zuge des vorliegenden Verfahrens zur Begründung seines Standpunktes anführt, in Wahrheit habe kein Werkvertrag, sondern ein Arbeitsvertrag vorgelegen, waren dem Kläger bereits aus seiner Beschäftigung von 1983 bis 1987 bekannt. Dass er hieraus entsprechende rechtliche Schlussfolgerungen nicht gezogen hat, schließt ein entsprechendes schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Beklagten und damit den Verwirkungseinwand nicht aus. Auf die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe bereits im Jahre 1987 erklärt, dass er die Beklagte wegen unberechtigter Arbeitnehmerüberlassung hätte verklagen sollen, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

f) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, die Beklagte habe durch den Abschluss eines Scheinwerkvertrages das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses "verschleiert"; da ihr jedenfalls die rechtlichen Risiken derartiger Vertragskonstruktionen bekannt gewesen seien, könne sie hier kein schutzwürdiges Vertrauen beanspruchen. Mit diesem Vortrag will der Kläger ersichtlich nicht behaupten, die Beklagte habe ihn - etwa durch gezielte Fehlinformationen - in die Irre geführt und ihn so arglistig davon abgehalten, zeitnah zur Beendigung des "Scheinwerkvertrages" seine Rechte durchzusetzen. Vielmehr wirft der Kläger der Beklagten allein vor, ihn nicht über etwa bestehende rechtliche Zweifel bzw. die selbst möglicherweise gewonnene Erkenntnis unterrichtet zu haben, die von der Firma L3xxx eingesetzten Kräfte seien in Wahrheit als Arbeitnehmer der Beklagten anzusehen. Weder bietet der Vortrag der Parteien eine ausreichende Grundlage für die Annahme, die Beklagte habe bereits in den Jahren 1983 bis 1987 oder in engem zeitlichen Zusammenhang danach positive Kenntnis vom Vorliegen einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung gehabt und diese Tatsache bewusst in der Hoffnung verschwiegen, dass keiner der Beschäftigten zu ebensolchen Erkenntnissen gelange, noch ist ersichtlich, aus welchem Grunde die Beklagte den Kläger über die gewonnene Erkenntnis hätte unterrichten müssen. Das Vertrauen der Beklagten, der Kläger habe sich anderweitig orientiert und werde die Beklagte nicht als Arbeitgeber aus einem fingierten Arbeitsverhältnis in Anspruch nehmen, ist davon unabhängig, zu welcher rechtlichen Einschätzung die Beklagte in der Folgezeit gelangt war. Auch der Schuldner, welcher das Bestehen seiner Verbindlichkeit kennt, kann im Einzelfall berechtigten Anlass zu der Annahme haben, der Gläubiger sei an der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte nicht mehr interessiert. Dementsprechend bedarf die Frage, welche konkreten rechtlichen Erkenntnisse bei der Beklagten im fraglichen Zeitraum vorhanden waren, keiner weiteren Aufklärung.

g) Schließlich kann der Kläger seinen Rechtsstandpunkt auch nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.09.1999 - I ZR 57/97 - NJW 2000, 140, 142) stützen. Richtig ist zwar, dass es an einem schutzwürdigen Vertrauen des Schuldners, der Gläubiger werde nach so langer Zeit seine Rechte nicht mehr einfordern, fehlt, wenn er davon ausgehen muss, der Gläubiger habe gar keine Kenntnis von seinem Anspruch, weswegen seine Untätigkeit allein hierdurch zu erklären sei. Auf den vorliegenden Sachverhalt lässt sich dieser Gedanke nicht übertragen. Aus der Sicht der Beklagten war die Tatsache, dass der Kläger nach Beendigung seiner Tätigkeit für die Firma L3xxx andernorts eine Tätigkeit aufnahm und nicht etwa gegenüber der Beklagten den Fortbestand eines fingierten Arbeitsverhältnisses geltend machte, keineswegs plausibel und eindeutig damit zu erklären, der Kläger kenne die seine Rechtsposition begründenden Tatsachen nicht oder sei als juristischer Laie zu entsprechenden rechtlichen Erwägungen außerstande. Vielmehr bot sich aus Sicht der Beklagten ohne weiteres die Erklärung an, der Kläger habe sich anderweitig orientiert und lege deshalb auf eine Beschäftigung bei der Beklagten bzw. auf die Klärung und Durchsetzung diesbezüglicher Ansprüche keinen Wert. Während es bei der unterlassenen Durchsetzung einzelner Rechtsansprüche konkreter Anhaltspunkte auf Seiten des Schuldners bedarf, wenn er sich auf das Vertrauen berufen will, der Gläubiger wolle ersichtlich seine Forderung nicht mehr durchsetzen, begründet die Hinnahme der tatsächlichen Beendigung der Beschäftigung über einen längeren Zeitraum aus der Sicht der als Arbeitgeber in Anspruch genommenen Partei durchaus die nachvollziehbare Erwartung, eine Fortsetzung der Rechtsbeziehung sei nicht beabsichtigt. Eben hierin zeigt sich der Unterschied zwischen der Verwirkung einzelner Forderungen und dem Verlust der Befugnis, den (Fort)Bestand eines Dauerschuldverhältnisses geltend zu machen.

3. Die konkrete Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Verwirkungseinwandes muss hier zu dem Ergebnis führen, dass sowohl das sog. Zeitmoment als auch das sog. Umstandsmoment als erfüllt anzusehen sind.

a) Nachdem der Kläger im Zusammenhang mit der Beendigung der Vertragsbeziehung zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Firma L3xxx seine Tätigkeit eingestellt hat, war schon weit vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahre 1991 ein für die Verwirkung ausreichender Zeitablauf verstrichen.

b) Zu diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte von der berechtigten Erwartung ausgehen, unbeschadet möglicher rechtlicher Zweifelsfragen habe der Kläger das Ende seiner vorangehenden Beschäftigung akzeptiert und wolle nicht etwa von der Beklagten die Fortführung der Arbeitsrechtsbeziehung verlangen. Das Vertrauen der Beklagten war auch aus den dargestellten Gründen schutzwürdig, nachdem die Beklagte entsprechende "Vertrauensdispositionen" getroffen und sich auf die Beendigung der Vertragsbeziehung tatsächlich eingestellt hat. Hätte der Kläger zeitnah den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht, hätte die Beklagte - wie dargestellt - sich hierauf entsprechend einrichten können. Indem der Kläger seinerseits zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Schritte unternommen hat, auf der Grundlage der ihm bekannten tatsächlichen Gegebenheiten zeitnah eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen, erscheint seine Position weniger schutzwürdig als das Vertrauen der Beklagten in das Fehlen fortgeltender arbeitsvertraglicher Beziehungen. Dementsprechend hatte der Kläger schon vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahre 1991 das Recht verloren, sich auf ein etwa kraft Fiktion zustande gekommenes Arbeitsverhältnis in den Jahren 1983 bis 1987 zu berufen. Auf die weiteren von der Beklagten aufgeführten Gesichtspunkte, insbesondere die wiederholte Erwähnung des Eintrittsdatums in Arbeitsvertrag und Vorruhestandsvereinbarung, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

4. Im Ergebnis muss der Kläger damit hinnehmen, dass - unabhängig vom Rechtscharakter der Beschäftigung in den Jahren 1983 bis 1987 - im Jahre 1991 ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Ein Beschäftigungsbeginn im Jahre 1983 liegt damit nicht vor, weswegen es mit der Abweisung des Klagebegehrens sein Bewenden haben muss.

II

Aus den vorstehenden Gründen erweist sich auch der verfolgte Hilfsantrag als unbegründet.

III

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen.

IV

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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