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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.08.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 190/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 612 a
KSchG § 1
1. Maßregelung bei freiwilliger Lohnerhöhung

Nimmt der Arbeitgeber von einer freiwilligen Lohnerhöhung diejenigen Arbeitnehmer aus, welche zuvor dem Beitritt zu einem "Betrieblichen Bündnis für Arbeit" mit einer Heraufsetzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich nicht zugestimmt haben, so liegt hierin eine Maßregelung i. S. von § 612 a BGB. Die Gewährung der Lohnerhöhung kann nicht als sachlich gerechtfertigter Ausgleich für den Beitritt zum "Bündnis für Arbeit" angesehen werden.

2. Zur sozialen Rechtfertigung einer betriebsbedingten Änderungskündigung, mit welcher die Arbeitszeit einer als Teilzeitkraft beschäftigten Versand-Sachbearbeiterin eines Logistikunternehmens aufgestockt werden soll, um eine ganzheitliche Betreuung der Touren ausschließlich durch Vollzeitkräfte zu gewährleisten.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 08.12.2006 - 1 Ca 807/06 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen, soweit es die ausgeurteilten Zahlungsansprüche betrifft.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zum einen um die Verpflichtung der Beklagten zur Einbeziehung der Klägerin in die der Mehrzahl der Beschäftigten gewährte Tariflohnerhöhung für das Jahr 2006. Zum anderen wendet sich die als Teilzeitkraft tätige Klägerin gegen die Heraufsetzung ihrer Arbeitszeit auf 40 Std./Woche durch Änderungskündigung der Beklagten vom 19.06. zum 31.12.2006 (Bl. 24 d.A.). Die Änderung der Arbeitsbedingungen hat die Klägerin unter Vorbehalt angenommen.

Die im Jahre 1962 geborene Klägerin war zunächst seit dem Jahre 1990 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 9 d.A.) bei der tarifgebundenen Firma P1 H1 GmbH & Co. KG als Versandsachbearbeiterin (Vollzeit) tätig. Nach Ausgliederung der Versandabteilung im Wege eines Betriebsübergangs ist sie seit dem 01.10.1995 im Logistikunternehmen der Beklagten beschäftigt, welches nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist. Aufgrund eines erfolgreichen Teilzeitverlangens war die Klägerin zuletzt mit einer Arbeitszeit von 25 Std./Woche tätig.

Zur Begründung des Anspruchs auf Teilnahme an der Tariflohnerhöhung hat die Klägerin zum einen auf den Inhalt ihres Arbeitsvertrages verwiesen, welcher unter Ziffer 14 auf die gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen verweist und ein Arbeitsentgelt "laut Gehaltsrahmenabkommen" ausweist. Darauf, dass allein die Firma P1 H1, nicht hingegen die Beklagte tarifgebunden sei, komme es im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel nicht an. Zum anderen liege in der Tatsache, dass den übrigen Beschäftigten - trotz fehlender Tarifbindung - eine entsprechende Tariflohnerhöhung gewährt wurde, sie - die Klägerin - hingegen wie auch eine weitere Kollegin hiervon jedoch ausgenommen worden sei, nachdem sie dem "Betrieblichen Bündnis" mit einer Arbeitszeiterhöhung ohne Entgeltausgleich nicht zugestimmt habe, eine unzulässige Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB.

Hinsichtlich der angegriffenen Änderungskündigung zur Heraufsetzung der Arbeitszeit hat die Klägerin auf den Umstand verwiesen, dass sie durch arbeitsgerichtliches Urteil vom 04.04.2006 (ArbG Herford 3 Ca 1669/05) auf der Grundlage des § 8 TzBfG eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit von vormals 35 auf 25 Std./Woche erstritten hat. Der Vortrag der Beklagten zur Erforderlichkeit einer Vollzeittätigkeit könne daher schon aus prozessualen Gründen keine Berücksichtigung finden. Soweit die Beklagte vortrage, inzwischen habe sich herausgestellt, dass das ursprünglich geplante Organisationskonzept mit der Möglichkeit von Teilzeitarbeit nicht durchführbar sei, demgegenüber erfordere die nunmehr maßgebliche Arbeitsorganisation ausschließlich den Einsatz von Vollzeitkräften, sei dies auch in der Sache nicht überzeugend. Auch auf der Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung sämtlicher Mitarbeiter lasse sich nämlich das angestrebte Ziel nicht erreichen, dass jeder Sachbearbeiter die ihm zugewiesenen Touren in ausschließlicher Zuständigkeit betreue. Vielmehr führe das bestehende "Schichtensystem", nach welchem teilweise Früh- und Spätdienste zu leisten seien, ohnehin zur Notwendigkeit, bei Schichtbeginn und Schichtende den Arbeitsplatz und die bislang betreuten Touren an den Nachfolger zu übergeben. Erst recht sei nicht einsichtig, warum die Beklagte mit der Änderungskündigung nicht allein eine Rückkehr zur früheren Vollzeitbeschäftigung im Umfang von 35 Std./Woche, sondern eine Aufstockung auf die nunmehr betriebsübliche Arbeitszeit von 40 Std./Woche anstrebe. Ersichtlich gehe es der Beklagten darum, die von der Klägerin verweigerte Teilnahme am "Bündnis für Beschäftigung" zu erzwingen.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, ein Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung scheitere schon daran, dass unstreitig allein die Firma P1 H1, nicht hingegen die Beklagte tarifgebunden sei. Die Nichtweitergabe der Lohnerhöhung stelle auch keineswegs eine unzulässige Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB dar. Vielmehr habe die Beklagte zulässigerweise zwischen denjenigen Mitarbeitern differenziert, welche dem Bündnis für Arbeit beigetreten seien und denjenigen Mitarbeitern, die - wie die Klägerin - einer Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich nicht zugestimmt hätten. Der Beklagten sei es damit einzig und allein darum gegangen, die zu Gunsten der Klägerin entstandene Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Arbeitnehmern zu kompensieren.

Zur sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung hat die Beklagte vorgetragen, der Bereich der internationalen Versandspeditionen sei so organisiert, dass jeweils die komplette Versandtour - vom Ausgang im Lager bis zum Erreichen des Kunden - von einem einzigen Sachbearbeiter betreut werde. Dementsprechend seien jedem Mitarbeiter bestimmte Länder zur ausschließlichen Bearbeitung zugewiesen. Allerdings sei zunächst geplant gewesen, in der Disposition die bisherige Aufteilung nach Ländern aufzugeben und die Arbeitsbereiche länderübergreifend in acht Tätigkeitsbereiche aufzuteilen, wobei diese Konzeption auch die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung eröffnet habe. Aufgrund der bei der Softwareentwicklung deutlich gewordenen Probleme sei das angedachte Konzept jedoch nicht realisiert worden. Dementsprechend müsse im Interesse der Kontinuität der Arbeitsabwicklung auf einer Vollzeitbeschäftigung sämtlicher Kräfte bestanden werden, da allein so überflüssige Arbeitsplatzübergaben und hiermit verbundene Fehlerquellen und Mehrkosten zu vermeiden seien.

Durch Urteil vom 08.12.2006 (Bl. 96 ff. d.A.), auf welches wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den verfolgten Klageanträgen im vollen Umfang entsprochen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Anspruch der Klägerin auf den aktuellen Tariflohn ergebe sich zum einen aus der im Arbeitsvertrag enthaltenen Verweisung auf tarifliche Bestimmungen. Zum anderen stelle die Nichtweitergabe der Tariflohnerhöhung jedenfalls eine Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB dar. Die Nichtweitergabe der Lohnerhöhung an die Klägerin stelle eine Reaktion auf die Tatsache dar, dass die Klägerin in zulässiger Weise ihr Recht auf Nichtbeitritt zum Bündnis für Arbeit ausgeübt habe. Dieser Zusammenhang werde auch nicht durch die Darstellung der Beklagten in Frage gestellt, es sei ihr allein darum gegangen, zu Gunsten der übrigen Beschäftigten einen Ausgleich für die entstandene Besserstellung der Klägerin vorzunehmen. Die ausgesprochene Änderungskündigung sei sozialwidrig. Aus dem Vortrag der Beklagten lasse sich nicht entnehmen, inwiefern auf der Grundlage des gegenwärtigen Organisationskonzepts eine Beschäftigung allein von Vollzeitkräften in Betracht komme. Da es im Bereich der Versanddisposition nicht um Verhandlungen mit Kunden und den Aufbau einer entsprechend geprägten Kundenbeziehung, sondern allein um Beantwortung kurzer Anfragen gehe, sei keine Notwendigkeit zu erkennen, dass Anfragen stets nur von demselben Mitarbeiter beantwortet würden. Soweit es das Ziel betreffe, Arbeitsplatzübergaben zu vermeiden, könne dem zum einen dadurch Rechnung getragen werden, dass dem teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter weniger Länder zur Disposition zugewiesen würden, so dass auch nur in entsprechend geringerem Umfang Übergaben erforderlich seien. Mit Rücksicht darauf, dass einzelne Arbeitnehmer bereits um 6.00 Uhr ihren Dienst aufnähmen, seien im Übrigen ohnehin Arbeitsplatzübergaben unvermeidlich. Schließlich habe die Beklagte auch dadurch gegen den ultima-ratio-Grundsatz verstoßen, dass der Klägerin nicht eine Rückkehr zur früheren Vollzeittätigkeit im Umfang von 35 Stunden pro Woche, sondern eine Vollzeitbeschäftigung mit 40 Stunden pro Woche angeboten worden sei. Aus welchem Grunde die Tätigkeit der Klägerin nicht auch bei einer 35-Stunden-Woche effektiv wahrgenommen werden könne, lasse der Vortrag der Beklagten nicht erkennen.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich die Beklagte zum einen gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der begehrten Tariflohnerhöhung. Entgegen dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils folge aus dem Arbeitsvertrag keineswegs eine Bezugnahme auf die jeweils geltenden Tarifverträge, vielmehr werde auf eine bestimmte Tarifgruppe unter Nennung des maßgeblichen Gehalts Bezug genommen. Im Übrigen ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus der Tatsache, dass allein der frühere Arbeitgeber der Klägerin - die Firma P1 H1 -, nicht hingegen die Beklagte als Betriebsübernehmerin tarifgebunden sei, dass ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die bislang geltenden tariflichen Regeln allein statisch anzuwenden seien. Auch von einer Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB könne keine Rede sein. Vielmehr wolle die Beklagte durch die Nichtweitergabe der Lohnerhöhung an die Klägerin gerade erreichen, dass die Klägerin und die dem Bündnis für Arbeit beigetretenen Arbeitnehmer gleich behandelt würden und niemand bevorzugt oder benachteiligt werde. Auch dem Änderungsschutzantrag der Klägerin habe das Arbeitsgericht zu Unrecht stattgegeben. Die von der Klägerin erstrittene Teilzeitbeschäftigung habe sich allein in die früheren betrieblichen Planungen zur Änderung der Arbeitsorganisation eingefügt. Demgegenüber komme auf der Grundlage der jetzt maßgeblichen Arbeitsorganisation eine Teilzeittätigkeit nicht mehr in Betracht. Jeder Sachbearbeiter sei für die von ihm geplanten Touren von Beginn bis zum Ende zuständig, was eine durchgängige Präsenz am Arbeitsplatz erfordere. Die Überlegung des Arbeitsgerichts, eine Teilzeitbeschäftigung lasse sich mit dem bestehenden Organisationskonzept dadurch vereinbaren, dass der Klägerin eine geringerer Anzahl zu betreuender Länder zugewiesen werde, gehe an der Sache vorbei. Ob die Klägerin ein Land oder zehn Länder betreue, ändere nichts daran, dass die Klägerin für die von ihr betreuten Touren für ein größtmögliches Zeitfenster zur Verfügung stehen müsse, um unnötige Übergaben zu vermeiden. Auch der Einwand des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe gegen das ultima-ratio-Prinzip verstoßen, indem der Klägerin eine Arbeitszeit von 40 Stunden und nicht von 35 Stunden pro Woche angeboten worden sei, sei letztlich nicht haltbar, da für diesen Fall ebenfalls zusätzliche Übergaben anfielen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 08.12.2006 - 1 Ca 807/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens als zutreffend. Hinsichtlich der verfolgten Vergütungsansprüche hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, die im Arbeitsvertrag enthaltene Regelung könne nicht als bloße Gleichstellungsabrede verstanden werden, vielmehr liege eine konstitutive Verweisung auf die jeweils geltenden tariflichen Regelungen vor, für welche der erfolgte Betriebsübergang ohne Belang sei. Zu Recht habe das Arbeitsgericht im Übrigen eine Maßregelung gemäß § 612 a BGB angenommen. Ersichtlich solle die Klägerin nachwirkend dafür abgestraft werden, dass sie eine Teilnahme am Bündnis für Arbeit verweigert habe. Soweit es die ausgesprochene Änderungskündigung betreffe, scheitere diese bereits daran, dass die Beklagte im Rahmen des Bündnisses für Arbeit bis zum Jahr 2010 auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen verzichtet habe. Richtig sei zwar, dass die Klägerin dem betrieblichen Bündnis nicht beigetreten sei. Die in der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat getroffenen Vereinbarung vom 03.11.2004 (Bl. 13 d.A.) unter Ziffer 5 enthaltene Klausel, der vorgesehene Kündigungsausschluss solle nur für solche Mitarbeiter gelten, welche der entsprechenden Vertragsänderung zugestimmt hätten, sei indessen aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen unwirksam, so dass die Beklagte sich hierauf nicht berufen könne. Auch die von den Mitarbeitern unterzeichnete Ergänzung zum Arbeitsvertrag (Bl. 16 d.A.) bedeute keineswegs, dass der dort vorgesehene Ausschluss der betriebsbedingten Kündigung im Sinne einer Gegenleistung für die Heraufsetzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich aufzufassen sei. Vielmehr stelle der erklärte Kündigungsverzicht eine allgemeine Zusage der Beklagten an den gesamten Betrieb dar, welche auch zugunsten der Klägerin wirke. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten fehle es auch an einem dringenden betrieblichen Erfordernis zur Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden. Weder sei es erforderlich, dass derjenige Sachbearbeiter, der eine bestimmte Tour aufgenommen habe, diese auch zu Ende führen müsse; insbesondere komme es nach Art des Kundenkontakts nicht auf eine persönliche Betreuung durch einen bestimmten Sachebearbeiter an. Im Übrigen seien auch auf der Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung Arbeitsplatz-Übergaben von einem Mitarbeiter an den nächsten erforderlich, da sich Betriebsöffnungszeit und individuelle Arbeitszeit nicht deckten. In der Praxis seien die Übergaben auch keineswegs derart zeitintensiv und teuer oder gar fehleranfällig, wie von der Beklagtenseite dargestellt. Im Gegenteil belege die Tatsache, dass die Klägerin derzeit - auf der Grundlage einer für die Dauer des Rechtsstreits getroffenen Abrede - unverändert auf der Grundlage der maßgeblichen Arbeitszeit von 25 Stunden pro Woche problemlos in den Arbeitsablauf eingegliedert werden könne, dass für eine Ausdehnung der Arbeitszeit auf 35 oder 40 Stunden/Woche keine Notwendigkeit bestehe. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin im Vorprozess allein eine Herabsetzung des Umfangs, nicht hingegen eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit erstritten habe. Dementsprechend komme - wie bereits praktiziert - auch ein "vollschichtiger" Arbeitseinsatz der Klägerin im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung in Betracht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I

In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil stehen der Klägerin die unter Ziffer 2) des Urteilstenors ausgeurteilten Zahlungsansprüche zu.

1. Abweichend vom Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils folgt der Anspruch der Klägerin auf Gewährung der begehrten Tariflohnerhöhung allerdings nicht aus der arbeitsvertraglich enthaltenen Verweisung auf die Bestimmungen des Entgelttarifvertrages. Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass die damalige Vertragsarbeitgeberin, die Firma P1 H1, unstreitig tarifgebunden war und ist, stellt sich die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als bloße Gleichstellungsabrede dar, welche - unabhängig vom Wortlaut der verwendeten Klausel - allein zum Ausdruck bringen soll, dass den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern dieselben Ansprüche wie den tarifgebundenen Arbeitnehmern zustehen sollen. Allein für Arbeitsverträge, welche nach dem 01.01.2002 abgeschlossen worden sind, hat das Bundesarbeitsgericht - der vielfältigen Kritik an der bisherigen Rechtsprechung folgend - unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 305 c Abs. 2 BGB an dieser Auslegung nicht festgehalten (BAG Urt. v. 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39; BAG Urt. v. 18.04.2007 - 4 AZR 652/05).

Für die Auslegung der im vorliegenden Arbeitsvertrag verwendeten Bezugnahmeklausel sind danach weiterhin die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze der "Gleichstellungsabrede" maßgeblich. Mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die jetzige Beklagte im Jahre 1995 entfiel aber die arbeitgeberseitige Tarifgebundenheit, so dass ab diesem Zeitpunkt die tariflichen Regeln nur noch in der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Fassung, nicht hingegen die danach abgeschlossenen Tarifverträge zur Entgelterhöhung Anwendung finden.

2. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil kann die Klägerin jedoch die Gewährung der gewährten Entgelterhöhung auf der Grundlage der Vorschrift des § 612 a BGB fordern. Der Ausschluss der Klägerin von der ansonsten betriebsweit gewährten Entgelterhöhung stellt nämlich eine unzulässige Maßregelung im Sinne der genannten Vorschrift dar.

Dabei kann offen bleiben, ob § 612 a BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage anzusehen ist oder ob im Fall eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB sich ein Erfüllungsanspruch auf Gleichbehandlung nach den Regeln des Gleichbehandlungsgrundsatzes ergibt (vgl. MünchKommBGB-Müller-Glöge, § 612 a BGB Rz 22 m.w.N.).

a) Unstreitig hat die Beklagte nicht nur einzelnen Arbeitnehmern, sondern sämtlichen Beschäftigten, welche zuvor dem "Betrieblichen Bündnis für Arbeit" beigetreten sind und der Änderung ihres Arbeitsvertrages zugestimmt hatten, die hier streitige Vergütungserhöhung nach Maßgabe tariflicher Bestimmungen gewährt. Allein die Klägerin sowie eine weitere Mitarbeiterin, welche der vorangehenden Vertragsänderung nicht zugestimmt haben, haben ein solche Erhöhung der Arbeitsvergütung nicht erhalten.

b) Damit hat die Beklagte im Ergebnis die von der Lohnerhöhung ausgenommenen Arbeitnehmer im Sinne des § 612 a BGB benachteiligt.

Der rechtliche Begriff der Benachteiligung ist - abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch - wertneutral und umschreibt nur einen Vergleich unterschiedlicher Lagen; Rechtsfolgen knüpfen erst daran, ob es sich um eine sachlich zulässige oder unzulässige Benachteiligung handelt (MünchKommBGB-Müller-Glöge, a.a.O., Rz 15). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt weiter eine Benachteiligung im Sinne des § 612 a BGB nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, d.h. wenn sich seine Situation gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, welche der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, wenn diese entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben (BAG, Urteil vom 23.02.2000 - 10 AZR 1/99 - BAGE 94, 11 ff. - AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Dies gilt auch im Bereich freiwilliger Leistungen (BAG, Urteil vom 28.07.1992 - 1 AZR 87/92 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 123; ferner zur Erfolgsbeteiligung BAG, Urteil vom 12.06.2002 - 10 AZR 340/01 - AP Nr. 8 zu § 612 a BGB), zur Gratifikation LAG Hamm, Urt. v. 02.02.06 - 8 Sa 472/05; Urt. v. 11.05.06 - 8 Sa 2088/05).

c) Der Ausschluss der Klägerin von der Tariflohnerhöhung war nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt, vielmehr muss von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen vorangehender Rechtsausübung und Ausschluss von der Lohnerhöhung und damit von einer Maßregelung im Sinne des Gesetzes ausgegangen werden.

(1) Die Klägerin hat in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt, als sie sich einer Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich widersetzte. Auch wenn die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einer entsprechenden Vertragsänderung zugestimmt hat, war sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, dies auch zu tun.

(2) Durch die Herausnahme gerade derjenigen Arbeitnehmer aus dem Kreis der Empfänger der Tariflohnerhöhung, welche in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt hatten, verstieß die Beklagte zum einen gegen den arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zugleich ergibt sich hieraus der Charakter der vorgenommenen Unterscheidung zwischen "änderungswilligen" und "-unwilligen" Arbeitnehmern als Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB. Die Weigerung, der angetragenen Vertragsänderung zuzustimmen, war nicht etwa bloß äußerer Anlass für die vorgenommene Unterscheidung, vielmehr war sie gerade wesentliches Motiv für die vorgenommene Differenzierung, ohne dass es darauf ankommt, dass es der Beklagten nicht um eine "Bestrafung" ging. Wie bereits ausgeführt, liegt auch in einer sachlich nicht gerechtfertigten Vorenthaltung von Vorteilen eine Maßregelung im Sinne des Gesetzes.

(3) Die festgestellte Ungleichbehandlung und Maßregelung derjenigen Arbeitnehmer, welche der angetragenen Vertragsänderung nicht zugestimmt haben, kann auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, diese diene der Kompensation erlittener Verdiensteinbußen. Weder kann der vorgetragene Gedanke der "Kompensation" in dieser Allgemeinheit die festgestellte Ungleichbehandlung rechtfertigen, noch wird hierdurch der Maßregelungscharakter der vorgenommenen Differenzierung in Frage gestellt. Als "Kompensationsleistung", welche in sachlich gerechtfertigter Weise eine bestehende Ungleichbehandlung nachträglich korrigieren soll, kann nämlich nur die Gewährung solcher Leistungen gesehen werden, welche gleiche oder zumindest gleichartige Leistungen betreffen. Nicht anders als beim "Günstigkeitsvergleich" bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 TVG lässt sich auch im Rahmen der Beurteilung, inwiefern eine unterschiedliche Gewährung von Arbeitgeberleistungen eine bestehende Ungleichheit kompensiert oder aber in Bezug auf andere vertragliche Regelungskomplexe eine neue Ungleichbehandlung begründet, nur im Rahmen eines Sachgruppenvergleichs erfolgen. Gewährt etwa der Arbeitgeber denjenigen Arbeitnehmern, welche sich mit einer Lohnkürzung einverstanden erklärt haben, als Kompensationsleistung zusätzliche Freizeit, so wäre dies ersichtlich zum Ausgleich des geringeren Arbeitseinkommens ungeeignet. Entsprechendes gilt für die hier vorliegende Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, welche nicht zu einer Minderung der ausgezahlten Vergütung, sondern zum Verlust von Freizeit führt. Eine "Kürzung der Vergütung", welche durch eine spätere Lohnerhöhung ausgeglichen oder abgemildert werden soll, lässt sich allein in Bezug auf den rechnerisch ermittelten Stundenlohn begründen. Daran, dass die durch die Vergütungserhöhung begünstigten Arbeitnehmer eine höhere Vergütung als die hiervon ausgeschlossenen Arbeitnehmer erhalten und insoweit - anders als letztere - einen gewissen Ausgleich für die jeden Arbeitnehmer treffende Geldentwertung erfahren, ändert der Hinweis auf die unterschiedliche Arbeitszeit nichts. Demgegenüber liefe es auf einen Verzicht an Rechtskontrolle am Maßstab von Gleichbehandlungsgrundsatz und Maßregelungsverbot hinaus, wenn jedwede Differenzierung auf ein noch soweit gefasstes Kompensationsmotiv gestützt werden könnte.

(4) Soweit die Beklagte schließlich darauf verweist, im Betrieb existierten nunmehr zwei verschiedene Vergütungssysteme, jeder Beschäftigte könne allein verlangen, Leistungen nach dem für ihn maßgeblichen Vergütungssystem gewährt zu erhalten, trifft auch dieser Einwand nicht zu. Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, ihren Beschäftigten die jeweils vertraglich versprochene Leistung zu gewähren. Für diesen Fall wäre in der Tat ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verneinen, da sich dieser auf Fall-Gestaltungen beschränkt, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer außerhalb rechtlicher Bindungen einseitig "behandelt". Allein die Erfüllung unterschiedlicher Rechtsansprüche kann einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht begründen. Die maßgebliche Ungleichbehandlung liegt jedoch hier darin, dass die Beklagte - ohne entsprechende Rechtspflicht - allein denjenigen Arbeitnehmern eine Vergütungserhöhung gewährt hat, welche der früher angetragenen Vertragsänderung zugestimmt hatten. Dass hierin kein zulässiges Differenzierungskriterium liegt, hat das Bundesarbeitsgericht in der bereits zitierten Entscheidung zur Erfolgsbeteiligung (AP Nr. 8 zu § 612 a BGB) überzeugend ausgeführt.

(5) Auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.03.2007 (5 AZR 420/06 - NZA 2007, 863) ergibt sich nichts anderes. Danach ist der Arbeitgeber zwar im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang, welcher dazu führt, dass für die Belegschaft des übernommen Betriebes andere Arbeitsbedingungen als für die "Stammbelegschaft" gelten, eine Lohnerhöhung zum Zweck der Angleichung der Vergütung vornehmen, ohne dass hierin eine unzulässige Ungleichbehandlung oder Maßregelung liegt, auch wenn die hiervon ausgeschlossenen Arbeitnehmer zuvor einer vertraglichen Angleichung der Arbeitsbedingungen nicht zugestimmt haben. Vielmehr geht es in einem solchen Fall erkennbar ausschließlich um das Motiv, übergangsbedingte - und damit vom Willen der Parteien unabhängige - Ungleichheiten der Vergütungssysteme abzubauen, nicht hingegen um eine Maßregelung solcher Arbeitnehmer, welche sich in der Minderzahl einer vom Arbeitgeber angestrebten Änderung vereinbarter Vertragsbedingungen widersetzt haben. Demgegenüber steht die hier maßgebliche Herausnahme der Klägerin von der gewährten Erhöhung der Arbeitsvergütung in einem untrennbaren Zusammenhang mit der vorangehenden Weigerung der Klägerin, dem "Bündnis für Arbeit" beizutreten und einer Verlängerung der Arbeitszeit zuzustimmen, so dass eben hierin das tragende Motiv für die Ungleichbehandlung gesehen werden muss.

II

In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil sind die Arbeitsbedingungen der Klägerin im Zusammenhang der Änderungskündigung der Beklagten vom 19.06.2006 nicht wirksam geändert worden.

1. Abweichend vom Standpunkt der Klägerin scheitert die ausgesprochene Änderungskündigung allerdings nicht am vertraglichen Kündigungsausschluss auf der Grundlage des "Bündnisses für Arbeit". Da die Klägerin dem genannten Bündnis nicht beigetreten ist, kommen ihr auch die als Gegenleistung für die Arbeitszeitverlängerung zugesagten Vergünstigungen nicht zugute. Dem abweichenden Rechtsverständnis der Klägerin vermag die Kammer nicht zu folgen, wobei klarzustellen ist, dass der angesprochene Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen seine Rechtsgrundlage nicht in der Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vom 03.11.2004, sondern in einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung findet, welche die Klägerin indessen nicht unterzeichnet hat. Von einer betriebsverfassungsrechtlich oder individualvertraglich gestützten Zusage der Unkündbarkeit sämtlicher Beschäftigter ohne Rücksicht auf das individuelle Einverständnis mit der vorgesehenen Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich kann bei verständiger Auslegung nicht ausgegangen werden.

2. Die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen muss jedoch als sozialwidrig angesehen werden. Dies ergibt sich hier schon daraus, dass die von der Beklagten angestrebte Aufstockung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche gar nicht erforderlich ist, um das angestrebte Konzept einer vollschichtigen Beschäftigung unter weitestgehender Vermeidung von Arbeitsplatzübergaben während der Schicht zu realisieren.

a) Wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 30.09.2003 (9 AZR 665/02 - AP § 8 TzBfG Nr. 5 = DB 2004, 709) im Zusammenhang mit der Prüfung eines Teilzeitbegehrens ausgeführt hat, unterliegt zwar die Aufstellung des betrieblichen Organisationskonzepts im Grundsatz der freien unternehmerischen Entscheidung, ohne dass die Arbeitsgerichte die Zweckmäßigkeit der gewählten Arbeitsorganisation zu überprüfen haben. Dementsprechend sind ohne Zweifel Fallgestaltungen denkbar, in denen gewählte Betriebsorganisationen sich allein bei Einsatz von Vollzeitkräften realisieren lässt. In Anlehnung an die in der oben genannten Entscheidung genannten Gesichtspunkte kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall nicht allein das gewählte Organisationskonzept dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers als "betrieblichen Grund" entgegenhalten, vielmehr kommt - unter Beachtung des strengeren Maßstabes der "dringenden betrieblichen Erfordernisse" in § 1 Abs. 2 KSchG - auch eine Änderungskündigung mit dem Ziel in Betracht, künftig im Betrieb nur noch Vollzeitkräfte einzusetzen.

b) Nicht anders als bei der Ablehnung eines Teilzeitwunsches gemäß § 8 TzBfG ist auch bei einer Änderungskündigung zur Schaffung von Vollzeitstellen von den Gerichten für Arbeitssachen in vollem Umfang nachzuprüfen, inwiefern das vom Arbeitgeber gewählte Organisationskonzept tatsächlich nur mit Vollzeitkräften realisiert werden kann.

So hat das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung den vom Arbeitgeber geltend gemachten Einwand entgegenstehender betrieblicher Belange mit Rücksicht darauf verworfen, dass die vom Arbeitgeber gewählte Arbeitsorganisation (Filialbetrieb des Teppichbodenhandels mit einer Ladenöffnungszeit von 62 Stunden) selbst bei ausschließlichem Einsatz von Vollzeitkräften nicht gewährleisten kann, dass der Kunde stets denselben Teppichverkäufer antrifft. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass der Kontakt zwischen Kunde und Teppichbodenverkäufer in der Regel keine laufende Abstimmung, sondern allenfalls einzelne Rückfragen oder Terminabsprachen hinsichtlich der Teppichverlegung bedarf, erscheint zweifelhaft, ob von einer wesentlichen Beeinträchtigung des angestrebten Konzepts ausgegangen werden kann, wenn einzelne Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt werden (BAG a. a. O.).

In der Rechtsprechung der Instanzgerichte (LAG Köln, Urteil vom 03.02.2006 - 11 (13) Sa 1246/05 - NZA-RR 2006, 343; LAG Hamm, Urteil vom 21.12.2004 - 6 Sa 1294/04 (Juris) ist nach denselben Maßstäben ein "Vollzeitkonzept" im Bereich der Bankbeschäftigten beurteilt und entscheidend darauf abgestellt worden, inwiefern die konkrete Aufgabenstellung des Arbeitnehmers - etwa als Angestellter im Schalterdienst oder als Vermögensberater - den Aufbau einer persönlichen Vertrauensbeziehung zum Kunden fordert. Allein der Hinweis, im Bankgewerbe stehe das Vertrauen zum Kunden im Vordergrund und lasse daher eine Teilzeitbeschäftigung nicht zu, kann danach dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers nicht wirksam entgegengehalten werden.

c) Der vorliegende Sachverhalt ist immerhin durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die in der Abteilung der Klägerin beschäftigten Sachbearbeiter eine Vielzahl von Organisations- und Abstimmungstätigkeiten zu erledigen haben, welche bei der Abwicklung und Betreuung der Touren verbunden sind. Dementsprechend leuchtet es im Grundsatz, dass durch den vollschichtigen Einsatz der Arbeitnehmer eine Optimierung der Arbeitsabläufe in der Weise zu erreichen ist, dass für Rückfragen stets bzw. jedenfalls ganz überwiegend ein und derselbe Mitarbeiter für die gesamte Tour zuständig ist. Anders als im Beispiel des Teppichverkäufers oder Bankangestellten ist bei der Abwicklung der Transportaufträge die Erledigung "aus einer Hand" nicht allein im Sinne einer Festigung der Kundenbeziehung wünschenswert, sondern führt unmittelbar zur Effektivierung der Arbeit, indem Rückfragen bei Kollegen sowie Übergaben bei Arbeitsende weitgehend vermieden und mögliche Fehlerquellen reduziert werden. Allein der Umstand, dass auch nach der bestehenden Arbeitsorganisation Betriebsöffnungszeit und individuelle Arbeitszeit sich nicht vollständig decken, vielmehr zu Beginn und Ende des Tagesgeschäfts auf der Grundlage flexibler Arbeitszeit bzw. einer entsprechenden "Schichteinteilung" in begrenztem Maße Übergaben von einem an den anderen Mitarbeiter erforderlich werden, ändert jedenfalls nichts daran, dass während der Zeit des hauptsächlichen Arbeitsanfalls (9.00 - 16.00 Uhr) in der Regel sämtliche Mitarbeiter in der Abteilung anwesend sind und speziell den ihnen zugewiesenen (nach Ländern geordneten) Aufgabenbereich bearbeiten.

d) Einer abschließenden Entscheidung, inwiefern die so umschriebenen Arbeitsumstände jedwede Form der Teilzeitarbeit ausschließen oder ob schon der Umstand, dass mit Rücksicht auf die flexible Arbeitszeitregelung der Grundsatz "eine Tour - ein Sachbearbeiter" ohnehin nicht durchgehalten werden kann, das bestehende Organisationskonzept durch Zulassung einer Teilzeitbeschäftigung nur unwesentlich beeinträchtigt wird, bedarf es indessen aus nachfolgenden Gründen nicht:

Auch bei Anerkennung des von der Beklagten vorgetragenen Organisationskonzepts folgt hieraus nämlich allein die Notwendigkeit einer "vollschichtigen" Tätigkeit, nicht hingegen die Anpassung an die betriebsübliche Arbeitszeit einer Vollzeitkraft (40 Stunden/Woche). Sämtlich von der Beklagten dargestellten Probleme einer Teilzeitbeschäftigung gehen ersichtlich von einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit in der Weise aus, dass arbeitstäglich verkürzt (z. B. fünf Stunden an fünf Tagen) gearbeitet wird und so ein Wechsel in der Sachbearbeiterfunktion nebst Übergabe des Arbeitsplatzes während der Hauptgeschäftszeit erforderlich wird. Dies ist indessen bei einer Teilzeitbeschäftigung weder zwingend erforderlich, noch hat die Klägerin im Zusammenhang mit ihrem erfolgreich durchgesetzten Begehren auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit zugleich eine bestimmte Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit erstritten. Vielmehr hat die Klägerin unstreitig seit geraumer Zeit - je nach Einteilung durch die Beklagte - ihre Arbeitsleistung an drei oder vier Tagen erbracht. Mit Rücksicht auf die bestehende flexible Arbeitszeitregelung muss die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von 25 Stunden auch nicht exakt in jeder Arbeitswoche eingehalten werden, vielmehr können Arbeitstunden innerhalb gewisser Grenzen vor- und nachgeholt werden. Hieraus ergibt sich aber, dass die Klägerin auch bei Beibehaltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden durchaus im Rahmen eines Organisationskonzepts eingesetzt werden kann, welches einen vollschichtigen Arbeitseinsatz fordert.

e) Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht diesen Umstand eingeräumt, jedoch auf die Problematik hingewiesen hat, dass bei einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin auf drei oder vier Arbeitstage die Abwesenheit der Klägerin an ihren "freien Tagen" zu einer Mehrbelastung der übrigen Sachbearbeiter führt, hat dies mit dem vorgetragenen Organisationskonzept einer vollschichtigen Beschäftigung nichts zu tun. Zwar kann der Arbeitgeber dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers auch ohne Hinweis auf ein bestimmtes Organisationskonzept den Einwand entgegenhalten, am Arbeitsmarkt lasse sich eine Ersatzkraft für eine Teilzeitbeschäftigung zur Auffüllung der verkürzten Arbeitszeit nicht finden. Überträgt man diese Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall einer Änderungskündigung zur Aufstockung einer Teilzeit- auf eine Vollzeitbeschäftigung, so setzt dies jedenfalls voraus, dass der Arbeitgeber bereits im Zeitpunkt der Kündigung sich erfolglos um einen Bewerber bemüht hat, welcher zu einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung bereit ist. Soweit die Beklagte vorträgt, qualifizierte Bewerber stünden nicht zur Verfügung, bedarf dies schon deshalb keiner Überprüfung, weil der so gefasste Kündigungssachverhalt nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung gewesen ist und aus diesem Grunde im Prozess keine Berücksichtigung finden kann. Gegenüber dem Betriebsrat hat die Beklagte im Übrigen das "Zeitfenster", welches nach der vorgetragenen Arbeitsorganisation in jedem Falle durchgängig von jedem Mitarbeiter besetzt sein muss, mit der Angabe 9.00 - 16.00 Uhr benannt. Dies entspricht einer Arbeitszeit - ohne Pause - von sieben Stunden. Die Notwendigkeit einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden lässt sich auf dieser Grundlage nicht belegen. Soweit demgegenüber in der Anlage zu Beklagtenschriftsatz vom 16.07.2007 (Bl. 180 d.A.) als "Beispiel eines Tageseinsatzes" ein durchgängiger Einsatz sämtlicher Mitarbeiter von 9.00 - 17.00 Uhr - also für acht Stunden angeführt wird, entspricht dies - wie die Beklagte auf Befragen eingeräumt hat - nicht der Realität. Bei Ausschöpfung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden für die "Hauptarbeitszeit" bliebe für die anfallenden "zeitlich variablen Tätigkeiten" vor und nach der aufgeführten Präsenzzeit gar kein Raum.

f) Zugleich folgt hieraus die Berechtigung des Einwandes, dass das von der Beklagten verfolgte Konzept einer "ganzheitlichen Tourenbetreuung jedenfalls keine Ausdehnung der Arbeitszeit auf 40 Stunden/Woche erfordert. Selbst bei einem betrieblichen Organisationskonzept, welches eine "ganzwöchige und vollschichtige" Präsenz der Arbeitnehmer in der "Kernzeit" von 9.00 - 16.00 Uhr erfordert, wäre allein eine Ausdehnung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 x 7 - 35 Stunden erforderlich. Außerhalb des Zeitfensters von 9.00 - 16.00 Uhr fallen ohnehin in begrenztem Umfang Übergaben an. Die "Dringlichkeit" einer Aufstockung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche lässt sich damit nicht feststellen. Auch das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen auch dem Umfang nach der gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen ist und die Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden nicht als erforderlich angesehen werden kann. Dem schließt sich die Kammer aus den vorstehenden Gründen an, so dass insgesamt der angestrebten Änderung der Arbeitsbedingungen der Erfolg versagt bleiben muss.

III

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen.

IV

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil zugelassen, soweit es die ausgeurteilten Zahlungsansprüche und damit die Anwendung der Vorschrift des § 612 a BGB betrifft. Demgegenüber bestand zur Zulassung der Revision hinsichtlich des Änderungsschutzbegehrens kein Anlass. Die vorliegende Entscheidung beschränkt sich auf die Anwendung der von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze, ohne dass hier Fragen von grundsätzlicher Bedeutung angesprochen sind.

Ende der Entscheidung

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