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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 2230/07
Rechtsgebiete: TVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 1
BGB § 133
BGB § 157
1. Eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme des Manteltarifvertrages einer Branche in seiner jeweiligen Fassung erfasst regelmäßig auch einen späteren Firmen- Sanierungstarifvertrag (Anschluss an BAG 11.10.2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634).

2. Der Firmen- Sanierungstarifvertrag verdrängt hinsichtlich seiner Regelungsgegenstände nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz als speziellerer Tarifvertrag den Manteltarifvertrag (Anschluss an BAG 23.03.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003).


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 07.11.2007, Az. 3 (2) Ca 11014/06 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 6.693,84 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Arbeitsentgelt.

Durch Arbeitsvertrag vom 26.05.1999 begründete der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 01.06.1999 als Schmied. Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"...

2.)

Der/Die Arbeitnehmer/in wird als Vollzeitbeschäftigte/r nach Maßgabe des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie NRW in der jeweils gültigen Fassung tätig. Die betriebliche wöchentliche Arbeitszeit wird in der Betriebsvereinbarung geregelt.

Durch Betriebsvereinbarung kann unter Einhaltung der tariflichen Bestimmungen, die betriebliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 5 oder weniger als 5 Tage Werktage - einschließlich des Samstages - verteilt werden.

Der/Die Arbeitnehmer/in stimmt - soweit von der Firma gewünscht - einer späteren Verlängerung der betrieblichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit auf bis zu 40 Stunden (im Höchstfall 18 % der Mitarbeiter lt. Tarifvertrag MTV § 3, Abs. 2) schon jetzt zu; für den Fall der Verlängerung erhält der/die Arbeitnehmer/in die dieser verlängerten Arbeitszeit entsprechende zuschlagfreie Bezahlung.

Für den Fall einer Änderung der Arbeitszeit werden die vorstehenden getroffenen Absprachen entsprechend der Änderung angepaßt.

...

7.)

Der/Die Arbeiternehmer/in hat einen Urlaubsanspruch lt. den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW. Schwerbehinderte haben einen Urlaubsanspruch lt. den gesetzlichen Bestimmungen. Die Arbeitsbedingungen richten sich i.ü. nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW sowie den jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen des Unternehmens. Eine spätere betriebliche Regelung, insbesondere im Wege einer Betriebsvereinbarung, hat Vorrang vor den einzelvertraglich vereinbarten Absprachen. Die Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen können im Personalbüro/beim Betriebsrat eingesehen werden.

..."

Zum Ende des Jahres 2005/Anfang 2006 ist das Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen.

Die Arbeitszeit des Klägers betrug wie bei der Rechtsvorgängerin zunächst auch bei der Beklagten bis zum 22.01.2006 gemäß dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (MTV) 35 Wochenstunden.

Am 22.11.2005 vereinbarte die Beklagte mit der IG-Metall, Bezirksleitung NRW einen Sanierungstarifvertrag als Haustarifvertrag (San-TV), der auszugsweise lautet:

"...

§ 4 Befristete Ausnahmen

4.1

§ 3.1 des Manteltarifvertrages NRW für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie vom 24.08.2001/11.09.2001 wird wie folgt abgeändert: Die tariflich wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt ab 01.11.2005 40 Wochenstunden ab 01.01.2008 39 Wochenstunden zum 01.01.2009 Rückführung in den dann gültigen Tarifvertrag. Der Monatsgrundlohn / das Tarifgehalt wird auf Basis einer tariflich wöchentlichen Arbeitszeit ohne Pausen von 35 Stunden berechnet.

§ 3.3 des Manteltarifvertrages NRW für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie vom 24.08.2001/11.09.2001 findet keine Anwendung.

Die Beschäftigten nach § 3.3 mit einer individuell verlängerten Arbeitszeit werden mit Beginn des Tarifvertrages in ihrer Arbeitszeit, der in diesem Tarifvertrag gültigen Arbeitszeit, angepasst. Teilbeschäftigte werden entsprechend ihres Teilzeitgrades behandelt.

..."

Weiter schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat am 01.02.2006 eine Betriebsvereinbarung u.a. folgenden Inhalts ab:

"...

Arbeitzeit

Die Arbeitszeit beträgt zur Zeit, bis die Auftragslage 40 Stunden erfordert, im gesamten Betrieb 38,75 Std./Woche (Montags-Freitag) - Teilzeitkräfte arbeiten entsprechend ihres Teilzeitgrades anteilig. Bei Mitarbeitern mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden erhöht sich die Soll-Arbeitszeit auf 43,75 Std./Woche.

..."

Seit dem 23.01.2006 arbeitet der Kläger nicht mehr wie bisher 7 Stunden, sondern 7 Stunden und 45 Minuten je Arbeitstag in der 5-Tage-Woche, mithin wöchentlich 38,75 Stunden. Er wird weiterhin unverändert auf der Grundlage einer 35-Stunden-Woche vergütet.

Mit der Klage begehrte der Kläger für die Zeit seit 23.01.2006 bis zum 31.10.2007 jeweils eine zuschlagfreie, weitere Vergütung für eine über 7 Stunden hinausgehende Arbeitszeit von jeweils 45 Minuten je Arbeitstag.

Der Kläger hat gemeint, diese Zeit sei als angeordnete Mehrarbeit insbesondere aufgrund § 2 Abs. 3 seines Arbeitsvertrages zu vergüten.

Es sei weiterhin von einer für ihn geltenden Arbeitszeit von 35 Stunden je Woche gemäß dem MTV Metall NRW auszugehen. Auf den Haustarifvertrag könne sich die Beklagte für eine verlängerte Arbeitszeit ohne Lohnausgleich nicht berufen. Der Haustarifvertrag entfalte ihm gegenüber keinerlei Rechtswirkung, da er unstreitig nicht Gewerkschaftsmitglied ist und deshalb nicht tarifgebunden sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 5.634,36 € brutto nebst gestaffelter Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgetragen, die tatsächlich von dem Kläger erbrachte Arbeitszeit von 38,75 Stunden pro Woche habe sie bereits vollständig für die streitigen Zeiträume vergütet. Gemäß § 4 Ziffer 4.1 des Haustarifvertrages sei die Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten zulässigerweise auf 38,75 Stunden je Woche heraufgesetzt worden, gleichzeitig aber zutreffend der Monatsgrundlohn/das Tarifgehalt auf der Basis einer 35-Stunden-Woche berechnet worden. Der Haustarifvertrag vom 22.11.05 finde auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung, weil er arbeitsvertraglich in Bezug genommen sei. Dies folge auch aus der Regelung unter Punkt 7 Absatz 2 des Arbeitsvertrages.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 07.11.2007 - 3 (2) Ca 1014/06 der Klage in Höhe von 5.580,66 € brutto nebst gestaffelter Zinsen stattgegeben und sie hinsichtlich eines Teilbetrages von 53,70 € brutto der auf den April 2006 entfallenden Forderung nebst anteiliger Zinsen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 172 bis 177 d.A.).

Das Urteil ist der Beklagten am 06.12.2007 zugestellt worden. Mit der am 27.12.2007 eingelegten und mit dem am 04.02.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründeten Berufung wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt ergänzend vor, der Sanierungstarifvertrag sei als speziellere Regelung an die Stelle des MTV getreten.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen, Az. 3 (2) Ca 1014/06, vom 07.11.2007 wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Berufung zurückzuweisen.

2. Die Berufungsklägerin trägt auch die Kosten dieses Verfahrens.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage. Er trägt vor, die Beklagte habe sich unter Punkt 2 des Arbeitsvertrages individuell verpflichtet, bei einer Erhöhung der Arbeitszeit das Entgelt zu erhöhen.

Mit seiner am 11.03.2008 eingegangenen Anschlussberufung begehrt der Kläger die Vergütung der über die 35. Wochenstunde hinausgehenden Arbeitszeit ab dem 01.11.2007 bis zum 29.02.2008.

Er beantragt insoweit:

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2007 weitere 281,49 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2007 weitere 268,70 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2008 weitere 294,29 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.02.2008 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2008 weitere 268,70 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

II. Die Berufung ist begründet.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat für den Zeitraum ab dem 23.01.2006 bis Ende Oktober 2007 aufgrund der von ihm geleisteten Arbeitszeit von regelmäßig 38,75 Wochenstunden keinen die auf der Basis von 35 Wochenstunden geleistete Arbeitsvergütung übersteigenden Zahlungsanspruch. Ein derartiger Anspruch ist durch § 4 Ziffer 4.1 des San-TV ausgeschlossen.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Regelungen des San-TV, insbesondere dessen § 4.1, kraft Einbeziehung durch den Arbeitsvertrag vom 26.05.1999 Anwendung.

a) Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten haben in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, dass der Kläger nach Maßgabe des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie NRW (MTV) in der jeweils gültigen Fassung tätig wird. Durch Vereinbarung der "jeweils gültigen Fassung" haben die Vertragsparteien klargestellt, dass die Bezugnahme dynamisch ist.

Der San-TV findet ebenfalls kraft arbeitsvertraglicher Verweisung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Auslegung der Verweisungsklausel ergibt, dass auch für den Betrieb geltende Firmentarifverträge für das Arbeitsverhältnis maßgebend sein sollen.

Zwar verweist Ziffer 2 des Arbeitsvertrages seinem Wortlaut nach auf den jeweils gültigen MTV und damit auf den Verbandstarifvertrag. Bei der nach §§ 157, 133 BGB gebotenen Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ist aber deren typische Interessenlage zu berücksichtigen.

Der Arbeitgeber will - für den Arbeitnehmer erkennbar - durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug nehmen (BAG 23.3.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003, 1005 zur Auslegung einer Verweisungsklausel bei Inbezugnahme der Tarifverträge für den Groß- und Außenhandel bei späterer Vereinbarung eines Firmentarifvertrages und fehlender Verbandsmitgliedschaft der Arbeitsvertragsparteien; BAG 25.10.2000 - 4 AZR 506/99 - BAGE 96, 177, zu II 3 b aa der Gründe, für die Auslegung einer Verweisungsklausel bei Verbandswechsel des Arbeitgebers). Zu diesen gehört insbesondere ein vom Arbeitgeber abgeschlossener Firmentarifvertrag. Dass es der Arbeitgeberin gerade auf die Vereinbarung der für den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankommt, ergibt sich auch aus einem ausdrücklichen -wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen - Hinweis auf die Geltung etwaiger Betriebsvereinbarungen (BAG 23.3.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003). Auch ein solcher findet sich in Ziffer 7 im Arbeitsvertrag der Parteien.

Eine weitere, selbständig die arbeitsvertragliche Inbezugnahme des San-TV tragende Klausel ist in Ziffer 7 des Arbeitsvertrags enthalten. Danach richten sich die Arbeitsbedingungen "im Übrigen" nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Eisen- Metall- , Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW. Ziffer 7 nimmt mit seiner Formulierung "im Übrigen" den in Ziffer 2 genannten Regelungsbereich entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus seiner Inbezugnahmewirkung heraus. Denn Ziffer 2 des Arbeitsvertrages enthält - mit Ausnahme der hier nicht relevanten Erklärung des Klägers, einer künftigen Erhöhung der Arbeitszeit zuzustimmen - keine über die Wiedergabe des Wortlautes des § 3 MTV und die Inbezugnahme des MTV in Gänze hinausgehende Regelung und stellt bereits deshalb keine der eigenständigen Geltung fähige arbeitsvertragliche Regelung dar, die von § 3 MTV abweichend geltend könnte.

Dies gilt auch hinsichtlich der in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages genannten Erhöhung der Vergütung entsprechend einer Verlängerung der Arbeitszeit. Diese Regelung ist sinngleich in § 3 Ziffer 3 Unterabs. 3 MTV enthalten und hat daher im Arbeitsvertrag lediglich informatorischen Charakter. Die Beklagte hat zudem entgegen der Ansicht des Klägers bereits deshalb in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages dem Kläger nicht unabhängig vor der tariflichen Regelung der Arbeitszeit und des Arbeitsentgeltes eine gesonderte Bezahlung der 35 Wochenstunden überschreitenden Arbeitszeit zugesagt.

b) Der Auslegung, die arbeitsvertragliche Inbezugnahme erfasse auch den San-TV, steht dessen Natur als firmenbezogener Verbandstarifvertrag nicht entgegen.

Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut von Ziff. 7 des Arbeitsvertrages des Klägers, der auf die Tarifverträge für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen verweist. Tarifverträge für die Metallindustrie Nordrhein- Westfalen sind nicht nur Flächentarifverträge, die von ihrem Geltungsbereich her alle Unternehmen der Metallindustrie in Nordrhein-Westfalen erfassen, sondern auch solche, die Einschränkungen im Hinblick auf den sachlichen, personellen oder örtlichen Geltungsbereich beinhalten (BAG 11.10.2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634, 635 Rn.16, 17). Das gilt auch für den vorliegenden Sanierungs-TV als firmenbezogenen Verbandstarifvertrag. Auch dabei handelt es sich um einen Tarifvertrag für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen.

c) Die Anwendbarkeit sowohl des MTV als auch des San-TV für das Arbeitsverhältnis des Klägers begründet eine Tarifkonkurrenz. Diese ist dahin zu lösen, dass der speziellere Firmentarifvertrag den allgemeineren Verbandstarifvertrag verdrängt.

Eine Tarifkonkurrenz liegt auch vor, wenn auf ein Arbeitsverhältnis neben einem kraft Allgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifvertrag ein weiterer Tarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet (BAG 20.03.1991 - 4 AZR 455/90 - BAGE 67, 330, zu B II 4 der Gründe; wohl auch - wenn auch im Ergebnis offen gelassen - 28.05.1997 - 4 AZR 663/95 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 6 zu II 1 a der Gründe) . Die vertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrages ist danach letztlich eine von mehreren Arten, die Bindung an einen Tarifvertrag zu bewirken. Der einzige Unterschied zur beiderseitigen Tarifgebundenheit bzw. Allgemeinverbindlichkeit besteht darin, dass durch die vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag keine zwingende Geltung des Tarifvertrages eintritt. Auch die vertragliche Vereinbarung der Geltung eines Tarifvertrages kann deshalb zum Entstehen einer Tarifkonkurrenz führen (BAG 20.03.1991 - 4 AZR 455/90 - aaO; 28.05.1997 - 4 AZR 663/95 - aaO). Somit kann ein (nur) auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis geltender Firmentarifvertrag nach dem Spezialitätsprinzip einen für dieses ebenfalls geltenden allgemeinverbindlichen Tarifvertrag verdrängen (BAG 23.3.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003). Dies gilt im Streitfall erst recht bei einem nicht allgemeinverbindlichen MTV.

Soweit der San-TV einzelne ungünstigere Regelungen enthält; ist das Günstigkeitsprinzip bei dieser Fallgestaltung nicht anwendbar (vgl. hierzu umfassend BAG 23.3.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003, 1006).

2. Nach Ziffer 4.1 des San-TV beträgt die wöchentliche Arbeitszeit bis zum 31.12.2007 einschließlich 40 Stunden und ab dem 01.01.2008 39 Stunden. Die Beklagte hat mit ihrem Betriebsrat eine dem gegenüber geringere Wochenarbeitszeit von 38,75 Stunden vereinbart, welche der Kläger nicht überschritten hat. Die Arbeitsleistung in diesem Umfang hat der Kläger mit dem in § 4 unter 4.1 des San-TV vorgesehenen Monatsgrundlohn, berechnet auf der Basis einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden, vollständig vergütet erhalten.

B. Die zulässige Anschlussberufung ist unbegründet. Der Kläger hat auch für den Zeitraum ab November 2007 bis einschließlich Februar 2008 keinen Anspruch auf weitere Vergütung der geleisteten Arbeitszeit über die bereits hierfür erhaltene Vergütung hinaus. Dies ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S.1 ZPO iVm. § 97 ZPO.

IV. Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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