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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 201/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
Berechnung einer Leistungslohnprämie.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen die am 14.11.2002 Arbeitsgericht Köln - 11 Ca 1543/02 - und am 22.01.2003 Arbeitsgericht Köln - 12 Ca 1557/02 - verkündeten Urteile wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Kläger B, B, K, K, K, M, S und W wird das am 14.11.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 11 Ca 1543/02 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt,

an den Kläger B 271,99 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

297,19 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

258,42 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

298,93 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger B 243,77 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

265,28 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

258,48 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

275,94 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger K 290,01 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

319,01 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

277,40 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

300,47 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger K 290,01 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

317,34 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

275,94 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

298,93 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger K 190,47 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

209,88 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

147,46 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

208,52 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger M 271,99 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,297,18 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

259,88 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

275,94 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

an den Kläger S 290,01 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

317,33 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

277,40 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

298,93 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002,

und an den Kläger W 236,71 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002,

258,57 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002,

239,44 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 sowie

259,07 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002

zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Bemessungsgrundlage für die Berechnung einer Leistungslohnprämie, konkret darüber, ob der von den jeweiligen Klägern erreichte in Prozenten ausgedrückte Leistungsgrad für die Leistungslohnprämie vom Effektivlohn unter Einschluss einer mindestens 10 %igen Zulage auf den Tariflohn, also auf der Basis von mindestens 110 % des Tariflohns zu berechnen ist.

Die Kläger sind bei der Beklagten, einer Vertragswerkstatt von D -C als Kfz-Mechaniker im Leistungslohn beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien finden die Tarifverträge für das Kfz-Gewerbe für das Land N -W Anwendung.

Im einschlägigen Entgeltrahmen-Abkommen in der Fassung vom 01.07.2001 ist, soweit es hier interessiert, in § 4 folgendes geregelt:

"3.1 Die Arbeit kann als Zeit- oder Leistungslohnarbeit ausgeführt werden. Für seine Arbeit erhält der Arbeitnehmer mindestens das Entgelt seiner Entgeltgruppe.

3.2 Über Leistungslohnarbeit ist eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, die festlegt, an welchen Arbeitsplätzen im Leistungslohn gearbeitet wird.

3.6 Für Leistungslohnarbeiten sind dem Arbeitnehmer bei Normalleistung (Einhaltung der Vorgabewerte) mindestens 10 % über dem Tarifentgelt zu vergüten.

3.10 Sind die den Arbeitswertkatalogen der Hersteller bzw. Importfirmen zugrunde liegenden technischen und organisatorischen Voraussetzungen nicht gegeben, so ist über einen entsprechenden Korrektur- bzw. Werkstattfaktor eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. ...

3.13 ...

Erfolgt keine Beschäftigung des Arbeitnehmers, so erhält er für diese Zeit das vereinbarte Entgelt (plus außertarifliche Zulage), mindestens jedoch Tariflohn plus 10 % gemäß Ziffer 3.6.

..."

In Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen schlossen die Parteien mit Wirkung vom 01.05.1990 eine Betriebsvereinbarung, die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

"4. Der Werkstattfaktor beträgt 12,5 AW je Stunde (Soll-Leistung).

5. Der Leistungslohn des Arbeitnehmers errechnet sich aus dem Effektivlohn zuzüglich der Leistungslohnprämie. Der Effektivlohn besteht aus dem Tariflohn zuzüglich vereinbarter Zulagen.

6. Die Leistungsprämie wird auf 40 % des Werkstattfaktors begrenzt; sie darf nicht zu Lasten der Arbeitsqualität, -ordnung und -sicherheit gehen.

Erfolgt in Leerlaufzeiten keine Beschäftigung des Arbeitnehmers, so erhält er für diese Zeit den vereinbarten Lohn (Tariflohn plus außertarifliche Zulage § 2), mindestens jedoch Tariflohn plus

10 %.

13. Regelungen, die entgegen dieser Betriebsvereinbarung günstiger angewendet werden, begründen keinen auf Dauer einklagbaren Besitzstand, z. B. in Form einer betrieblichen Übung.

Der Begriff "Effektivlohn" wurde in der Folgezeit - ohne inhaltliche Änderung - von der Buchhaltung der Beklagten durch den Begriff "Reallohn" ersetzt. Spätestens seit dem Jahre 1990 berechnete die Beklagte für die im Leistungslohn tätigen Arbeitnehmer wie die Kläger die Leistungslohnprämie wie folgt:

Tariflohn + 10 % Zuschlag + evtl. Übertarif = Reallohn x individueller prozentualer Leistungsgrad (LL) in Höhe von maximal 40 %.

In einer Betriebsvereinbarung "Arbeitszeitrahmen" vom 09.07.2001 ist in einem Anhang die Entgeltgestaltung bei gewerblichen Arbeitnehmern mit folgender Formel beschrieben:

Tarifliche Arbeitszeit x Arbeitstage x (Realstundenlohn + durchschnittliche Leistungslohnprozente).

Ab Dezember 2001 rechnete die Beklagte den 10 %-Zuschlag nicht mehr in den "Reallohn" als Bemessungsgrundlage für die Leistungslohnprozente ein. Der im Betrieb der Beklagten bestehende Betriebsrat wurde nicht beteiligt. Die Kläger wenden sich gegen die Entgeltkürzung und begehren von der Beklagten die Differenzvergütungen für die Monate Dezember 2001 bis einschließlich 2002.

Die Kläger zu 3), 4), 8), 9) und 14) haben die Auffassung vertreten, die Entgeltkürzung sei ihnen gegenüber schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie in ihren Arbeitsverträgen ausdrücklich eine Vergütung in Höhe des Tariflohns zuzüglich einer zehnprozentigen Leistungszulage vereinbart hätten. Der Kläger zu 12) hat sich auf einen "Hausbrief" der Beklagten vom 22.10.1987 (Blatt 613 d. A.) berufen, wonach er "gemäß Vereinbarung ... ab 01.10.1987 einen Stundenlohn von 16,82 DM (erhält)," was die Erhöhung seines damaligen Tariflohns in der Lohngruppe 4 von 15,29 DM um den zehnprozentigen Zuschlag bedeutet habe. Die Kläger haben behauptet, alle Leistungslöhner hätten seinerzeit die vom 22.10.1987 datierenden Hausbriefe, die den zehnprozentigen Zuschlag beinhalteten, erhalten mit Ausnahme des Klägers zu 5) (K ), der zunächst vergessen worden sei und die Zulage dann aber ab Mai 1988 erhalten habe. Außerdem sei auf Grund der vorbehaltlosen Einbeziehung des zehnprozentigen Zuschlages in die Bemessungsgrundlage für die Leistungslohnprämie in den vergangenen mehr als zehn Jahren eine betriebliche Übung entstanden, von der sich die Beklagte nicht einseitig lösen könne. Der Anspruch auf Berücksichtigung des zehnprozentigen Zuschlags als Bestandteil des Reallohns für die Ermittlung der Leistungslohnprämie ergebe sich außerdem aus der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1990. Der Kläger zu 1) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 271,99 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 297,19 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 258,42 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 298,93 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 2) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 243,77 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 265,28 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 258,48 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 275,94 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 3) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290,91 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 319,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 277,40 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 300,47 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 4) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 271,99 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 300,54 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 261,34 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 298,93 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 5) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 299,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 319,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 277,40 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 300,47 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 6) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290,92 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 317,34 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 275,94 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 298,93 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 7) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 190,47 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 209,88 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 186,88 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 208,52 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 8) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 310,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 277,40 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 300,47 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 9) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 271,99 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 279,18 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 259,88 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 275,99 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 10) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 271,99 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 297,18 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 259,88 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 275,94 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 11) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 317,33 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 277,40 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 298,93 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 12) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290,01 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 317,34 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 275,94 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 300,46 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 13) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 236,71 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 258,57 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 223,38 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 269,07 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 14) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 275,12 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 300,74 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 258,42 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 283,61 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger zu 15) hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 289,23 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.01.2002, 319,10 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.02.2002, 278,86 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.03.2002 sowie weitere 300,78 EUR brutto nebst 8,47 % Zinsen seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, aus der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1990 könne der Anspruch nicht hergeleitet werden, da dort nur von "vereinbarten" Zulagen die Rede sei und die Betriebsvereinbarung selbst dementsprechend keine Vereinbarung im vorgenannten Sinne darstellen könne. Bei Abschluss der Betriebsvereinbarung sei auch nicht über die zehnprozentige Zulage gesprochen worden. Sie hat behauptet, nicht jeder im Leistungslohn tätige Arbeitnehmer habe den Hausbrief aus dem Jahre 1987 erhalten. Bei den Hausbriefen handele es sich um individuelle Zusagen. Soweit in der Vergangenheit die zehnprozentige Zulage in die Leistungslohnberechnung einbezogen worden sei, handele es sich um einen Abrechnungsirrtum der Lohnbuchhaltung, der im Dezember 2001 korrigiert worden sei. Eine betriebliche Übung sei durch die bisherige Praxis der Leistungslohnberechnung nicht entstanden. Dem stehe zum eine die Regelung in Ziffer 13 der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1990 entgegen. Zum anderen entstehe allein durch eine faktische Leistungsgewährung noch keine betriebliche Übung.

Das Arbeitsgericht hat im Verfahren - 11 Ca 1543/02 - den Klagen der Kläger 3), 4), 8), 9), 12) und 14) stattgegeben und die Klagen der Kläger 1), 2), 5), 6), 7), 10), 11) und 13) abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, den zugesprochenen Klagen lägen schriftliche arbeitsvertragliche Zulagenvereinbarungen zu Grunde, während sich die anderen Kläger nur auf eine betriebliche Übung stützen könnten, die nicht anzunehmen sei und der auch Ziffer 13 der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1990 entgegenstehe. Auch eine kollektiv-rechtliche Anspruchsgrundlage komme nicht in Betracht. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht - 12 Ca 1557/02 - wurde der Klage des Klägers zu 15) stattgegeben mit der Begründung, der Anspruch ergebe sich aus betrieblicher Übung.

Gegen die Urteile des Arbeitsgerichts haben die jeweils unterlegenen Parteien Berufung eingelegt, mit denen sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgen. Die Beklagte vertritt im Wesentlichen die Auffassung, soweit in den Arbeitsverträgen die zehnprozentige Zulage vereinbart worden sei, habe sie sich lediglich tarifgerecht verhalten wollen. Auch habe sie lediglich die Betriebsvereinbarung anwenden wollen, die keinen Anspruch auf die Zulage gewähre. Bei richtiger Anwendung der Betriebsvereinbarung sei die Leistungslohnprämie mit der zehnprozentigen Zulage zu verrechnen. Auch mit dem Kläger zu 12) (S ) sei keine feste zehnprozentige Leistungszulage vereinbart worden, sondern eine übertarifliche auf Tariflohnerhöhungen anrechenbare Zulage. Demgegenüber machen die Kläger geltend, die Beklagte habe die zehnprozentige Zulage zum Bestandteil des Reallohns gemacht und bewusst in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Leistungslohnprämie einbezogen. Auch bei dem Kläger zu 12) sei es bis zur Tariflohnerhöhung im Jahre 2002 bei der im Jahre 1987 eingeführten Einbeziehung der zehnprozentigen Zulage ohne Anrechnung auf Tariflohnerhöhungen geblieben. Die Beklagte habe sich nicht in einem Irrtum befunden. Ein Irrtum sei für die Kläger auch nicht erkennbar gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die angefochtenen Urteile, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Die Verfahren wurden im Berufungsrechtszug zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die der Kläger hat Erfolg.

I. Der Anspruch ergibt sich aus betrieblicher Übung.

Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände (§§ 133, 157 BGB verstehen musste und durfte (ständige Rechtsprechung des BAG: Urteil vom 16.01.2002 - 5 AZR 715/00 - m. w. N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für einen Anspruch aus betrieblicher Übung im Streitfall erfüllt.

Die Beklagte hat seit 1987, spätestens seit 1990 bis einschließlich November 2001 den Leistungslohn nach folgender Formel berechnet:

Tariflohn + 10 % Zuschlag + übertarifliche Lohnbestandteile = Real- bzw. Effektivlohn multipliziert mit dem individuellen Leistungsgrad (LL).

Diese Berechnungsgrundlage mit der Bezeichnung der einzelnen Komponenten findet ihren Niederschlag auch in der Lohn- und Gehaltsliste der Beklagten (Blatt 10 d. A.). Der zehnprozentige Zuschlag war daher seit über zehn Jahren fester Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die individuellen Leistungslohnprozente. Der auf diese Weise ermittelte Leistungslohn wurde ohne Vorbehalt, Befristung oder sonstige Einschränkung gezahlt. Diese Handhabung erfolgte unabhängig davon, ob in einzelnen Arbeitsverträgen die zehnprozentige Zulage als Bestandteil des Reallohns ausdrücklich erwähnt oder in den Hausbriefen aus dem Jahre 1987 betragsmäßig enthalten ist. Auch bei den Klägern, die keine ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung oder den Empfang des Hausbriefes nachweisen konnten, war die zehnprozentige Zulage Bestandteil der Bemessungsgrundlage für den individuellen Leistungsgrad und fand ihren Niederschlag in den Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Hierauf durften die im Leistungslohn tätigen Arbeitnehmer und daher auch die Kläger vertrauen.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen Abrechnungsirrtum berufen. Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Beklagten, dass nicht allein schon durch die faktische Leistungsgewährung eine betriebliche Übung entsteht, weil sonst auch bei irrtümlichen Zahlungen ein Anspruch des Arbeitnehmers begründet würde (BAG, Urteil vom 25.10.2000 -4 AZR 574/99 --). Eine irrtümliche Zahlung, von der der Arbeitgeber jederzeit wieder abrücken darf, verhindert das Entstehen einer betrieblichen Übung aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer aus den Umständen den Irrtum erkennen konnte. Ein Rechtsirrtum der Beklagten kann dann für die betroffenen Arbeitnehmer erkennbar sein, wenn der Arbeitgeber mit seinen Zahlungen ersichtlich ausschließlich nach den für ihn geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen verfahren wollte (BAG, Urteil vom 26.05.1993 - 4 AZR 130/93 -). Ein derartiger bloßer Normenvollzug wird von der Beklagten zwar behauptet. Hierfür fehlt es jedoch an zureichenden Anhaltspunkten. Insbesondere war ein etwaiger Irrtum für die Kläger nicht erkennbar.

Zunächst ist festzustellen, dass der einschlägige Tarifvertrag die von der Beklagten seit Dezember 2001 vorgenommene Berechnung des Leistungslohns keineswegs zwingend vorschreibt. Insbesondere fordert der Tarifvertrag nicht, dass die Leistungslohnprozente vom Tarifgrundlohn zu berechnen sind. Ziffer 3.6 des Tarifvertrages besagt lediglich, dass Leistungslohnarbeiten bei Normalleistung (Einhaltung der Vorgabewerte) mindestens mit 10 % über dem Tarifentgelt zu vergüten sind. Der Tarifvertrag schreibt nicht vor, dass der etwa 10 % über der Normalleistung liegende Leistungslöhner denselben Lohn erhalten soll wie der Normalleister oder gar wie bei Nichtarbeit (Ziffer 3.13 Abs. 2 TV).

Das von der Beklagten seit Dezember 2001 angewandte Berechnungsverfahren führt aber gerade zu einem solchen Ergebnis. Seit Dezember 2001 soll der Leistungslöhner bei der Beklagten unabhängig davon, ob er Normalleistung erbringt oder einen Leistungsgrad von bis zu 10 % über der Normalleistung hat, dasselbe Entgelt erhalten, nämlich 110 % des Tariflohns. Die Mehrleistung wirkt sich erst dann aus, wenn der Leistungsgrad (LL) über 10 % bzw. 110 % der Normalleistung ausmacht. Auch bei Leistungslöhnern mit übertariflichem Lohn wirkt sich diese Nivellierung wegen Herausnahme der zehnprozentigen Zulage aus der Bemessungsgrundlage aus. Die Beklagte hatte sich vor über 10 Jahren aber nicht für diese - vom Tarifvertrag nicht untersagte - Möglichkeit der Berechnung der Leistungslohnprämie entschieden, sondern für eine je nach individuellem Leistungsgrad abgestufte Entlohung. Wer bei sonst gleichem Entgelt einen höheren Leistungsgrad hatte, bekam auch eine höhere Leistungslohnprämie mit dem Ergebnis eines insgesamt höheren Leistungslohns.

Die Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1990 schreibt ebenfalls nicht vor, dass aus der Bemessungsgrundlage für die Leistungslohnprozente der zehnprozentige Zuschlag auf den Tariflohn zu eliminieren ist. Andererseits ist diese Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990 entgegen der Auffassung der Kläger keine eigenständige Anspruchsgrundlage für deren Begehren.

Nach Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990 errechnet sich der Leistungslohn aus dem Effektivlohn zuzüglich der Leistungslohnprämie und der Effektivlohn aus dem Tariflohn zuzüglich vereinbarter Zulagen. Aus dem normativen Charakter einer Betriebsvereinbarung folgt, dass ihre Auslegung ebenso wie beim Tarifvertrag den Regeln der Auslegung von Gesetzen folgt. Auszugehen ist vom Wortlaut der Regelung, wobei es jedoch nicht auf den buchstäblichen Wortsinn ankommt. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen, soweit sie in der Betriebsvereinbarung erkennbar zum Ausdruck gekommen sind. Daneben ist der Gesamtzusammenhang der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen werden und somit der Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 16.03.1994 - 10 AZR 606/93 -).

Nach dem Wortlaut der Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung können unter dem Begriff der vereinbarten Zulagen sowohl die übertariflichen Zulagen als auch der zehnprozentige Zuschlag verstanden werden. Auch der in der späteren Betriebsvereinbarung vom 09.07.2001 verwendete Begriff des "Realstundenlohns" trifft keine eigenständige Regelung darüber, ob die schon jahrelang praktizierte Einbeziehung der zehnprozentigen Zulage in die Bemessungsgrundlage für die Leistungslohnprozente zu erfolgen hat. Nach der im Beschlussverfahren - Arbeitsgericht Köln - 13 BV 32/02 - durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich ein derartiger Wille der Betriebsparteien nicht feststellen. So ist nach Aussage des Zeugen R , Sekretär der IG-M , "letztlich gar nicht darüber gesprochen worden, das war allgemeine Praxis auch schon nach der alten Betriebsvereinbarung". Auch nach der Bekundung des damaligen Betriebsratsvorsitzenden R ergibt sich nichts für eine Regelungsabsicht. Nach Aussage des Zeugen R wurde in der Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990 nur festgeschrieben, was schon in der alten Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1979 stand. In der letztgenannten Betriebsvereinbarung sei formuliert gewesen, dass der Leistungslohn sich aus dem Grundlohn zuzüglich Leistungsprämie errechne und dass sich der Grundlohn aus dem Tariflohn zuzüglich vereinbarter Zulagen zusammensetze. In der Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990 sei, da der alte Passus nicht mehr zeitgemäß gewesen sei, statt des Begriffs "Grundlohn" der Begriff "Effektivlohn" verwendet worden. Im Übrigen sei es in der Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990 um andere Regelungsgegenstände wie unter anderem die Verdienstsicherung für ältere Arbeitnehmer gegangen.

Da die Betriebsvereinbarungen die hier streitige Frage selbst nicht regeln, stehen sie schon deshalb einer arbeitsvertraglichen Regelung, z. B. in Gestalt einer betrieblichen Übung, nicht entgegen. Schon deshalb greift auch nicht Ziffer 13 der Betriebsvereinbarung vom 01.12.1990, wonach Regelungen, die "entgegen" dieser Betriebsvereinbarung günstiger angewendet werden, keinen auf Dauer einklagbaren Besitzstand z. B. in Form einer betrieblichen Übung begründen sollen.

Für die Arbeitnehmer war ein etwaiger Abrechnungsirrtum nicht erkennbar. Da weder der Tarifvertrag noch die Betriebsvereinbarungen die von der Beklagten im Dezember 2001 eingeführte Abrechnungspraxis vorschreiben, stellte sich die Entscheidung der Beklagten, seit 1987, jedenfalls seit 1990 die zehnprozentige Zulage in die Bemessungsgrundlage "Effektivlohn" bzw. "Reallohn" für die Berechnung der Leistungslohnprämie einzubeziehen, eine bewusste Leistung dar, die einen Irrtum nicht erkennen lässt. Für den schützenswerten Vertrauenstatbestand bei den Arbeitnehmern spricht nicht nur die über zehnjährige Praxis der Berechnung des Leistungslohns, sondern auch der Umstand, dass die Beklagte zuletzt noch in der Betriebsvereinbarung vom 09.07.2001 den Begriff des Realstundenlohns als Basis für die Berechnung der Leistungslohnprozente verwendet, der mit ihrer Berechnungspraxis übereinstimmte, wonach sich der Reallohn aus dem Tariflohn, einem zehnprozentigen Zuschlag und aus übertariflichen Lohnbestandteilen zusammensetzt. Die Änderung der Abrechnungspraxis durch die Beklagte ab Dezember 2001 dürfte - jedenfalls aus Sicht der Arbeitnehmer - nicht auf einem nach mehr als zehn Jahren erstmals erkannten Abrechnungsirrtum beruhen als vielmehr ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 17.12.2001 auf mangelhaften Betriebsergebnissen des Vertragshändler-Betriebes der Beklagten und einer Überprüfung mit Vergleichsdaten der D -C AG.

Soweit die Beklagte geltend macht, vier Kläger seien erst im Zeitraum zwischen 1997 und 2001 eingestellt worden, ändert dies nichts am Anspruch auch dieser Kläger, denn sie nehmen an der betrieblichen Übung teil. Ansprüche, die auf Grund betrieblicher Übung begründet wurden, kann der Arbeitgeber allerdings für die Zukunft ausschließen und dies neu eintretenden Arbeitnehmern bekannt geben. Dies gilt nicht für die Kläger, die sämtlich vor der Änderung der Berechnungspraxis im Dezember 2001 eingestellt worden sind.

II. Die Berechnung der geltend gemachten Höhe der Differenzvergütung durch die Kläger ist nicht im Streit. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlicher Grund. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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