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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.09.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 2213/03
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Für die bei der krankheitsbedingten Kündigung erforderliche Zukunftsprognose ist von den im Kündigungszeitpunkt maßgeblichen Verhältnissen auszugehen, weswegen nachträglich gewonnene Erkenntnisse aus einem gerichtlichen Sachverständigengutachten zu Krankheitsdiagnostik und weiteren Therapiemaßnahmen unberücksichtigt bleiben müssen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 05.11.2003 - 4 Ca 2268/02 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand: Mit seiner Klage wendet sich der im Jahre 1964 geborene, ledige und mit einem GdB von 30 einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger, welcher im Betrieb der Beklagten seit dem 01.09.1982 als technischer Angestellter und seit 1996 in der Funktion eines Main-Operaters (Industriemeister Chemie) gegen ein durchschnittliches Monatsentgelt von 3.701,-- € beschäftigt war, in erster Linie gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung vom 27.09. zum 31.12.2002 und macht weiter Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges geltend. Widerklagend verlangt die Beklagte die Rückzahlung geleisteter Vergütung wegen irrtümlicher Überzahlung. Die angegriffene Kündigung hat die Beklagte, welche in G4xxxxxxxxxxx einen Betrieb der chemischen Industrie mit ca. 565 Arbeitnehmern führt, unter dem Gesichtspunkt mangelnder gesundheitlicher Eignung des Klägers ausgesprochen. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, die unstreitig beim Kläger vorliegende psychische Erkrankung schließe nach werks-ärztlicher Feststellung sowohl eine Beschäftigung als Main-Operator mit Fahr- und Steuertätigkeiten als auch die zuletzt ab Januar 2002 probeweise übertragene Tätigkeit als Reparatur-Koordinator aus. Angesichts des hohen Gefährdungspotentials der Produktionsanlagen, wo ständig mit hochexplosiven und brennbaren Stoffen gearbeitet werde, sei ein Einsatz des Klägers insbesondere unter Sicherheitsgesichtspunkten nicht mehr zu vertreten. Hierzu hat die Beklagte auf vorangehende Konflikte am Arbeitsplatz verwiesen, bei welchen sich erhebliche Defizite in der Zusammenarbeit und Kommunikation mit Vorgesetzten und Mitarbeitern gezeigt hätten, wobei es bereits zu unkontrollierten Verhaltensweisen des Klägers und einer Notabschaltung der Produktionsanlagen gekommen sei. Wie unstreitig ist, wurde der Kläger nach dem Auftreten innerbetrieblicher Konflikte im Zeitraum November/Dezember 1999 in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des S4. A3xxxxxx-H3xxxxxxx K4xxxxxxx behandelt. Die anschließend beabsichtigte stufenweise Wiedereingliederung in den bisherigen Einsatzbereich scheiterte daran, dass der Werksarzt die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Einsatz mit Fahr- und Steuertätigkeiten nicht erteilte, worauf der Kläger zunächst im Produktionsumfeld und ab Januar 2002 probeweise als Reparatur-Koordinator eingesetzt wurde. Nachdem der Werksarzt mit Wirkung vom 01.03.2002 auch für diese Tätigkeit eine Arbeitsunfähigkeit attestierte, stellte die Beklagte den Kläger ab dem 21.03.2002 von der Arbeit frei und leitete das Kündigungs-verfahren ein. Zur Begründung der Kündigung hat die Beklagte ausgeführt, unter den vorliegenden Umständen sei die Fortführung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen. Wegen der bestehenden Erkrankung bestehe die Gefahr, dass der Kläger in beruflich oder privat veranlassten Stresssituationen die Kontrolle verliere, woraus sich eine Gefährdung für Mitarbeiter, Nachbarschaft und Anlagen ergebe. Diese Einschätzung sei auch ärztlicherseits (Bl. 58 ff. d.A.) durch den vom Integrationsamt beauftragten Gutachter D1. S5xxxx bestätigt worden. Soweit demgegenüber der Kläger geltend mache, die vorliegende psychische Erkrankung beruhe auf einer langjährigen Exposition giftiger Stoffe sowie auf Betriebsunfällen in den Jahren 1997 und 1999 mit massivem Lösungsmittelkontakt, sei dieser Erklärungsansatz weder medizinisch überzeugend, noch werde hierdurch die festgestellte mangelnde gesundheitliche Eignung des Klägers in Frage gestellt. Mangels geeigneter anderweitiger Einsatzmöglichkeiten verbleibe allein die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nach schriftlicher Anhörung des Betriebsrats (Bl. 38 ff. d.A.) und Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes gemäß Bescheid vom 24.09.2002 (Bl. 32 d.A.) sei das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der tariflich vorgesehenen dreimonatigen Kündigungsfrist mit dem 31.12.2002 beendet. Demgegenüber hat der Kläger zum einen die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten und im Übrigen ausgeführt, bereits seit dem 01.08.2002 sei er wieder als arbeitsfähig anzusehen. Wie sich aus der Stellungnahme des behandelnden Neurologen, Psychiaters und Umweltmediziners D1. R3xxxxx vom 04.07.2002 (Bl. 79 ff. d.A.), vom 02.09.2003 (Bl. 221 d.A.) und vom 07.01.2004 (Bl. 273 ff. d.A.) ergebe, seien die früher - seit 1994/1995 - gelegentlich aufgetretenen psychischen Störungen nach stationärer Behandlung im Jahre 1999 unter Einnahme der verordneten Medikamente vollständig verschwunden. In Übereinstimmung mit der Beurteilung des behandelnden Arztes D1. R3xxxxx handele es sich bei den aufgetretenen Krankheitssymptomen um Folgen einer Lösungsmittel-Intoxikation, welche insbesondere darauf zurückzuführen sei, dass der Kläger im Jahre 1997 in eine ungesicherte Grube mit Lösungsmitteln und anderen Chemikalien gefallen sei. Im Jahre 1999 sei es zu einem weiteren Arbeitsunfall gekommen, wobei ihm Lösungsmittel in die Augen gespritzt seien. Die sich hieraus ergebenden Krankheitsfolgen im Sinne einer Polyneuropathie führten jedoch keineswegs zu einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit, vielmehr sei von einem Abklingen der Beschwerden auszugehen, so dass unter Beibehaltung der verordneten Medikation dauerhaft eine Beschäftigung des Klägers in seiner früheren Position ohne weiteres möglich sei. Dementsprechend sei die Beklagte auch zur arbeitsvertragsgemäßen Weiterbeschäftigung zu verurteilen. Für den Zeitraum September 2002 bis einschließlich Januar 2003 hat der Kläger die Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges verlangt und ferner einen Anspruch auf ein betriebliches "Begrüßungsgeld" und ein 13. Monatsgehalt geltend gemacht. Soweit die Beklagte die für August 2002 gezahlte Vergütung als irrtümlich geleistet zurückverlange, stehe ihm auch für diesen Monat Vergütung zu, da er bereits ab dem 01.08.2002 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Der Kläger hat im ersten Rechtszuge beantragt 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 27.09.02 beendet worden ist, sondern über den 31.12.02 hinaus ungekündigt fortbesteht; 2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.049,25 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.960,20 € netto nebst 8% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Lohnbeträge für September 2002 bis Januar 2003 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Widerklagend hat die Beklagte die Rückzahlung der Augustvergütung 2002 geltend gemacht und hat insoweit beantragt, den Kläger zur verurteilen, an die Beklagte 2.135,84 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Durch Urteil vom 05.11.2003 (Bl. 241 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Arbeitsmediziners D1. P4xxxx (Bl. 172 ff. d.A.) nebst nervenärztlichem Zusatzgutachten des D1. K3xxxxx (Bl. 142 ff. d.A.) die Klage abgewiesen und dem Widerklagebegehren der Beklagten entsprochen. Zur Begründung des klageabweisenden Urteils ist im Wesentlichen ausgeführt worden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen seine frühere Tätigkeit im Betrieb der Beklagten nicht mehr ausüben könne. Das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild mit rezidivierenden psychotischen Episoden, schizotypen Störungen und schizoiden Persönlichkeitsstörungen kombiniert mit sozialen Phobien stehe der Beschäftigung des Klägers mit Tätigkeiten, welche ein übliches Maß an Verantwortung, Eigenständigkeit und Kooperation in einem organisierten Betrieb voraussetzten und eine Fremd- oder Selbstgefährdung herbeiführen könnten, entgegen. Auf dieser Grundlage müsse von einer durchgängigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers seit dem 22.03.2002 ausgegangen werden, ohne dass Aussicht bestehe, dass der Kläger in absehbarer Zeit - bis zum Ablauf des Jahres 2004 - seine Arbeitsfähigkeit wiedergewinnen könne. Soweit sich der Kläger demgegenüber auf die abweichende Stellungnahme des D1. R3xxxxx berufe, habe dieser bei seiner Stellungnahme zu Unrecht den Lösungsmittelkontakt in den Vordergrund gestellt. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen könne jedoch nicht von einer durch Lösungsmittelkontakt ausgelösten Polyneuropathie ausgegangen werden, zumal Herr D1. R3xxxxx bei seiner Beurteilung die psychischen Erkrankungen des Klägers aus der Vergangenheit nicht ausreichend berücksichtigt habe. Soweit der Kläger die Betriebsratsanhörung bestreite, sei dieses Bestreiten unsubstantiiert, nachdem die Beklagte Inhalt und Hergang der Betriebsratsanhörung im Einzelnen vorgetragen habe. Mit Rücksicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien auch der Weiterbeschäftigungsantrag sowie die verfolgte Zahlungsklage unbegrün- det. Wegen der festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch im Monat August 2002 erweise sich zugleich die Widerklage der Beklagten als begründet. Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen das arbeits-gerichtliche Urteil, welches der Kläger in vollem Umfang zur Überprüfung stellt. Weder die vom Integrationsamt eingeholte ärztliche Stellungnahme des D1. S5xx vom 23.06.2002 noch das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten des D1. K3xxxxx seien geeignet, die vom Kläger unter Hinweis auf die Stellungnahme des behandelnden Arztes D1. R3xxxxx vorgetragene Behauptung zu widerlegen, bei den aufgetretenen Gesundheitsstörungen handele es sich um Folgen einer Lösungsmittelintoxikation. Nachdem sich der gesundheitliche Zustand des Klägers bereits im Zeitpunkt der Kündigung deutlich gebessert habe, sei bei Beachtung der verordneten Medikation von der tatsächlichen oder zumindest absehbaren Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers - auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit - auszugehen. Soweit es nach Ausspruch der Kündigung im Jahre 2004 zu akuten psychischen Problemen mit erneuter stationärer Aufnahme gekommen sei, beruhe dies auf nicht verallgemeinerungsfähigen Umständen und schicksalhaften Ereignissen. Insoweit ist unstreitig, dass der Kläger u.a. nach einem Konflikt mit seiner Lebensgefährtin die ärztlicherseits verordneten Medikamente abgesetzt hatte, worauf sich bei ihm Selbsttötungsgedanken einstellten, welche letztlich zur stationären Behandlung in der Zeit vom 23.07. - 03.09.2004 führten. Nach erfolgreicher Behandlung dieser Krankheitsepisode sei von einer vollen Stabilisierung des Gesundheitszustandes unter Beachtung der verordneten Medikation auszugehen. Wie im Übrigen der vom Landesarbeitsgericht bestellte Sachverständige D1. B6xxx bei der Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt habe, könne selbst auf der Grundlage des vom Gutachter angenommenen Krankheitsbildes einer noch nicht ausreichend behandelten "affektiven Störung" durchaus von einer günstigen Gesundheitsprognose ausgegangen werden, wenn neben der korrekten Medikation zugleich eine therapeutische Begleitung des Patienten erfolge. Von einer feststehenden dauerhaften Leistungsunfähigkeit oder einer vollständigen Ungewissheit der Genesung könne unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden. Der Kläger beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und nach den in erster Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die Berufung des Klägers mangels ausreichender Berufungsbegründung für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet und führt unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus, die vom Integrationsamt sowie vom Arbeitsgericht eingeholten Gutachten bestätigten eindeutig den arbeitgeberseitig vorgetragenen Standpunkt einer mangelnden gesundheitlichen Eignung des Klägers. Soweit sich der Kläger auch im zweiten Rechtszug erneut auf die Stellungnahme des D1. R3xxxxx beziehe, gehe diese an der Sache vorbei. Unabhängig davon, dass die beim Kläger aufgetretenen Krankheitserscheinungen durch die geschilderten Arbeitsunfälle nicht zu erklären seien, weshalb auch eine Anerkennung als Berufskrankheit erfolglos geblieben sei, führe schon die Tatsache, dass es bei Herabsetzung der Medikamentendosis oder eigenmächtigem vollständigen Absetzen der Medikation zu unberechenbaren Verhaltensweisen und Ausfällen kommen könne, dazu, dass dem Kläger krankheitsbedingt die Eignung für eine Tätigkeit in einem Produktionsbetrieb der chemischen Industrie fehle. Da unstreitig andere geeignete Arbeitsplätze nicht vorhanden seien, sei eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht vertretbar. Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gemäß dem Beweisbeschluss vom 11.03.2004 (Bl. 298 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Ärzte P5xx. D1. A1xx und D1. B6xxx (Bl. 362 ff. d.A.), ferner auf die ergänzende Stellungnahme des D1. B6xxx vom 30.05.2005 (Bl. 455 ff. d.A.) Bezug genommen. Weiter hat das Gericht den behandelnden Arzt des Klägers, Herrn D1. R3xxxxx, als sachverständigen Zeugen sowie den Sachverständigen D1. B6xxx zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vernommen. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.09.2005 Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die - entgegen den Einwänden der Beklagten zulässige - Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. I Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ausgesprochene Kündigung vom 27.09.2002 mit Ablauf des 31.12.2002 wirksam beendet worden. 1. In formeller Hinsicht bestehen gegen die Wirksamkeit der Kündigung keine Bedenken. Die Beklagte hat vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes ein-geholt, welche mit Bescheid vom 24.09.2002 erteilt worden ist. Weiter hat die Beklagte die Rechte des Betriebsrats gewahrt. Die vorgelegten Unterlagen zur schriftlichen Betriebsratsanhörung lassen Mängel des Anhörungsverfahrens nicht erkennen. In tatsächlicher Hinsicht hat der Kläger keine substantiierten Einwände erhoben, so dass in Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil von der korrekten Durchführung des Anhörungsverfahrens auszugehen ist. 2. In der Sache kann die Beklagte die ausgesprochene Kündigung erfolgreich auf Gründe in der Person des Klägers gemäß § 1 Abs. 2 KSchG stützen. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil muss nämlich davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt der Kündigung beim Kläger eine nicht ausgeheilte bzw. nicht erfolgreich therapierte psychische Erkrankung vorlag, welche unter Berücksichtigung der bestehenden Arbeitsplatzanforderungen und zu beachtenden Sicherheitsgesichtsaspekte einen Einsatz des Klägers in der Produktion ausschloss (a) und auch innerhalb eines absehbaren und zumutbaren Überbrückungszeitraums eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht erwarten ließ (b). Da nach dem unstreitigen Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beschäftigung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz außerhalb des Produktionsbereichs in Frage kam (c), kann die Entscheidung der Beklagten, das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung zu beenden, nicht beanstandet werden.

a) Aufgrund der vorliegenden psychischen Erkrankung ließ der gesundheitliche Zustand des Klägers im Zeitpunkt der Kündigung einen Einsatz im Produktionsbereich nicht zu. Insbesondere war aufgrund der seinerzeit ärztlich veranlassten Therapiemaßnahmen eine hinreichende Stabilisierung der Psyche nicht erreicht, welche die Gefahr stressbedingter "Entgleisungen" zuverlässig ausschloss. Hiervon ist das Gericht trotz der zum Teil voneinander abweichenden ärztlichen Beurteilungen des Krankheitsbefundes überzeugt. (1) Das Arbeitsgericht ist im Anschluss an das eingeholte Sachverständigengutachten des Arbeitsmediziners D1. P4xxxx und des nervenärztlichen Zusatzgutachtens des Neurologen und Psychiaters D1. K3xxxxx, welches wiederum an die im S4. A3xxxxx-H4xxxxx erhobenen Befunde anknüpft, davon ausgegangen, das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild sei den Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises zuzuordnen. Auf der Grundlage dieser Diagnose sei der Kläger für einen Einsatz als Main-Operator oder Reparatur- Koordinator ungeeignet, da ihm Tätigkeiten mit entsprechender Verantwortung aus Gefährdungsgründen nicht übertragen werden dürften. Demgegenüber hat der Kläger unter Hinweis auf die Stellungnahme des behandelnden Arztes D1. R3xxxxx auch im zweiten Rechtszuge an seinem Standpunkt festgehalten, die in der Vergangenheit aufgetretenen Erkrankungen beruhten auf Vergiftungserscheinungen, deren Folgen jedoch soweit abgeklungen seien, dass bei Fortführung der verordneten Medikation mit weiteren Ausfallerscheinungen nicht zu rechnen sei. Diesen Standpunkt hat der als sachverständiger Zeuge vernommene Arzt D1. R3xxxxx gegenüber dem Landesarbeitsgericht im Einzelnen bestätigt und unter der Voraussetzung, dass der Kläger Zuspitzungen betrieblicher Konflikte vermeidet, sich erwartungsgemäß lernfähig zeigt und dementsprechend die verordneten Medikamente durchgehend einnimmt, auch im Produktionsbereich eingesetzt werden kann, wobei wegen der durch die Betriebsunfälle bestehenden "Vorbelastung" der Gesundheit ein erneuter unmittelbarer Kontakt mit Giftstoffen vermieden werden müsse, wovon aber bei Einhaltung der allgemeinen Produktionsvorschriften ausgegangen werden könne. Nach dem Ergebnis des vom Landesarbeitsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens sind - wie der Gutachter D1. B6xxx bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens noch einmal herausgestellt hat - die aufgetretenen Erkrankungen nicht bzw. nicht maßgeblich durch die vom Zeugen D1. R3xxxxx herausgestellte Intoxikation zu erklären. Gegen einen solchen Zusammenhang spreche insbesondere das Fehlen körperlicher Symptome, wie sie für eine Nervenschädigung durch Belastung mit Giftstoffen kennzeichnend sei. Abweichend von der Auffassung des Vorgutachters und von der Diagnose des S4. A3xxxxxx-H3xxxxxxx, nach welcher beim Kläger Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis vorlägen, sei nach den jetzt getroffenen gutachterlichen Feststellungen am ehesten von einer "affektiven Störung" im Sinne einer schweren depressiven Erkrankung mit episodischem Verlauf und zeitweise psychotischen Symptomen auszugehen, welche durch eine vorbestehende psychische Vulnerabilität bedingt sei. Sowohl die aufgetretenen Arbeitsunfälle als auch die Stressbelastung am Arbeitsplatz seien damit nicht als Ursachen der psychiatrischen Erkrankung anzusehen, hätten aber - wie auch die besonderen psychischen Belastungen im privaten Bereich - jeweils zur psychischen Destabilisierung des Klägers beigetragen.

(2) Für die rechtliche Beurteilung, inwiefern durch die bestehende Erkrankung die Eignung des Klägers zur Fortführung seiner Tätigkeit im Betrieb der Beklagten in Frage gestellt ist, kommt es letztlich nicht auf die exakte Erfassung des Krankheitsbildes an, in kündigungs-schutzrechtlicher Hinsicht ist vielmehr entscheidend, inwiefern im Kündigungszeitpunkt wegen der Erkrankung des Klägers dessen Einsatzfähigkeit dauerhaft oder auf nicht absehbare Zeit infrage gestellt oder ob durch entsprechende Medikation und Therapiemaßnahmen der Gesundheitszustand des Klägers soweit stabilisiert war, dass ein Einsatz des Klägers am bisherigen Arbeitsplatz in der Produktion aktuell oder innerhalb eines zumutbaren Überbrückungszeitraum von nicht mehr als 24 Monaten erwartet werden konnte. Die Frage, inwiefern die Erkrankung auf betrieblichen Ursachen - etwa auf den vom Kläger geschilderten Arbeitsunfällen - beruht, ist allein für die stets erforderliche Interessenabwägung von Belang.

(a) Zur Frage der gesundheitlichen Einsatzfähigkeit des Klägers im Kündigungszeitpunkt hat der Sachverständige D1. B6xxx überzeugend ausgeführt, dass hierfür nicht allein die Einordnung des Krankheitsbildes als "affektive Störung" sowie eine hierauf bezogene Medikation maßgeblich ist, vielmehr bedürfen die beim Kläger festgestellten Beeinträchtigungen der Konzentrationsfähigkeit und kognitiver Defizite einer entsprechenden therapeutischen Behandlung. Zugleich bedarf es einer Stabilisierung der Psyche, um so zugleich die Einsichtsfähigkeit des Patienten in die Notwendigkeit strikter Medikamenteneinnahme zu stärken. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen kann nämlich nur bei regelmäßiger und dauerhafter Einnahme der verordneten Medikamente das Risiko von Rückfällen und Entgleisungen der Psyche, wie dies in der Vergangenheit vorgekommen ist, minimiert werden.

(b) Diese Voraussetzungen lagen unzweifelhaft im Zeitpunkt der Kündigung nicht vor. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Kläger im damaligen Zeitpunkt nicht allein die nach dem eingeschlagenen Therapiekonzept des D1. R3xxxxx verordneten Medikamente erhielt, sondern Gegenstand der ärztlichen Behandlung zugleich auch therapeutische Gespräche waren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits aufgrund dieses Therapieansatzes die vom Sachverständigen D1. B6xxx für notwendig erachteten Voraussetzungen zur Stabilisierung der Psyche und zur Überwindung der festgestellten mentalen Defizite geschaffen waren. Vielmehr bestanden aus den im Sachverständigengutachten genannten Gründen noch im Untersuchungszeitpunkt grundlegende Bedenken gegen eine Arbeitsaufnahme. Ob mit Hilfe der vom Sachverständigen D1. B6xxx geschilderten therapeutischen Maßnahmen künftig eine dauerhafte Stabilisierung der Psyche des Klägers erreicht werden könnte, so dass auch bei erneutem Auftreten von Konflikten am Arbeitsplatz oder in der Privatsphäre mit entsprechender Stressbelastung eine "Entgleisung" der Psyche - ggfls. mit Selbst- oder Fremdgefährdung - ausgeschlossen werden könnte, ist demgegenüber aus rechtlichen Gründen nicht von Belang. Maßgeblich für die soziale Rechtfertigung der Kündigung sind nämlich die Verhältnisse im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs. Erst nachträglich entstandene oder zutage getretene Umstände können danach bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes und der hierauf bezogenen Zukunftsprognose keine Berücksichtigung finden. (BAG AP Nr. 18, 22, 26 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG Urt. v. 21.02.2001 - 2 AZR 558/99 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 48 = NZA 2001,1071 ff.):

Dies gilt nicht allein für den Fall, dass der Arbeitnehmer erst nach Ausspruch der Kündigung durch eine Verhaltensänderung die Voraussetzungen für eine günstigere Zukunftsprognose schafft, indem er etwa durch Einstellen des Rauchens die Gefahr weiterer Atemwegserkrankungen begrenzt oder durch die nachträgliche Bereitschaft, sich einer Operation zu unterziehen, die Heilungsaussicht für eine bestehende Erkrankung verbessert. Zu den erst nachträglich entstandenen und damit kündigungsschutzrechtlich nicht mehr zu berücksichtigenden Umständen gehören vielmehr auch Änderungen der ärztlichen Behandlungsmethode, welche - etwa durch Arztwechsel oder neue medizinische Erkenntnisse - erst nach Ausspruch der Kündigung die Therapieaussichten verbessern und eine günstigere Prognose der Krankheitsentwicklung erlauben, als dies auf der Grundlage der im Kündigungszeitpunkt verordneten Heilmaßnahmen der Fall war. Auch das Risiko einer Fehlbeurteilung durch den behandelnden Arzt trifft nach diesen Grundsätzen den Arbeitnehmer (BAG vom 21.02.2001, a.a.O.)

Ohne die erst durch das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten zutage getretenen Erkenntnisse über zusätzliche Möglichkeiten der Stabilisierung des Gesundheitszustandes durch psychotherapeutische Begleitmaßnahmen muss aber davon ausgegangen werden, dass der Kläger zwar unter regulären Umständen die ihm verordneten Medikamente weiterhin eingenommen hätte, wodurch ein aktuelles Auftreten psychischer Störungen verhindert wurde. Nicht hingegen war die verordnete Therapie auch in dem Sinne ausreichend, um im Falle außerordentlicher Stressbelastungen der Gefahr einer "Entgleisung" der Psyche zuverlässig zu begegnen. Wie die Tatsache belegt, dass der Kläger im Jahre 2004 im Zusammenhang mit privaten Problemen die verordneten Medikamente abgesetzt hat und sich in diesem Zustand ernsthafte Störungen der Psyche gezeigt haben, muss davon ausgegangen werden, dass allein die vom behandelnden Arzt durchgeführte Behandlung eine hinreichende Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht gewährleistete.

Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, für die Beurteilung des Gesundheitszustandes im Kündigungszeitpunkt dürfe nicht auf die nachfolgenden Ereignisse des Jahres 2004 zurückgegriffen werden. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht darum, den Krankheitsverlauf nach Ausspruch der Kündigung als Indiz für oder gegen die Richtigkeit einer auf den Kündigungszeitpunkt bezogenen Gesundheitsprognose heranzuziehen. Der Sachverständige hat seine Einschätzung, die diagnostizierte Erkrankung sei allein mit der verordneten Medikation nicht optimal therapiert, weswegen es an einer ausreichenden Stabilisierung der Psyche fehle, nicht etwa aus den Ereignissen des Jahres 2004 geschlussfolgert, vielmehr knüpfen die Ausführungen des Sachverständigen an die selbst erhobenen Befunde einschließlich des neuropsychologischen Zusatzgutachtens an, welche unter Verwertung von Erfahrungswissen in dem Sinn gedeutet werden, dass allein durch die verordnete Medikation eine zuverlässige Stabilisierung der Gesundheit nicht zu erreichen und auch tatsächlich nicht erreicht ist. Letztere Feststellung bezieht sich zwar unmittelbar auf die Verhältnisse im Untersuchungszeitpunkt. Der Kläger trägt indessen selbst nicht vor, im Zeitpunkt der Kündigung sei sein Gesundheitszustand besser als im Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen gewesen. Dann bestehen aber keine Bedenken gegen die Annahme, der vom Sachverständigen erhobene Befund treffe auch für die Verhältnisse im Zeitpunkt der Kündigung zu.

(c) Soweit demgegenüber nach Auffassung des Arztes D1. R3xxxxx eine hinreichende Stabilisierung des Gesundheitszustandes auch bereits im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen haben soll, da sich gezeigt habe, dass der Kläger die verordneten Medikamente bis zum Vorfall aus dem Jahre 2004 regelmäßig eingenommen habe und der Kläger im Übrigen zweifellos lernfähig sei, um mit beruflichen und privaten Konflikten umzugehen, vermag dies die Kammer nicht zu überzeugen. Insbesondere bleibt bei dieser Einschätzung unberücksichtigt, dass das Auftreten psychischer Belastungsfaktoren und die hiermit verbundene Destabilisierung der Psyche zu einer Verhaltensänderung des Patienten führen kann, bei welcher die notwendige regelmäßige Einnahme von Medikamenten ausbleibt. Eben hierdurch kann es zu nicht überschaubaren "Entgleisungen" mit erheblichem Gefährdungs-potential kommen. Diejenigen Umstände, welche im Jahre 2004 beim Kläger eine Destabilisierung der Psyche bewirkt haben, können auch nicht als derart ungewöhnlich angesehen werden, dass eine Wiederholung ähnlicher Konfliktsituationen praktisch ausgeschlossen werden könnte. Demgemäß muss davon ausgegangen werden, dass im Kündigungszeitpunkt die Gefahr einer belastungsbedingten Fehlreaktion des Klägers nicht auszuschließen war. Ob - wie der Sachverständige D1. B6xxx ausgeführt hat - die zusätzliche Durchführung therapeutischer Maßnahmen die bestehenden Risiken vollkommen ausschalten könnte, oder ob selbst unter den vom Gutachter genannten Bedingungen ein gewisses "Restrisiko" nicht auszuschließen wäre, welches in Anbetracht der besonderen betrieblichen Verhältnisse als nicht hinnehmbar anzusehen wäre, bedarf aus den dargestellten Gründen keiner Entscheidung. Allein die dem Kläger von Herrn D1. R3xxxxx attestierte Lernfähigkeit und seine erklärte Bereitschaft, sich leidensgerecht zu verhalten, sind nach Art der vorliegenden Erkrankung nicht genügend, um die bestehenden Bedenken gegen einen Einsatz mit verantwortungsvollen Tätigkeiten im Produktionsbereich auszuräumen. Der Gesichtspunkt der gesundheitlichen Eignung umfasst nach der Art der auszuübenden Tätigkeit hier nicht allein Merkmale der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit oder der eigenen Gesundheitsgefährdung, sondern auch - wegen der Gefahren für Mitarbeiter und Allgemeinheit - eine ausreichende Sicherheit, dass es nicht wegen fehlender Stabilität der Psyche zu Fehlreaktionen kommt.

(3) Auf dieser Grundlage kann auch nicht dem Einwand des Klägers gefolgt werden, mit Rücksicht auf die bestehende Beweislastverteilung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG sei bei Zweifeln an der vollständigen Ausheilung bzw. hinreichenden Therapie der Erkrankung von der Sozialwidrigkeit der Kündigung auszugehen. Geht man im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen davon aus, dass zur Eignung für die auszuübende Tätigkeit unbedingt das Vorhandensein einer stabile Psyche - ohne die krankheitsbedingte Gefahr von Ausfallerscheinungen - gehört, so muss nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom Fehlen dieser Voraussetzungen ausgegangen werden. Auch wenn nicht feststeht, sondern lediglich als möglich erscheint, dass es bei Fortführung der Beschäftigung zu psychischen Belastungssituationen und Ausnahmereaktionen des Klägers kommen könnte, steht doch eine entsprechende krankheitsbedingte Disposition des Klägers fest. Schon diese und nicht erst die mehr oder minder geringe Wahrscheinlichkeit, dass es infolgedessen zu einer psychischen "Entgleisung" kommen könnte, begründet den festgestellten Eignungsmangel.

b) Die auf den Zeitpunkt der Kündigung bezogene Prognose möglicher Heilungsaussichten muss aus den bereits dargestellten Gründen als vollständig ungewiss angesehen werden. Insbesondere war nicht absehbar, dass es allein durch Zeitablauf und Fortführung der ärztlichen Behandlung unter Beachtung der verordneten Medikation zu einer zuverlässigen Stabilisierung der psychischen Konstitution kommen würde. Für die Einschätzung, der Gesundheitszustand des Klägers werde sich auf der Grundlage des im Kündigungszeitpunkts vorliegenden Behandlungskonzepts binnen 24 Monaten entsprechend verbessern, fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt jede Grundlage. Ob dies bei Durchführung der vom Sachverständigen D1. B6xxx angesprochenen ergänzenden therapeutischen Maßnahmen anders wäre, ist aus den vorstehenden Gründen nicht von Belang.

c) Entgegen dem Standpunkt des Klägers war es der Beklagten auch im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nicht zuzumuten, die weitere Krankheitsentwicklung über einen längeren Zeitraum abzuwarten, weil - wie der Kläger behauptet - seine Erkrankung maßgeblich durch betriebliche Ursachen bedingt ist.

Zum einen hat der Sachverständige D1. B6xxx unter Hinweis auf die Auswertung einschlägiger Fachliteratur einer derartigen Beurteilung im Hinblick auf fehlende körperliche Symptome widersprochen und jedenfalls eine monokausale Verursachung der festsgestellten Symptomatik durch betriebliche Faktoren verneint. Schon aus diesem Grunde scheidet eine Verpflichtung der Beklagten aus, trotz unabsehbarer Dauer der Erkrankung am Arbeitsverhältnis festzuhalten.

Zum anderen muss auch im Rahmen der Interessenabwägung der Grundsatz beachtet werden, dass die Zumutbarkeit weiteren Abwartens nach den im Kündigungszeitpunkt maßgeblichen Verhältnissen zu beurteilen ist. Ist im Zeitpunkt der Kündigung auf der Grundlage der vorhandenen ärztlichen Erkenntnis und dem hierauf aufbauenden Therapiekonzept allein eine Symptomfreiheit, nicht jedoch eine dauerhafte, auch unter Belastungssituationen hinreichend sichere Stabilisierung des Gesundheitszustandes erreicht, ohne dass weiterreichende Therapiemaßnahmen mit verbesserten Chancen zur Stabilisierung des Gesundheitszustandes bereits in Erwägung gezogen sind, so kann auf dieser Grundlage ein längeres Aufschieben der Kündigungsentscheidung auch im Fall betrieblicher Verursachung der Erkrankung nicht verlangt werden. Allein die abstrakte Möglichkeit, es werde sich auch ohne Änderung von Diagnostik und Behandlungsmethode irgendwann eine Besserung des Gesundheitszustands ergeben, rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ohne jede zeitliche Beschränkung. Für Überbrückungsmaßnahmen und ein vorübergehendes Freihalten des Arbeitsplatzes - auch für eine längere Zeitspanne - ist nur Raum, wenn - bezogen auf die im Kündigungszeitpunkt maßgeblichen Umstände - Aussicht auf Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit besteht. Dies war - wie vorstehend ausgeführt worden ist - hier nicht der Fall. Auch die Tatsache, dass der Kläger einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Auch der Umstand, dass mögliche Folgen der vom Zeugen D1. R3xxxxx in den Vorder- grund gerückten Giftstoffexposition auf Dauer abklingen, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Auch nach der Beurteilung des D1. R3xxxxx waren und sind die psychischen Folgen der Erkrankung nicht etwa überwunden, vielmehr ist weiterhin die Einnahme der verordneten Medikamente erforderlich. Die vom Zeugen D1. R3xxxxx erwartete Stabilisierung der Psyche knüpft nicht etwa an ein konkret prognostizierbares, mehr oder minder zeitnahes Abklingen der Krankheitssymptome an, vielmehr gründet sich die genannte Einschätzung, der Kläger sei bereits im Kündigungszeitpunkt wieder als arbeitsfähig anzusehen, auf die vorausgesetzte Lernfähigkeit des Klägers und eine entsprechend erwartete Verhaltensänderung zur Vermeidung von Stressbelastungen. Davon, dass allein noch ein irgendwie eingrenzbarer Zeitraum zu überbrücken sei, um die nach dem vorstehend begründeten Standpunkt der Kammer erforderliche dauerhafte Stabilisierung der psychischen Verfassung zu erreichen, kann auch auf der Grundlage der Ausführungen des Zeugen D1. R3xxxxx nicht ausgegangen werden.

Mangels anderer leidensgerechter Beschäftigungsmöglichkeiten muss nach alledem die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers ausgehen. Mit Ablauf der Kündigungsfrist ist dementsprechend des Arbeitsverhältnis der Partein wirksam beendet worden.

II

Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind auch der Weiterbeschäftigungsan- trag wie auch die vom Kläger verfolgten Zahlungsansprüche unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der arbeitsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.

III

Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Klägers nach Maßgabe der Widerklage.

IV

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen. V Die Kammer hat gemäß § 72 ArbGG die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Ende der Entscheidung

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