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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 10 (5) Sa 1562/05
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 2 Abs. 1
BetrAVG § 2 Abs. 5 S. 1
1. Ablösende Betriebsvereinbarung über eine Gesamtversorgung, die nach Einführung des RReformG 1992 die gesetzliche Rente bei vorgezogener Inanspruchnahme in voller nicht durch Abschläge reduzierter Höhe auf die Betriebsrente anrechnet.

2. Zur Frage des Eingriffs in die "erdiente Dynamik".

3. Der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung gehört auch dann nicht zum pensionsfähigen "Brutto-Grundgehalt", wenn er wie bei den sog. "Zuckerbeamten" in der Zuckerindustrie vom Arbeitgeber übernommen worden ist.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.09.2005 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 14 Ca 5284/04 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, nach welcher Fassung der Versorgungsordnung der Beklagten sich der Anspruch des Klägers auf betriebliche Versorgungsleistungen richtet und ob zum pensionsfähigen Gehalt auch der von der Beklagten übernommene Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung gehört.

Der am 04.04.1946 geborene Kläger war vom 01.04.1962 bis 30.04.2006 bei der Beklagten als Sachbearbeiter beschäftigt, zuletzt in Altersteilzeit. Seit dem 01.05.2006 bezieht er von der Beklagten Betriebsrente.

Die betriebliche Altersversorgung ist bei der Beklagten in Pensionsordnungen auf der Grundlage von Gesamtbetriebsvereinbarungen geregelt.

Die hier in Rede stehenden Pensionsordnungen vom 23.11.1978 (PO 78) und vom 06.10.1993, in Kraft seit 01.01.1993 (PO 93) bestimmen für die Altersrente jeweils in § 5 die Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Nach § 6 der beiden Pensionsordnungen haben Mitarbeiter, die vor Erreichen der Altersgrenze und durch Vorlage des Rentenbescheides eines Sozialversicherungsträgers nachweisen, dass sie Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, Anspruch auf vorgezogene Altersrente. Nach § 9 Abs. 2 der beiden Pensionsordnungen wird für die Berechnung der Höhe der vorgezogenen Altersrente die anrechnungsfähige Betriebszugehörigkeit nur bis zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente berücksichtigt. Weiter ist bestimmt, dass die nach dem Leistungsplan - der der jeweiligen Pensionsordnung als Anlage beigefügt ist - ermittelte Rente um einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermittelnden Abschlag gekürzt wird, wenn nach Inkrafttreten der jeweiligen Pensionsordnung das Lebensalter für den Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes vorverlegt werden sollte.

Der Leistungsplan für Angestellte enthält für beide Pensionsordnungen folgende Regelungen:

"a) Nach 10 Dienstjahren (PO 93: Betriebszugehörigkeit) wird eine Grundanwartschaft von 14 % des pensionsfähigen Gehalts erreicht.

Die Steigerungsrente beträgt für das 11. - 30. Dienstjahr je 2,8 %, so dass nach 30 Dienstjahren der Höchstanspruch von 70 % des pensionsfähigen Gehalts erreicht ist.

Als pensionsfähiges Gehalt gilt das letzte Brutto-Grundgehalt ohne Berücksichtigung von Überstunden- oder sonstigen Zuschlägen. ..."

Die Leistungspläne für beide Pensionsordnungen sehen vor, dass Leistungen des Versorgungsverbandes der deutschen Z e.V. und Leistungen der Angestelltenversicherung, soweit sie in Zeiten erworben wurden, in denen Beiträge von der Firma erbracht worden sind, auf die Firmenrente angerechnet werden.

Im Zusammenhang mit der Einführung von Abschlägen bei vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente durch das Rentenreformgesetz 1992 wurde der Leistungsplan zur PO 93 um folgende Bestimmung ergänzt:

"...im Falle der vorgezogenen Altersrente nach § 6 der Pensionsordnung wird diejenige Rente aus der Angestelltenversicherung angerechnet, die sich ergeben würde, wenn keine Kürzung wegen vorgezogener Inanspruchnahme nach dem Rentenreformgesetz 1992 (s. § 41 SGB VI) vor Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgte (d.h. ohne Berücksichtigung der Zugangsfaktoren nach § 63 Abs. 5 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 SGB VI, also mit Zugangsfaktor 1)..."

Der Kläger hat geltend gemacht, für seinen Versorgungsanspruch gelte unverändert die PO 78. Die Anrechnung einer fiktiven gesetzlichen Rente im Leistungsplan der PO 93 sei als verschlechternde Regelung ihm gegenüber unwirksam. Die Neuregelung greife in die erdiente Dynamik ein. Triftige Gründe hierfür gäbe es nicht. Zum Zeitpunkt der Neuregelung habe er bereits die Voraussetzungen des sich aus der Pensionsordnung ergebenden Höchstanspruchs von 70 % des pensionsfähigen Gehalts erfüllt. Dem pensionsfähigen Gehalt sei zudem der Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung hinzuzurechnen, den die Beklagte - unstreitig - im Arbeitsverhältnis übernommen habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn bei Eintritt des Versorgungsfalles eine betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage der Pensionsordnung in der Fassung vom 23.11.1978 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung im Versorgungsfall als pensionsfähiges Gehalt das letzte Bruttogehalt des Klägers ohne Berücksichtigung von Überstunden und sonstigen Zuschlägen, jedoch unter Einbeziehung des von der Beklagten übernommenen Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung in der dann aktuellen Höhe zugrunde zu legen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die PO 93 stelle keinen Eingriff in die erdiente Dynamik dar. Sachliche Gründe für die Neuregelung seien ausreichend. Mit ihr sei unter deutlicher Ausweitung des Dotierungsrahmens das Ziel verfolgt worden, die Ungleichbehandlung zwischen Arbeitern und Angestellten zu beseitigen. Außerdem sei die Witwerrente in die Pensionsordnung aufgenommen und der Erziehungsurlaub bis zu einer Dauer von 12 Monaten als anrechnungsfähige Dienstzeit anerkannt worden. Außerdem habe sie auf die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags bei Inanspruchnahme vorzeitiger Altersrente verzichtet. Sie habe jedoch nicht die Mehrbelastungen übernehmen wollen, die sich für das - für einen Teilbereich der Angestellten geltende - Gesamtversorgungssystem durch die Einführung der sogenannten Zugangsfaktoren in der gesetzlichen Rentenversicherung ergaben. Insgesamt handele es sich bei der PO 93 nicht um eine verschlechternde, sondern um eine umstrukturierende und in weiten Teilen günstigere Betriebsvereinbarung. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Neuregelung bei der Anrechnung der gesetzlichen Rente nur dann zum Tragen komme, wenn ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, für sich selbst die Entscheidung treffe, die feste Altersgrenze nicht einzuhalten, sondern vorzeitig Altersrente in Anspruch zu nehmen. Die von ihr übernommenen Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung gehörten nicht zum pensionsfähigen Gehalt als dem letzten "Brutto-Grundgehalt". Die Übernahme der Arbeitnehmerbeiträge für die Angestellten in der deutschen Z , die zu früheren Zeiten als "Beamte der Z " bezeichnet worden seien, habe historische Gründe und ausschließlich Versorgungscharakter. Es sei sinnwidrig anzunehmen, der Arbeitgeber wolle zweifach zur Altersversorgung beitragen, indem er zum einen den Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung übernehme und sodann diesen Beitrag zum pensionsfähigen Gehalt hinzurechne.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsziel weiter verfolgt. Nach der Verrentung des Klägers zum 01.05.2006 hat er die Feststellungsanträge in Zahlungsanträge umgestellt. Er beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.077,92 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 692,64 € seit 01.06.2006, aus 1.385,28 € seit 01.07.2006 und aus 2.077,92 € seit dem 01.08.2006 zu zahlen;

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn, beginnend mit dem 31.08.2006, eine monatliche Rente in Höhe von 2.190,20 € zu zahlen.

Wegen der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 10.08.2006 (Bl. 346 ff. d.A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das angefochtene Urteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Grundlage für die betriebliche Altersversorgung ist die PO 93 und nicht die PO 78. Zum pensionsfähigen Gehalt gehört auch nicht der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung.

I. Die PO 93 und ihr Leistungsplan für Angestellte (Anl. 2 zur PO 93) hat die PO 78 mit ihrem Leistungsplan wirksam abgelöst. Nach § 21 Abs. 1 der PO 93 trat diese an die Stelle der Pensionsordnung in der Fassung vom 23.11.1978.

1. Gegen die Ablösung der älteren Pensionsordnung durch die PO 93 in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung bestehen keine Bedenken. Beide Pensionsordnungen beruhen auf derselben Rechtsquellenebene. Es gilt die Zeitkollisionsregel. Ein Günstigkeitsvergleich zwischen der alten und der neuen Gesamtbetriebsvereinbarung kommt nicht in Betracht, weil es sich bei ihnen um gleichrangige Normen handelt.

2. Die grundsätzliche Befugnis der Betriebspartner, ihre eigenen Betriebsvereinbarungen abzulösen, bedeutet nicht, dass der Kläger schutzlos wäre. Besitzstände können nur in den Grenzen von Recht und Billigkeit beschnitten werden. Der Eingriff in bestehende Rechte oder Anwartschaften muss die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes beachten. Die Gründe für einen zulässigen Eingriff müssen umso schwerwiegender sein, je stärker in Besitzstände eingegriffen wird. Je nach dem, ob die Neuregelung in bereits erdiente Besitzstände, in eine erdiente Dynamik oder in die eingeräumte Möglichkeit, noch dienstzeitabhängige Zuwächse zu erdienen, eingreifen will, bedarf es zur Rechtfertigung des Eingriffs zwingender, triftiger oder doch zumindest sachlich-proportionaler Gründe (BAG, Urteil vom 08.03.2003 - 3 AZR 101/02).

3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die ablösende Neuregelung des Jahres 1993 nicht zu beanstanden.

a. Die Pensionsordnungen der Beklagten enthalten eine endgehaltsbezogene Gesamtversorgungszusage. Daran hat auch die PO 93 nichts geändert. Der dynamische bzw. variable Bemessungsfaktor Endgehalt blieb unangetastet. In den Faktor "Endgehalt" wurde nicht verschlechternd eingegriffen. Das gleiche gilt für den bereits erdienten Versorgungssatz von 70 % des pensionsfähigen Gehalts. Geändert hat sich lediglich der Anrechnungsfaktor der Leistungen aus der Angestelltenversicherung für diejenigen Arbeitnehmer, die die vorgezogenen Altersrente in Anspruch nehmen. Diese Arbeitnehmer, wie der Kläger, müssen sich nach Einführung von Abschlägen in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Rentenreformgesetz 1992 so behandeln lassen, als ob sie wie früher abschlagsfrei die Sozialversicherungsrente erhalten. Bei vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente ist beim Anrechnungsfaktor nicht mehr die tatsächlich bezogene, d.h. aufgrund einer früheren Inanspruchnahme gekürzte gesetzliche Altersrente, sondern die fiktive nichtreduzierte Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu berücksichtigen. Diese Anpassung der Pensionsordnung wegen der erstmals eingeführten Abschläge bei der gesetzlichen Rente im Fall der vorgezogenen Altersrente nach § 6 der Pensionsordnung ist sachlich begründet. Triftiger Gründe im Sinne der Rechtsprechung bedurfte es hierfür nicht, denn in den Besitzstand aus einer erdienten Dynamik wurde nicht eingegriffen.

b. Gesamtversorgungssysteme können zwar die Erwartung begründen, dass die Anwartschaften der Arbeitnehmer den geänderten Verhältnissen angepasst werden und Veränderungen der Versorgungslücke ausgeglichen werden, die sich im Zeitablauf durch die Entwicklung der persönlichen Rentenbiographie und der Sozialgesetzgebung ergeben. So gehört es grundsätzlich zum Risiko des eine Gesamtversorgung zusagenden Arbeitgebers, wenn die gesetzlichen Renten kaum noch wachsen und sich dadurch der Betriebsrentenanteil im Rahmen der Gesamtversorgung erhöht, soweit dadurch nicht die Geschäftsgrundlage betrieblicher Gesamtversorgungssysteme entfällt (BAG, Urteil vom 17.03.1987 a.a.O.).

Im Streitfall geht es jedoch nicht um das Vertrauen des Arbeitnehmers, dass er bei Einhaltung der vorausgesetzten Betriebstreue bis zum 65. Lebensjahr unabhängig von der Entwicklung der Sozialversicherungsrenten in jedem Fall eine bestimmte Versorgung erwarten darf. Dieses Vertrauen ist auch durch die PO 93 nicht beeinträchtigt. Hier geht es darum, ob der Kläger ein schützenwertes Vertrauen auch darauf hat, dass er bei Nichteinhaltung der vorausgesetzten Betriebstreue und längerer Rentenbezugszeit Anspruch auf ungeschmälerte Betriebsrente hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Die Betriebsparteien sind nicht gehindert, wegen der längeren Bezugsdauer der Rente in einer ablösenden Betriebsvereinbarung etwa versicherungsmathematische Abschläge zu regeln. Derartige Abschläge, die bis 0,5 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente grundsätzlich nicht zu beanstanden sind, gehen - wie nach dem Inhalt der Berufungsverhandlung unstreitig ist - weiter als das, was die Betriebsparteien in der PO 93 mit der Berücksichtigung der fiktiven Vollrente als Anrechnungsfaktor vereinbart haben.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in der PO 78 bei vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente diese nur mit dem tatsächlichen Betrag und nicht mit einem höheren fiktiven Betrag auf den Betriebsrentenanspruch angerechnet wurde. Bei Geltung der PO 78 gab es die Abschläge bei der vorgezogenen gesetzlichen Altersrente noch nicht. Durch das Rentenreformgesetz von 1992 war eine neue Lage entstanden, auf die die Betriebsparteien im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums reagieren konnten und reagiert haben, indem sie - insoweit nicht systemfremd - beim Anrechnungsfaktor so wie früher die ungekürzte Rente beibehalten und auf eine stärkere Belastung durch Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlages verzichtet haben.

c. Die Neuregelung des Jahres 1993 greift nicht in eine vom Kläger bereits "erdiente Dynamik" ein. Eingriffe in erdiente Besitzstände liegen nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis weniger erhält als er bis zum Ablösungsstichtag erdient hatte (BAG, Urteil vom 16.12.2003 - 3 AZR 39/03 - AP Nr. 25 zu § 1 BetrAVG Berechnung). Dass der nach § 2 Abs. 1, Abs. 5 S. 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag am 01.01.1993 geringer ist als die ab 01.05.2006 gezahlte Firmenrente, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Niedriger ist der Teilwert aber auch dann, wenn die - beibehaltene - Dynamik des Endgehalts über den Ablösungsstichtag hinaus berücksichtigt wird. Ein Eingriff in die sog. erdiente Dynamik liegt nur vor, wenn der begünstigte Arbeitnehmer auf der Grundlage der Neuregelung des Versorgungswerks weniger erhält als er zum Ablösungsstichtag bei Aufrechterhaltung des Berechnungsfaktors Endgehalt erdient hatte (vgl. BAG, Urteil vom 10.09.2002 - 3 AZR 635/01). Dies ist hier selbst nach der Berechnung des Klägers nicht der Fall, der im Ablösungszeitpunkt 01.01.1993 von einem Rentenwert von 940,52 € (Schriftsatz des Klägers vom 13.03.2006, S. 17, Bl. 264 d.A.) ausgeht. Demgegenüber erhält der Kläger eine Betriebsrente von 1.089,80 €. Tatsächlich ist der zeitanteilig per 01.01.1993 erdiente Betrag der Firmenrente noch niedriger als vom Kläger berechnet, weil der Kläger nicht das tatsächliche Endgehalt von 4.792,69 €, sondern ein hypothetisches Gehalt bei Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde legt, das er mit 5.643,90 € angibt. Soweit der Kläger in Kritik an der Berechnung der erdienten Dynamik durch das BAG ein sog. Additionsverfahren anwendet und sich dabei auf die Entscheidung des BAG vom 18.03.2003 - 3 AZR 221/02 beruft, handelt es sich um andere Fallgestaltungen, die hier nicht einschlägig sind.

Unabhängig davon "passen" die Berechnungen zur erdienten Dynamik nicht auf die vorliegende Fallgestaltung, bei der es im wesentlichen nur um die Frage geht, ob der Kläger bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente bezogen auf die für das 65. Lebensjahr vorgesehene Gesamtversorgung eine "Versorgungslücke" hinnehmen muss. Dies ist aus den zuvor unter b. ausgeführten Gründen der Fall.

II. Der von der Beklagten übernommene Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung fließt nicht in das für die Berechnung der Betriebsrente maßgebende Pensionsgehalt ein. Der Kläger hat daher auch insoweit keinen Anspruch auf eine höhere Betriebsrente.

1. Die Pensionsordnungen definieren das pensionsfähige Gehalt als das letzte Brutto-Grundgehalt ohne Berücksichtigung von Überstunden - oder sonstigen Zuschlägen. Der Begriff "Gehalt" und erst recht der Begriff "Grundgehalt" umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht die Beiträge, die der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Vorschriften in die gesetzliche Rentenversicherung abzuführen hat. Nicht jeder geldwerte Vorteil gehört allein deshalb zum "Gehalt" (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.1990 - 3 AZR 321/89 - AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Berechnung, 5. der Gründe). Dies gilt erst recht für den Begriff des Grundgehalts.

Die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass der "anwendbare Manteltarifvertrag" in § 7 ausdrücklich Zuschläge und Zulagen regele, die Pensionsordnung aber ausdrücklich nur die Zuschläge, nicht aber die Zulagen erwähne, gibt für die Ansicht nichts her, dass unter Grundgehalt auch die Sozialversicherungsbeiträge zur Rentenversicherung zu zählen seien. Regelungsgegenstand des Tarifvertrages waren zu keiner Zeit Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Abgesehen davon findet sich die Definition des pensionsfähigen Gehalts bereits in der Pensionsordnung vom 15.12.1959, also zu einer Zeit, als der damals gültige Manteltarifvertrag für die Angestellten in der Z vom 19.09.1949 keine mit § 7 MTV vom 01.01.1998 vergleichbare Vorschrift enthielt, in der zwischen Zuschlägen und Zulagen differenziert wird.

Soweit der Kläger darauf hinweist, die Beklagte habe den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung als Bestandteil des "Bruttogehalts" bzw. als "Gesamtbrutto" in Gehaltsmitteilungen und Gehaltsabrechnungen ausgewiesen, ergibt sich gerade aus der differenzierten Darstellung insbesondere in den Gehaltsabrechnungen, dass dieser geldwerte Vorteil nicht zum Grundgehalt gehört. So hat die Beklagte in der vom Kläger als Beleg für seine Rechtsansicht eingereichten Gehaltsabrechnung vom Mai 1973 (Bl. 59 d.A.) ausdrücklich differenziert zwischen "Grundgehalt" und dem "Gesamtbrutto", das den übernommenen Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung beinhaltet. Auch in den späteren Lohnabrechnungen wird neben dem tariflichen Monatsentgelt und den Zulagen und sonstigen Entgeltbestandteilen der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung gesondert ausgewiesen. Gegen die Einbeziehung in das pensionsfähige Gehalt spricht auch der Vortrag des Klägers (Klageschrift Bl. 11 d.A.), dass sich die Tarifentwicklung jeweils nur auf das eigentliche Entgelt, nicht jedoch auf das Entgelt zzgl. des Sozialversicherungsanteils bezogen habe.

2. Schließlich spricht die Anwendungspraxis dafür, dass das pensionsfähige Gehalt den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht einschließt. Die Vollzugspraxis der in Form von Betriebsvereinbarungen abgeschlossenen Pensionsordnungen kann Rückschlüsse auf ihren Regelungsinhalt geben (BAG a.a.O.). Der Kläger als Mitglied des Betriebsrats der Hauptverwaltung der Beklagten hat diese Vollzugspraxis nicht bestritten, sondern nur geltend gemacht, der Gesamtbetriebsrat habe wiederholt die Problematik, zuletzt anlässlich der Neufassung der PO 93, diskutiert und darauf hingewiesen, dass die Vollzugspraxis der Regelung widerspreche. Man habe jedoch davon abgesehen, diese Problematik bei Neuverhandlungen zu vertiefen, da die bestehende Unruhe und Unzufriedenheit der Belegschaft wegen der unterschiedlichen Behandlung der gewerblichen Arbeitnehmer einerseits und der Angestellten andererseits nicht noch habe verstärkt werden sollen. Es sei damals im Gremium des Gesamtbetriebsrats nicht erwünscht gewesen, durch einen entsprechenden Verhandlungsansatz die Interessen der Angestellten vertieft zu vertreten. Dieser Vortrag spricht dafür, dass es auch dem Willen der Vertragsschließenden der PO 93 entsprach, die bisherige Anwendungspraxis beizubehalten. Auf die Motive hierfür kommt es nicht an.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO

IV. Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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