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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 1228/02
Rechtsgebiete: BGB, TVG, Satzung ver.di


Vorschriften:

BGB § 613 a I 2
BGB § 613 a I 3
TVG § 3 I
TVG § 3 III
Satzung ver.di § 95
1. Verschmelzung tarifschließender Gewerkschaften zu ver.di am 1.7.2001 und kongruente Tarifgebundenheit.

2. Der Ablösung des Veräußerer TV durch den Erwerber TV nach § 613 a I 3 BGB steht § 95 der ver.di - Satzung nicht entgegen.

3. Die Ablösung setzt keine beiderseitige kongruente Tarifgebundenheit bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs voraus.

4. Die Verdrängungswirkung des § 613 a I 3 BGB setzt keine punktgenaue Deckungsgleichheit von Einzelregelungen im alten und neuen TV voraus. Zum Begriff der sog. Regelungsidentität.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 1228/02

Verkündet am 01. April 2004

In Sachen

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 01.04.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schroeder als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Konschak und Mingers

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.10.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 1 Ca 10603/01 - teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die tariflichen Regelungen zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen (Rationalisierungsschutzvertrag) der Druckindustrie vom 06.07.1984 Anwendung finden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 83 %, der Beklagten zu 17 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 88 %, die Beklagte zu 12 % zu tragen.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Druckindustrie oder die Tarifverträge der Kölner Hafenspediteure Anwendung finden.

Der Kläger war seit dem 25.10.1976 bei der B KG als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er war Mitglied der IG Medien. Die B KG war Mitglied im Arbeitgeberverband Medien, Druck und Papier. Im Arbeitsvertrag heißt es: "Im übrigen gelten die Bestimmungen des jeweiligen Manteltarifvertrages der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die Betriebsvereinbarungen."

Zum 01.04.1998 wurde der Unternehmensbereich innerbetrieblicher Transport im Wege des Betriebsteilübergangs auf die Beklagte übertragen, die seinerzeit noch unter T GmbH firmierte. Dieser Betriebsteilübergang erfasste auch das Arbeitsverhältnis des Klägers. Die Beklagte ist als Mitglied des Verbandes der K e. V. (K ) an die von diesem Verband mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) vereinbarten Tarifverträge für alle Beschäftigten der K Hafenumschlagsbetriebe gebunden. Zu diesen Tarifverträgen zählen der Rahmentarifvertrag vom 15.08.1997 (RTV-KSH) mit Regelungen über die allgemeinen Arbeitsbedingungen (Arbeitszeit, Urlaub, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, unter anderem auch Regelungen über Jahressonderzahlung und vermögenswirksame Leistungen) und der Tarifvertrag über die Entlohnung für die gewerblichen Arbeitnehmer.

Die Beklagte bot dem Kläger erfolglos den Abschluss eines Arbeitsvertrages unter Zugrundelegung der Tarifverträge KSH an. In der Folgezeit vergütete sie den Kläger nach den Tarifverträgen KSH.

Am 23.07.1998 erhob der Kläger Feststellungsklage darauf, dass sich bestimmte Arbeitsbedingungen nach dem MTV Druck richteten. Mit Klageerweiterungen beanspruchte er die Grundlohndifferenz für die Monate April bis Dezember 1998. Das BAG hat durch Urteil vom 21.02.2001 - 4 AZR 18/00 - den Klagen letztinstanzlich stattgegeben. Zur Begründung hat das BAG im Wesentlichen ausgeführt, die Bestimmungen des MTV Druck seien gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB am 01.04.1998 Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden. Der Ausschluss der Transformation des alten Tarifvertrages nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB setze eine beiderseitige kongruente Tarifbindung voraus, die nicht vorliege, weil der Kläger als Mitglied der IG Medien nicht an die von der ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge KSH gebunden sei.

Auf der Grundlage dieser Entscheidung rechnete die Beklagte die Ansprüche des Klägers vom 01.04.1998 bis zum 30.06.2001 nach den Tarifverträgen für die Druckindustrie ab und zahlte den von ihr ermittelten Differenzbetrag an den Kläger aus. Nach dem Zusammenschluss u. a. der IG Medien und der ÖTV zu ver.di am 01.07.2001 wendet die Beklagte seitdem wieder ausschließlich die Tarifverträge KSH an.

Zuvor hatte die Beklagte mit Schreiben vom 10.09.1999 zum 30.04.2000 gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung erklärt mit dem Ziel, den Lohn abzusenken und Zuschläge für Mehr- und Nachtarbeit nach dem RTV-KSH zu vergüten. Der Kläger hat die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage erhoben. Außerdem hat er im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht, dass sich bestimmte Arbeitsbedingungen auch nach dem 30.06.2001 nach den Tarifnormen der Druckindustrie richteten. Ferner hat er Zahlung der Vergütungsdifferenz für den Zeitraum vom 01.07.2001 bis zum 31.03.2002 verlangt. Der Kläger vertritt die

Auffassung, der Zusammenschluss der IG Medien mit weiteren Einzelgewerkschaften wie der ÖTV zu ver.di führe nicht zur Anwendbarkeit der Tarifverträge KSH.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die in der Änderungskündigung vom 10.09.1999 vorgesehenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt sind, das Arbeitsverhältnis somit über den 30.04.2000 hinaus zu den bisherigen Bedingungen fortgeführt wird;

2. festzustellen, dass über den 30.06.2001 hinaus die regelmäßige Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 des MTV der Druckindustrie für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 06.02.1997 (gültig ab 01.01.1997) 35 Stunden beträgt;

3. festzustellen, dass die Beklagte auch über den 30.06.2001 hinaus verpflichtet ist, dem Kläger eine Freischicht nach § 4 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 zu gewähren, soweit der Kläger in gleichmäßig verteilter Wechselschicht arbeitet oder ständig Nachtarbeit im Sinne des MTV leistet;

4. festzustellen, dass die Beklagte auch über den 30.06.2001 hinaus verpflichtet ist, Überstunden, d. h. Arbeitsstunden, die über die 35-Stundenwoche hinaus gehen, nach § 15 Ziffer 3 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 in Geld oder Freizeit abzugelten;

5. festzustellen, dass auch über den 30.06.2001 hinaus für gesetzliche Feiertage Lohnzahlungen nach § 6 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 zu gewähren sind;

6. festzustellen, dass auch über den 30.06.2001 hinaus Zuschläge nach § 8 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 zu zahlen sind, sofern die in § 8 genannten Voraussetzungen vorliegen;

7. festzustellen, dass auch über den 30.06.2001 hinaus unter den Voraussetzungen des § 9 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 die dort genannte Jahresleistung zu zahlen ist;

8. festzustellen, dass auch über den 30.06.2001 hinaus die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Urlaub nach Maßgabe des § 10 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 zu gewähren;

9. festzustellen, dass die Beklagte auch über den 30.06.2001 hinaus verpflichtet ist, im Fall der Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen i.S.d. § 11 des MTV der Druckindustrie in der Fassung vom 06.02.1997 den Lohn weiter zu zahlen;

10. festzustellen, dass über den 30.06.2001 hinaus der Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 06.07.1984 (gültig ab 01.10.1984) sowie das Lohnabkommen für die Druckindustrie 1997/1998 vom 06.02.1997 gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB nach wie vor Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist;

11. festzustellen, dass über den 30.06.2001 hinaus der Tarifvertrag über Vermögenswirksame Leistungen der Druckindustrie vom 10.12.1970 gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet;

12. festzustellen, dass über den 30.06.2001 hinaus der Tarifvertrag zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen (Rationalisierungsschutzvertrag) der Druckindustrie vom 06.07.1984 gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet;

13. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 01.07.2001 bis 31.03.2002 zusätzliche monatliche Grundvergütung in Höhe von insgesamt 3.885,21 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 aus 431,69 DM seit dem 31.07.2001, aus weiteren 431,69 DM seit dem 31.08.2001, aus weiteren 431,69 DM seit dem 30.09.2001, aus weiteren 431,69 DM seit dem 31.10.2001, aus weiteren 431,69 DM seit dem 30.11.2001, aus weiteren 431,69DM seit dem 31.12.2001, aus weiteren 431,69 DM seit dem 31.01.2002, aus weiteren 431,69 DM seit dem 28.02.2002 sowie aus weiteren 431,69 DM seit dem 31.03.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Änderungskündigung vom 10.09.1999 hat die Beklagte die Auffassung vertreten, damit habe eine Gleichstellung der "übernommenen" Arbeitnehmer mit der bereits vorhandenen Stammbelegschaft erreicht werden sollen. Diese Gleichstellung diene dem Betriebsfrieden und der Vermeidung einer beschlossenen Betriebsteilstilllegung. Jedenfalls ab 01.07.2001 seien die Tarifverträge KSH auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, weil seit diesem Zeitpunkt die vom BAG geforderte beiderseitige kongruente Tarifbindung eingetreten sei.

Das Arbeitsgericht hat der Änderungsschutzklage stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, durch den Zusammenschluss der Gewerkschaften IG Medien und ÖTV zu ver.di sei beiderseitige kongruente Tarifbindung eingetreten mit der Konsequenz, dass die Rechtsnormen der Tarifverträge KSH die ursprünglich arbeitsvertraglich fortgeltenden Tarifverträge der Druckindustrie mit Wirkung ab 01.07.2001 ablösten. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er die erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiterverfolgt. Er ist der Ansicht, die Selbstständigkeit der einzelnen Fachbereiche von ver.di verhindere eine Tarifkonkurrenz. Die Tarifbindung sei beschränkt auf die Tarifverträge, die dem Fachbereich zugeordnet seien. Bei Gründung der Gewerkschaft ver.di hätten die Gründungsmitglieder die Problematik einer etwa daraus resultierenden Tarifkonkurrenz bedacht. Vor diesem Hintergrund sei in § 95 der Satzung von ver.di vereinbart worden, dass die Mitglieder der Gründungsgewerkschaften auch nach dem Zusammenschluss zu ver.di ausschließlich an die jeweiligen Tarifverträge der Gründungsgewerkschaften gebunden seien. Die Beklagte bleibt bei ihrer Auffassung der Ablösung durch die Tarifverträge KSH ab 01.07.2001 und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das angefochtene Urteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat nur im zuerkannten Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet, denn die Tarifverträge KSH finden mit Wirkung ab 01.07.2001 gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Sie haben die früheren Regelungen aus dem MTV Druck abgelöst mit Ausnahme des Rationalisierungsschutzvertrages, weil es insoweit an der erforderlichen Regelungsidentität fehlt.

I. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, dass vor dem Betriebsübergang für das Arbeitsverhältnis geltende kollektivrechtliche Normen zwischen dem neuen Inhaber des Betriebes oder Betriebsteils und dem Arbeitnehmer als Vertragsrecht weitergelten und nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden dürfen. Diese Vorschrift gilt nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages (oder durch eine andere Betriebsvereinbarung) geregelt werden. So liegt der Fall hier. Mit Wirkung ab 01.07.2001 sind die vor dem Betriebsteilübergang geltenden Tarifnormen durch einen "anderen Tarifvertrag", das heißt die Tarifverträge KSH - mit Ausnahme des Rationalisierungsschutzvertrages - abgelöst worden.

1. Nach der Verschmelzung der fünf Gründungsgewerkschaften DAG, DPG, HBV, IG Medien und ÖTV zur Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. ver.di zum 01.07.2001 ist beiderseitige kongruente Tarifgebundenheit eingetreten (Schliemann, Sonderbeilage zu NZA 2003 Heft 16, Seite 9 Fußnote 44).

a. Die von den Gründungsgewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge gelten nach Wirksamwerden der Verschmelzung unverändert fort. ver.di trat als Tarifvertragspartei an die Stelle derjenigen Gründungsgewerkschaft, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat (§ 95 Nr. 1 Sätze 1 und 2 der ver.di-Satzung). Diese Satzungsbestimmungen entsprechen den Rechtsfolgen der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz. Bei der hier vorliegenden Verschmelzung durch Neugründung übertragen mehrere Rechtsträger ihr Vermögen jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger. Die Übertragung erfolgt jeweils gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften des neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber, hier an die Mitglieder der übertragenden Rechtsträger. Gleichzeitig werden die übertragenden Rechtsträger ohne Abwicklung mit Eintragung der Verschmelzung aufgelöst. Da mit der Verschmelzung alle Tarifverträge der Gründungsgewerkschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf ver.di übergegangen sind, ist ver.di ab 01.07.2001 Tarifvertragspartei sowohl der Tarifverträge für die Druckindustrie als auch für die Tarifverträge KSH.

b. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, dass die Tarifarbeit der ver.di von den durch die Fachbereiche gebildeten Tarifkommissionen wahrgenommen werde und die Tarifverträge der früheren IG Medien innerhalb von ver.di einem anderen Fachbereich zugeordnet seien als die Tarifverträge der früheren ÖTV. Es trifft zwar zu, wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass ver.di in 13 Fachbereiche unterteilt ist und die Tarifarbeit von diesen Fachbereichen eigenständig - unter Beachtung der von ver.di entwickelten tarifpolitischen Grundsätze - wahrgenommen wird (§§ 68, 69 der Satzung von ver.di). Dies ändert aber nichts daran, dass nach außen hin nur ver.di als tarifschließende Gewerkschaft auftritt und auch nur ver.di nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolger der einzelnen Gründungsgewerkschaften ist.

c. Der kongruenten Tarifgebundenheit steht auch nicht § 95 Nr. 1 Satz 3 der Satzung von ver.di entgegen, wonach die Tarifbindung im persönlichen und fachlichen Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages solange unverändert bleibe, bis der bisherige Tarifvertrag durch einen nachfolgenden Tarifvertrag abgelöst werde. Nach Kempen (NZA 2003, 415, 418, 419) ist diese Bestimmung in die Satzung aufgenommen worden, um den seitens der Gründungsgewerkschaften bestehenden Bedenken gegen die Rechtsprechung des BAG zur Auflösung von Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität über das Spezialitätsprinzip entgegenzutreten. § 95 Nr. 1 Satz 3 der ver.di-Satzung ordne für die auf ver.di übergegangenen Tarifverträge der Gründungsgewerkschaften Tarifpluralität an und schließe die Anwendung des Spezialitätsprinzips und der Zeitkollisionsregel insoweit aus. Die bisherige Tarifbindung wirke nach § 3 Abs. 3 TVG weiter, bis der weitergeltende Tarifvertrag durch einen nachfolgenden Tarifvertrag, den dann ver.di abzuschließen hätte, abgelöst werde (Kempen a.a.O. Seite 420).

Dem ist entgegenzuhalten, dass es nach dem Zusammenschluss zu ver.di nur eine Tarifgebundenheit für die ver.di-Mitglieder gibt (§ 3 Abs. 1 TVG), unabhängig davon, welcher Gründungsgewerkschaft sie einmal angehört haben, und dass § 3 Abs. 3 TVG auf den hier allein interessierenden Fall des Betriebsübergangs nach § 613 a BGB keine Anwendung findet. § 3 Abs. 3 TVG hält die kollektivrechtliche Bindung weiterhin aufrecht mit der Maßgabe, dass die Tarifnormen nach wie vor unmittelbar nach § 4 Abs. 1 TVG auf die Arbeitsverhältnisse einwirken. Demgegenüber überführt § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB weitergeltende Tarifnormen in individualrechtliche Bestandteile des Arbeitsvertrages. Sowohl § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB als auch § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB enthalten spezialgesetzliche Bestimmungen über das Schicksal von Rechten und Pflichten im Einzelarbeitsverhältnis, die auf kollektivvertraglichen Regelungen beruhen. § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB enthält eine besondere Regelung zur Lösung einer möglichen Kollision zwischen den vor und nach Betriebsübergang maßgebenden Tarifverträgen bzw. deren Tarifnorm. Das Gesetz räumt für diesen Fall dem Ordnungsinteresse des neuen Betriebsinhabers Vorrang gegenüber dem möglichen Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der bisherigen Tarifbedingungen dadurch ein, dass es die Kollisionslage nicht auftreten lassen will, wenn die anderen Tarifverträge (und Betriebsvereinbarungen) im nunmehr mit dem neuen Betriebsinhaber bestehenden Arbeitsverhältnis zwingend und unmittelbar gelten (BAG, Urteil vom 21.02.2001 - 4 AZR 18/00 -). Diese gesetzliche Anordnung kann nicht durch Satzungsrecht verhindert werden. Auf einen besonderen Willen zur Ablösung oder Nichtablösung kollektiv-rechtlich begründeter Normen stellt das Gesetz beim Betriebsübergang nicht ab.

2. Die Rechtsfolge der Verhinderung der Weitergeltung beim Betriebsveräußerer geltender tariflicher Regelungen nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB lässt sich nicht damit begründen, diese Bestimmung könne lediglich auf Tarifverträge Anwendung finden, die nach Betriebsübergang für den Betrieb des Erwerbers von den Tarifvertragsparteien neu abgeschlossen werden (so aber Kempen/Zachert, TVG, § 3 Rdnr. 60). Gegen die Verdrängungswirkung eines beim Betriebserwerber wie vorliegend bereits bestehenden Tarifvertrages KSH wird angeführt, dass dieser von den betroffenen Arbeitnehmern nicht mitgliedschaftlich legitimiert sei und daher keine Geltung für die übergegangenen Arbeitsverhältnisse beanspruchen könne. Daher sei § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB verfassungskonform so auszulegen, dass nur ein neu abgeschlossener Tarifvertrag die Weitergeltung von Tarifrecht des Betriebsveräußerers verhindern könne (Kempen/Zachert a.a.O.).

Bei dieser Argumentation wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Verdrängungswirkung eines bereits bestehenden Tarifvertrages nur in Betracht kommt, soweit an diesen Betriebserwerber und Arbeitnehmer gebunden sind. Nur in diesem Fall beiderseitiger kongruenter Tarifgebundenheit geht die kollektivrechtliche Verpflichtung der individualrechtlichen Weitergeltung nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Ob diese Tarifgebundenheit erst nach dem Abschluss des Tarifvertrages eintritt, ist unerheblich. Die mitgliedschaftliche Legitimation besteht darin, dass der Kläger Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, die wiederum Tarifvertragspartei des Erwerbertarifvertrages ist.

3. § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB setzt keine beiderseitige kongruente Tarifgebundenheit bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs voraus.

Die Tarifnormen der Tarifverträge Druck sind beim Übergang des Betriebsteils am 01.04.1998 gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden, denn zu dieser Zeit bestand noch keine beiderseitige kongruente Tarifgebundenheit. Das Gesetz sieht eine zeitliche Schranke für eine solche Tarifbebundenheit nach Betriebsübergang jedenfalls nach seinem Wortlaut nicht vor. Der zeitliche Rahmen von einem Jahr, den § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB erwähnt, bezieht sich lediglich auf individualrechtliche Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen nach Betriebsübergang, nicht aber auf deren Ablösung durch nachfolgende kollektivrechtliche Regelungen. Ist die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der übernommenen Arbeitnehmer nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine ablösende tarifliche Regelung bereits vor Ablauf eines Jahres nach Betriebsübergang zulässig, spricht dies eher dafür, dass die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach Ablauf dieser Frist durch einen Tarifvertrag nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB erst recht zulässig sein muss. Für das in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommende Ordnungsprinzip der betrieblichen Tarifeinheit mit der Sicherung des Vorrangs kollektivrechtlicher Regelungen beim Betriebserwerber vor denen beim Betriebsveräußerer kann es nicht auf eine bestimmte oder "angemessene" (Henssler, NZA 1994, 912, 920) Frist für die kollektivrechtliche Ablösbarkeit ankommen. Dementsprechend hat auch das BAG bislang keine Zeitgrenze für die Verdrängungswirkung nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB aufgestellt (BAG, Urteile vom 20.04.1994 - 4 AZR 342/93 - und vom 19.03.1986 - 4 AZR 640/84 - AP Nr. 108 und Nr. 49 zu § 613 a BGB).

4. Der Verdrängungswirkung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB steht nicht das sog. Günstigkeitsprinzip entgegen. Die nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB fortgeltenden kollektivrechtlichen Normen der Tarifverträge Druck haben nicht denselben Veränderungsschutz wie Arbeitsvertragsregelungen. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB stellt nur einen Auffangtatbestand für die Fälle dar, in denen die bis zum Betriebsübergang anzuwendenden Tarifnormen nach dem Betriebsübergang nicht gleichermaßen unmittelbar und zwingend für das mit dem neuen Betriebsinhaber weiterbestehende Arbeitsverhältnis gelten (BAG, Urteil vom 21.02.2001 a.a.O.). Die bisherigen kollektivrechtlichen Regelungen stehen gewissermaßen unter Ablösungsvorbehalt. Selbst wenn man die weitergeltenden Kollektivnormen rechtsdogmatisch Individualregelungen zuordnen würde, änderte dies im Ergebnis nichts, denn § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB wäre dann als gesetzliche Sonderregelung anzusehen, die das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG ausschließt (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.1995 - 3 AZR 535/94 - NZA 1995, 1166 - 1168).

5. Die Weitergeltung des MTV Druck kann nicht damit begründet werden, dass der Kläger mit der B KG arbeitsvertraglich die Geltung der Bestimmungen des jeweiligen MTV Druck vereinbart hat und diese Vertragsregelung gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geworden ist. Die Bezugnahmeklausel bedarf der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Bei der Auslegung kommt es darauf an, ob es sich lediglich um eine Gleichstellungsabrede mit einem tarifgebundenen Arbeitgeber handelt oder ob die Anwendbarkeit der Bestimmungen des in der Klausel erwähnten Tarifvertrages ohne Rücksicht auf eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers vereinbart worden ist. Eine Gleichstellungsabrede kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebunden ist. Fehlt es an der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, hat die Vereinbarung der Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages keine Gleichstellung zur Folge, sondern eine gegen jeden "Tarifwechsel" resistente Bezugnahme auf ein bestimmtes Tarifwerk (Schliemann, Sonderbeilage zur NZA, Heft 16/2003, Seite 8).

Die B KG, mit der der Kläger die Bezugnahmeklausel vereinbart hat, war an den MTV Druck tarifgebunden. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte muss der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist, die zum Inhalt hat, den Arbeitnehmer so zu stellen, als sei er ebenfalls tarifgebunden, also seine ggf. fehlende Tarifgebundenheit zu ersetzen (BAG, Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Die Gleichstellungsabrede führt damit lediglich zu einer Rechtslage, die sich aus einer normativen Geltung des in Bezug genommenen Tarifvertrages ergäbe. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bereits selbst tarifgebunden ist (BAG, Urteil vom 27.11.2002 - 4 AZR 540/01 - AP Nr. 29 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) oder ob dem Arbeitnehmer die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers unbekannt war (BAG, Urteil vom 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - AP Nr. 33 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Die Verweisung auf den für die B KG einschlägigen MTV Druck im Arbeitsvertrag bedeutet daher nicht, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auch im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten anzuwenden sind, die an diesen Tarifvertrag nicht gebunden ist, ebenso wie umgekehrt der Kläger nicht auf Grund der Bezugnahmeklausel gleichsam automatisch den Tarifwechsel in die Tarifverträge KSH hinnehmen muss.

6. Die Verdrängungswirkung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB erfasst nicht den Tarifvertrag zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen (Rationalisierungsschutzvertrag) der Druckindustrie. Die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages gelten im Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter.

a) Das Vorliegen kongruenter Tarifgebundenheit auf beiden Seiten des Arbeitsverhältnisses im Erwerberbetrieb und der in § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB angeordnete Vorrang der dort bestehenden Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages beantwortet noch nicht die Frage nach dem Umfang der Verdrängungswirkung in gegenständlicher Hinsicht. Rechtsprechung und Schrifttum fordern insoweit den "gleichen Regelungsgegenstand" (BAG, Urteil vom 20.04.1994 - 4 AZR 342/93 - AP Nr. 108 zu § 613 a BGB) oder die "Identität des Regelungsgegenstandes" (Staudinger-Richardi/Annuß, § 613 a Rdnr. 186) bzw. "Regelungsidentität" (Prange, NZA 2002, 817, 820; Zerres, ZIP 2001, 359, 364). Bei der sog. Regelungsidentität geht es darum, ob der Erwerbertarifvertrag, um die Ablösungswirkung zu erzielen, den gleichen Regelungsgegenstand betrifft.

b) Die Anforderungen an die sog. Regelungsidentität sind im Schrifttum bestritten. Die Bandbreite der Meinungen reicht von der Auffassung, es genüge die Existenz eines anderen Tarifvertrages im Erwerberbetrieb, um die vollständige Ablösung des Tarifwerks im Veräußererbetrieb zu bewirken (Nicolai, Anmerkung zum BAG vom 20.04.1994 in SAE 1995, 204, 205), bis zu der Ansicht, der nunmehr im Erwerberbetrieb maßgebliche Tarifvertrag müsse positiv, wenn auch in abweichender Art und Weise, exakt dieselbe Materie regeln (Hanau/Vossen in Festschrift für Hilger und Stumpf 1983, Seite 271, 292). Zwischen diesen Extremen sind verschiedene Mittelmeinungen angesiedelt, die keine punktuelle Deckungsgleichheit verlangen, sondern es genügen lassen, wenn erkennbar ist, dass für dieselbe Sachgruppe beim Betriebsveräußerer und beim Erwerber jeweils ein unterschiedliches Regelungssystem existiert (Staudinger-Richardi/Annuß a.a.O.; RGRK-Ascheid, § 613 a Rdnr. 224; Erman-Hanau, § 613 a Rdnr. 91; KR-Pfeiffer, 6. Auflage, § 613 a BGB Rdnr. 169: "funktionelle Identität des Regelungsgegenstands"; Moll RdA 1996, 275, 284). Das BAG hat in der bereits zitierten Entscheidung vom 20.04.1994 aus dem Zusammenspiel der Sätze 2 und 3 des § 613 a Abs. 1 BGB hergeleitet, dass nur "die Rechte und Pflichten" beim Erwerber nicht weitergelten, wenn der Tarifvertrag im Erwerberbetrieb hierzu eine Regelung enthält, nicht aber, wenn er dazu schweigt. Soweit sich die Regelungsbereiche nicht deckten, würden die Regelungen des alten Tarifvertrages nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB individualvertraglich weitergelten. Diesem Ansatz ist zuzustimmen.

c) Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung vertretene Auffassung einer vollständigen Ablösung der alten Tarifverträge durch die bloße Existenz einer kollektivrechtlichen Ordnung beim Erwerber würde im Extremfall dazu führen, dass ein Tarifvertrag etwa lediglich über Einzelgegenstände wie die Arbeitszeit im Erwerberbetrieb ein umfangreiches Tarifwerk im Veräußererbetrieb verdrängen könnte. Wortlaut und systematischer Zusammenhang von § 613 a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB sprechen gegen ein solches Normverständis. Es lässt sich auch nicht mit dem Vereinheitlichungsinteresse des Erwerbers rechtfertigen, weil dabei die Arbeitnehmerschutzfunktion des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB nicht berücksichtigt würde. Außerdem würde dem Normzweck des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht Rechnung getragen, der eine Kollision zwischen den ins Arbeitsverhältnis übergegangenen änderungsgeschützten früheren Kollektivnormen einerseits und den neuen Kollektivnormen andererseits verhindern will. Wo es eine solche Kollision nicht gibt, bleibt es bei der Regelung des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB.

Andererseits ist der Auffassung nicht zuzustimmen, die zu einer Deckungsgleichheit der einzelnen Regelung tendiert und eine vollständige Identität der Regelungsgegenstände fordert. Dabei bliebe unberücksichtigt, dass es in der Praxis kaum vorkommt, dass in den Tarifwerken exakt dieselbe Materie geregelt ist und die ablösende Wirkung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht leer laufen darf (Erman-Hanau a.a.O.). Außerdem fordern die für Tarifverträge typischen Kompromisse ein Abstellen auf im Zusammenhang stehende Regelungskomplexe. Schließlich widerspricht das Herauspicken von Einzelregelungen, ggf. nach dem Prinzip der Rosinentheorie, mit der weiteren Konsequenz eines "Flickenteppichs" von Einzelbestimmungen aus dem alten und neuen Tarifvertrag dem Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers.

d) Für die Anträge des Klägers auf Feststellung der maßgeblichen Arbeitsbedingungen nach dem Zusammenschluss zu ver.di ab 01.07.2001, die sich auf einzelne Normen aus den Tarifverträgen der Druckindustrie beziehen, hat dies folgende Konsequenz:

aa) Die Regelungen aus dem MTV Druck über die Arbeitszeit bis zu den vermögenswirksamen Leistungen (Anträge 2 - 11) wurden durch die Tarifverträge KSH vollständig abgelöst. Die in den Anträgen zu 2 - 11 genannten Regelungskomplexe sind auch Gegenstand des RTV-KSH und des Entlohnungstarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Kölner Hafenumschlagsbetriebe.

Zweifel könnten lediglich hinsichtlich der im MTV Druck geregelten Freischichten (Antrag zu 3) bestehen, denn der RTV-KSH enthält keine derartige Regelung. § 4 MTV Druck sieht einen besonderen Ausgleich in Form einer Freischicht für den Fall vor, dass der Arbeitnehmer ständig in gleichmäßig verteilter Wechselschicht arbeitet oder ständig Nachtarbeit leistet. Demgegenüber enthält der RTV-KSH in § 2 Nr. 6 lediglich die Regelung, dass auf Verlangen die Arbeit bei Bedarf in Schichten zu leisten ist (Frühschicht von 6:00 bis 14:00 Uhr, Spätschicht von 14:00 bis 22:00 Uhr und Nachtschicht von 22:00 bis 6:00 Uhr ). Nach § 7 RTV-KSH wird Nachtarbeit mit 25 % und regelmäßige Nachtarbeit mit 20 % Zuschlag vergütet. Die Zuschlagsvergütung für Nachtarbeit mit 25 % bzw. 20 % ist noch einmal in § 8 Nr. 2 RTV-KSH vereinbart.

Nach Auffassung der Kammer muss es für die Verdrängungswirkung des RTV-KSH genügen, dass der Regelungskomplex Schichtarbeit im neuen Tarifvertrag vereinbart worden ist. Das Fehlen eines besonderen Ausgleichs für bestimmte Formen der Schichtarbeit im RTV-KSH führt nicht zur Weitergeltung der Regelung des § 4 MTV Druck. Die Tarifvertragsparteien des RTV-KSH haben die Situation der Schichtarbeit gesehen, was dafür spricht, dass sie diesen Regelungskomplex abschließend regeln wollten. Die Weitergeltung des § 4 MTV Druck würde außerdem zu einem Rosinenpicken führen, denn während die Tarifregelung im MTV Druck einen besonderen Ausgleich im Falle ständiger Nachtarbeit vorsieht, bewerten die Tarifvertragsparteien im für den Erwerberbetrieb einschlägigen Tarifvertrag die regelmäßige Nachtarbeit gerade geringer als die gelegentliche Nachtarbeit. Dies kommt in der Zuschlagsregelung des § 7 und des § 8 Nr. 2 des RTV-KSH zum Ausdruck, wonach für regelmäßige Nachtarbeit lediglich ein Zuschlag von 20 % gegenüber 25 % bei gelegentlicher Nachtarbeit vereinbart ist. Der im RTV-KSH zum Ausdruck gekommene Wille der Tarifvertragsparteien über die geringere Bewertung ständiger Nachtarbeit würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Regelungen über zusätzliche Freischichten nach § 4 MTV Druck weitergelten würden.

bb) Demgegenüber enthält der Rationalisierungsschutzvertrag (Antrag zu 12), auch wenn er gemäß dessen § 10 Bestandteil des MTV Druck ist, einen eigenständigen Regelungskomplex, der in den Tarifverträgen KSH keine Entsprechung findet. Der Rationalisierungsschutzvertrag enthält Regelungen zur Vermeidung oder Abmilderung sozialer Härten im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen, die gemäß § 3 des Vertrages weit gefasst sind und nicht spezifisch auf die Druckindustrie zugeschnitten sind, sondern auch im Erwerberbetrieb eintreten können, zumal nach dem Vorbringen der Parteien in der Berufungsverhandlung die Arbeitnehmer der übergegangenen Arbeitsverhältnisse dieselbe Arbeit verrichten wie früher. Bei Kündigungen sieht der Rationalisierungsschutzvertrag bestimmte Mindestkündigungsfristen vor (§ 6) und eine Entschädigung für die Aufgabe des sozialen Besitzstandes (§ 8). Es sind weder Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien für den Tarifbereich KSH kompensatorisch oder auf andere Weise den Rationalisierungsschutz "mitgeregelt" haben. Eine Verdrängungswirkung der Regelungen des Rationalisierungsschutzvertrages durch § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB scheidet daher aus.

cc) Zahlungsantrag (Antrag zu 13) ist unbegründet. Er bezieht sich auf Zahlungsansprüche für die Zeit ab 01.07.2001 unter Anwendung der Entgeltregelung in der Druckindustrie, die durch den Tarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Kölner Hafenumschlagsbetriebe abgelöst worden ist.

II. Die Kostenentscheidung war wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände nach Instanzen getrennt vorzunehmen. Die erstinstanzlich erhobene Änderungsschutzklage (Antrag zu 1) war nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

III. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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