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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 21/08
Rechtsgebiete: BGB, AGG, EG-RiL


Vorschriften:

BGB § 611 a a. F.
AGG § 15 Abs. 2
AGG § 33
EG-RiL
1. Zum Auskunftsanspruch eines Stellenbewerbers gegen ein Personalberatungsunternehmen über die Identität des Auftraggebers (potentiellen Arbeitgebers) wegen einer Stellenanzeige, in der sich u. a. der Satz befindet: "Das ideale Alter liegt zwischen Mitte und Ende 30."

2. Ein Anspruch auf Entschädigung wegen "Altersdiskriminierung" besteht hier jedenfalls vor Inkrafttreten des AGG nicht.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.07.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 3 Ca 9335/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Auskunft über Name und Anschrift der Auftraggeberin/des Auftraggebers der Beklagten zur Vorbereitung eines Entschädigungsanspruchs wegen einer altersbezogenen Diskriminierung aufgrund einer Stellenanzeige.

Die Klägerin ist Diplompolitologin. In der F vom 15.07.2006 hatte die Beklagte, eine Personal- und Unternehmensberatungsgesellschaft, für einen "erfolgreich agierenden Bildungsträger, der sich an eine Zielgruppe der freien Berufe wendet", eine Stellenanzeige geschaltet. Gesucht wurde im Zuge einer Nachfolge für den Standort Berlin eine dynamische Persönlichkeit als Geschäftsführer/in. In dieser Stellenanzeige befand sich u. a. der Satz:

"Das ideale Alter liegt zwischen Mitte und Ende 30."

Auf diese Stellenanzeige hatte sich u. a. die am 29.09.1956 geborene Klägerin beworben.

Mit Schreiben vom 16.08.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe von ihrem Auftraggeber erfahren, dass man sich im weiteren Verlauf des Auswahlprozesses auf einen kleinen Kreis von Mitarbeitern konzentrieren möchte. Die Entscheidung ihres Kunden sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die jetzt bevorzugten Bewerber Erfahrungen mitbrächten, die den Anforderungen in besonders hohem Maße entsprächen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.08.2006 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Name und Anschrift des Auftraggebers mitzuteilen, um ihr die Rechtsverfolgung gegen diesen zu ermöglichen. Die Beklagte lehnte ab. Daraufhin richtete die Klägerin unter dem 02.10.2006 ein Schreiben zwecks Weiterleitung an den Auftraggeber der Beklagten, in dem sie den Auftraggeber aufforderte, zur Vermeidung einer Klage bis spätestens 17.10.2006 eine Entschädigung von 15.300,00 € zu zahlen.

Mit der am 16.11.2006 eingereichten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte sei aus Treu und Glauben zur Offenlegung des Auftraggebers verpflichtet. Da die Beklagte die Auswahlentscheidung nicht getroffen habe, sei zur wirksamen Geltendmachung ihres Anspruchs die Auskunft über den Auftraggeber erforderlich. Anderenfalls würden diejenigen Arbeitgeber privilegiert, die eine gegen das AGG verstoßende Entscheidung durch eine Personalberatung vorbereiten und "unpassende" Bewerberinnen und Bewerber im Vorfeld aussortieren ließen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Name, Anschrift und ggf. Vertretungsverhältnisse der Auftraggeberin/des Auftraggebers des Stellenangebots "Geschäftsführer/in" mit der Kennziffer MA12.185/01.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es gäbe keinen mit der Auskunftsklage letztlich verfolgten Entschädigungsanspruch. Eine geschlechtsbezogene Benachteiligung nach § 611 a BGB liege nicht vor und eine Anspruchsgrundlage nach dem AGG sei nicht gegeben, da dieses Gesetz erst am 18.08.2006 in Kraft getreten sei. Die Stellenanzeige sei nicht diskriminierend. Ein bestimmtes Alter sei nicht vorgegeben worden, sondern es sei dort lediglich von einem "idealen" Alter gesprochen. Für die Entscheidung ihres Auftraggebers sei das Alter auch nicht erheblich gewesen. Ausschlaggebend für die in engere Wahl gezogenen Bewerber sei zum einen eine mehrjährige Erfahrung aus einer Position der ersten Ebene im Bildungsbereich, zum anderen eine mit der ausgeschriebenen Position aktuell vergleichbare Position gewesen. Im Übrigen sei am Ende ein Kandidat ausgewählt worden, der im Alter bei Mitte 40 liege.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, es fehle an einem rechtlichen Interesse für das Auskunftsbegehren, weil ein Entschädigungsanspruch nicht in Betracht komme. Im maßgeblichen Zeitpunkt sei das AGG noch nicht in Kraft getreten gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine Altersdiskriminierung vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt. Sie trägt vor, das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 16.08.2006 sei ihr erst am 19.08.2006, also nach Inkrafttreten des AGG zugegangen. Unabhängig davon gehöre die Altersdiskriminierung nach der Rechtsprechung des EuGH in der "Mangold"-Entscheidung zum EG-Primärrecht. Die vor Inkrafttreten des AGG geltende Vorschrift des § 611 b BGB müsse im Lichte dieser Entscheidung entsprechend ausgelegt werden. Sie bleibt dabei, dass die Stellenanzeige altersdiskriminierend sei. Schädigendes Ereignis sei die Bewerberauswahl nach "verbotenen" Kriterien.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskunft über die Identität des Auftraggebers der Beklagten.

I. Die Zulässigkeit des - nicht gerügten - Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen ist in der Berufungsinstanz nach § 17 a Abs. 5 GVG nicht zu prüfen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob für Klagen, die sich nicht gegen den - potentiellen - Arbeitgeber richten, sondern isoliert gegen eine Personalberatungsgesellschaft, die ordentlichen Gerichte an sich zuständig wären (so Diller, NZA 2007, 649, 652, 653).

II. Der Auskunftsanspruch der Klägerin scheitert nicht von vornherein daran, dass es einen solchen Anspruch gegen die Beklagte nicht geben könne oder Fristen zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs gegen den potentiellen Arbeitgeber abgelaufen seien.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich ein Anspruch auf Auskunft über die Identität des Auftraggebers gegen eine vorgeschaltete Personalberatungsgesellschaft unmittelbar aus § 666 BGB herleiten lässt (bejahend Schwab, NZA 2007, 178, 179). Ein Auskunftsanspruch gegenüber Dritte, die nicht selbst Schuldner des Hauptanspruchs sind, kann sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben (vgl. nur die Rechtsprechungsnachweise bei Palandt, § 261, Rn. 14). Dies gilt insbesondere für einen Anspruch auf Mitteilung über die Identität des potentiellen Arbeitgebers, der sich bei der Stellenausschreibung eines Dritten, der Beklagten, bedient und in der Stellenanzeige anonym bleibt. Insoweit besteht bereits eine Sonderverbindung unter Einschluss des Dritten im Rahmen der Vertragsanbahnung. Ein Bewerber, der wegen eines Rechtsverstoßes wegen Diskriminierung Entschädigungsansprüche gegen den potentiellen Arbeitgeber geltend machen möchte, ist auf dessen Namen zur Durchsetzbarkeit des Anspruchs angewiesen. Die Personalberatungsgesellschaft kann die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben. Ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des potentiellen Arbeitgebers, anonym zu bleiben, besteht demgegenüber nicht. Könnte sich der potentielle Arbeitgeber wirksam vor Entschädigungsansprüchen im Bewerbungsverfahren dadurch schützen, dass er einen Dritten einschaltet, ließen sich die gesetzlichen Sanktionen leicht umgehen (so zu Recht Diller, a. a. O.).

2. Das Auskunftsverlangen kann auch nicht von vornherein deshalb bereits als unbegründet angesehen werden, weil der Hauptanspruch auf Entschädigung wegen abgelaufener Fristen ohnehin nicht mehr bestände oder nicht mehr durchsetzbar wäre (vgl. BGH, Urteil vom 03.10.1984 - IV a ZR 56/83 - NJW 1985, 384, 385). Die 2-Monats-Fristnach Zugang der Ablehnung ihrer Bewerbung gemäß § 611 a Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 33 Abs. 1 AGG und § 15 Abs. 4 AGG ist schon deshalb eingehalten, weil die Klägerin nach Zugang des Ablehnungsschreibens vom 16.08.2006 am 19.08.2006 den Entschädigungsanspruch mit Schreiben vom 02.10.2006 über die Beklagte zwecks Weiterleitung an ihren Auftraggeber geltend gemacht hat. Mehr kann von der Klägerin, die über die Identität des potentiellen Arbeitgebers keine Gewissheit hat, nicht verlangt werden. Einer einstweiligen Verfügung des Bewerbers gegen den Dritten auf Mitteilung des Namens des potentiellen Arbeitgebers, um die 2-Monats-Frist einhalten zu können, bedarf es entgegen Schwab a. a. O. nicht.

Die Klagefrist des § 61 b ArbGG von 3 Monaten wäre ebenfalls kein Hindernis. Solange die Klägerin die Identität des potentiellen Arbeitgebers nicht kennt, läuft die Klagefrist jedenfalls dann nicht, wenn diese Frist bei der Auskunftsklage zur Ermittlung der Identität eingehalten wurde. Das ist hier der Fall. Die Auskunftsklage ging am 16.11.2006 beim Arbeitsgericht ein. Im Übrigen ergibt sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 27.10.2006, dass ihr Auftraggeber über das Anspruchsschreiben der Klägerin, das er nicht für gerechtfertigt hält, informiert ist. Solange ein Bewerber treuwidrig von der Einhaltung der Frist abgehalten wird, wird man sich auf den Fristablauf nicht mit Erfolg berufen können.

3. Unbegründet ist der Auskunftsanspruch vielmehr deshalb, weil die Klägerin die Wahrscheinlichkeit eines Entschädigungsanspruchs nicht dargelegt hat (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2000 - 9 AZR 665/99 - BB 2001, 1727, 1728; BAG, Urteil vom 12.05.1972 - 3 AZR 401/71 - AP Nr. 6 zu § 60 HGB) oder auch nur greifbare Anhaltspunkte für die ernsthafte Möglichkeit eines Entschädigungsanspruchs bestehen. Da das Informationsbedürfnis allein für die Anerkennung einer Auskunftspflicht nicht ausreicht und es für verdeckte Stellenanzeigen durch Personalberatungsunternehmen sachliche Gründe geben kann (vgl. Diller, a. a. O.), überwiegt jedenfalls das Interesse an der Geheimhaltung der Identität des Auftraggebers der Beklagten.

a) Die Klägerin rügt, dass in der Stellenanzeige von einem idealen Alter zwischen Mitte und Ende 30 die Rede ist; sie geht davon aus, aus Altersgründen benachteiligt worden zu sein, weil sie im Zeitpunkt der Ablehnung 49 Jahre alt gewesen sei und sonst sämtliche Voraussetzungen der Stellenausschreibung aufs Beste erfülle. Zutreffend ist, dass die Stellenanzeige nicht altersneutral formuliert worden ist. Altersneutral ist eine Ausschreibung, wenn sie kein bestimmtes Alter des Bewerbers fordert oder wünscht. Das Gleiche gilt für eine bestimmte Bandbreite des Alters. Insoweit ist die umstrittene Stellenanzeige nicht altersneutral, auch wenn ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Bandbreite des Alters nicht strikt vorgegeben, sondern nur als "ideal" gefordert oder erwünscht wird (Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, Rn. 664, S. 262; Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 05.09.2007 - 29 Ca 2793/07 - Juris, Rn. 33).

b) Selbst wenn der altersbezogene Hinweis im Stellenangebot eine Indizwirkung für eine unzulässige "Diskriminierung" wegen des Alters auslöst, kann darauf nicht der von der Klägerin begehrte Entschädigungsanspruch gestützt werden. Er ergibt sich weder aus § 15 Abs. 2 AGG noch aus der alten Regelung des § 611 a BGB oder sonstigen in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlagen.

(1) Die Klägerin kann den Anspruch nicht aus § 15 Abs. 2 AGG herleiten, weil die Bestimmung im vorliegenden Altfall nicht anwendbar ist.

Die arbeitsrechtlichen Vorschriften des AGG gelten ohne Übergangsfristen ab dem 18.08.2006, dem Tag des Inkrafttretens des AGG. Maßgeblich dafür, ob auf einen Sachverhalt bereits das AGG oder noch die alte Rechtslage angewandt wird, ist bei Benachteiligungen im Sinne des § 3 Abs. 1, also auch wegen des Alters, der Zeitpunkt der Vornahme der benachteiligenden Handlung, nicht der möglicherweise spätere Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Rust/Falk AGG, § 33 Nr. 5; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 33 Rn. 8). Auch für die Ausschreibung einer Stelle gilt § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden darf, nur dann, wenn sie nach Inkrafttreten des AGG erfolgte (Däubler/Bertzbach, AGG, § 33 Rn. 4). Sowohl die Stellenanzeige als auch die Entscheidung des potentiellen Arbeitgebers, die Klägerin aus dem weiteren Auswahlprozess zu eliminieren und sich auf einen kleineren Kreis von Mitbewerbern zu konzentrieren, erfolgten vor Inkrafttreten des AGG. Das Stellenangebot wurde in der F vom 15.07.2006 veröffentlicht und die Entscheidung des Auftraggebers der Beklagten erfolgte spätestens am 16.08.2006, dem Datum des Ablehnungsschreibens. Dass die Klägerin dieses Schreiben erst am 19.08.2006 erhalten habe, ist für die Frage der Anwendbarkeit des AGG unerheblich.

(2) Die nach § 33 Abs. 1 AGG vor dem Inkrafttreten des AGG geltende Entschädigungsnorm des § 611 a BGB gibt keinen Anspruch wegen altersbezogener Benachteiligung. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf die geschlechtsbezogene Benachteiligung. Nur für diese Form der Benachteiligung hatte der deutsche Gesetzgeber als Sanktion in § 611 a BGB (neben dem Schutz für Behinderte in § 81 Abs. 2 SGB IX) einen Entschädigungsanspruch vorgesehen. Die Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 verbietet zwar sowohl die mittelbare als auch unmittelbare Diskriminierung u. a. wegen des Alters (Art. 1 und 2). Konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung von Rechtsfolgen formuliert die Richtlinie allerdings nicht. Schadensersatzleistungen an die Benachteiligten können, müssen aber nicht als Rechtsfolge festgeschrieben werden. Die Verpflichtung, deutsches Recht im Rahmen des Möglichen richtlinienkonform zu interpretieren, ist grundsätzlich nur insoweit möglich, als die Richtlinie nachvollziehbare Vorgaben enthält. Auslegung bedeutet nicht freie Rechtsschöpfung. Eine Ausdehnung der Sanktionsnorm des § 611 a BGB auf alle Benachteilungstatbestände wie auch des Alters würde den Rahmen zulässiger Auslegung überschreiten (vgl. ErfK-Schlachter, § 15 AGG Rn. 1: Der Gesetzgeber hätte es bei § 611 a BGB a. F. belassen und eine ordnungswidrigkeitliche Rechtsfolge vorsehen können).

Abgesehen davon besteht eine Pflicht zur europarechtskonformen Auslegung grundsätzlich erst ab dem festgesetzten spätesten Zeitpunkt der Umsetzung. Der Inhalt nationaler Rechtsnormen hängt also davon ab, ob eine EG -Richtlinie besteht, deren Umsetzungsfrist bereits abgelaufen ist und die noch eine Umsetzung erforderlich macht. Nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG war diese Richtlinie spätestens zum 02.12.2003 durch die Mitgliedsstaaten umzusetzen. Den Mitgliedsstaaten war aber die Inanspruchnahme einer Fristverlängerung von 3 Jahren eingeräumt werden (Art. 18 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie). Die Bundesregierung hat durch Mitteilung vom 27.11.2003 an die Kommission von der Möglichkeit der Fristverlängerung Gebrauch gemacht (BAG, Urteil vom 18.05.2004 - 9 AZR 250/03 -; Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 13.07.2005 - 86 Ca 24618/04 -NZA-RR 2005, 608, 610; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 33 Rn. 4). Ein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung wegen des Alters setzt daher voraus, dass die vorbezeichnete Richtlinie durch eine der Vorschrift des § 611 a BGB vergleichbare Norm umgesetzt wird (Linsenmaier, RdA 2003, Sonderbeilage Heft 5, S. 22, 28). Dies ist mit Wirkung ab 18.08.2006 durch § 15 Abs. 2 AGG geschehen. Nicht gefolgt werden kann daher der Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart im Urteil vom 05.09.2007 a. a. O., wonach es keinen Unterschied mache, ob Einstellungen vor oder nach Inkrafttreten des AGG vorgenommen wurden, da schon nach dem mittlerweile aufgehobenen § 611 a BGB eine Altersdiskriminierung unzulässig gewesen sei. Eine Begründung für diese Rechtsauffassung gibt das Arbeitsgericht Stuttgart nicht. Angesichts der Tatsache, dass § 611 a BGB nur die geschlechtsbezogene Benachteiligung mit einem Entschädigungsanspruch sanktionierte, ist diese Auffassung aus den vorgenannten Gründen auch nicht nachvollziehbar.

(3) Eine Schadensersatzpflicht aus einer unmittelbaren Geltung der vorzitierten EG-Richtlinie lässt sich nicht herleiten, denn die europarechtlichen Vorgaben stellen es in die Verantwortung und das Ermessen der Mitgliedsstaaten, Sanktionen festzulegen. Wie bereits ausgeführt, heißt es bei der Regelung der Sanktionen ausdrücklich, dass "Schadensersatzleistungen an die Opfer" nur eine mögliche Sanktion sind. Daran ändert auch die Mangold-Entscheidung des EuGH vom 22.11.2005 - Rs-C 144/04 - NZA 2005, 1345 - nichts. Diese Entscheidung begründete die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 TzBfG mit dem Verbot der Altersdiskriminierung als ungeschriebenem Bestandteil des primären Gemeinschaftsrechts. Danach besteht die unmittelbare Wirkung jedoch nur gegenüber Ungleichbehandlungen durch den nationalen Gesetzgeber, nicht durch den Arbeitgeber (Thüsing a. a. O., Rn. 42, S. 22). Abgesehen davon geht es hier um einen Schadensersatzanspruch als Sanktion, der europarechtlich nicht zwingend vorgegeben ist.

(4) Auch der für die Zeit bis zum Inkrafttreten des AGG in Betracht zu ziehende Anspruch aus § 280 I BGB und aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts greift hier nicht. § 280 I BGB als haftungsbegründende Norm für Ansprüche aus Vertragsanbahnungsverhältnissen kann zwar auch den immateriellen Entschädigungsanspruch erfassen, wenn einer der Lebensgüter des § 253 II BGB verletzt worden ist. Der von der Klägerin letztlich verfolgte Hauptanspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens auf der Grundlage der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der früher seine Grundlage in §§ 823 Abs. 1, 847 BGB hatte, ist aber nicht in § 253 Abs. 2 BGB einbezogen worden, sondern allein aus § 823 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG herzuleiten (Palandt, § 253 Rn. 10 m. N.). Ein Anspruch kommt insoweit nur bei einer erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung in Betracht. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung auch des BAG im Zusammenhang mit der Benachteilung eines Stellenbewerbers wegen des Geschlechts vor der Anpassung des § 611 a BGB (BAG, Urteil vom 14.03.1989 - 8 AZR 447/87 - AP Nr. 5 zu § 611 a BGB).

Selbst wenn man im vorliegenden Fall mit dem altersbezogenen Hinweis auf das "ideale" Alter in der Stellenanzeige bereits eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für gegeben hielte, ist darin keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen. Darüber hinaus ist mit Rücksicht auf die bis zum 02.12.2006 verlängerte Umsetzungsfrist für das Diskriminierungsmerkmal Alter in der EG-Richtlinie auch keine europarechtlich begründete Notwendigkeit zur Annahme einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung anzunehmen. Darüber hinaus bestand auch kein Zwang nach Europarecht, als Sanktion gegen Benachteiligungen wegen des Alters eine Entschädigung zu gewähren. Insoweit hat erst § 15 Abs. 2 AGG eine Anspruchsgrundlage geschaffen, die der Klägerin im vorliegenden Altfall aber nicht zur Verfügung steht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil es hierfür am gesetzlichen Grund fehlt.

Ende der Entscheidung

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