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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.09.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 721/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 275 Abs. 1
BGB § 276
BGB § 279 a.F.
BGB § 313 n.F.
BGB § 611
BGB § 615
ArbGG § 72 Abs. 2
Entgegen der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. AP Nr. 7 zu § 322 ZPO) kommt bei Gewährung einer Gratifikation aufgrund betrieblicher Übung eine Kürzung oder ein vollständiger Wegfall des Anspruchs wegen einer wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers aus Gründen der Treuepflicht des Arbeitnehmers nicht in Betracht. Ohne besondere Anhaltspunkte kann das Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers auch nicht als Ge-schäftsgrundlage (§ 313 BGB n.F.) der Gratifikationszuwendung angesehen werden.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 11.02.2004 - 4 (1) Ca 8/04 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand: Mit seiner Klage verlangt der Kläger, welcher seit dem Jahre 1984 als Arbeitnehmer im Metallbetrieb der Beklagten beschäftigt ist, die Zahlung von "Weihnachtsgeld" für das Jahr 2003 in Höhe von 90% seines Bruttoeinkommens. Hierzu verweist der Kläger auf die unstreitige Tatsache, dass er in der Vergangenheit - mindestens seit dem Jahre 1997 - eine entsprechende, als Weihnachtsgeld bezeichnete Zahlung vorbehaltlos erhalten hat, so dass eine rechtsverbindliche betriebliche Übung entstanden sei. Demgegenüber macht die Beklagte geltend, jedenfalls nach der Handhabung seit dem Jahre 2001 könne nicht von einer feststehenden Betriebsübung ausgegangen werden, vielmehr handele es sich erkennbar um eine Leistung nach "Gutdünken". Freiwillig habe die Beklagte im Jahre 2001 nur 50% eines Gehalts als Weihnachtsgeld gezahlt, die restliche Forderung habe der Kläger erst im Klagewege durchgesetzt. Nachdem im Jahre 2002 wiederum ein Betrag in Höhe von 90% des Gehaltes gezahlt worden sei, hingegen im laufenden Jahr (2003) kein Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld erhalten habe, könne von einer gleichmäßigen Handhabung keine Rede mehr sein. Im Übrigen beruft sich die Beklagte darauf, in Anbetracht ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage könne der Kläger nach Treu und Glauben die begehrte Leistung nicht verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Arbeitgeber berechtigt, die im Wege der Betriebsübung begründeten Gratifikationsansprüche zu reduzieren oder gänzlich zu beseitigen, sofern diese die Grenzen der zumutbaren Belastung überstiegen. Entsprechendes folge aus den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage und der Betriebsrisikolehre. Zur Darstellung ihrer wirtschaftlichen Lage legt die Beklagte betriebswirtschaftliche Unterlagen vor, welche fürdas Jahr 2002 einen Verlust von ca. 119.000,00 EUR, für das Jahr 2003 einen Verlust von mehr als 66.000,00 EUR und zum 31.07.2004 einen Verlust von ca. 36.000,00 EUR ausweisen. Die Beklagte behauptet hierzu, die Belastung mit entsprechenden Gratifikationsansprüchen führe zu einer ernstlichen Existenzgefährdung des Unternehmens. Nach Erledigung anderer Streitpunkte durch gerichtlichen Teilvergleich hat der Kläger im ersten Rechtszuge zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.659,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2003 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Durch Schluss-Urteil vom 11.02.2004 hat das Arbeitsgericht nach dem Klageantrag erkannt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, an der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne nicht festgehalten werden, da es sich bei den durch Betriebsübung begründeten Ansprüchen um vorbehaltlos zugesagte, vertragliche Rechte handele. Mit ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung begehrt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils und führt ergänzend aus, auch aus Gründen des Vertrauensschutzes müsse für den vorliegenden Fall an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auf welche sich die anwaltliche Beratungspraxis eingestellt habe, festgehalten werden. Die Beklagte beantragt, das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 11.02.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. I Dem Kläger steht der verfolgte Zahlungsanspruch nach den Regeln der betrieblichen Übung zu. 1. Unstreitig hat der Kläger zumindest seit dem Jahre 1997 mehr als dreimal vorbehaltlos die streitige Sonderleistung erhalten, so dass nach den Regeln der betrieblichen Übung ein entsprechender Rechtsanspruch des Klägers entstanden ist. 2. Soweit die Beklagte demgegenüber mit der Berufung einwendet, jedenfalls zuletzt habe es sich bei der Gewährung der Sonderzahlung nicht um eine feststehende Betriebsübung, sondern um eine Leistung nach "Gutdünken" ohne rechtsverbindlichen Charakter gehandelt, greift dieser Einwand nicht durch. Weder kann aus dem Umstand, dass die Beklagte bereits im Jahre 2001 einmal eine Leistungskürzung aus wirtschaftlichen Gründen versucht hat, anschließend im Jahre 2002 allerdings wieder die übliche Leistung in Höhe von 90% erbracht hat und nunmehr für das Jahr 2003 wiederum unter Hinweis auf wirtschaftliche Gründe die Gewährung einer Sonderzahlung verweigert, der erkennbare Wille abgeleitet werden, die Beklagte behalte sich jedes Jahr die Entscheidung über die Gewährung einer Sonderleistung aufs Neue vor, noch könnte allein durch eine solche Willensäußerung die einmal begründete betriebliche Übung abgeändert werden. Nachdem durch die mehrjährige - mehr als dreimalige - vorbehaltlose Gewährung der Sonderzahlung ein entsprechender Rechtsanspruch des Klägers entstanden ist, könnte dieser nur durch Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung beseitigt werden. Eine stillschweigende Änderung der einmal begründeten Betriebsübung durch eine gegenteilige dreimalige "negative Betriebsübung" (vgl. BAG, Urteil vom 04.05.1999 - 10 AZR 290/98 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 55) liegt erkennbar nicht vor. Aus der Sicht der Beschäftigten stellt sich das Verhalten der Beklagten vielmehr so dar, dass diese sich wegen ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage zur Erfüllung der durch Betriebsübung begründeten Ansprüche außerstande sieht. Weder liegt danach in der Nichtgewährung der Sonderzahlung ein Vertragsangebot der Beklagten zur künftigen Beseitigung der bestehenden Betriebsübung, noch hat erst recht der Kläger ein derartiges Änderungsangebot angenommen. 3. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es danach allein auf die Frage an, ob die Beklagte im Hinblick auf die vorgetragenen Verluste und wirtschaftlichen Schwierigkeiten bzw. die behauptete Existenzgefährdung zu einer Beseitigung des einmal begründeten Rechtsanspruches des Klägers berechtigt ist. Dies ist aus den nachfolgenden Gründen zu verneinen, ohne dass es einer weiteren Aufklärung in rechtlicher - hinsichtlich des Rechtscharakters der gewährten Sonderzahlung - und tatsächlicher Hinsicht - in Bezug auf die behauptete Existenzgefährdung - bedarf. a) Zur rechtlichen Ausgestaltung der gewährten Sonderzahlung im Sinne einer Gratifikationsleistung oder eines zusätzlichen (anteiligen) 13. Monatseinkommens haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht keine Angaben machen können. Insbesondere von der Frage, ob die Sonderzahlung im Ein- und Austrittsjahr anteilig gewährt wird, die Leistungsgewährung den Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses voraussetzt (Stichtagsregelung) und die empfangene Leistung gegebenenfalls bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Folgejahr zurückzuzahlen ist (Rückzahlungsklausel), hängt ab, ob es sich um reines - im zeitlichen Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest fälliges - Arbeitsentgelt i.e.S. handelt oder ob eine Gratifikationsleistung vorliegt, welche etwa die in der Vergangenheit geleistete und künftig erwartete Betriebstreue honorieren soll (vgl. z.B. BAG AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 1, 98, 100). Allein die Bezeichnung als Weihnachtsgeld ist demgegenüber für die rechtliche Einordnung ohne Aussagekraft, da sich insoweit ein feststehender Sprachgebrauch im Arbeitsleben nicht feststellen lässt (LAG Hamm, Urteil vom 18.04.2002 - 8 Sa 1164/01; BAG, Urteil vom 21.05.2003 - 10 AZR 408/02 - EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 8). Sollte es sich hier bei der gewährten Sonderzahlung um an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes zusätzliches Arbeitsentgelt handeln, welches allein hinsichtlich der Fälligkeit mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest verbunden ist, so lässt sich - unabhängig von den nachfolgenden Erwägungen - ein Wegfall des Rechtsanspruchs auf vollständige Auszahlung der Arbeitsvergütung keinesfalls begründen. Weder aus "Treu und Glauben" im allgemeinen, der arbeitsvertraglichen Treuepflicht, dem "Solidaritätsgedanken" oder nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage kommt eine Kürzung des Arbeitsentgelts i.e.S. als synallagmatisch geschuldeter Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung in Betracht. Vielmehr bezieht sich die von der Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich auf Gratifikationsleistungen. Dementsprechend wird nachfolgend zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die betriebsüblich gewährte Leistung als Gratifikation ausgestaltet ist. b) Hat der Arbeitgeber durch wiederholte regelmäßige Zahlung einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers nach den Regeln der betrieblichen Übung begründet, so unterliegt dieser Anspruch nach der zutreffend von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts doch gewissen rechtlichen Beschränkungen für den Fall, dass der Arbeitgeber nachträglich in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät oder gar in Konkurs fällt. So könne sich - nicht anders als bei der Gewährung betrieblicher Ruhegelder - auch bei der Gewährung einer ursprünglich freiwillig gezahlten Weihnachtsgratifikation die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur gegenseitigen Treue dahingehend auswirken, dass - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - der Arbeitnehmer eine vorübergehende oder dauerhafte Leistungskürzung oder gar den Wegfall der Leistung hinzunehmen habe (BAG, Urteil vom 17.04.1957 - 2 AZR 411/54 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 5). Ebenso soll nach der Entscheidung des Bundesarbeitgerichts vom 26.10.1961 (5 AZR 480/58 - AP § 322 ZPO Nr. 7) der Arbeitgeber im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten u.U. berechtigt sein, eine Kürzung der Leistung bzw. den vollständigen Wegfall anzuordnen, sofern durch die Leistungsgewährung das Maß zumutbarer Belastung überstiegen werde. Dies ergebe sich aus der Pflicht zur gegenseitigen Treue und Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.12.1964 (5 AZR 262/64 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 51) kann der Gesichtspunkt der Solidarität und Betriebsverbundenheit dazu führen, dass der Arbeitnehmer im Falle des Konkurses des Arbeitgebers auf ihm zustehende Gratifikationsansprüche verzichten muss, damit andere Arbeitnehmer ihre sonst gefährdeten Arbeitsplätze noch eine gewisse Zeit behalten können. c) Im neueren Schrifttum trifft diese Auffassung ganz überwiegend auf Bedenken oder Ablehnung (Lipke/Vogt/Steinmeyer, Sonderleistungen im Arbeitsverhältnis, 2. Aufl., Rz 153, 157; Röhsler, AR-Blattei SD "Gratifikation" Rz 226; Schierbaum in Berscheid/Kunz/Brand, PraxisArbR, Teil 2 Rz 1747; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl., § 78 Rz 37; allgemein zu den Grundsätzen des "Betriebsrisikos" bei Existenzgefährdung des Unternehmens ErfK-Preis, 3. Aufl., § 615 BGB Rz 135; Boewer in MünchHandb, 2. Aufl., Bd. I § 79 Rz 20). Auch die Rechtsprechung der Instanzgerichte steht der genannten BAG-Rechtsprechung kritisch gegenüber (ArbG Celle, NZR-RR 1998, 490; LAG Hamm LAGE § 242 BGB Geschäftsgrundlage Nr. 3, - auch zur Kürzung tariflicher Leistungen). d) Die Kammer teilt diese Bedenken. In Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsordnung den Beteiligten zur Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen verschieden ausgeformte Rechtsinstitute zur Verfügung stellt, ließe sich ein Rückgriff auf den allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben, die arbeitsvertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers und den Gesichtspunkt der Solidarität der Belegschaft zur Einschränkung vertraglich verfestigter Ansprüche nur rechtfertigen, wenn sich die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten als unzureichend erwiesen. Davon kann indessen nach dem gegenwärtigen Stand der Arbeitsrechtsdogmatik nicht ausgegangen werden. (1) Hierbei ist zunächst der Umstand zu berücksichtigen, dass es der Arbeitgeber schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages - z.B. durch Einführung einer "doppelten Schriftformklausel" (BAG, Urteil vom 24.06.2003 - 9 AZR 302/02 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 63) bzw. durch einen Vorbehalt bei erstmaliger (freiwilliger) Leistungsgewährung in der Hand hat, die Entstehung eines vertraglichen Anspruchs auf künftige Gratifikationsleistung von vornherein auszuschließen. Hierzu ist zwar allein der Hinweis auf die "Freiwilligkeit" nicht genügend (BAG, Urteil vom 23.10.2002 - 10 AZR 48/02 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 243). Erklärt der Arbeitgeber demgegenüber ausdrücklich, die Gewährung der Leistung erfolge ohne Rechtsanspruch und ohne Bindungswillen für die Zukunft, kann er in jedem Jahre erneut frei darüber entscheiden, ob, in welchem Umfang und unter welchen Gesichtspunkten er zusätzliche Leistungen gewähren will (BAG, Urteil vom 12.01.2000 -10 AZR 840/98 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 223). Als weitere Gestaltungsmöglichkeit steht dem Arbeitgeber die Gewährung einer widerruflichen Leistung zur Verfügung. Jedenfalls in der Vergangenheit ist die Gewährung von Gratifikationen unter Widerrufsvorbehalt auch ohne Benennung konkreter Widerrufsgründe problemlos für zulässig erachtet worden (vgl. die Darstellung bei Schierbaum in Berscheid/Kunz/Brand, PraixisArbR Teil 2 Rz 1680). Auch wenn dies nach neuer Rechtslage im Falle der Verwendung allgemeiner Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die Vorschrift des § 308 Ziff. 4 BGB Zweifelsfragen aufwirft (vgl. die Darstellung bei Richardi, NZA 2002,1057, 1063; demgegenüber stellt nach LAG Berlin, Urteil vom 30.03.2004 - 3 Sa 2206/03 - EzA-SD 2004 Nr.16 - die Vereinbarung eines Widerrufsrechts ohne Benennung von Widerrufsgründen eine "Besonderheit des Arbeitsrechts" im Sinne des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB dar ), ist damit die Möglichkeit, das Gratifikationsversprechen durch Widerrufsvorbehalt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu binden, nicht ausgeschlossen. (2) Hat der Arbeitgeber von den genannten Möglichkeiten des Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalts keinen Gebrauch gemacht, sondern durch wiederholte vorbehaltlose Leistungen einen entsprechenden Rechtsanspruch begründet, so bleibt nach den Regeln des Bürgerlichen Rechts die Verbindlichkeit der Vereinbarung bis zu ihrer Änderung bestehen. Als Gestaltungsmittel - gerade auch für den Fall wirtschaftlicher Schwierigkeiten und Existenzbedrohung - kommt insoweit im bestehenden Arbeitsverhältnis das Mittel der Änderungskündigung in Betracht. Auch wenn die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnkürzung stellt (BAG, Urteil vom 01.07.1999 - 2 AZR 826/99 - AP § 2 KSchG 1969 Nr. 53), ist dieser Weg doch geeignet, eine unzumutbare Belastung des Arbeitgebers - mit Wirkung für die Zukunft - zu beseitigen. Im Gegensatz zu der vom Bundesarbeitsgericht auf Treu und Glauben gestützten Anspruchsbeschränkung bewirkt das Instrument der Änderungskündigung zugleich, dass es der Entscheidung des betroffenen Arbeitnehmers überlassen bleibt, ob er das Arbeitsverhältnis künftig zu geänderten Bedingungen - also ohne die bislang zu beanspruchende Gratifikation - fortsetzen oder aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden will. Demgegenüber wird dem Arbeitnehmer über den Weg der Verpflichtung zu Treue, Rücksichtnahme und Solidarität ein geänderter Vertragsinhalt aufgezwungen, von welchem er sich nur durch Eigenkündigung lösen könnte. (3) Richtig ist allerdings, dass das Gestaltungsmittel der Änderungskündigung Wirkung nur für die Zukunft entfalten kann. Geht es demgegenüber um die Beseitigung bereits entstandener Gratifikationsansprüche wegen aktueller wirtschaftlicher Schwierigkeiten, wäre selbst eine außerordentliche fristlose Änderungskündigung zur Lösung der Problematik ungeeignet. Gleichwohl bestehen Bedenken, zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragestellung auf die wenig konturierten Grundsätze einer allgemeinen arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Rücksichtsnahme und Solidarität zurückzugreifen, wie sich dies aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt. Vielmehr stellt das Gesetz - nunmehr auch in ausdrücklich kodifizierter Form in § 313 BGB n.F. - das Rechtsinstitut der "Störung der Geschäftsgrundlage" zur Verfügung, anhand dessen die Frage zu beantworten ist, inwiefern eine von den Parteien nicht bedachte Änderung der Verhältnisse eine Anpassung oder Beseitigung vertraglicher Verpflichtungen verlangt. Bereits Nikisch (Anm. zu BAG AP§ 611 BGB Gratifikation Nr. 51) hat sich für eine rechtliche Einordnung der vorliegenden arbeitsrechtlichen Problematik in die "auch der Zivilistik bekannte" Frage der Veränderung oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausgesprochen und in diesem Zusammenhang den Konkurs des Arbeitsgebers als möglichen Anwendungsfall angesehen. a) Gleich, ob diesem Standpunkt im Ergebnis zu folgen ist, vermeidet die gewählte Einordnung der Fragestellung in die anerkannte Dogmatik des Bürgerlichen Rechts und die Regeln der "Geschäftsgrundlage" jedenfalls die Unschärfen vermeintlich spezifisch arbeitsrechtlicher Begrifflichkeiten wie etwa einer umfassend verstandenen Verpflichtung von Fürsorge, Treue, Rücksichtnahme und Solidarität, welche sich - anknüpfend an das Verständnis des Arbeitsverhältnisses als "personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses" - von den weitaus differenzierten Regeln und Wertungen des allgemeinen Vertragsrechts und insbesondere vom Recht der Leistungsstörungen des allgemeinen Schuldrechts entfernen. b) Nach § 242 BGB hat der Schuldner die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Damit dient die genannte Vorschrift zunächst einmal der Konkretisierung bestehender Rechte und Pflichten sowie der Begründung von Nebenpflichten wie etwa leistungssichernder Pflichten, Mitwirkungspflichten sowie Schutz-, Aufklärungs- und Rechenschaftspflichten (vgl. die Übersicht bei MünchKomm-Roth, § 242 BGB Rz 141 ff.) Mit der hier einzuordnenden Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Vertragspartei kann jedoch keinesfalls eine Verpflichtung zum Verzicht auf bestehende Forderungsrechte begründet werden (MünchKomm-Roth, a.a.O., Rz 187). § 242 BGB betrifft insoweit allein die Modalitäten der Leistungsabwicklung, stellt aber die Verbindlichkeit der vertraglichen Hauptpflichten nicht in Frage. Auch für das Verständnis der arbeitsvertraglichen Treue- und Fürsorgepflichten ist dieser Zusammenhang zu beachten. Die Tatsache, dass Ausgestaltung und Reichweite der vertraglichen Nebenpflichten stets die Besonderheiten der Vertragsbeziehungen zu beachten haben und speziell auf dem Gebiet des Arbeitsrechts die Treuepflicht des Arbeitnehmers besondere Ausprägungen zeigt, bedeutet nicht, dass im Arbeitsrecht - weit über den Regelungsgehalt des § 242 BGB hinaus - aus einer Verpflichtung zur "Rücksichtnahme" bei der Leistungsbewirkung eine Pflicht zum Verzicht auf vertragliche Hauptleistungsansprüche hergeleitet werden kann. c) Aus demselben Grunde - nämlich der rechtlichen Einordnung des Arbeitsverhältnisses in das Regelwerk des allgemeinen Schuldrechts - bestehen auch Bedenken dagegen, im Arbeitsrecht aus dem sog. Solidaritätsgedanken Beschränkungen vertraglich vereinbarter Rechtsansprüche herzuleiten. Der Gedanke der Solidarität der Arbeitnehmer betrifft in erster Linie die Regeln des kollektiven Arbeitsrechts, so etwa hinsichtlich der Ausgestaltung der Arbeitskampfmittel oder in betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Mittelbar können sich zwar hieraus auch individualrechtliche Auswirkungen - wie bei der Überwälzung des Lohnrisikos auf die Belegschaft bei arbeitskampfbedingten Betriebsstörungen - ergeben. Kennzeichnend hierfür ist jedoch stets ein - wie auch immer ausgestalteter - kollektiver Bezug in Abgrenzung zu rein individualrechtlichen Fragestellungen. Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber bei der Begründung vertraglicher Ansprüche im Wege der Betriebsübung - nicht anders als bei der Verwendung allgemeiner Arbeitsbedingungen oder einer sog. Gesamtzusage - eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen gleichartig gestaltet, stellt jedoch keinen im Rechtssinne "kollektiven" oder gar kollektivrechtlich geprägten Tatbestand dar, vielmehr gründet sich die Rechtsverbindlichkeit jedes einzelnen Leistungsversprechens auf die Grundsätze des Vertragsrechts. Dann kann aber auch nicht aus der gleichsam parallelen Wirkung der Vertragsansprüche auf den allein kollektivrechtlich begründbaren Grundsatz der Solidarität zurückgegriffen werden, um so ungeschriebene Beschränkungen der Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers zu begründen. Erst recht scheidet der Gedanke einer "solidarischen Betriebsgemeinschaft" von Arbeitgeber und Belegschaft als Rechtsgrundlage einer Beschränkung vertraglicher Ansprüche aus. d) Zwischenzeitlich haben sich Rechtsprechung und Schrifttum des Arbeitsrechts vom früheren "personenrechtlichen" Verständnis der arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen gelöst und erkannt, dass allein die Rückbesinnung auf die Schuldrechtsregeln des BGB - unter Beachtung der Besonderheiten der Dauerrechtsverhältnisse und der Elemente gesteigerten sozialen Kontakts und personaler Bindung im Arbeitsverhältnis - dazu geeignet ist, Wertungswidersprüche zu allgemeinen Rechtsregeln zu vermeiden. Für die vorliegendende Fragestellung bedeutet dies, dass vertraglich nicht vorbehaltene Einschränkungen des Gratifikationsversprechens allein nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage zu beurteilen sind. (1) Die Zuordnung der "wirtschaftlichen Überforderung" bzw. "Gefahr der Existenzvernichtung" zu den Regeln des allgemeinen Schuldrechts und den Regeln der "Störung der Geschäftsgrundlage" macht aber ohne weiteres deutlich, dass allgemein im Vertragsrecht die mangelnde Zahlungsfähigkeit des Schuldners die bestehenden Leistungsverpflichtungen unberührt lässt (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 313 BGB Rz 37, 39). Ausnahmen gelten allein, soweit es um grundlegende Veränderungen der wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnisse - wie z.B. Krieg, Naturkatastrophen - (sog. "große Geschäftsgrundlage", vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rz 8) geht, welche sich individueller Einflussnahme und Risikozurechnung entziehen. (2) Entgegen den Ausführungen der Berufung hat sich hieran auch durch die Schuldrechtsreform und den Wegfall der Vorschrift des § 279 BGB a.F. nichts geändert. Nach wie vor trifft das Risiko "kein Geld zu haben", den Schuldner, weswegen ihn der Geldmangel nicht von seiner Zahlungspflicht befreit. Auch aus § 276 BGB folgt nichts anderes. Dass die Schadensersatzhaftung des Schuldners ein "Vertretenmüssen" voraussetzt, welches bei unvorhersehbaren Leistungshindernissen fehlen kann - allein hierauf bezieht sich die zitierte Fundstelle bei Palandt/Heinrichs, § 276 BGB Rz 30, 32 -, hat nichts mit der Frage zu tun, dass die vertragliche Zahlungsverpflichtung des Unternehmens gegenüber Lieferanten, Geschäftskunden, Arbeitnehmern oder Finanzamt selbst bei unverschuldeten Zahlungsschwierigkeiten einschließlich der Gefahr der Insolvenz bestehen bleibt, da ein Fall der "Unmöglichkeit" i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Mit dieser gesetzlichen Wertung korrespondiert die Feststellung, dass die gegenwärtige und künftige Leistungsfähigkeit des Versprechenden regelmäßig nicht als Geschäftsgrundlage des Vertrages angesehen werden können, da sie in die vom Gesetz der einen Vertragspartei zugewiesenen Risikosphäre fallen. Sollen wirtschaftliche Entwicklung und/oder Leistungsfähigkeit des Versprechenden hiervon abweichend für Bestand und Inhalt der übernommenen Verpflichtung maßgeblich sein, bedarf es dazu nach den Regeln des Vertragsrechts einer besonderen Vereinbarung. (3) Für den Bereich der durch Betriebsübung begründeten Gratifikationsansprüche gilt im Ergebnis nichts anderes. Dies gilt auch für den Fall einer Existenzgefährdung des Unternehmens. (a) Nicht anders als für den Anspruch auf Zahlung der regulären Vergütung (Arbeitsentgelt im Sinne der synallagmatischen Gegenleistung) trifft auch für Ansprüche auf Zahlung vertraglich zugesagter Gratifikationen der Ausgangspunkt zu, dass es sich um einen Teil des zu beanspruchenden Arbeitsentgelts handelt. Allein die "Unberechenbarkeit" der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unternehmerischen Handelns vermag nichts an der gesetzlichen Risikozuweisung zu ändern, dass jede Vertragspartei das Risiko der eigenen Leistungsfähigkeit trägt, und zwar nicht nur hinsichtlich der versprochenen Gegenleistung, sondern auch hinsichtlich zusätzlicher, an besondere Voraussetzungen geknüpfter Zahlungsansprüche. Hat der Arbeitnehmer die geforderte Betriebstreue erbracht, gebührt ihm ohne weiteres die diesbezügliche Gegenleistung. Für eine Beschränkung der Leistungsverpflichtung mittels Treu und Glauben ist damit unter keinem Gesichtspunkt Raum. (b) Auch der Charakter des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf einen einmaligen Leistungsaustausch, sondern auf eine gewisse Dauer angelegt ist, trägt zunächst schon die Möglichkeit der Änderungskündigung Rechnung. Eben aus diesem Grunde überzeugt die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts gezogene Parallele zur Kürzung von Ruhegeldern bei wirtschaftlicher Notlage nicht. Gegenüber den Ruheständlern scheidet eine Änderungskündigung des Arbeitsvertrages aus, so dass es in der Tat im Fall der wirtschaftlichen Notlage besonderer Handhaben bedarf. Auf die Verhältnisse im "aktiven" Arbeitsverhältnis lassen sich diese Grundsätze nicht übertragen. Soweit es demgegenüber um aktuelle und kurzfristige Verschlechterungen der wirtschaftlichen Lage - bis hin zur Existenzgefährdung - geht, versagt zwar das Instrument der Änderungskündigung. Aus dem Fehlen gesetzlicher oder vereinbarter Änderungsmöglichkeiten folgt aber nicht, dass das Risiko kurzfristiger Änderungen der Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers - abweichend von den allgemeinen Regeln des Schuldrechts - der Geschäftsgrundlage des Leistungsversprechens zugeordnet werden kann. In Anbetracht der Tatsache, dass allein der Arbeitgeber die unternehmerische Verantwortung trägt und über Gewinnchancen und Verlustrisiken entscheidet, ohne dass der Arbeitnehmer hierauf unmittelbaren Einfluss hat, kann auch hinsichtlich nicht absehbarer kurzfristiger Verschlechterungen der wirtschaftlichen Lage nicht von einer "Risikogemeinschaft" von Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft ausgegangen werden. Selbst im Fall unvorhersehbarer Betriebsstörungen - nicht gemeint sind hier Fälle der "großen Geschäftsgrundlage" - stößt der Gedanke einer Risikoverlagerung auf Bedenken, da allein der Arbeitgeber die Entscheidung zu treffen hat, ob er sich für derartige Fälle Versicherungsschutz verschafft. (c) Entgegen der Auffassung von Nikisch (a.a.O.) folgt auch aus dem "Wesen der Gratifikation" und der Tatsache, dass es sich bei dem - nach den Regeln der Betriebsübung begründeten - Gratifikationsanspruch um eine vormals freiwillige Leistung des Arbeitgebers aus sozialen Gründen gehandelt hat, nichts anderes. Aus welchem Grunde der vormals freiwillige Charakter auch dann noch die Verbindlichkeit und Abänderbarkeit des Leistungsversprechens sowie die Frage der Geschäftsgrundlage und Risikozurechnung bestimmen soll, wenn im Wege der Betriebübung ein vorbehaltloser vertraglicher Anspruch entstanden ist, lässt sich, wenn nicht überhaupt der Rechtscharakter der Betriebsübung als konkludente vertragliche Einigung infrage gestellt werden soll, weder dogmatisch noch wertungsorientiert schlüssig begründen. Zu Unrecht wird nämlich aus dem vormals freiwilligen Charakter der Leistung und der bei Einführung der Leistung etwa vorhandenen sozialen Motivation gefolgert, auch nach Umwandlung in ein vertragliches Leistungsversprechen wirke das Wesen der Gratifikation als "Sozialleistung" weiter (so aber offenbar Nikisch, a.a.O.). Selbst wenn eine solche Sichtweise auf diejenigen Arbeitnehmer zutreffen sollte, welche in der Vergangenheit selbst noch in den Genuss der Gratifikation als freiwilliger Sozialleistung gelangt sind, versagt der Gedanke der Kontinuität jedenfalls bei denjenigen Arbeitnehmern, welche unter Geltung einer rechtsverbindlich gewordenen Betriebsübung in den Betrieb eintreten und - wie es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 6, 10; Urteile vom 17.09.1970 und vom 10.08.1988 - 5 AZR 571/87 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 32) entspricht, sogleich von der bestehenden betrieblichen Übung erfasst werden, ohne erst selbst die Anspruchsvoraussetzungen in eigener Person erfüllt haben zu müssen. Die hierfür maßgebliche Begründung, dass nämlich der neu eintretende Arbeitnehmer regelmäßig von der Gewährung von Gratifikationsleistungen erfährt und diese damit konkludent zum Inhalt des Arbeitsvertrages werden (BAG AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 6), bedeutet nicht, dass auf diesem Wege zugleich auch der vormalige Charakter der Gratifikation als freiwilliger Sozialleistung vermittelt wird. Für die Berücksichtigung des früheren Rechtscharakters als einer freiwilligen Sozialleistung ist damit nach Umwandlung in einen Rechtsanspruch kein Raum. Ebenso wenig kann aus dem Wesen der Gratifikation und dem Umstand, dass es sich bei dem vertraglich verfestigten Gratifikationsanspruch nicht um reines Arbeitsentgelt i.e.S. handelt, sondern mit der versprochenen Gratifikationsleistung eine Zusatzleistung zur Erreichung weitergehender Ziele - wie etwa der Belohnung geleisteter Dienste und dem Anreiz zu künftiger Betriebstreue - erbracht wird, eine Abschwächung der vertraglichen Bindung des Arbeitsgebers hergeleitet werden, welche über eine veränderte Zuordnung des Wirtschaftsrisikos im Rahmen der "Geschäftsgrundlage" den Arbeitgeber bei Zahlungsschwierigkeiten vom Gratifikationsversprechen befreit. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird nicht allein durch die laufende, proportional zur Arbeitsleistung gewährte Vergütung (Arbeitsentgelt i.e.S.) abgedeckt, sondern auch durch die zusätzlich - unter weiteren Voraussetzungen - versprochenen Sonderleistungen "entgolten" (Arbeitsentgelt i.w.S.). Auch letztere nehmen damit uneingeschränkt an der vertraglichen Bindung teil. Sollen versprochene Zusatzleistungen gleichwohl von anderen als den erkennbar vereinbarten Voraussetzungen - etwa von der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers - abhängig sein, erfordert dies eine entsprechende Klarstellung. Nicht hingegen kann unter Hinweis auf das Wesen der Gratifikation als zusätzlicher Leistung eine erleichterte Abänderbarkeit mittels der Regeln der Geschäftsgrundlage begründet werden. (d) Schließlich kann eine erleichterte Abänderbarkeit betriebsüblich gewährter Sonderzahlungen auch nicht damit gerechtfertigt werden, für den Arbeitnehmer sei auch ohne besonderen Hinweis erkennbar, der Arbeitgeber wolle sich - trotz rechtlicher Verbindlichkeit der begründeten Betriebsübung - zu einer zusätzlichen Leistung nur unter dem stillschweigenden Vorbehalt seiner Leistungsfähigkeit verpflichten. Aus der Sicht des Arbeitnehmers sind indessen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes nicht erkennbar, so dass für die Annahme eines stillschweigenden Änderungsvorbehalts oder einer Bedingung keine Grundlage besteht. Ebenso wenig wie im Bereich der ausdrücklich - im Arbeitsvertrag - vereinbarten Leistungen mangels gegenteiliger Erklärungen von einer bedingten Verpflichtung auszugehen ist, kann auch im Anwendungsbereich stillschweigender (konkludenter) Abreden unter Einschluss der Regeln der Betriebsübung allein aus dem formlosen Zustandekommen der vertraglichen Regelung auf einen eingeschränkten Bindungswillen oder unbenannte Vorbehalte geschlossen werden. Das gilt um so mehr, als es beim Vertragsschluss der Versprechende in der Hand hat, die gewollten Vertragsbedingungen klar zu formulieren. Auch wenn man im Übrigen die Wirkungen der Betriebsübung nicht nach den Regeln des Vertragsrechts begründen, sondern aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Sinne einer "Erwirkung" herleiten will, besteht für eine abgeschwächte Verbindlichkeit bzw. erleichterte Abänderbarkeit des kraft "Erwirkung" entstandenen Anspruchs keine Grundlage, sofern nicht der Vertrauenstatbestand der wiederholten vorbehaltlosen Zahlung selbst hierfür erkennbare Anhaltspunkte bietet. 4. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung des neueren arbeitsrechtlichen Schrifttums muss nach alledem die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als überholt angesehen werden. Sie ist - insbesondere nach der Normierung der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage - nicht mehr anwendbar. Vielmehr ist der Arbeitgeber auf die anerkannten Gestaltungsmittel des Zivilrechts angewiesen, um sich von einer unzumutbaren oder existenzbedrohenden Belastung durch Zahlungsverpflichtungen zu lösen. Unabhängig hiervon steht dem Arbeitgeber und Betriebsinhaber - nicht anders als im Verhältnis zu sonstigen Gläubigern - die Möglichkeit zu, durch Offenlegung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens die Arbeitnehmer zu freiwilligen Unterstützungsmaßnahmen wie Stundung oder Verzicht auf die Gratifikationsleistung zu bewegen, wobei ggfls. auch der Betriebsrat in geeigneter Form auf ein solidarisches Verhalten der Belegschaft zum Erhalt der Arbeitsplätze hinwirken kann. Ebenso wenig wie sich aber der Betriebsinhaber wegen finanzieller Bedrängnisse im Verhältnis zu anderen Gläubigern auf allgemeine vertragliche Rücksichtnahmepflichten, Treu und Glauben oder auf eine "Störung der Geschäftsgrundlage" berufen kann, um bestehenden Rechtsansprüchen auszuweichen, kann der Belegschaft ohne besondere rechtliche Grundlage ein "Sonderopfer" in Form der Beschränkung vertraglich verfestigter Gratifikationsansprüche auferlegt werden. 5. Nur ergänzend ist für den vorliegenden Fall auszuführen, dass die Beklagte bereits im Jahre 2001 erhebliche wirtschaftliche Probleme zu verzeichnen hatte. Eben aus diesem Grunde hatte sie das betriebsübliche Weihnachtsgeld zunächst nur in Höhe von 50% eines Gehalts ausgezahlt. Im Jahre 2002 hat die Beklagte demgegenüber - trotz negativen Betriebsergebnisses - die reguläre Sonderzahlung in Höhe von 90% eines Bruttogehalts erbracht. Wenn aber die Beklagte trotz gleichbleibend schlechter wirtschaftlicher Lage davon absah, durch Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung bestehende finanzielle Belastungen abzumildern, erscheint es auch aus diesem Grunde als zweifelhaft, ob aufgrund der anhaltenden weiteren schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und der hieraus abgeleiteten Existenzbedrohung selbst dann, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen für Gratifikationsansprüche aufgrund Betriebsübung eine erleichterte Abänderbarkeit auf der Grundlage des § 313 BGB n.F. annehmen wollte, hier ein Wegfall der Zahlungsverpflichtung nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage anzuerkennen wäre (Röhsler, a.a.O., Rz 225, 226). Ohne nähere Erklärung erscheint das Verhalten der Beklagten in gewisser Weise widersprüchlich. Andererseits macht die Beklage mit der Berufung geltend, sie habe sich bei der Prüfung rechtlicher Handlungsmöglichkeiten an der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht orientiert (und wohl aus diesem Grund förmliche Schritte zur Beseitigung der Betriebsübung für entbehrlich gehalten). Ob unter diesen Umständen das Ausbleiben einer Änderungskündigung und die ungekürzte Auszahlung der Gratifikation im Jahr 2002 auf Seiten der Beschäftigten ein besonderes Vertrauen in dem Sinne wecken konnten, mit nachteiligen Maßnahmen sei nicht zu rechnen, solange sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht weiter verschlimmere, bedürfte weiterer Aufklärung. Hiervon kann aus den vorstehenden Gründen abgesehen werden. 6. Andererseits kann aber auch nicht von einem berechtigten Vertrauen der Beklagten in die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - mit der Folge ihrer weiteren Anwendung bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits - ausgegangen werden, wie dies die Beklagte aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten hält. Weder trifft es zu, dass das Bundesarbeitsgericht noch vor wenigen Jahren seinen früheren Standpunkt bestätigt habe - die zitierte Entscheidung (BAG, Urteil vom 23.06.1994 - 6 AZR 853/93 - NZA 1995, 468 = AP § 615 BGB Nr. 56) betrifft Fragen des Betriebsrisikos bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit ohne Bezug zu Fragen des Gratifikationsrechts und weist das Vergütungsrisiko dem Arbeitgeber zu -, noch kann unter Berücksichtigung der Fortentwicklung der arbeitsrechtlichen Dogmatik und der im Schrifttum ganz überwiegend geäußerten Bedenken von einer gefestigten Rechtsüberzeugung ausgegangen werden, welche das Vertrauen rechtfertigte, die arbeitsrechtliche Entscheidungspraxis werde gleichsam unbelehrbar an der überkommenen Auffassung festhalten. Im Übrigen lässt sich auch auf der Grundlage der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht begründen, im Falle einer wirtschaftlichen Notlage stehe dem Arbeitgeber als einzige Reaktionsmöglichkeit eine aus Treu und Glauben abgeleitete Kürzungsbefugnis zu. Wenn die Beklagte, die bereits im Jahre 2001 mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte und in diesem Zusammenhang bereits einmal den Versuch einer Kürzung von Gratifikationen unternommnen hatte, in der Folge von geeigneten und rechtlich anerkannten Möglichkeiten zur Reduzierung der gratifikationsbedingten Zahlungsverpflichtungen absah, sondern statt dessen - trotz massiver Gegenstimmen - auf die unveränderte Fortgeltung der BAG-Rechtsprechung vertraute, so kann sie für sich keinen gesteigerten Vertrauensschutz mit dem Ziel in Anspruch nehmen, im vorliegenden Rechtsstreit noch einmal nach Maßgabe eines als unrichtig erkannten Rechtsstandpunktes behandelt zu werden. II Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen. III Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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