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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 127/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 3
Sieht der Arbeitsvertrag eine betriebsweite Versetzungsklausel vor und führt der Arbeitgeber in einer Betriebsabteilung im Einverständnis mit den dort Beschäftigten anstelle von Zeitlohn eine Entlohnung im Gruppenakkord ein, so lässt dies weder das Versetzungsrecht des Arbeitgebers noch - im Falle der betriebsbedingten Kündigung - die arbeitsvertragsbezogene Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer entfallen.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 23.10.2007 - 4 Ca 176/07 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin, welche aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 3 der Nebenakte 4 Ca 1435/07) seit dem 17.05.2005 bei der Beklagten tätig war, gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch fristlose Kündigung vom 03.01.2007 sowie durch ordentliche, betriebsbedingte Kündigung vom 23.05.2007 zum 30.06.2007.

Die angegriffene fristlose Kündigung stützt die Beklagte, welche einen Betrieb mit den Abteilungen "Magnetprüfung" und "Sintermetall-Prüfung" unterhält, auf den Vorwurf, die Klägerin habe sich im Zusammenhang mit einem vorangegangenen Konflikt um eine (von der Klägerin nicht akzeptierte) Änderungskündigung unter Vorspiegelung einer angeblichen Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 28.11. bis 22.12.2006 vom behandelnden Arzt Dr. W5 krankschreiben lassen. Der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei insbesondere dadurch erschüttert, dass die Klägerin zunächst die Vorladung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse für den 04.12.2006 grundlos versäumt habe und sich im Anschluss an die Untersuchung durch den Medizinischen Dienst vom 11.12.2006 mit Feststellung der Arbeitsfähigkeit ab 14.12. an diesem Tage erneut vom behandelnden Arzt habe krankschreiben lassen. Den weiteren Termin beim Medizinischen Dienst vom 21.12.2007 habe die Klägerin wiederum grundlos versäumt, worauf die Krankenkasse mit Schreiben vom 02.01.2007 mitgeteilt habe, die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für den 22.12.2006 werde nicht anerkannt. Auch nach den Feiertagen sei die Klägerin in der Zeit vom 27. bis 29.12.2006 unentschuldigt der Arbeit fern geblieben, ohne dass - wie die Klägerin behaupte - während dieses Zeitraums Betriebsurlaub geherrscht habe. Unabhängig hiervon sei das Arbeitsverhältnis jedenfalls durch die nachfolgende betriebsbedingte Kündigung vom 23.05.2007 beendet worden. Diese rechtfertige sich aus der vollständigen Schließung der Betriebsabteilung "Magnetprüfung", in welcher die Klägerin nahezu seit Beginn des Arbeitsverhältnisses tätig gewesen sei. Ein Einsatz der Klägerin in der verbliebenen Abteilung "Sintermetallprüfung" scheitere an den unterschiedlichen Arbeitsplatzanforderungen, welche eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten erfordere.

Demgegenüber hat die Klägerin den Vorwurf einer Vortäuschung ihrer Arbeitsunfähigkeit sowie des unentschuldigten Fehlens zurückgewiesen und geltend gemacht, sie habe die Vorladung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse zum 04.12.2006 erst verspätet erhalten. Bei der nachfolgenden Untersuchung durch den Medizinischen Dienst sei die attestierte Arbeitsunfähigkeit bestätigt und anschließend vom behandelnden Arzt weiterhin Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Die erneute Vorladung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse zur Untersuchung vom 21.12.2006 habe sie nicht erhalten. In der Zeit vom 27.bis 29.12.2006 sei wegen Betriebsurlaubs ohnehin nicht gearbeitet worden, wie ihr auf telefonische Rückfrage von der Vorarbeiterin bestätigt worden sei. Hinsichtlich der nachfolgenden ordentlichen Kündigung vom 23.05.2007 werde sowohl das Vorliegen betriebsbedingter Erfordernisse als auch eine ausreichende Sozialauswahl bestritten. Weder handele es sich bei der Arbeit in der Sintermetallabteilung um anspruchsvollere Tätigkeiten, noch benötige sie - die Klägerin - eine längere Einarbeitungszeit, da sie unstreitig zu Beginn des Arbeitsverhältnisses in dieser Abteilung eingesetzt worden sei.

Durch Urteil vom 23.10.2007 (Bl. 78 ff d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts und der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 03.01.2007 noch durch die ordentliche Kündigung vom 23.05.2007 beendet worden sei. In Bezug auf die fristlose Kündigung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten vorgetragenen Umstände seien nicht geeignet, den Beweiswert der erteilten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Die Untersuchung der Klägerin beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse habe die attestierte Arbeitsunfähigkeit bis zum 14.12.2006 bestätigt. Dass die Klägerin nachfolgend erneut vom Arzt krankgeschrieben und am 21.12.2006 nicht zur erneuten Untersuchung beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse erschienen sei, lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass die Klägerin in Wahrheit nicht mehr arbeitsunfähig krank gewesen sei. Es fehle nämlich an einem Nachweis, dass die Klägerin die Ladung des Medizinischen Dienstes überhaupt erhalten habe. Ebenso wenig könne die Kündigung auf den Gesichtspunkt der beharrlichen Arbeitsverweigerung vom 27. bis 29.12.2006 gestützt werden. Der Klägerin könne nicht widerlegt werden, dass auch die übrigen Beschäftigten während des genannten Zeitraums nicht zur Arbeit herangezogen worden seien. Dementsprechend könne offen bleiben, ob die Kündigung einer vorangehenden Abmahnung bedurft hätte. Auch die auf betriebsbedingte Gründe gestützte ordentliche Kündigung vom 23.05.2007 habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Auch wenn der Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt werde, dass die Beschäftigungsmöglichkeit in der Magnetprüfungsabteilung entfallen sei, habe eine betriebsweite Sozialauswahl unter Einbeziehung der Sinter-Metallprüfungsabteilung durchgeführt werden müssen. Da die Klägerin unstreitig zu Beginn ihrer Beschäftigung in der Sintermetallprüfung eingesetzt gewesen sei, sei grundsätzlich von der Austauschbarkeit der Arbeitsplätze auszugehen, ohne dass sich dem Vorbringen der Beklagten konkrete gegenteilige Anhaltspunkte entnehmen ließen. Obgleich die Beklagte im Kündigungsschreiben selbst angegeben habe, sie habe eine Sozialauswahl mit den Arbeitnehmern der Sintermetallprüfung vorgenommen, habe sie im laufenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt die maßgeblichen sozialen Verhältnisse der Beschäftigten offengelegt.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ihr Klageabweisungsbegehren weiter und beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 23.10.2007, AZ: 4 Ca 176/07, die Klage der Klägerin gegen die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 03.01.2007 und die Klage der Klägerin gegen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 23.05.2007 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I

In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 27.12.2006 nicht beendet worden.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den behaupteten Kündigungsgrund der "Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit" verneint. Die von der Beklagten vorgetragenen Indiztatsachen, mit welchen die Beklagte den Wert der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern sucht, sind unter den vorliegenden Umständen nicht geeignet, Zweifel an der Berechtigung der Krankschreibung durch den behandelnden Arzt zu begründen.

a) Auch wenn man im Grundsatz dem Standpunkt der Beklagten folgt, dass die grundlose Versäumung eines Untersuchungstermins beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse geeignet ist, die Berechtigung der Krankschreibung infrage zu stellen, ist zu beachten, dass für derart begründete Zweifel eine Grundlage nur besteht, wenn der Untersuchungstermin tatsächlich grundlos versäumt wurde. Hiervon kann sich die Kammer indessen nicht überzeugen. Zwar hat die Beklagte die Darstellung der Klägerin, sie habe die Vorladung zum Untersuchungstermin vom 04.12.2006 erst verspätet erhalten, bestritten; allein die Klägerin, nicht hingegen die beweispflichtige Beklagte hat für die Richtigkeit ihrer Sachdarstellung Beweis angetreten. Auch der Umstand, dass bei der Untersuchung der Klägerin durch den Medizinischen Dienst am 11.12.2006 Arbeitsfähigkeit erst zum 14.12.2006 bestätigt worden ist, spricht gegen die von der Beklagten behauptete Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit.

Auch in Bezug auf die erneute Krankschreibung durch den behandelnden Arzt ab dem 14.12.2006 fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten, welche die behauptete Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit stützen. Soweit die Beklagte auf den versäumten Untersuchungstermin vom 21.12.2006 verweist, hat die Klägerin bestritten, eine entsprechende Vorladung erhalten zu haben. Beweis für die Richtigkeit ihres Vorbringens hat die beweispflichtige Beklagte nicht angetreten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Krankenkasse vom 02.01.2007, in welchem es heißt, die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für den 22.12.2006 werde nicht anerkannt. Weder trifft die rechtliche Einschätzung der Beklagten zu, den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse komme die Bedeutung einer "obergutachtlichen Stellungnahme" zu, noch kann bei der Würdigung des Krankenkassenschreibens unberücksichtigt bleiben, dass die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vom 02.01.2007 an die Versäumung des Untersuchungstermins vom 21.12.2006 anknüpft. Wie bereits ausgeführt, ist zwar ein unentschuldigtes Fernbleiben vom angeordneten Untersuchungstermin geeignet, Zweifel an der Berechtigung der Krankschreibung zu begründen. Demgegenüber besteht für eine derartige Schlussfolgerung keine Grundlage, wenn der Arbeitnehmer die Vorladung zur Untersuchung nicht erhalten hat. Die Kritik der Beklagten am arbeitsgerichtlichen Urteil, das Schreiben der Krankenkasse vom 02.01.2007 sei unberücksichtigt geblieben, greift unter diesen Umständen nicht durch.

Soweit die Beklagte den Standpunkt einnimmt, die Klägerin könne den Erhalt der Ladung zum 21.12.2006 nicht pauschal bestreiten, die Klägerin behaupte selbst nicht, dass im fraglichen Zeitraum auch andere Post nicht zugestellt worden sei, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Gleich, ob im fraglichen Zeitraum von Seiten der Klägerin ansonsten keinerlei Post vermisst worden ist oder nicht, schließt dies nicht aus, dass die Klägerin das vom Medizinischen Dienst versandte Schreiben nicht erhalten hat. Welchen Vortrag die Klägerin ansonsten halten sollte, um den fehlenden Zugang des Schreibens zu substantiieren, ist nicht ersichtlich. Auch der Hinweis der Beklagten auf die ungewöhnliche Häufung angeblich nicht erhaltener Postsendungen hilft in Anbetracht der gesetzlichen Beweislastverteilung im Kündigungsschutzprozess nicht weiter. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass mit der Post versandte Schriftstücke mit so hoher Wahrscheinlichkeit den Empfänger erreichen, dass hierauf Beweiserleichterungen hinsichtlich des Zugangs gestützt werden können, lässt sich nicht feststellen.

b) Ebenso wenig ist die behauptete Äußerung des Lebensgefährten der Klägerin, er bestimme, wann seine Freundin arbeite und wann nicht, geeignet, den Wert der erteilten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Ersichtlich handelt es sich bei der vorgetragenen Äußerung um einen Ausschnitt aus einem Streitgespräch. Wenn - wie die Beklagte vorträgt - der Lebensgefährte der Klägerin auf die Frage nach der Dauer der Arbeitsunfähigkeit eine Antwort verweigerte, so stellt die wörtlich wiedergegebene Äußerung des Lebensgefährten ersichtlich keine sachliche Aussage in dem Sinne dar, nicht der Arzt, sondern er als Lebensgefährte sei zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit berufen, vielmehr handelt es sich bei der - als wahr unterstellten Äußerung - erkennbar um den Ausdruck einer persönlichen Verärgerung. Für die Frage, inwiefern die - ohnehin am Gespräch nicht beteiligte - Klägerin in Wahrheit arbeitsunfähig war oder nicht, kommt der fraglichen Äußerung keinerlei Bedeutung zu.

c) Auch bei zusammenfassender Würdigung sämtlicher vorgetragenen Umstände kann sich danach die Kammer nicht von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin überzeugen.

2. Nichts anderes gilt für den Kündigungsvorwurf, die Klägerin habe, da sie in Wahrheit gar nicht arbeitsunfähig krank gewesen sei, unentschuldigt gefehlt. Auch insoweit fehlt es aus den dargestellten Gründen an hinreichenden Anhaltspunkten, welche geeignet sind, den Wert der erteilten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Auf dieser Grundlage ist für die von der Beklagten beantragte zeugenschaftliche Vernehmung des behandelnden Arztes oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Raum.

3. Soweit die Beklagte die ausgesprochene Kündigung als Verdachtskündigung verstanden wissen will und - im Ausgangspunkt zutreffend - darauf hinweist, auch der dringende Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit sei zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung geeignet, kann offenbleiben, inwiefern aus dem Vortrag der Beklagten ein ausreichender Verdacht herzuleiten ist. Unabhängig hiervon fehlt es nämlich schon an dem Erfordernis, den zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer zu den für maßgeblich erachteten Verdachtstatsachen anzuhören.

4. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil kann die fristlose Kündigung vom 03.01.2007 auch nicht auf das Fernbleiben von der Arbeit vom 27. bis 29.12.2006 gestützt werden. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Abmahnung. Aus demselben Grunde scheidet auch eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine fristgerechte Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens aus.

II

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die nachfolgende ordentliche Kündigung vom 13.05.2007 aus betriebsbedingten Gründen beendet worden.

Dabei kann zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden, dass die Abteilung Magnetprüfung vollständig geschlossen worden ist und - abweichend vom Vorbringen der Klägerin - im Kündigungszeitpunkt auch keine freien Arbeitsplätze in der Abteilung Sintermetallprüfung vorhanden waren. Die ausgesprochene Kündigung scheitert nämlich jedenfalls am Erfordernis der ausreichenden Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die nach § 1 Abs. 3 KSchG erforderliche Sozialauswahl sich auf den Betrieb als Ganzen erstreckt. Dementsprechend kommt dem Vortrag der Beklagten keine Bedeutung zu, die Abteilungen "Magnetprüfung" und "Sintermetallprüfung" seien stets als selbstständige Betriebsteile ohne Austausch von Arbeitnehmern geführt worden.

2. Im Kündigungsschreiben vom 23.05.2007 ist die Beklagte noch selbst von der Notwendigkeit einer betriebsweiten Sozialauswahl ausgegangen. Insoweit heißt es, die durchgeführte Sozialauswahl habe zu dem Ergebnis geführt, dass die vorhandenen Arbeitnehmer der Abteilung Sintermetallprüfung sozial schutzwürdiger seien. Welche Arbeitnehmer mit welchen Sozialdaten in der Sintermetallabteilung tätig waren, hat die Beklagte indessen auch im zweiten Rechtszuge nicht vorgetragen. Die Behauptung der Beklagten in der Berufungsbegründung, sämtliche Arbeitnehmerinnen in der Sintermetallprüfungsabteilung seien bereits länger als die Klägerin beschäftigt, genügt nicht den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag zur durchgeführten Sozialauswahl (vgl. KR-Griebeling, 8. Aufl. § 1 KSchG Rn 681 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber die Gründe für die von ihm getroffene Auswahlentscheidung vollständig, d.h. auch unter Nennung von Namen und Sozialdaten mitzuteilen (BAG, 21.07.1988, 2 AZR 75/88, AP KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 17).

3. Soweit die Beklagte die Beschränkung der Sozialauswahl auf die Abteilung Magnetprüfung damit begründen will, es fehle bereits am Merkmal der "rechtlichen Vergleichbarkeit" der Beschäftigten, da in der Sintermetallabteilung im Stundenlohn gearbeitet werde, hingegen in der Abteilung Magnetprüfung Akkordvergütung gezahlt werde, greift auch dieser Einwand nicht durch. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages ist die Klägerin von der Beklagten zunächst für eine Tätigkeit im Stundenlohn eingestellt worden und war zunächst in der Sintermetallabteilung eingesetzt, bevor sie - auf der Grundlage der arbeitsvertraglich vereinbarten Versetzungsklausel - in die Magnetprüfungsabteilung versetzt wurde. Wenn die Beklagte alsdann in der Magnetprüfungsabteilung eine Entlohnung im Gruppenakkord einführte und die Klägerin dieser - von der Beklagten als Betriebsvereinbarung bezeichneten - Regelung nicht widersprach, so kann der Einführung der geänderten abteilungsbezogenen Vergütungsstruktur und dem Einverständnis der Beschäftigten allein die Bedeutung beigemessen werden, dass die Art der Entlohnung je nach Einsatzort erfolgen solle. Demgegenüber besteht kein Anhaltspunkt dafür, die im Arbeitsvertrag enthaltene Versetzungsklausel solle künftig wegen der unterschiedlichen Vergütungsstruktur gegenstandslos sein. Das gilt umso mehr, als der Arbeitsvertrag für Vertragsänderungen die Einhaltung der Schriftform vorsieht. Auch in der Sache ist nicht erkennbar, aus welchem Grunde die Beklagte auf ihr ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorbehaltenes Recht zur Umsetzung verzichten sollte. Allein die unterschiedlichen Entlohnungsformen in den beiden Betriebsabteilungen stehen danach weder der arbeitsvertraglich geregelten Versetzungsbefugnis entgegen, noch kann auf diesem Wege die "rechtliche Vergleichbarkeit" der Arbeitsplätze bei der durchzuführenden sozialen Auswahl gem. § 1 Abs. 3 KSchG infrage gestellt werden.

4. Ebenso wenig greift der Einwand der Beklagten durch, es fehle an der erforderlichen "fachlichen Vergleichbarkeit", da zur Erledigung der in der Sintermetallabteilung anfallenden Tätigkeiten eine längere Einarbeitungszeit erforderlich sei.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht bereits darauf hingewiesen, dass die Klägerin zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Sintermetallprüfung eingesetzt war. Gleich ob sich dieser Zeitraum auf vier Monate (Mai bis September 2005) belief oder - wie die Beklagte vorträgt - auf zwei Monate beschränkte, liegt hierin schon ein Indiz für die Austauschbarkeit nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. Soweit die Beklagte dieses Indiz mit dem Einwand auszuräumen sucht, die Klägerin habe seinerzeit keineswegs sämtliche in der Sintermetallabteilung anfallenden Prüftätigkeiten erledigt, sondern nur einfache Tätigkeiten - zum Beispiel im Bereich der Verpackung oder der einfachen Prüfvorgänge - erbracht, folgt hieraus nichts anderes. Abgesehen davon, dass die Klägerin die behauptete Unterscheidung von einfachen und anspruchsvollen Tätigkeiten bestritten hat und die Beklagte gehalten gewesen wäre, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung auf die Unterscheidung von einfachen und anspruchsvollen Prüfvorgängen hinzuweisen, ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin nicht - wie zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses - wiederum mit entsprechenden Tätigkeiten im Bereich der Verpackung oder der einfachen Prüfvorgänge betraut werden kann.

5. Im Ergebnis muss damit aber zu Lasten der Beklagten von einer fehlerhaften Sozialauswahl im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG ausgegangen werden. Die ausgesprochene Kündigung erweist sich damit als sozialwidrig, weil die Klägerin ohne Änderung ihres Arbeitsvertrages auf einem Arbeitsplatz in der Sintermetallabteilung hätte eingesetzt werden können. Dass die dort beschäftigten Kräfte allein unter sozialen Gesichtspunkten sämtlich schutzwürdiger seien als die Klägerin, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.

III

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen.

IV

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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