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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 1020/07
Rechtsgebiete: BetrVG, MTV


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 3
BetrVG § 78 S. 2
MTV Nr. 14 für das Bodenpersonal der Lufthansa § 23
1. Zur Frage, ob Betriebsratsmitglieder Anspruch auf tarifliche Zeitzuschläge nach § 23 MTV Nr. 14 für das Bodenpersonal der Dt. Lufthansa AG haben, wenn sie für mit Betriebsratstätigkeit zusammenhängende Reisezeiten Freizeitausgleich nach § 37 III BetrVG erhalten.

2. Sieht eine betriebliche Regelung über Dienstreisen für Arbeitnehmer keine Zuschläge beim Freizeitausgleich vor, gilt dies wegen § 78 S. 2 BetrVG auch für den Freizeitausgleich für Reisezeiten im Zusammenhang mit Betriebsratstätigkeit.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.05.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 17 Ca 10733/06 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin beim Freizeitausgleich für mit Betriebsratstätigkeit zusammenhängenden Reisezeiten außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit tarifliche Zeitzuschläge zustehen.

Die Klägerin ist bei der Beklagten am Flughafen Köln/Bonn als Flightmanagerin beschäftigt. Sie ist Mitglied des örtlichen Betriebsrats sowie des Gesamtbetriebsrats und verschiedener überörtlicher Ausschüsse dieses Gremiums. Nach § 8 des auf das Arbeitsverhältnis aufgrund Vereinbarung anwendbaren Manteltarifvertrages Nr. 14 für das Bodenpersonal der Beklagten vom 1.Oktober 1992 in der überarbeiteten Fassung vom 12. Mai 2005 (nachfolgend: MTV, Bl. 166 - 201 d.A.) wird die Lage der täglichen Grundarbeitszeit durch Schichtpläne geregelt. Betriebsratstätigkeit einschließlich dafür erforderlicher Reisezeiten, die in die Grundarbeitszeit fallen, vergütet die Beklagte so, als ob die Klägerin ihre dienstplanmäßige Schichtarbeit abgeleistet hätte. Bei der überörtlichen Betriebsratstätigkeit fallen auch Reisezeiten an, durch die die Grundarbeitszeit überschritten wird. Für Reisezeiten außerhalb der Grundarbeitszeit gewährt die Beklagte nach Absprache mit der Klägerin Freizeitausgleich und zahlt hierfür die Grundvergütung einschließlich Schichtzuschlag, der bei der im Schichtdienst tätigen Klägerin zur fortgezahlten Grundvergütung gehört, aber keine Zeitzuschläge i.S.d. § 23 MTV (Sonntags-, Feiertags-, Nachtzuschlag), wenn an den Tagen des Freizeitausgleichs bei Arbeit Zeitzuschläge angefallen wären.

Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung in der zuletzt gültigen Fassung ab 1.1.1990, die die Anrechnung der bei Dienstreisen von Mitarbeitern anfallenden Reise- und Arbeits- (Dienstgeschäfts-) zeiten auf die Arbeitszeit sowie die Vergütungsfortzahlung für die Dauer der Teilnahme an angeordneten Lehrgängen einschließlich der An- und Abreise regelt (nachfolgend: BV, Bl . 70 ff. d.A.). Nach § 9 Absatz 3 Satz 1 BV werden Reise- (und Warte-) zeiten auf die sonst zu erbringende Arbeitszeit angerechnet. § 9 Absatz 3 Satz 2 BV bestimmt, dass Reisezeiten ausnahmslos der Grundarbeitszeit zuzurechnen sind, "das heißt sie lösen keine Zuschläge aus und sind grundsätzlich ohne Bedeutung für die Frage, ob Arbeitszeiten zuschlagsberechtigt sind". Nach § 12 Absatz 1 BV ist möglichst bis zum Ende des auf die Dienstreise folgenden Monats entsprechender Freizeitausgleich zu gewähren, soweit Arbeits- und/oder Reisezeiten einer Dienstreise über die sonst dienst- bzw. schichtplanmäßige Grundarbeitszeit hinausgehen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, an Tagen des Freizeitausgleichs für Reisezeiten außerhalb ihrer Grundarbeitszeit habe sie Anspruch auf die Zuschläge, die sie erhalten hätte, wenn sie gearbeitet hätte. Sie werde sonst als Betriebsratsmitglied verbotswidrig benachteiligt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte, wenn sie der Klägerin gemäß § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG Arbeitsbefreiung zum Ausgleich von Reisezeiten im Zusammenhang mit Betriebsratstätigkeiten gewährt, verpflichtet ist, auch die Schichtzuschläge zu zahlen, die angefallen wären, wenn die Klägerin an dem jeweiligen Tag der Arbeitsbefreiung dienstplanmäßig gearbeitet hätte.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die begehrte Zahlung würde zu einer verbotswidrigen Begünstigung der Klägerin führen, da die einschlägige BV den Ausgleich von Reisezeiten ohne Zuschläge für alle Arbeitnehmer vorsehe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil vom 10. Mai 2007 ( Bl. 96-102 d.A.) hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie vertritt in Anlehnung an die zu den Akten gereichte Entscheidung des LAG Berlin vom 9.2.2006 ( Bl. 6-14 d.A.) die Auffassung, bei der Vergütung von Reisezeit sei eine "Dreiteilung" vorzunehmen: Reisezeit während der Arbeitszeit sei wie Arbeitszeit zu vergüten, die ausfalle. Reisezeit über die reguläre Arbeitszeit hinaus sei ohne Zuschläge zu vergüten; beim Freizeitausgleich für diese Reisezeit müsse aber die Vergütung gezahlt werden, die zustehen würde, wenn an dem Tag der gewährten Arbeitsbefreiung gearbeitet worden wäre. Dies gebiete die Bestimmung des § 37 Absatz 3 BetrVG, die allein maßgeblich sei, wenn es um Freizeitausgleich gehe.

In der Berufungsverhandlung wurde klargestellt, dass es nicht um den Schichtzuschlag geht, die die Klägerin nach ihrer Erklärung im Termin in Höhe von 3,6 % auch im Rahmen des Freizeitausgleichs für Reisezeiten durchweg fortgezahlt erhält, sondern um die Zeitzuschläge i.S.d. § 23 MTV. Ihren erstinstanzlichen Feststellungsantrag hat sie entsprechend umgestellt. Er bezieht sich nunmehr statt auf die "Schichtzuschläge" auf die tatsächlich gemeinten " Zeitzuschläge im Sinne von § 23 des Manteltarifvertrages Nr. 14 für das Bodenpersonal gültig ab 1.10.1992 in der überarbeiteten Fassung vom 12.5.2005". Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und bleibt bei ihrer Ansicht, dass bei Dienstreisen eine einheitliche Behandlung aller Arbeitnehmer einschließlich der Betriebsratsmitglieder geboten sei.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die nach § 256 Absatz 1 ZPO zulässige Feststellungsklage mit dem zuletzt in der in der Berufungsinstanz gestellten Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil war daher abzuändern und die Klage abzuweisen.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Zeitzuschlägen nach § 23 MTV für Reisezeiten außerhalb ihrer Grundarbeitszeit. Das gilt auch für die Vergütung im Rahmen des Freizeitausgleichs.

1. Nach § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Um eine Betriebsratstätigkeit handelt es sich nur, wenn sie zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats iSd § 37 Absatz 2 BetrVG erforderlich gewesen ist. Betriebsbedingte Gründe iSd § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG liegen nur vor, wenn betriebliche Gegebenheiten und Sachzwänge innerhalb der Betriebssphäre dazu geführt haben, dass die Betriebsratstätigkeit nicht während der Arbeitszeit durchgeführt werden konnte ( BAG, Urteil vom 16. April 2003 - 7 AZR 423/01).

2. Unter dieser Voraussetzung können auch Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Erfüllung notwendiger betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben außerhalb seiner Arbeitszeit aufwendet, einen Anspruch auf Freizeitausgleich gemäß § 37 Absatz 3 BetrVG auslösen, soweit sie mit der Durchführung der entsprechenden Betriebsratstätigkeit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen. Allerdings dürfen Betriebsratsmitglieder gemäß § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Für die Bewertung von Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten aufwendet, können danach keine anderen Maßstäbe gelten als für die Reisezeiten, die ein Arbeitnehmer sonst im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Arbeitspflicht aufwendet. Eine gesetzliche Regelung, nach der Reisezeiten wie vergütungspflichtige Arbeitszeit zu bewerten sind, besteht nicht. Deshalb kommt es auf die maßgeblichen tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen im Betrieb an ( BAG aa0; BAG, Urteil v. 21.6.2006 - 7 AZR 389/05 - Rn 12; BAG, Urteil vom 21.9.1977 - 4 AZR 292/76 - AP Nr. 3 zu § 19 MTB II ).

3. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der tariflichen Zeitzuschläge beim Freizeitausgleich für Reisezeiten außerhalb ihrer dienstplanmäßigen Arbeitszeit.

a) Nach Klageantrag, Klagebegründung und der Erörterung im Termin der Berufungsverhandlung geht es nicht um Reisezeiten außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit mit einem möglichen Anspruch aus § 37 Absatz 2 BetrVG wegen versäumter Arbeitszeit, wie dies etwa dann der Fall ist, wenn ein in Nachtschicht arbeitendes Betriebsratsmitglied an einer ganztägigen Betriebsratssitzung teilnimmt und es ihm deshalb unmöglich oder unzumutbar ist , seine vor oder nach der Sitzung liegende Nachtschichtarbeit einzuhalten. In solchen Fällen behält das Betriebsratsmitglied seinen Lohnanspruch für die dadurch ausgefallene Arbeitszeit nach § 37 Absatz 2 BetrVG. Während die Bestimmung des § 37 Absatz 2 BetrVG vor einer Minderung des Arbeitsentgelts wegen Arbeitsversäumnis infolge notwendiger Betriebsratsarbeit schützen will, soll der geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach § 37 Absatz 3 BetrVG verhindern, dass Betriebsratsmitglieder , die aus betriebsbedingten Gründen ihre Betriebsratstätigkeit nicht während der Arbeitszeit ausführen können, durch den Verlust persönlicher Freizeit benachteiligt werden ( BAG, Urteil vom 7.6.1989 - 7 AZR 500/88 - AP Nr. 72 zu § 37 BetrVG 1972 ). Betriebsratstätigkeit liegt nur insoweit außerhalb der Arbeitszeit im Sinne des § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG, wie sie zusätzlich zu der durch Arbeitsleistung oder erforderliche Betriebsratstätigkeit ausgefüllten vertraglichen Arbeitszeit geleistet wird ( BAG, Urteil vom 15.2.1989 - 7 AZR 193/88 - AP Nr. 70 zu § 37 BetrVG 1972 ).

b) Die nach § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG erforderliche Betriebsbedingtheit der über die Grundarbeitszeit hinausgehenden Betriebsratstätigkeit mit Reisezeit ist von der Klägerin zwar nicht im einzelnen dargelegt worden. Sie ist zwischen den Parteien aber nicht im Streit. Die Beklagte erkennt auch die die Grundarbeitszeit überschreitenden Reisezeiten der Klägerin durch Zeitgutschrift für den Freizeitausgleich an. Streitig ist allein, ob diese Reisezeiten mit Zeitzuschlägen zu vergüten sind, wenn die Klägerin in Absprache mit den dienstlichen Stellen der Beklagten Freizeitausgleich zu Zeiten nehmen kann, in denen nach § 23 MTV Zeitzuschläge anfallen, also in der Nachtzeit ( 20:00 bis 6:00 Uhr) und an Sonn- und Feiertagen. Nach den für die vergütungsmäßige Bewertung dieser Reisezeiten maßgebenden kollektivrechtlichen Regelungen über Dienstreisen im Betrieb der Beklagten ist dies zu verneinen.

c) Der auf das Arbeitsverhältnis kraft Vereinbarung anwendbare MTV trifft zur Frage der Behandlung von Reisezeiten keine Regelung. Die einschlägige Betriebsvereinbarung i.d.F. vom 1.1.1990 über Dienstreisen und Lehrgangsbesuche regelt in § 9 Absatz 3, dass Reisezeiten zwar auf die sonst zu erbringende Arbeitszeit anzurechnen, aber ausnahmslos der Grundarbeitszeit zuzurechnen sind. Ausdrücklich ist bestimmt, dass Reisezeiten keine Zuschläge auslösen und grundsätzlich ohne Bedeutung sind für die Frage, ob Arbeitszeiten zuschlagsberechtigt sind. Besonders deutlich wird die Zuschlagsfreiheit von Reisezeiten im Hinblick auf mögliche Zeitzuschläge durch § 11 BV, der bestimmt, dass selbst an Feiertagen lediglich die auf einer Dienstreise angefallene Arbeits-(Dienstgeschäfts-) zeit als Feiertagsarbeit, "die Reisezeit hingegen -ohne Zuschläge- zusätzlich zu einer ggf. für diesen Tag ohnehin in Ansatz zu bringenden Grundarbeitszeit zugeschrieben ( wird )".

d) Die Regelungssystematik spricht dafür, dass die Zuschlagsfreiheit von Reisezeiten auch bei dem in § 12 BV geregelten Freizeitausgleich zu beachten ist, wenn sie über die sonst dienst- bzw. schichtplanmäßige Grundarbeitszeit hinausgehen. Die BV differenziert bei Dienstreisen zwischen Arbeits- (Dienstgeschäfts- ) zeiten einerseits und bloßen Reisezeiten andererseits, zu denen auch die Wartezeiten zählen ( §§ 2,3 BV), und knüpft daran unterschiedliche Regelungen. Die Regelung über den Freizeitausgleich bzw. die Abgeltung in § 12 BV ist Teil des 3. Abschnitts der BV, dem in § 9 BV die "Grundsätze" über die Anrechnung vorangestellt sind, die die Reisezeiten geringer bewerten als die im Verlauf der Dienstreise geleistete Arbeitszeit. Reisezeiten können danach keine zuschlagspflichtige Vergütung auslösen. Wenn sie über die Grundarbeitszeit hinausgehen sollten, sind sie auch nur wie Reisezeiten zuschlagsfrei auszugleichen, d.h. mit der Grundvergütung. Dies entspricht der langjährigen Anwendungspraxis der BV.

e) Die Kammer teilt nicht die Auffassung, die einerseits anerkennt, dass Reisezeiten im Fall der Abgeltung wegen unterlassenen Freizeitausgleichs keinerlei Zuschläge auslösen können, andererseits aber im Fall des Freizeitausgleichs die Zuschlagspflicht bejaht. Es würde dem Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung in § 12 BV und in § 37 Absatz 3 BetrVG zuwiderlaufen, wenn ein Arbeitnehmer aus nicht in seiner Sphäre liegenden betrieblichen Gründen die Reisezeit als zuschlagsfreie Abgeltung erhielte und vergütungsmäßig schlechter stände als im Fall des vorrangigen Freizeitausgleichs. Letztlich würde dies auf einen Anreiz oder eine Belohnung für den Arbeitgeber hinauslaufen, der den Freizeitausgleich verhindert.

f) Es ist zwar richtig, dass im Fall eines Freizeitausgleichs durch Befreiung von zuschlagspflichtiger Arbeit (Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit) -bei Arbeitsbefreiung an Werktagen in der Zeit von 6:00 bis 20:00 kann die Klägerin die begehrten Zuschläge nicht erhalten- nach § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG grundsätzlich Anspruch auf das Entgelt besteht, wie wenn gearbeitet worden wäre. Diese Bestimmung muss aber im Zusammenhang mit dem Bevorzugungs- und Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG ausgelegt werden, dessen Konkretisierung § 37 BetrVG dient. Im Betrieb bestehende tarifvertragliche und betriebliche Regelungen sind nicht nur bei der Frage zu berücksichtigen, ob Reisezeiten außerhalb der Grundarbeitszeit überhaupt einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung gemäß § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG auslösen können, sondern auch bei der vergütungsmäßigen Bewertung solcher Reisezeiten für den Freizeitausgleich bzw. der Abgeltung. Dabei geht es vorliegend nicht um Reisezeiten in der regulären Arbeitszeit, die die Frage aufwerfen könnten, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung für Zeiten der Nichtbeschäftigung nicht bereits wegen Annahmeverzugs schuldet, wenn er ihm keinen ordnungsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt ( vgl. BAG, Urteil vom 11.7.2006 - 9 AZR 519/05 - Rn 15 zu § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT ). Bei Reisezeiten, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgehen, ist der Arbeitgeber jedenfalls nicht gehindert, in einer BV derartige Reisezeiten zwar einerseits als ausgleichspflichtige Zeit zu behandeln ( § 12 Absatz 1 BV ), wozu er rechtlich nicht verpflichtet wäre, die Bezahlung der Arbeitsbefreiung beim Freizeitausgleich aber auf die Grundvergütung zu beschränken, so wie es der bisherigen Anwendungspraxis der BV entspricht.

g) Diese Regelung steht auch im Einklang mit § 9 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 MTV, der selbst bei geleisteter Überarbeit bestimmt, dass für die Zeit des Freizeitausgleichs nur die Grundvergütung fortgezahlt wird. Zur Grundvergütung gehören nicht die Zeitzuschläge ( § 13 Abs. 2 i MTV ). Da in der BV über Dienstreisen die Reisezeiten geringer bewertet sind als Arbeits- (Dienstgeschäfts-) zeiten und nur bei letzteren von Überarbeit gesprochen wird ( vgl. § 9 Absatz 2 Unterabsatz 2 BV ), bestände ein Wertungswiderspruch, wenn Reisezeiten beim Freizeitausgleich zuschlagspflichtig sein könnten. Dieser Widerspruch wird nicht dadurch beseitigt, dass Zeiten der Überarbeit je nach Umfang und Lage mit dem Faktor 1,25 oder 1,50 multipliziert werden ( § 9 Abs. 2 a MTV ). Reisezeiten sind keine Überarbeit. Insoweit bleibt es bei der Grundvergütung für den Freizeitausgleich. Für Betriebsratsmitglieder kann wegen § 78 Satz 2 BetrVG nichts anderes gelten.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

III. Die Revision wird nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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