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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.09.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 132/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 117
BGB § 313
BGB § 388
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Vorbehalts- und Endurteil

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 16.11.2005 - 2 Ca 904/05 - wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.197,00 € netto und 157,76 € ergeht unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die von ihr mit einem Rückzahlungsanspruch aus einem behaupteten Darlehen vom 21.07.2004 erklärten Aufrechnung.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wesentlichen um Vergütungsansprüche des Klägers.

Der Kläger, von Beruf Rechtsanwalt, war auf der Grundlage eines als "Anstellungsvertrages" überschriebenen Vertrages ab 01.06.2004 bei der Beklagten als Rechtsanwalt eingestellt. Dieser Anstellungsvertrag enthält folgende Bestimmungen:

"1. Vertragsbeginn, Befristung und Aufgabenstellung

Der Angestellte wird ab 01.06.2004 als Rechtsanwalt eingestellt.

Herr E1xxxxxx beherrscht die englische und französische Sprache in Unterhaltungsform.

Das Aufgabengebiet umfasst:

Der Angestellte tritt nach außen als selbstständiger zugelassener Rechtsanwalt mit eigenem Konto bei der Volksbank Minden eG, mit Einzelvollmacht für Herrn M2xxxxx I1xxx, auf, und zwar im wesentlichen überregional in Deutschland, aber auch, falls es in der Firmengruppe U2x oder anderen interessanten Kunden erforderlich wird, im Ausland. Je nach Entwicklung soll ein weiterer Rechtsanwalt eingestellt werden.

Primärfunktion:

- Das Aufgabengebiet umfasst alle Rechtsgebiete, wobei Einigkeit darüber besteht, dass in der Anlaufzeit die Schriftsätze insgesamt von den Herren W2xxxx/I1xxx vorbereitet werden, während die Gerichtstermine selbst dann von dem Angestellten allein wahrgenommen werden. Falls es aus dem Umfang der Sache oder auch wegen Spezialbereichen in der Sache erforderlich wird, wird als Assistenz Herr Assessor W2xxxx oder ein Dritter begleitend tätig sein.

Sekundärfunktionen:

- Alle anfallenden Büroarbeiten, wie insbesondere die Bedienung der Büromaschinen (Internet), Akten-An- und Ablage sowie Aktenüberwachung etc.

Der Angestellte verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft zu erledigen und die entsprechenden Anweisungen seitens der Firma oder der Vorgesetzten zu beachten.

Ansprechpartner hinsichtlich Schriftsatzinhalt und Rechtsfragen ist Herr Assessor W2xxxx. Für alle anderen Bereiche ist Ansprechpartner ausschließlich Herr I1xxx.

2. Vertragsbeginn, Befristung und Aufgabenstellung

Grundlage des Vertrages sind gemäß nachstehender Reihenfolge

a) der Inhalt dieses Vertrages

b) die gesetzlichen Bestimmungen

3. Probezeit - Kündigung

Die Probezeit beträgt 6 Monate. Innerhalb der Probezeit kann das Vertragsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Nach der Probezeit gilt die gesetzliche Kündigungsfrist.

4. Gehalt

Das Brutto-Monatsgehalt beträgt 2.500,00 € (in Worten: zweitausendfünfhundert 00/00 EURO) zahlbar zum 5. des folgenden Monats.

Sonderzahlungen (13. Monatseinkommen, zus. Urlaubsgeld, etc.) sind mit dem vorgenannten Gehalt abgegolten.

Am Jahresschluss, und zwar bis 30.03. des Folgejahres, soll das Ergebnis besprochen werden. Es soll auch freiwillig eine Tantieme ausgezahlt werden. Die Versicherungskosten, Haftungssumme 1,0 Mio. €, sowie alle sonstigen Kosten trägt das Büro

5. Arbeitszeit - Überstunden

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt z.Z. 40 Stunden wöchentlichen.

Der Arbeitsbeginn ist von montags bis freitags auf 8.30 Uhr, das Arbeitsende von montags bis freitags auf 17.30 Uhr festgelegt. Die Mittagspause beträgt eine Stunde (von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr).

Betriebliche Erfordernisse können zur Notwendigkeit von Mehrarbeit führen. Umfang und Anzahl der Mehrarbeitsstunden ergeben sich aus den bei der Erledigung einzuhaltenden Terminen. Der Angestellte erklärt sich bereit, Mehrarbeit bis zu ca. 10 % zu leisten, die mit dem vorgenannten Bruttogehalt abgegolten sind.

6. Urlaub

Die Anzahl der Urlaubstage beträgt 30 Tage im Jahr.

Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Eine Übertragung des Jahresurlaubs bis zum 31.03. des Folgejahres ist möglich.

Die Urlaubszeit ist mit den Belangen des Büros bzw. mit den weiteren Mitarbeitern durch Eintragung in eine Urlaubsliste abzustimmen. Soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, werden die Wünsche des Angestellten berücksichtigt.

Bei Urlaubsanspruch für Teile eines Kalenderjahres, wie bei Beginn des Anstellungsvertrages bzw. bei Beendigung des Anstellungsvertrages gilt als vereinbart, dass die Betriebszugehörigkeit anteilmäßig bezogen auf die Monate bei Errechnung der Urlaubstage zugrunde gelegt wird.

7. Reisekosten - Dienstfahrten

Soweit Reisen im Rahmen der Berufsausübung erforderlich werden, sind diese von dem Angestellten vorzunehmen. Soweit möglich, sind die Fahrten mit vorhandenem Betriebsfahrzeug vorzunehmen. Sind Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erforderlich, so werden die tatsächlichen Kosten erstattet (2. Kl. Bundesbahn). Es erfolgt eine Reisekostenvergütung in Höhe der steuerlich gültigen Richtsätze. Es müssen kostengünstige Übernachtungsmöglichkeiten (Hotel, Pension) gewählt werden. Die Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen werden gemäß der einheitlichen Pauschalen vergütet:

- bei Abwesenheit von 24 h/Tag z.Z. 24,00 €

- bei Abwesenheit von mind. 14 h/Tag z.Z. 12,00 €

- bei Abwesenheit von mind. 8 h/Tag z.Z. 6,00 €

8. Nebentätigkeit

Die Übernahme von auf Erwerb gerichteten Nebentätigkeiten bedarf der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung der Firma.

9. Verschwiegenheitspflicht

Der Angestellte verpflichtet sich, über alle ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden geschäftlichen Angelegenheiten und Vorgänge, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, auch nach Beendigung des Angestelltenvertrages Stillschweigen zu bewahren.

10. Schlussbestimmungen

Es besteht Einigkeit, dass Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages zwischen den Parteien nicht getroffen wurden. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Bestätigung."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Vertrages vom 23.05.2004 (Bl. 4 ff. d.A.) Bezug genommen.

Daneben gab die Beklagte gegenüber der Rechtsanwaltskammer H4xx unter dem 24.05.2004 eine sogenannte "Freistellungserklärung" ab, die wie folgt lautete:

"Zulassung als Syndikus-Anwältin bzw. Syndikus-Anwalt

Freistellungserklärung für Herrn Rechtsanwalt J1xx U1xxxx E1xxxxxx

nachstehend Angestellter genannt

Als Arbeitgeber erklären wir unwiderruflich,

1. dass wir damit einverstanden sind, dass der Angestellte neben seiner Tätigkeit als Angestellter den Beruf des Rechtsanwaltes ausübt,

2. dass der Angestellte nicht gehalten ist, Belegschaftsmitglieder nach der Gebührenordnung oder unentgeltlich zu beraten oder zu vertreten,

3. dass der Angestellte berechtigt ist, sich während der Dienststunden zur Wahrnehmung etwaiger gerichtlicher Termine und Besprechungen jederzeit von seinem Dienstplatz zu entfernen, ohne im Einzelfall eine Erlaubnis hierfür einholen zu müssen, selbst wenn seine anwaltlichen Termine mit dienstlichen Terminen kollidieren.

4. dass außerhalb dieser Erklärung keine mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen existieren, die die anwaltliche Tätigkeit einschränken können."

Auf die Kopie Blatt 8 d.A. wird Bezug genommen.

Der Kläger ist unverheiratet und hat keine Unterhaltspflichten; vom arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttolohn von 2.500,00 € monatlich kam ein Nettobetrag in Höhe von 1.987,53 € zur Auszahlung. Hiervon entrichtete der Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 487,50 € an das Anwaltsversorgungswerk zur Alterssicherung. Auf die beispielhaft zur Gerichtsakte gereichte Lohnabrechnung für den Monat Januar 2005 (Bl. 9 d.A.) wird verwiesen.

Die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau A1xxxx I1xxx-H1xx, sowie deren Familie, insbesondere ihr Vater, Herr M2xxxxx I1xxx, sind in weiteren Unternehmen als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer tätig; die Beklagte hat hierbei insbesondere auf die Firma U2x U3xxxxxxxxxxx-Wasser-Abwasser GmbH & Co. KG verwiesen und spricht insoweit von der "U2x-Unternehmensgruppe". Seit Jahren ist Herr Assessor H5xxx-D5xxxx W2xxxx aus M1xxxx für die Familie I1xxx bzw. deren Unternehmen im Bereich der Bearbeitung der Rechtsangelegenheiten tätig. Nachdem Herr W2xxxx als Rechtsanwalt nicht mehr über eine Zulassung verfügte, suchte die Beklagte zur Einstellung einen Mitarbeiter, der über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügte. Dies stellt - zumindest nach dem Vorbringen der Beklagten - den wesentlichen Hintergrund für die Einstellung des Klägers ab 01.06.2004 dar.

Inwieweit der Kläger für die Beklagte sowie für die mit ihr verbundenen U2x-Gesellschaften tätig geworden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls ist der Kläger als Rechtsanwalt vor diversen Gerichten aufgetreten, da er - wie dargelegt - über die entsprechende Zulassung verfügt und Herr Assessor W2xxxx zur Vertretung jedenfalls bei den Landgerichten nicht befugt war. Seine anwaltliche Tätigkeit hat der Kläger den U2x-Gesellschaften, soweit er die Vertretung vor den Gerichten wahrgenommen hat, jeweils in Rechnung gestellt. Hierüber werden bzw. wurden zahlreiche Verfahren vor den insoweit zuständigen Gerichten des zulässigen Rechtsweges geführt. Wegen diverser, vom Kläger gegen Firmen der U2x-Unternehmensgruppen geführten Gebührenstreitigkeiten wird auf die Entscheidung des Amtsgerichts Minden vom 21.04.2006 - 20 C 221/05 - und 09.06.2006 - 20 C 185/05 - (Bl. 270 ff. d.A.) Bezug genommen, ebenso auf zahlreiche, vom Kläger erteilte Gebührenrechnungen (Bl. 103 ff. d.A.).

Mit Buchungstag vom 21.07.2004 erhielt der Kläger einen Betrag in Höhe von 10.000,00 € überwiesen, und zwar von der U2x U3xxxxxxxxxxx-Wasser-Abwasser GmbH & Co. KG mit dem Überweisungsvermerk "Abschlag auf diverse Rechnungen". Wegen der Kopie des Kontoauszuges wird auf Blatt 46 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.03.2005, dem Kläger zugegangen am 30.03.2005, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger zum 30.04.2005. Einwendungen gegen diese Kündigung hat der Kläger nicht erhoben.

Bereits ab Februar 2005 zahlte die Beklagte das monatliche Nettogehalt von 1.987,53 € an den Kläger nicht, erteilte aber die entsprechenden Abrechnungen (Bl. 23 - 25 d.A.).

Unter dem 13.05.2005 hatte der Kläger bei der Beklagten Visitenkarten und Stempel für seine Anwaltspraxis in Auftrag gegeben und dabei darauf hingewiesen, dass er diese schnellstmöglich benötige. Die Beklagte sagte Herstellung der Visitenkarten binnen einer Woche zu. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 06.06. die Lieferung von Visitenkarten und Stempeln angemahnt hatte, setzte er eine Frist bis zum 08.06.2005. Mittlerweile hatte der Kläger nach fristloser Kündigung der Büroräume durch die Beklagte am 19.05.2005 die Kanzlei vollständig geräumt und nach D4xxxxx verlegt. Die Beklagte übersandte das Schreiben des Klägers vom 06.06.2005 an ihn per Telefax mit einem weiteren Aufdruck zurück, die Auslieferung der bestellten Gegenstände könne erfolgen, wenn das Geld eingegangen sei, und eine Übergabe "hier" erfolgen könne. Wegen der Kopie wird auf Blatt 39 d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 08.06.2005 trat der Kläger sodann vom Auftrag zurück, da - unstreitig - bis dahin jedenfalls eine Lieferung nicht erfolgt war (Bl. 28 d.A.). Unter dem 30.05.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger für Visitenkarten und Stempel eine Rechnung in Höhe von 276,08 € (Kopie Bl. 26 d.A.).

Daneben hatte der Kläger mit der Beklagten vertraglich vereinbart, dass diese seine Homepage als Rechtsanwalt wie auch seinen E-Mail-Account betreue. Hierüber zahlte der Kläger an die Beklagte einen Jahresbetrag in Höhe von 1.397,92 € (Kopie Bl. 43 d.A.). Mit Räumung der Kanzleiräume wurde die Homepage nicht mehr betrieben; außerdem war der Kläger unter seiner E-Mail-Adresse nicht mehr zu erreichen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 11.07.2005 die Beklagte aufgefordert hatte, die notwendigen Freischaltungen bis zum 15.07.2005 wieder vorzunehmen und die Beklagte keine Veranlassung hierzu traf, forderte er seinen anteiligen Jahresbeitrag für die Monate Juli bis Dezember 2005 in Höhe von 216,00 €. Insoweit ist der Kläger bereit, sich einen Betrag in Höhe von 168,20 € aus einer Rechnung der Beklagten vom 21.02.2005 (Bl. 27 d.A.) anrechnen zu lassen. Aus Sicht des Klägers bleibt hier zu seinen Gunsten ein Betrag in Höhe von 157,76 € offen.

Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Minden am 31.05.2005 eingegangenen und mit Schriftsatz vom 10.08., am gleichen Tage beim Arbeitsgericht Minden eingegangen, erweiterten Klage verlangt der Kläger die drei offenen Monatsnettobezüge sowie den genannten Betrag in Höhe von 157,76 € nebst Zinsen von der Beklagten.

Er hat vorgetragen:

Die Beklagte müsse in jedem Fall den pfandfreien Betrag seiner Arbeitslohnansprüche erfüllen. Im Übrigen schulde die Beklagte aber auch die vollen Nettobezüge, da Bedenken gegen die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages nicht bestünden.

Aufrechenbare Gegenansprüche stünden der Beklagten nicht zu. Die Zahlung des Betrages von 10.000,00 € am 21.07.2004 sei ein Vorschuss der U2x Umwelttechnik per Banküberweisung auf diverse Rechnungen des Klägers aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit gewesen. Dies ergebe sich bereits aus der Zahlungsbestimmung im Kontoauszug. Der Betrag sei mit Herrn M2xxxxx I1xxx sowie dem weiteren Mitarbeiter, Herrn P3xxx, besprochen worden. Erst wenn die Summe von 10.000,00 € durch anwaltliche Tätigkeit aufgebraucht sei, habe der Kläger eine endgültige Aufstellung seiner Gebührenansprüche an die Firma U2x Umwelttechnik stellen sollen.

Für die U2x sei er auch anwaltlich tätig geworden. Hier habe er nicht als angestellter Rechtsanwalt gearbeitet, da dieses auch standeswidrig gewesen wäre. Insbesondere habe die U2x auch einen Teil der von ihm erstellten Rechnungen bezahlt. Auch existiere ein Aktenvermerk des Herrn M2xxxxx I1xxx vom 20.12.2004, der eine Auflistung der weiteren anwaltlichen Tätigkeiten für die U2x-Unternehmensgruppe enthalte und überschrieben sei mit "Die nachstehenden Rechtsakten sind als Ergebnis der gemeinsamen Besprechung problemlos allein von Herrn E2xxxxxxx zu bearbeiten:". Wegen dieses Aktenvermerks wird auf die Kopie Blatt 211, 312 d.A. Bezug genommen.

Im Übrigen behaupte die Beklagte ein Gespräch über den Zweck der geleisteten 10.000,00 € für den 21.07.2004. An diesem Tag könne ein entsprechendes Gespräch gar nicht stattgefunden haben, da dies bereits der Buchungstag für die Überweisung des Betrages von 10.000,00 € gewesen sei.

Sein Rücktritt vom Vertrag hinsichtlich der Visitenkarten und Stempel sei wegen Lieferverzuges der Beklagten zu Recht erfolgt; nachdem die Internetseite und der E-Mail-Account des Klägers vertragswidrig von der Beklagten abgeschaltet worden seien bzw. entsprechendes veranlasst worden sei, habe diese nur noch einen Anspruch "pro rata temporis" für ihre tatsächlich erbrachten Leistungen. Aus diesem Grunde bestehe der weitere Anspruch in Höhe von 157,76 € zu Recht.

Soweit die Beklagte sich weiterer Schadensersatzansprüche berühme und diese teilweise zur Aufrechnung gestellt habe, ist der Kläger diesen vollumfänglich entgegengetreten und hat insbesondere die Auffassung vertreten, solche Ansprüche seien nicht vor den Gerichten für Arbeitssachen anhängig zu machen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.962,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.987,53 € seit dem 06.03.2005, aus 1.987,53 € seit dem 06.04.2005 und 1.987,53 € seit dem 06.06.2005 zu zahlen sowie an den Kläger weitere 157,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

widerklagend,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 7.271,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2005 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der Kläger habe an sich gar nicht gearbeitet; er sei zwar als Rechtsanwalt aufgetreten, die Arbeit habe indessen Herr Assessor W2xxxx erledigt.

Jedenfalls sei der Arbeitslohnanspruch, soweit er pfändbar sei, durch Aufrechnung erloschen. Denn die Beklagte habe dem Kläger in Höhe von 10.000,00 € ein Darlehen gewährt, welches ab Januar 2005 habe zurückgezahlt werden sollen. Die Zahlung über die U2x Umwelttechnik stehe dem nicht entgegen, da das Geschäftskonto der Beklagten seinerzeit nicht über ausreichende Deckung verfügt habe und man daher die U2x als Teil der Unternehmensgruppe angewiesen habe, die entsprechende Überweisung zu tätigen.

Soweit der Kläger hier einen Vorschuss auf zukünftige Rechnungen der U2x Umwelttechnik annehme, könne dies schon deswegen nicht zutreffen, weil der Kläger an sich habe keine Arbeitsleistung erbringen sollen, sondern die Vergütung nur für die Quasi-Bereitstellung seiner Anwaltszulassung hätte erhalten sollen. Die Vergütung aufgrund des Arbeitsvertrages sei als Anschubfinanzierung für seine künftigen Honorare für Rechtsanwaltstätigkeiten für die U2x bzw. die mit verbundenen Gesellschaften gedacht gewesen.

Der Kläger müsse die Visitenkarten bezahlen, da sie zum 06.06.2005 abholbereit bereitgestanden hätten. Eine konkrete Lieferfrist sei ebenso wenig vereinbart worden wie eine Versendung nach D4xxxxx. Dementsprechend rechne die Beklagte mit dem Betrag aus der Rechnung vom 30.05.2005 in Höhe von insgesamt 276,08 € sowie dem weiteren, vom Kläger anerkannten Betrag in Höhe von 168,20 € ebenso wie mit dem bereits genannten Darlehensrückzahlungsanspruch auf.

Außerdem hat die Beklagte erstinstanzlich mit weiteren Ansprüchen, so mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch aus anwaltlicher Fehlberatung, aus abgetretenem Recht aufrechnet.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen M2xxxxx I1xxx, M3xx K2xxxx sowie R1xxxxxx P3xxx hat das Arbeitsgericht der Klage im Umfange der Nettoarbeitsvergütung sowie in Höhe von 157,76 € stattgegeben; hinsichtlich der Widerklage hat es den Rechtsstreit abgetrennt und an das Landgericht in Detmold verwiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht Minden im Wesentlichen ausgeführt, dass es rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages nicht gebe und der Beklagten keine aufrechenbaren Gegenansprüche zustünden. Es sei nämlich nach der Beweisaufnahme nicht erwiesen, dass die Beklagte ein Darlehen gewährt habe. Daraus folge zugleich, dass sämtliche anderen Ansprüche, die die Beklagte vorsorglich in das Verfahren sowohl in Form der Widerklage als auch in Form von Prozessaufrechnungen eingeführt habe, nicht vom Arbeitsgericht zur entscheiden seien, sondern hier vielmehr das Landgericht Detmold das Gericht des zulässigen Rechtsweges sei.

Der Verweisungsbeschluss ist bestandskräftig geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils des Arbeitsgerichts Minden vom 16.11.2005 wird auf Blatt 146 - 163 d.A., wegen des Verweisungsbeschlusses auf Blatt 164, 165 d.A. Bezug genommen.

Gegen das Urteil, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 23.12.2005 zugestellt, wehrt sie sich mit der vorliegenden, bei Gericht am 23.01.2006 eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.03.2006 an eben diesem Tag begründeten Berufung.

Nachdem die Beklagte in der Berufungsbegründung als Hilfsantrag den ursprünglich auch in erster Instanz formulierten Widerklageantrag angekündigt hatte, hat das Landgericht Detmold in dem vom Arbeitsgericht Minden abgetrennten Verfahren zum Aktenzeichen 12 O 3/06 der Beklagten, dortigen Klägerin, gegen den Kläger eine Anspruch auf Darlehensrückzahlungen in Höhe von 10.000,00 € zugesprochen. Wegen des Urteils wird auf die zur Akte gereichten Auszüge Blatt 280 ff. d.A. Bezug genommen. Hiergegen wiederum hat der Kläger, dortiger Beklagter, Berufung zum Oberlandesgericht Hamm eingelegt. Das Verfahren dort wird zum Aktenzeichen 10 O 81/06 geführt; ein Urteil ist noch nicht ergangen.

Im Anschluss an die Entscheidung des Landgerichts Detmold hat die Beklagte sodann die hilfsweise im Berufungsverfahren weiterverfolgte Widerklage für erledigt erklärt und nunmehr im Berufungsverfahren durch Schriftsatz vom 06.07.2006, bei Gericht eingegangen am 07.07.2006, eine Feststellungswiderklage angekündigt, die sich im Hauptantrag auf die Feststellung richtete, dass der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrages vom 23.05.2004 verpflichtet gewesen sei, für genau bezeichnete Firmen und Personen ohne Abrechnung weiterer Gebühren tätig zu sein bzw. die Hilfsfeststellung begehrt, der Anstellungsvertrag der Parteien sei unwirksam. Wegen der genauen angekündigten Anträge wird auf den Schriftsatz vom 06.07.2006 (Bl. 261, 262 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte trägt vor:

Die Vergütungsvereinbarung im Anstellungsvertrag vom 23.05.2004 sei unwirksam, da die Parteien vereinbart hätten, mit dieser Vergütung seien sämtliche Tätigkeiten des Klägers aus anwaltlicher Tätigkeit für die U2x-Unternehmensgruppe und die Familie I1xxx abgegolten. Eine solche Absprache widerspreche dem anwaltlichen Vergütungsrecht und erfasse dementsprechend jeglichen Vergütungsanspruch des Klägers.

Auch sei die Geschäftsgrundlage für die arbeitsvertragliche Vereinbarung weggefallen, nachdem in den Gebührenrechtstreitigkeiten des Klägers mit den U2x-Firmen festgestellt worden sei, dass eine Vereinbarung im Hinblick auf das Nichtentstehen anwaltlicher Gebühren, weil abgedeckt durch Arbeitslohn, nichtig sei. Hätte die Beklagte diese Erwägungen der Zivilgerichtsbarkeit zuvor gekannt, wäre es zu der entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht gekommen. Dementsprechend sei die Wirksamkeit der besagten Entgeltabrede Vertragsgrundlage gewesen.

Im Übrigen rechne die Beklagte rein vorsorglich und hilfsweise mit ihrem Darlehensrückforderungsanspruch, wie ihn das Landgericht Detmold festgestellt habe, gegen die Klageforderung auf.

Wegen der Rechnungsbeträge für Visitenkarten und Stempel im Umfange von 276,08 € wiederholt und vertieft die Beklagte ihr Vorbringen erster Instanz.

Im Termin zur Verhandlung vor der Berufungskammer am 29.09.2006 hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, die im Berufungsverfahren angekündigten Anträge gemäß Schriftsatz vom 06.07.2005 (Feststellungswiderklageanträge) verfolge sie im vorliegenden Berufungsverfahren ebenso nicht weiter wie den ursprünglichen Hilfsantrag aus der Berufungsbegründung vom 23.03.2006.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Minden - 2 Ca 904/05 - vom 16.11.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend. Insbesondere habe es kein Arbeitgeberdarlehen der Beklagten gegeben, sondern einen Vorschuss auf zukünftige Rechnungen für anwaltliche Tätigkeit im Hinblick auf die U2x U3xxxxxxxxxxx-Wasser-Abwasser GmbH & Co. KG. Der Kläger habe auch nicht nur seinen Namen und seinen Titel als Rechtsanwalt für Herrn Assessor W2xxxx "hergeben" sollen. Herr Assessor W2xxxx habe teilweise über Jahre im Auftrage von Herrn Rechtsanwalt W4xxxxxxxxx, anschließend kurz im Auftrag von Herrn Rechtsanwalt F1xxxxxxxx und anschließend seit dem 01.06.2004 im Auftrage des Klägers die angegebenen Mandate bearbeitet. Auch die beiden angegebenen Rechtsanwälte hätten in der Vergangenheit stets Gebührenrechnungen für anwaltliche Tätigkeiten gegenüber den von der Beklagten angegebenen juristischen und natürlichen Personen erstellt. Die Beklagte habe auch nicht inseriert, dass sie einen Rechtsanwalt suche, sondern einen juristischen Mitarbeiter. Die Zulassung des Klägers sei für die Beklagte lediglich vorteilhaft gewesen, da der Kläger eigenständig postulationsfähig vor den Landgerichten gewesen sei. Es ergebe sich dieser Hintergrund des Arbeitsvertrages auch eindeutig aus der von beiden Parteien unterzeichneten Freistellungserklärung für die Rechtsanwaltskammer Hamm vom 24.05.2004. Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des Anstellungsvertrages bestünden dementsprechend nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat im Umfang der zuletzt im Termin zur Berufungsverhandlung gestellten Anträge unter dem Vorbehalt des vorgetragenen Darlehensrückzahlungsanspruches hinsichtlich der pfändbaren Beträge der Klageforderung keinen Erfolg. Dem Kläger steht nämlich ein Anspruch auf Zahlung des Nettoarbeitslohnes in unstreitiger Höhe von 5.962,59 € für die Monate Februar, März und April 2005 ebenso zu wie der weiter geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 157,16 €.

I.

Die Kammer hatte gemäß § 302 Abs. 1 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen durch Vorbehaltsurteil zu entscheiden, soweit der pfändbare Teil des Arbeitslohns des Klägers für die angegebenen Monate und der weitere Anspruch in Höhe von 157,76 € betroffen war; im übrigen war ein Endurteil zu erlassen.

Ist nämlich gemäß § 302 Abs. 1 ZPO die Entscheidung über eine Forderung vom Bestand einer erklärten Aufrechnung abhängig, kann insoweit ein Vorbehaltsurteil ergehen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben:

Die Beklagte hat ausweislich des Vorbringens im Berufungsverfahren eine Hilfsaufrechnung im Sinne der §§ 387 ff. BGB ausdrücklich auf einen von ihr behaupteten Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens gestützt. Ebenso unstreitig ist zwischen den Parteien, dass im Hinblick auf diese Forderung der Rechtsstreit beim Landgericht Bielefeld unter dem angegebenen Aktenzeichen anhängig ist; eine abschließende Entscheidung dort aber wegen der vom Kläger eingelegten Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm noch nicht ergangen ist. Damit hängt die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch den pfändbaren Teil der geltend gemachten Ansprüche auszuzahlen, ausschließlich davon ab, ob diese zur Aufrechnung gestellten Ansprüche bestehen oder nicht, was letztendlich beim Oberlandesgericht Hamm zu klären ist.

Soweit im vorliegenden Vorbehaltsurteil die pfandfreien Beträge angegeben sind, beruhen diese auf der Anwendung der Anlage 1 zu § 850 c ZPO und den insoweit unstreitigen Angaben der Parteien zum Arbeitseinkommen des Klägers. Ausgehend von der Nettovergütung von 1.987,53 € unter Abzug des Betrages für die Alterssicherung von 487,50 € verbleibt ein Nettoeinkommen von 1.500,03 € (vgl. § 850 c ZPO).

Hiervon ist unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger weder verheiratet ist noch sonstige Unterhaltspflichten hat, ein Betrag von 399,00 € pfändbar; gerechnet auf drei Monate also 1.197,00 €. Wegen der weiteren Forderung von 157,76 € besteht kein besonderer Pfändungsschutz.

II.

Die weiteren von der Beklagten ursprünglich geltend gemachten Ansprüche, die sie hilfsweise ebenfalls zur Aufrechnung gestellt hatte, waren von der Berufungskammer nicht zu prüfen und dementsprechend im Rahmen des Vorbehaltsurteils auch nicht zu berücksichtigen.

Denn die Beklagte hat ihre Aufrechnung im Berufungsverfahren abschließend und ausschließlich noch auf einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung gestützt. Diese Beschränkung der zur Aufrechnung gestellten Ansprüche nach Anspruchsgrundlagen war im Berufungsverfahren auch ohne weiteres möglich. Denn bei der im Prozess oder anlässlich eines Prozesses erklärten Aufrechnung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die nicht nur den allgemeinen Regeln der §§ 387 ff. BGB folgt, sondern auch den Regeln über Prozesshandlungen insgesamt. Die Prozessaufrechnung hat insoweit eine Doppelnatur. Das bedeutet (vgl. nur § 269 ZPO), dass eine Prozessaufrechnung zurückgenommen werden oder eben auch inhaltlich beschränkt werden kann (vgl. OLG Hamburg, Urteil v. 12.10.1972, 6 U 36/72, MDR 1973, S. 57; BGH, Urteil v. 11.10.1990, I ZR 32/89, DB 1990, S. 2529 zu A I 2 der Gründe; BGH, Urteil v. 11.11.1971, VII ZR 57/70, NJW 1972, S. 450 zu 2 a) der Gründe; jurisPK-BGB/Schmidt, 2. Aufl. 2004 § 388 BGB, Rn. 14 ff. m.z.N.).

III.

Im Hinblick auf den pfandfreien Teil des Arbeitslohns sowie im Hinblick auf den Anspruch auf Zahlung von 157,76 € hatte die Berufungskammer durch Endurteil zu entscheiden.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.962,59 € als Nettoarbeitslohn für die Monate Februar 2005 bis April 2005 gemäß § 611 BGB i.V.m. Ziffer 4) des Arbeitsvertrages vom 23.05.2004, da Bedenken gegen die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht bestehen; sie sind rechtswirksam.

a.

Es handelt sich nicht um ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB mit der Folge der Nichtigkeit einer oder beider Willenserklärungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses.

Bei einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB wollen die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen. In Wirklichkeit sollen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten (BAG, Urteil v. 22.09.1992, 9 AZR 385/91, AP BGB § 117 Nr. 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 117 Rn. 3 j.m.w.N.).

Vorliegend wurde in Form des Anstellungsvertrages nicht nur der äußere Schein eines Rechtsgeschäfts hervorgerufen, selbst wenn der Vortrag der Beklagten zutreffend sein sollte, der Kläger habe lediglich mit seinem Briefkopf herzuhalten. Auch hierbei handelt es sich um ein Rechtsgeschäft und nicht um ein Scheingeschäft im Sinne der oben genannten Bestimmungen, da genau diese Leistung dann im Vertrag vereinbart ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu einer ähnlichen Konstellation in den sogenannten Konzessionsträger-Entscheidungen geäußert. In diesen Entscheidungen (vgl. BAG, Beschluss v. 06.01.1997, 5 AS 14/96 bei juris; Urteil v. 02.02.1994, 10 AZR 673/92, DB 1994, S. 1782; Urteil v. 19.06.1996, 10 AZR 908/95 bei juris), denen die Berufungskammer folgt, ist ausdrücklich anerkannt worden, dass das Vorschieben eines sogenannten Strohmannes dann zwischen den Parteien ausdrücklich gewollt ist und eben kein Scheingeschäft vorliegt.

Im Übrigen wird hierzu auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen:

Die Beklagte hat mehrfach vorgetragen, dass unter der Voraussetzung, dass der Kläger für andere Firmen innerhalb der U2x-Unternehmensgruppe Anwaltsrechnungen erstelle, die Vergütung von 2.500,00 € brutto als viel zu hoch angesiedelt worden sei. Dieser Einwand ist indessen keine Frage der Rechtswirksamkeit des Geschäftes, sondern eine Frage dessen, was die Beklagte sich einseitig bei Abschluss des Arbeitsvertrages vorgestellt hat.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten dargelegte Vereinbarung, die der Kläger ausdrücklich bestritten hat, weder in den Arbeitsvertrag eingeflossen ist, obschon dieser zwischen den Parteien schriftlich abgeschlossen wurde. Ohne dass es hierbei auf die Frage der Schriftformklausel im Sinne des § 126 BGB ankäme, ist das jedenfalls ein Indiz dafür, dass das, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben, auch in der schriftlichen Urkunde niedergelegt ist.

Im Übrigen kann der Arbeitsvertrag auch nicht losgelöst von der Freistellungserklärung gegenüber der Rechtsanwaltskammer in Hamm gesehen werden. Dort heißt es nochmals ausdrücklich unter Ziffer 2), dass der Angestellte nicht gehalten sei, Belegschaftsmitglieder unter anderem unentgeltlich zu beraten oder zu vertreten. Hieran wird auch deutlich - auch wenn es sich bei den übrigen Firmen der U2x-Unternehmensgruppe selbstverständlich nicht um Belegschaftsmitglieder handelt -, dass mit dem Arbeitsvertrag andere Tätigkeiten des Klägers, insbesondere in Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes, nicht betroffen sein konnten.

b.

Auch spielt die in den zivilgerichtlichen Verfahren mehrfach angesprochene Nichtigkeit der von der Beklagten behaupteten Vereinbarung im Hinblick auf den Umfang der mit der Arbeitsvergütung im Arbeitsvertrag abgedeckten Tätigkeit für die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages keine Rolle. Die Beklagte selbst wäre es unter dem Aspekt gewesen, die der - bestrittenen - Abrede einen Inhalt beimessen würde, den die Rechtsordnung wegen Verstoßes gegen Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB nicht billigt. Inwieweit das dann letztendlich über § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit der Vergütungsvereinbarung führen sollte, ist nicht ersichtlich.

Doch selbst wenn sich diese als nichtig erweisen würde, wäre dann über § 612 BGB ein "üblicher" Vergütungsanspruch an den Kläger zu gewähren. Hierzu bedurfte es allerdings keiner abschließenden Entscheidung der Berufungskammer, da, wie dargelegt, eine Nichtigkeit der arbeitsvertraglichen Regelungen auch hierdurch nicht begründet wird.

c.

Auch nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB kommt eine andere Bewertung nicht in Betracht. Denn Geschäftsgrundlage eines zweiseitigen Vertrages kann nur etwas sein, was von beiden Vertragspartnern übereinstimmend als Geschäftsgrundlage bezeichnet worden ist. Hier ist im Hinblick auf den Anstellungsvertrag vom 23.05.2004 zwischen den Parteien gerade im Streit, welche konkrete Aufgabe der Kläger im Hinblick auf die gezahlte Vergütung für andere als die Vertragspartnerin des Arbeitsvertrages hat erbringen sollen. Solche streitigen Umstände indessen kann schon nach den Bestimmungen des Gesetzes nicht Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden sein (vgl. jurisPK- BGB/Pfeiffer, 2. Aufl. 2004, § 313 Rn. 45).

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine Anpassung oder Auflösung des Vertrages wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur in Betracht kommt, wenn ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist und dem Vertragspartner, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft, keine anderen Gestaltungsmittel zur Verfügung stehen (vgl. Rösler/Hannes, Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht-ZGS-2003, S. 383 m.w.N.).

Wie die Beklagte vorliegend selbst dokumentiert hat, hat sie - ihr Vorbringen zum Inhalt der Vergütungsvereinbarung als zutreffend unterstellt - das Mittel der Loslösung vom Vertrag in Form der ordentlichen Kündigung zum 30.04.2005 gewählt. Damit ist ein weiterer Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.04.2005 hinaus ausgeschlossen gewesen, so dass sich die generelle Frage der Vertragsanpassung, wie sie Grundlage für § 313 BGB ist, ab dem 01.05.2005 nicht mehr gestellt hat.

Aus diesem Grunde kann eine Anpassung über das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB nicht zum Wegfall der Vergütungsabrede führen.

Nach alledem steht fest, dass die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien vom 23.05.2004 rechtswirksam sind.

2.

Der Kläger hat auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 157,16 € aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Vertrag über die Einrichtung des E-Mail-Accounts und der Internetdomain.

Denn die Beklagte ist dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1 BGB dadurch zum Schadensersatz verpflichtet, dass sie, obschon der Kläger für das gesamte Jahr den vereinbarten Preis gezahlt hatte, die Leistungen mit Juli 2005 vollständig eingestellt hat und diese auch nach Fristsetzung durch den Kläger nicht wieder aufgenommen hat. Der Kläger berechnet seinen Anspruch zutreffend, indem er die Rückzahlung des Betrages für die nicht geleisteten Monate verlangt ("pro-rata-temporis").

Gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 249 BGB ist der Kläger so zu stellen, wie er stehen würde, hätte die Beklagte ihren Vertrag vollständig erfüllt. Dann hätte der Kläger Internetdomain und E-Mail-Account für das bereits vollständig bezahlte Jahr in Anspruch nehmen können; durch die vorzeitige Einstellung der vertraglichen Leistung hat der Kläger diese nur bis Juli 2005 in Anspruch nehmen können; dementsprechend hätte der von ihm bezahlte Preis sich auch nur auf diesen Zeitraum bezogen.

Dieser Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 280 Abs. 1 BGB ist durch die von ihm selbst gemäß §§ 387 ff. BGB erklärte Aufrechnung im Umfange der von ihm anerkannten Rechnung in Höhe von 168,20 € erloschen. Die Einzelheiten zu dieser Rechnung sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

Im Übrigen wird wegen der von der Beklagten behaupteten Ansprüche wegen der Visitenkarten und der Stempel aus einem erteilten Auftrag, gemeint ist wohl ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB, auf die überzeugenden Ausführungen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Im Berufungsverfahren hat die Beklagte insoweit ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, ohne sich im Detail mit den Argumenten der angegriffenen Entscheidung auseinander zu setzen. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, dass von Herrn I1xxx unter dem 19.05.2005 unstreitig erteilte Hausverbot spiele hierfür keine Rolle, vermochte die Berufungskammer dem nicht zu folgen. Der Austausch wechselseitiger Vertragspflichten ist gemäß § 242 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu erbringen. Selbst wenn, wie die Beklagte vorgetragen hat, es sich hinsichtlich der Visitenkarten und des Stempels nicht um eine Schickschuld gehandelt haben sollte, so hätte es ihr im Rahmen der Vertragserfüllung oblegen, angesichts des erteilten Hausverbotes dem Kläger andere Optionen der Entgegennahme der Leistung einzuräumen. So aber erscheint es treuwidrig (§ 242 BGB), dem Kläger zunächst Hausverbot zu erteilen, um ihm sodann unter dem 06.06.2005 auf die Übergabe des Stempels und der Visitenkarten in den Geschäftsräumen zu verweisen.

Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg, soweit der Rechtsstreit zur Entscheidung reif war.

IV.

Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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