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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.12.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 1700/05
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, SGB IX


Vorschriften:

BGB § 626
KSchG § 2
KSchG § 8
SGB IX § 91
1. Zur Zustimmungsfiktion gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX bei unklarer Behördenentscheidung

Beantragt der Arbeitgeber beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigung gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer und trifft das Integrationsamt innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 91 Abs. 3 SGB IX eine Entscheidung, welche dem Arbeitgeber zunächst im Sinne einer antragsgemäßen Zustimmung bekannt gegeben wird, ausweislich der später zugestellten Entscheidungsbegründung sich jedoch über die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist verhält, und bleibt - weil der Arbeitgeber eine entsprechende Klarstellung nicht bewirkt hat - im Kündigungsschutzprozess ungeklärt, ob der weitergehende Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung stillschweigend zurückgewiesen oder versehentlich übergangen worden ist, so können die Voraussetzungen der Zustimmungsfiktion des § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nicht festgestellt werden, weswegen allein von einer Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgegangen werden kann.

2. Zur Arbeitsverweigerung nach Änderungskündigung mit Vorbehaltserklärung

Nimmt der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 2 KSchG unter Vorbehalt an, so schließt dies nicht nur den Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung zu den früheren Arbeitsbedingungen aus, vielmehr wird zugleich positiv bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage die Verpflichtung zur Arbeitsleistung nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen begründet. Bei entsprechender Weigerung des Arbeitnehmers kommt eine außerordentliche Kündigung wegen Arbeitsvertragsverletzung in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn später im Zuge der Änderungsschutzklage die Sozialwidrigkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen festgestellt wird. Die Rückwirkungsfiktion des § 8 KSchG reicht nicht soweit, dass die Arbeitsverweigerung nachträglich als gegenstandslos anzusehen wäre.


Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 12.08.2005 - 4 Ca 1024/05 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.04.2005 nicht vor Ablauf des 31.12.2005 enden wird.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Tatbestand:

Mit seiner Klage wendet sich der im Jahre 1950 geborene und mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger, welcher seit dem Jahre 1980 bei der beklagten V2xxxxxxx zuletzt als Angestellter im technischen Dienst gegen ein monatliches Bruttoeinkommen von 3.000,-- € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig war, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige fristlose und vorsorglich fristgerechte Kündigung aus wichtigem Grund vom 25.04.2005 (Bl. 4 d.A.).

Diese Kündigung hat die Beklagte nach Anhörung des Betriebsrats und mit Zustimmung des Integrationsamtes mit der Begründung ausgesprochen, der Kläger habe, obgleich er das mit vorangehender Änderungskündigung verbundene Angebot zur Übernahme einer Teilzeitbeschäftigung mit Wirkung zum 31.03.2005 unter Vorbehalt angenommen habe, seine Arbeit trotz vorangehender und wiederholter Abmahnung nicht aufgenommen und ausdrücklich verweigert.

Wie unstreitig ist, hatte die Beklagte in der Vergangenheit wiederholt den Versuch unternommen, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden. Nach rechtskräftigem Abschluss des zuletzt geführten Kündigungsverfahrens hatten die Parteien mit Datum vom 22.04.2002 die vertragliche Aufgabenstellung des Klägers dahingehend verändert, dass der Kläger unter Aufrechterhaltung der bestehenden Vergütungsvereinbarung neben der Befassung mit Kontoauszügen, Listen und Kostenbelegen u.a. auch Hausmeistertätigkeiten zu erledigen hatte; Einzelheiten sind streitig. Nachdem der Kläger in der Folgezeit geltend machte, aus gesundheitlichen Gründen keine gärtnerischen Tätigkeiten erledigen zu können, kam es unter dem 06.08.2004 zu einer - mit Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochenen - Änderungskündigung mit Wirkung zum 31.03.2005, aufgrund welcher die Arbeitszeit des Klägers auf 20 Stunden pro Woche unter gleichzeitiger anteiliger Reduzierung der Vergütung verkürzt werden sollte. Unter demselben Datum erklärte sich der Kläger mit der beabsichtigten Vertragsänderung "unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch das Arbeitsgericht" einverstanden und erhob unter dem 10.08.2004 eine entsprechende Änderungsschutzklage (Arbeitsgericht Bocholt - 4 Ca 1954/04 = Landesarbeitsgericht Hamm - 8 Sa 592/05). Unter dem 11.02.2005 erging insoweit erstinstanzlich ein klageabweisendes Urteil. Über die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist eine Entscheidung noch nicht getroffen worden.

Wie weiter unstreitig ist, kam es unmittelbar vor dem 01.04.2005 zu Meinungsverschiedenheiten über die Frage, inwiefern der Kläger mit Rücksicht auf die abgegebene Vorbehaltserklärung ab diesem Tage seine Arbeitsleistung nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen - also mit reduzierter Arbeitszeit und Vergütung - aufzunehmen hatte. Nachdem der Kläger den Standpunkt vertrat, bis zur endgültigen rechtlichen Klärung weiterhin zu den ursprünglichen Arbeitsbedingungen beschäftigt zu sein, drohte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 30.03.2005 für den Fall, dass er ab dem 01.04.2005 seine Arbeit nicht mit 20 Stunden pro Woche aufnehme, den Ausspruch einer fristlosen Kündigung an. Nachdem der Kläger am 01.04.2005 vor Arbeitsaufnahme an seinem Standpunkt festhielt, insbesondere eine Beschäftigung mit 20 Stunden pro Woche ablehnte und nach Diskussion das Bankgebäude verließ, beantragte die Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2005 beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers. Auf den am 05.04.2005 beim Integrationsamt eingegangenen Antrag wurde der Beklagten mit Telefax vom 20.04.2005 die Entscheidung des Integrationsamtes vom 19.04.2005 (Bl. 61 d.A.) mit dem Inhalt übermittelt, die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung werde erteilt.

In der nachfolgend übermittelten Entscheidungsbegründung vom 27.05.2005 (Bl. 31 ff. d.A.) heißt es insoweit, die am 19.04.2005 per Telefax übermittelte Zustimmung der Entscheidung des Integrationsamtes über den Antrag der Beklagten vom 01.04.2005 ... auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses ... werde wie folgt begründet....

Der arbeitgeberseitige Antrag ist in der Entscheidungsbegründung wie folgt wiedergegeben:

Der Arbeitgeber beantragt, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist, hilfsweise ordentlichen Kündigung zu erteilen.

Die Entscheidungsgründe beginnen mit dem Satz: Die vom Arbeitgeber beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist war zu erteilen.

Durch Urteil vom 12.08.2005 (Bl. 62 ff. d.A.) auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung beendet worden, da der Kläger trotz vorangehender Abmahnung nicht bereit gewesen sei, mit Wirkung ab dem 01.04.2005 zu den geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden. Mit Rücksicht auf die abgegebene Vorbehaltserklärung sei der Kläger jedoch verpflichtet gewesen, nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden. Eine Forstsetzung des Arbeitsverhältnisses sei der Beklagten unter diesen Umständen nicht zumutbar.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Klagebegehren weiter und beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Bocholt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.04.2005 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat allein insoweit Erfolg, als sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche beklagtenseitige Kündigung mit sofortiger (fristloser) Wirkung wendet (I). Im Übrigen ist die Berufung des Klägers jedoch unbegründet (II).

I

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die angegriffene Kündigung vom 25.04.2005 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden.

1. Diesbezüglich fehlt es nämlich an der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes, welches unter Berücksichtigung der tariflichen "Unkündbarkeit" des Klägers allein einer Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist zugestimmt hat.

a) Zwar hat die Beklagte, wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt worden ist, gegenüber dem Integrationsamt die Zustimmung zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung beantragt. Das Integrationsamt hat dem gegenüber - wie sich aus einer Zusammenschau von übermitteltem Entscheidungstenor und Entscheidungsbegründung ergibt - dem gestellten Antrag nicht in vollem Umfang, sondern allein mit der Maßgabe zugestimmt, dass die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist erteilt worden ist. Der "Tenor" der mit Telefax vom 20.04.2005 übermittelten Zustimmungsentscheidung vom 19.04.2005 lautet zwar dahingehend, die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung werde erteilt. Aus der übermittelten Entscheidungsbegründung ergibt sich jedoch - insbesondere auch unter Berücksichtigung des in der Entscheidung (fehlerhaft) wiedergegebenen arbeitgeberseitigen Antrages -, dass eine Entscheidung allein über eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist getroffen worden ist. Allein die Tatsache, dass der weitergehende - auf Zustimmung zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete - Antrag des Arbeitgebers nicht förmlich zurückgewiesen oder möglicherweise übergangen worden ist, vermag nichts daran zu ändern, dass jedenfalls eine diesbezügliche positive Entscheidung über den arbeitgeberseitigen Antrag nicht getroffen worden ist.

Für die Frage, mit welchem Inhalt eine behördliche Verwaltungsentscheidung ergangen ist, kommt es - nicht anders als beim Erlass einer gerichtlichen Entscheidung - nicht allein auf den mitgeteilten Entscheidungstenor an, vielmehr sind bei Widersprüchen zwischen Entscheidungstenor und Entscheidungsbegründung im Wege der Auslegung Gegenstand und Reichweite der behördlichen Entscheidung zu ermitteln. Unabhängig davon, ob der in der Entscheidungsbegründung aufgenommene arbeitgeberseitige Zustimmungsantrag korrekt oder in einem unrichtigen Sinne wiedergegeben ist, muss bei der hier erforderlichen Auslegung der Verwaltungsentscheidung davon ausgegangen werden, dass allein eine Entscheidung über den Antrag, wie er im Text des Zustimmmungsbescheides ausdrücklich wiedergegeben ist, von der Behörde getroffen wurde. Demgegenüber kann allein aus der Tatsache, dass ein weitergehender - auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung gerichteter - Antrag gestellt war, nicht gefolgert werden, in Wahrheit sei auch eine diesbezügliche behördliche Entscheidung ergangen. Auch der Entscheidungstenor vom 19.04.2005 verhält sich im übrigen nicht exakt über die Zustimmung zu einer fristlosen außerordentlichen Kündigung, sondern gibt allein dem "Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung" statt. Ob sich tatsächlich die getroffene und mitgeteilte Behördenentscheidung - unabhängig von den unterschiedlichen Verfahrensregeln für die Zustimmung zur außerordentlichen und zur ordentlichen Kündigung - auch auf die (tariflich ohnehin ausgeschlossene) ordentliche Kündigung bezieht mit der Folge, dass insoweit jedenfalls der Hinweis auf § 91 Abs. 5 SGB IX fehlgeht, erscheint durchaus zweifelhaft.

Unter diesen Umständen kann die getroffene Behördenentscheidung im Zweifel allein im Sinne einer Zustimmung zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist gewürdigt werden.

b) Die Beklagte hat auch nicht etwa ihrerseits entsprechende Bemühungen unternommen, die bestehenden Unklarheiten über den Inhalt der behördlichen Zustimmung zu beseitigen und eine entsprechende Klarstellung oder Ergänzung der Entscheidung herbeizuführen. Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat die Beklagte derartige Schritte nicht etwa in Aussicht gestellt, sondern - unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunkts - erklärt, das Gericht möge über die aufgeworfene Frage entscheiden; wirtschaftliche Bedeutung komme dem Beendigungsdatum ohnehin nicht zu, da der Kläger seine Arbeit nicht angeboten habe. Auch wenn dieser Standpunkt aus prozessökonomischen Gründen nachvollziehbar erscheint, vermag dies nichts daran zu ändern, dass eben aus diesem Grunde das Vorliegen einer behördlichen Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht festgestellt werden kann. Nach den Grundsätzen des Prozessrechts trifft die Beklagte insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Ohne entsprechende Klärung durch die Beklagte bleibt aber ungewiss, ob der weitergehende Zustimmungsantrag zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses positiv beschieden, versehentlich übergangen oder - "im Übrigen" unter versehentlicher Weglassung in Tenor und Gründen - zurückgewiesen worden ist.

c) Aus demselben Grunde kann auch nicht einfach davon ausgegangen werden, die Behörde habe innerhalb der Zweiwochenfrist eine Entscheidung über den Antrag auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung nicht getroffen, weswegen die Zustimmung als erteilt gelte. Abgesehen davon, dass die Behörde hier nicht vollständig untätig geblieben ist, weswegen die Anwendung der Zustimmungsfiktion gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX zweifelhaft erscheint, kann aus den vorstehenden Gründen nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich - hinsichtlich der Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung - eine ablehnende Entscheidung ergangen ist. Für diesen Fall scheidet aber eine Zustimmungsfiktion ohnehin aus.

d) Den vorstehenden Ausführungen kann auch nicht entgegengehalten werden, aus Sicht der Beklagten, welcher bei Kündigungsausspruch allein der mit Telefax vom 19.04.2005 mitgeteilte Entscheidungstenor vorgelegen habe, sei von einer antragsgemäßen Zustimmung zur fristlosen Kündigung auszugehen gewesen; hierauf habe die Beklagte jedenfalls subjektiv vertrauen können, zumal wegen der Notwendigkeit, die Kündigung unverzüglich auszusprechen, für eine weitere Aufklärung keine Zeit verblieben sei.

Für die Frage, mit welchem Inhalt die fragliche Verwaltungsentscheidung ergangen ist, kommt es indessen auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht maßgeblich an. Weder wird der Beklagten zum Vorwurf gemacht, dass sie auf der Grundlage der per Telefax übermittelten Entscheidung von einer zustimmenden Behördenentscheidung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ausgegangen ist, noch wird die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung insgesamt durch den Umstand in Frage gestellt, dass allein eine behördliche Zustimmung zur Kündigung mit sozialer Auslauffrist vorliegt. Vielmehr führt die Tatsache, dass das Landesarbeitsgericht unter den vorliegenden Umständen allein die behördliche Zustimmung zu einer Kündigung mit sozialer Auslauffrist feststellen kann, allein dazu, dass die ausgesprochene Kündigung entsprechend der im Kündigungsschreiben aufgeführten Frist zum 31.12.2005 erst mit Ablauf dieses Tages endet.

2. Auch in der Sache erscheint im Übrigen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit fristloser Wirkung als überzogen. Auch wenn - wie im Folgenden auszuführen ist - hier von einer vorwerfbaren Arbeitsverweigerung auszugehen ist, welche an sich geeignet ist, eine Kündigung aus "wichtigem Grund" im Sinne des § 626 BGB zu rechtfertigen, ist andererseits im Zuge der Interessenabwägung neben der langen Betriebszugehörigkeit und der Schwerbehinderung des Klägers die Tatsache zu berücksichtigen, dass die vom Kläger zuletzt ausgeübte Beschäftigung auch nach dem Verständnis der Beklagten für den Betriebsablauf nur von untergeordneter Bedeutung war. Nachdem die vorangehenden Versuche der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden, erfolglos geblieben waren, sollte mit der dem Kläger zuletzt (einvernehmlich) übertragenen einfachen Büro- und Hilfstätigkeit vor allem erreicht werden, den Kläger vom Geldverkehr fernzuhalten. Wenn der Kläger sodann im Zusammenhang mit der nachfolgenden Änderungskündigung die Fortführung der verbliebenen Teilaufgaben verweigerte, so brauchte die Beklagte dies zur Wahrung der Betriebsdisziplin zwar nicht hinzunehmen, die Einhaltung der Kündigungsfrist war hingegen nicht unzumutbar, zumal es vom Verhalten des Klägers abhing, durch Aufgabe seines Weigerungsverhaltens Ansprüche auf Arbeitsvergütung zu begründen. Die in § 626 BGB vorgesehene Prüfung der Unzumutbarkeit ist im Falle tariflicher "Unkündbarkeit" nicht auf die Dauer der Kündigungsfrist, sondern auf die dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu beziehen. Nach diesen Maßstäben war aber allein eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist - entsprechend der gesetzlichen/tariflichen Kündigungsfrist - gerechtfertigt.

II

Soweit der Kläger die Unwirksamkeit der angegriffenen Kündigung insgesamt festgestellt wissen will, erweist sich die Berufung demgegenüber als unbegründet.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger mit Rücksicht auf die abgegebene Vorbehaltserklärung verpflichtet war, nach Ablauf der Kündigungsfrist im Anschluss an die Änderungskündigung vom 06.08.2004 - also ab dem 01.04.2005 - nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden. Der gegenteilige Standpunkt des Klägers, bis zur abschließenden gerichtlichen Klärung seien die ursprünglichen Arbeitsbedingungen maßgeblich, trifft nicht zu.

a) Abweichend von den Regeln des allgemeinen Vertragsrechts, nach welchen die Annahme eines Vertragsangebots unter Vorbehalt ausscheidet, ergibt sich aus der Vorschrift des § 2 KSchG, dass der Arbeitnehmer das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht annehmen oder ablehnen muss, sondern auf der Grundlage der abgegebenen Vorbehaltserklärung eine eingeschränkte Vertragsbindung bewirken kann. Durch die Vorbehaltserklärung nimmt der Arbeitnehmer das arbeitgeberseitige Änderungsangebot zwar an mit der Folge, dass sich mit Ablauf der Kündigungsfrist die Arbeitsbedingungen auf dieser Grundlage bestimmen. Wird die Änderung der Arbeitsbedingungen sodann im Änderungsschutzverfahren als sozialwidrig angesehen, so gelten die ursprünglichen Arbeitsbedingungen fort. Für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bedeutet dies, dass der Arbeitgeber zur Nachzahlung der Vergütung verpflichtet ist. Die rückwirkende Aufhebung der - unter Vorbehalt vereinbarten - Vertragsänderung ändert aber nichts daran, dass bis zur endgültigen rechtlichen Klärung eine Verpflichtung zur Arbeit nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen besteht (KR-Rost, 7. Aufl., § 2 KSchG Rz 158 a m.w.N.). Die in § 8 KSchG vorgesehene Rückwirkungsfiktion, nach welcher die gerichtlich für unwirksam erklärte Änderungskündigung "als von Anfang an rechtsunwirksam" gilt, verpflichtet die Parteien allein zur entsprechenden Nachgewährung (Erfüllung) nachholbarer Leistungen. Daran, dass nach den Regeln des BGB die Arbeitsleistung am früheren Arbeitsplatz nicht nachgeholt werden kann, vermag auch die Regelung des § 8 KSchG nichts zu ändern. Demgemäß kann weder der tatsächliche Vollzug der geänderten Arbeitsbedingungen - wie im Falle der Versetzung - rückwirkend aufgehoben und die Arbeitsleistung nach Maßgabe der unveränderten Vertragsbedingungen nachgeholt werden (KR-Rost, § 8 KSchG Rz 12), noch entfällt bei erfolgreicher Änderungsschutzklage rückwirkend die auf die unter Vorbehalt übernommene Arbeitspflicht bezogene Erfüllungshandlung oder Vertragspflichtverletzung. Allein dieses Verständnis wird Sinn und Zweck der Vorbehaltserklärung gerecht, andernfalls entstünde für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens ein "Schwebezustand" im Sinne vollkommener rechtlicher Ungewissheit über die gegenwärtigen Rechte und Pflichten. Gerade dies soll mit Hilfe der geschaffenen Interimsregelung vermieden werden. Der - auch nicht rückwirkend zu beseitigende - Vollzug der Arbeitsleistung nach Maßgabe des Änderungsangebots ist damit gleichsam der Preis dafür (vgl. Löwisch, NZA 1988,639), dass beim Streit um die Wirksamkeit der Vertragsänderung nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses aufs Spiel gesetzt werden muss. Eben hierin liegt der Unterschied zu der Fallgestaltung, dass der Arbeitnehmer die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnt. Für diesen Fall entfällt mit Ablauf der Kündigungsfrist die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung, ohne dass der Arbeitgeber durch eine einseitige Aufforderung an den Arbeitnehmer, vorläufig weiter zu arbeiten, die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung schaffen kann. Hat demgegenüber der Arbeitnehmer sich mit einer vorläufigen Weiterbeschäftigung - auch zu geänderten Arbeitsbedingungen - bereit erklärt, so ist hierdurch eine entsprechende vertragliche Verpflichtung begründet, welche bis zur rechtlich verbindlichen Klärung einzuhalten ist.

b) Soweit demgegenüber Enderlein (ZfA 1992, 21 ff., 47) den Standpunkt vertritt, der Arbeitnehmer erkläre sich mit der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt allein für den Fall der (noch festzustellenden) Wirksamkeit der Änderungskündigung bereit, demgegenüber bestehe - nicht anders als im Fall der Beendigungskündigung - für die Dauer des Prozesses keine Verpflichtung, nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden, wird damit der Regelungsgehalt der Vorbehaltserklärung verkannt. Angebot und Annahme des arbeitgeberseitigen Vertragsangebots und damit die Änderung der Arbeitsbedingungen erfolgen nicht erst mit Wirkung zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Klageabweisung, sondern mit Wirkung zum vorgesehenen Änderungstermin. Der erklärte Vorbehalt steht nicht der aktuellen Vertragsbindung entgegen, sondern bewirkt bei erfolgreicher Klage die rückwirkende Wiederherstellung der früheren Vertragsbedingungen mit den vorstehend ausgeführten Einschränkungen im Hinblick auf den tatsächlichen Vollzug der Arbeitsleistung.

c) Der Standpunkt des Klägers, die Änderung der Arbeitsbedingungen trete - unbeschadet der abgegebenen Vorbehaltserklärung - erst mit Rechtskraft der Entscheidung über die Änderungskündigung ein, erweist sich nach alledem als unzutreffend.

2. Aus den vorstehenden Gründen kommt es für die Frage der festgestellten Arbeitsverweigerung nicht darauf an, ob tatsächlich die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 06.08.2004 einer rechtlichen Überprüfung standhält. Wie im Zuge des Berufungsverfahrens in Sachen 8 Sa 592/05 erörtert worden ist, bedarf es gegebenenfalls insoweit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zwecks Aufklärung der Frage, ob der Kläger möglicherweise bereits im Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung vom 22.04.2002 gesundheitlich außer Stande war, die ihm abverlangten gärtnerischen Tätigkeiten zu erledigen. Für diesen Fall hätte dem Kläger möglicherweise das Recht zugestanden, nach den Regeln der Geschäftsgrundlage die Wiederherstellung der früheren Arbeitsbedingungen zu verlangen, woraus sich zugleich die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung ergeben könnte. Selbst wenn aber die Änderungsschutzklage des Klägers erfolgreich sein sollte, ändert dies aus den vorstehenden Gründen nichts daran, dass der Kläger aufgrund der abgegebenen Vorbehaltserklärung zunächst einmal mit Wirkung ab dem 01.04.2005 die reduzierte Arbeitszeit hinzunehmen hatte. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht zu Recht eine Arbeitsverweigerung angenommen.

3. Damit steht eine schwere Arbeitsvertragsverletzung fest. Nachdem der Kläger trotz Abmahnung seiner Arbeitsverpflichtung nicht nachgekommen ist, liegt ein Sachverhalt vor, welcher ohne weiteres geeignet ist, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung auch gegenüber einem unkündbaren Arbeitnehmer jedenfalls unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist zu rechtfertigen.

Der Kläger kann sich für seinen Rechtsstandpunkt auch nicht etwa auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Der Standpunkt des Klägers, unbeschadet der abgegebenen Vorbehaltserklärung könne er verlangen, bis zur entgültigen rechtlichen Klärung nach den ursprünglichen Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten, findet in Rechtsprechung und einschlägiger Kommentarliteratur keine Grundlage. Wenn der Kläger demgegenüber auf seinem abweichenden Rechtsstandpunkt beharrte, handelte er auf eigenes Risiko.

Soweit es schließlich die erforderliche Interessenabwägung betrifft, ist in vollem Umfang den Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils beizutreten. Jedenfalls eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der gewährten sozialen Auslauffrist hinaus ist der Beklagten in keinem Falle mehr zuzumuten.

III

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

IV

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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