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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.05.2009
Aktenzeichen: 10 Ta 109/09
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 141
ArbGG § 51
1. § 51 Abs. 1 ArbGG eröffnet auch die Möglichkeit, das persönliche Erscheinen für die Güteverhandlung anzuordnen.

2. In der Regel ist der Prozessbevollmächtigte kein geeigneter Vertreter nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO.

3. Der Umstand, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens keine Einlassungspflicht begründet, steht dem Ordnungsgeld nicht entgegen, da der Gesetzgeber in Kenntnis dessen gleichwohl die Sanktionen des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO vorgesehen hat.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.11.2008 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Parteien streiten in der Hauptsache um Vergütungsansprüche und Herausgabeansprüche bezüglich Arbeitspapieren.

Vor dem Gütetermin vom 07.11.2008 bat der Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2008, ihn von dem zuvor angeordneten persönlichen Erscheinen zu entbinden, da er aus dringenden beruflichen Gründen am Termin nicht teilnehmen könne. Zugleich wurde in dem vorgenannten Schreiben darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten allerdings entsprechend unterrichtet und zum Vergleichsabschluss berechtigt sei. Hierauf teilte das Arbeitsgericht Bonn mit Schreiben vom 04.11.2008 dem Beklagten mit, er könne sich gemäß § 141 ZPO durch einen geeigneten betrieblichen Bevollmächtigten vertreten lassen.

Im Gütetermin vom 07.11.2008 erschien der Beklagte persönlich nicht. Sein Prozessbevollmächtigter überreichte bezüglich des Ausbleibens des Beklagten eine Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO.

Mit Beschluss vom 07.11.2008 verhängte das Arbeitsgericht gegen den Beklagten wegen dessen Nichterscheinen zum Gütetermin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 € und wies zur Begründung darauf hin, dass die erforderliche Sachaufklärung im Gütetermin nicht vorankomme.

Gegen den im Gütetermin vom 07.11.2008 verkündeten Ordnungsgeldbeschluss legte der Beklagte mit Schreiben vom 26.11.2008 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, er sei im Gütetermin ausreichend entschuldigt gewesen. Sein Prozessbevollmächtigter habe im Termin eine Vollmacht nach § 141 ZPO vorgelegt und sei hinreichend über den Sachverhalt informiert gewesen. Das Gericht habe nicht erforscht, aus welchem Grund der Prozessbevollmächtigte keine weiteren Angaben zur Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien und zum Zeitpunkt der vom Beklagten behaupteten Barzahlung in Höhe von 500,00 € habe machen können. Insbesondere zur Barzahlung hätte der Beklagte selbst ebenso wenig genauere Angaben im Gütetermin machen können, da er diese Zahlungen regelmäßig verbuche und sich entsprechend aufschreibe. Die entsprechenden Unterlagen habe er naturgemäß nicht stets bei sich und hätte sie auch nicht in dem Gütetermin bei sich gehabt. Zudem sei anerkannt, dass kein Ordnungsgeld verhängt werden dürfe, wenn das Verhalten der Partei den Prozess nicht verzögere und ihr Nichterscheinen keinen neuen Verhandlungstermin erforderlich mache. Dies bedeute, dass ein Ordnungsgeld stets dann nicht angeordnet werden dürfe, wenn ohnehin ein weiterer Termin notwendig sei. Davon sei vorliegend auszugehen, da ohnehin noch ein Kammertermin - ggf. mit einer Beweisaufnahme - nach dem Gütetermin vom 07.11.2008 habe stattfinden müssen. Ohnehin sei durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes eine Einlassung einer Partei nicht zu erzwingen. Der Beklagte hätte sich im Gütetermin überhaupt nicht einlassen müssen, so dass das Gericht an der Verhängung eines Ordnungsgeldes gehindert sei, auch wenn es der Auffassung sei, dass die im Termin vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten gemachten Angaben nicht ausreichend gewesen seien.

Mit Beschluss vom 09.12.2008 hat das Arbeitsgericht Bonn der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt.

Im Beschwerdeverfahren beruft sich der Beklagte ergänzend auf ihm einzuräumenden Vertrauensschutz, da im vorangegangenen Kammertermin vom 05.11.2008 derselbe Vorsitzende eine dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten erteilte Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO akzeptiert und kein Ordnungsgeld bei Nichterscheinen des Beklagten persönlich verhängt habe. Die Sanktion des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO sei wegen der fehlenden Einlassungspflicht der Partei restriktiv auszulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird u. a. auf den Schriftsatz des Beklagten vom 16.02.2009 verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 380 Abs. 3 ZPO. Sie ist auch fristgerecht eingelegt worden. Ausgehend von der Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses an den Beklagten persönlich am 04.12.2008 ist die 2-wöchige Beschwerdefrist gewahrt.

2. Die sofortige Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet, da das Arbeitsgericht Bonn bei Erlass des Beschlusses vom 07.11.2008 zu Recht ein Ordnungsgeld gegen den persönlich geladenen und nicht hinreichend entschuldigten Beklagten festgesetzt hat. Die Höhe des Ordnungsgeldes ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 51 Abs. 1 ArbGG kann der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der Parteien in jeder Lage des Rechtsstreits anordnen. Dies umfasst auch die Anordnung des persönlichen Erscheinens für die Güteverhandlung (vgl. Schwab-Weth, § 51 ArbGG, Rn. 2 m. w. N.).

Gegen die Ordnungsgemäßheit der Ladung des Beklagten zum Gütetermin vom 07.11.2008 gemäß § 141 Abs. 2 ZPO sind Bedenken nicht ersichtlich.

b) Nachdem im Gütetermin die formellen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen des Nichterscheinens des Beklagten vorlagen, stand es im Ermessen des Gerichts, von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen. Ohne Überschreitung dieses dem Gericht zustehenden Ermessens ist das streitgegenständliche Ordnungsgeld auch zu Recht gegen den Beklagten verhängt worden.

aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine ordnungsgemäße Entschuldigung des Beklagten hinsichtlich seiner Nichtteilnahme am Gütetermin vom 07.11.2008 nicht vorliegt. Sein Hinweis auf dringende berufliche Gründe aus dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 ist unsubstantiiert und kann den Beklagten ohnehin nicht davon freiwerden lassen, einen geeigneten betrieblichen Vertreter gemäß § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zum Gütetermin zu schicken.

bb) Die Anordnung des Ordnungsgeldes war auch nicht mit Rücksicht auf § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO ungerechtfertigt. Die persönlich geladene Partei kann einen Vertreter zur mündlichen Verhandlung entsenden, wenn dieser zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen und insbesondere auch zu einem Vergleichsabschluss ermächtigt ist (§§ 51 Abs. 1 S. 2 ArbGG, 141 Abs. 3 S. 2 ZPO).

Dabei muss der Vertreter selbst zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage sein. Grundsätzlich ist es daher erforderlich, dass er unmittelbar über eigene Sachkenntnisse verfügt. Dies schließt es in der Regel aus, dass der Prozessbevollmächtigte als der geeignete Vertreter i. S. d. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO auftreten kann. Er wird nur dann als Vertreter entsandt werden können, wenn er außerhalb seiner Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter bereits eigene Kenntnisse über den Sachverhalt hatte. Der Vertreter muss über sämtliche Umstände des bisherigen Sach- und Streitstandes Auskunft erteilen können, sofern das Gericht sachbezogene Fragen stellt. Er muss in gleicher Weise Auskunft erteilen und Entscheidungen treffen können, wie die Partei selbst (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 07.07.2005 - 11 Ta 146/05, zitiert nach juris).

Im Gütetermin hat sich erwiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die zur Aufbereitung des Sach- und Streitstoffes sich aufdrängenden Fragen des Arbeitsgerichts hinsichtlich der konkreten Vergütungsvereinbarung der Parteien und bezüglich der vom Beklagten behaupteten Barzahlung in Höhe von 500,00 € nicht näher beantworten konnte. Diesem Missstand wollte das Arbeitsgericht erkennbar durch sein Hinweisschreiben vom 04.11.2008 vor dem Gütetermin vermeiden, indem es dem Beklagten die Entsendung eines betrieblichen Bevollmächtigten anheimstellte.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte vortragen lässt, insbesondere zur Barzahlung hätte er ebenfalls wenig genauere Angaben machen können. Zum einem verbleibt es dann bei einer größeren Klärungsmöglichkeit im Gütetermin hinsichtlich der Vergütungsvereinbarung der Parteien. Zudem ist der Sinn und Zweck des persönlichen Erscheinens nach § 141 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Mit dieser Möglichkeit setzt das Gesetz das Gericht in die Lage, den entscheidungserheblichen Sachverhalt so umfassend und rasch wie möglich zu klären, um so zu einer der materiellen Rechtslage möglichst gerecht werdenden Entscheidung zu gelangen (vgl. BAG, Beschl. v. 20.08.2007 - 3 AZB 50/05, in NZA 2008, S 1151). Gerade um dem Gericht eine sinnvolle Prozessleitung gemäß § 139 Abs. 1 ZPO zu ermöglichen und seiner Prozessförderungspflicht nachzukommen, wäre die Anwesenheit des Beklagten persönlich im Gütetermin sinnvoll gewesen. Auf gezielte Fragen des Gerichts hätte dieser Stellung nehmen können und so ggf. weitere sinnvolle Auflagen durch das Gericht beeinflussen und veranlassen können.

Aus diesem Grund steht der Anordnung des Ordnungsgeldes auch nicht entgegen, dass nach dem Gütetermin ein weiterer Verhandlungstermin durch die folgende Kammerverhandlung notwendig geworden wäre.

cc) Gemäß dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13.02.2008 (7 Ta 378/07, zitiert nach juris) steht der Verhängung des Ordnungsgeldes nicht entgegen, dass der Beklagte bei Erscheinen im Gütetermin vom 07.11.2008 nicht verpflichtet gewesen wäre, sich auf Fragen des Gerichts einzulassen. Zutreffend ist, dass die Anordnung zum Erscheinen im Termin zur mündlichen Verhandlung keine Einlassungspflicht begründet. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieses Umstandes gleichwohl die Sanktionen des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO vorgesehen. Wiederum ist auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens als wichtiges Instrument zur materiellen Prozessleitung und insbesondere zur Aufklärung des Sachverhalts hinzuweisen. Insbesondere unterfällt es dem wohlverstandenen Eigeninteresse der Partei an dem Fortgang des Rechtsstreits, durch persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in besonders intensiver Weise die Möglichkeit in Anspruch nehmen zu können, für die eigenen Belange rechtliches Gehör zu erhalten. Dabei ist das wohlverstandene Eigeninteresse der Partei an dem Verfahrensfortgang das maßgebliche Kriterium, nicht aber die Abwägung der Partei bzgl. anderer Umstände, die aus deren Sicht die Nichtteilnahme am Termin vorzugswürdig erscheinen lassen. Solche Umstände sind im Rahmen der Frage nach der ausreichenden Entschuldigung der Partei zu berücksichtigen.

Nach dem oben Dargestellten liegt diesbezüglich kein ausreichender Vortrag des Beklagten vor.

dd) Dass es sich vorliegend um einen Gütetermin gehandelt hat, in dem der Beklagte nicht erschienen ist, steht der Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht entgegen. Insoweit ist auf § 51 Abs. 1 S. 1 ArbGG hinzuweisen, der dem Gericht in jeder Lage des Rechtsstreits das Recht an die Hand gibt, das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen. Die Erledigungsreife ist daher nicht Voraussetzung für den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses wegen Nichterscheinens der Partei.

ee) Der Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz wegen der im vorangegangenen Kammertermin vom 05.11.2008 geschehenen Nichtverhängung eines Ordnungsgeldes bei seinem Ausbleiben im Termin berufen. Es ist vom Beklagten nichts dafür vorgetragen, dass es sich hinsichtlich beider Verfahren und beider Termine um vergleichbare Fälle z. B. hinsichtlich eines etwaigen Darlegungsbedarfs auf Seiten des persönlich geladenen Beklagten auf Fragen des Gerichts gehandelt habe. Mit Rücksicht darauf ist auch kein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Beklagten erkennbar, so dass es beim Ermessensspielraum des Gerichts hinsichtlich der Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO verbleibt.

3. Die Höhe des Ordnungsgeldes von 200,00 € ist mit Rücksicht auf die grundsätzlich in Betracht zu ziehende Spannbreite von 5,00 € bis 1.000,00 € moderat gewählt und auch mit Rücksicht auf den Gesamtstreitwert des Verfahrens in keiner Weise zu beanstanden.

4. Gegen die vorliegende Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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