Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 25.01.2002
Aktenzeichen: 11 Sa 1109/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 626
ZPO § 97
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 1109/01

Verkündet am: 25.01.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Dumm und die ehrenamtliche Richterin Fromm

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.08.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn - 5 Ca 3309/00 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Parteien - nämlich die beklagte GmbH, die Spielhallen unter anderem in Bonn und Bad Godesberg betreibt und die von ihr seit 1991 in ihrer Bonner Spielhalle als Aufsicht beschäftigte, am 01.11.1947 geborene Klägerin - streiten in erster Linie um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 07. 05. 2001. Die Beklagte hat sie ausgesprochen, weil sich die Klägerin an diesem ihrem ersten Arbeitstag nach Urlaub und Krankheit geweigert hat, in Bad Godesberg die ihr zugeteilte Frühschicht aufzunehmen, obwohl sie mit Schreiben vom 11. 09. 2000 (Bl. 12), 23. 11. 2000 (Bl. 11), 23. 02. 2001 (Bl. 141) und 03. 05. 2001 (Bl. 52), zuletzt mit Androhung "arbeitsrechtlicher Konsequenzen" und einer "Kündigung" auf die Versetzung hingewiesen worden war. Statt dessen bot die Klägerin ihre Arbeitskraft an ihrem alten Arbeitsplatz in Bonn an, wo sie zunächst von dem dortigen Mitarbeiter noch einmal auf ihren Einsatz in Bad Godesberg hingewiesen wurde, dann telefonisch vom Geschäftsführer und persönlich von dem vor Ort erschienenen Rechtsanwalt der Beklagten - von letzteren jeweils mit Kündigungsandrohung.

Das Arbeitsgericht hat Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage und demzufolge auch die gegen eine Änderungskündigung vom 14. 11. 2000 gerichtete Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter und meint, der Kündigungssachverhalt wiege nicht schwer genug: Eine Arbeitsverweigerung sei nicht nachhaltig weil nicht wiederholt gewesen. Mit der Versetzung, von der sie erst am 07. 05. 2001 erfahren habe, habe die Beklagte ihr Direktionsrecht überschritten, weil sie nicht zwingend gewesen sei. Sie stelle zudem eine Maßregelung dar, nachdem die Beklagte fortwährend das Arbeitsklima verschlechtert habe. Die Klägerin wehrt sich zudem gegen die mit der Änderungskündigung vom 14. 11. 2000 angestrebte Veränderung ihrer Arbeitszeit - wöchentlicher Wechsel von Früh- und Spätschicht statt drei Früh- und zwei Spätschichten pro Woche - und meint, ihr Einsatz in der Spätschicht als Alleinkraft sei ihr nicht zumutbar. Zwar habe sie die Änderungskündigung vom 14. 11. 2000 mit Schreiben vom 24. 11. 2000 (Bl. 14) unter Vorbehalt angenommen, diese Erklärung aber mit Schreiben vom 19. 02. 2001 (Bl. 29) widerrufen; damit habe sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 20. 02. 2001 (Bl. 27) konkludent einverstanden erklärt.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und begründet die streitige Versetzung. Die allgemeine Abschaffung der Doppelschichten bei der Hallenaufsicht sei der Klägerin bekannt gewesen und durch Einsparungsüberlegungen veranlaßt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die streitige Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis wie vorgesehen fristlos. Sie ist unter keinem erkennbaren Gesichtspunkt unwirksam; vielmehr ist sie durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs.1 BGB gerechtfertigt. Wichtiger Grund in diesem Sinne ist die unstreitige Arbeitsverweigerung der Klägerin am 07. 05. 2001. In der Begründung folgt das Gericht der angefochtenen Entscheidung, weshalb insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Gründe halten auch den Angriffen der Berufung stand:

So meint die Klägerin zu Unrecht, ihre unstreitige Arbeitsverweigerung am 07. 05. 2001 wiege nicht schwer genug. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die beharrliche Arbeitsverweigerung einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung abgeben kann (BAG, Urteil vom 21. 11. 1996 - 2 AZR 357/95 in AP Nr. 130 zu § 626 BGB; KR-Fischermeier, 6. Aufl., § 626 BGB Rn. 412). Die Arbeitsverweigerung der Klägerin war "beharrlich", weil sie trotz vorausgehender Kündigungsandrohung - nämlich mit Schreiben vom 23. 02. 2001 und 03. 05. 2001 begangen und trotz nachfolgender Kündigungsandrohung - durch den Geschäftsführer telefonisch und den Beklagtenvertreter persönlich - fortgesetzt wurde. Zu Unrecht vermißt die Klägerin einen Wiederholungsfall: Ein solcher ist bei endgültiger und auch durch Abmahnung nicht zu beseitigender Arbeitsverweigerung, die einen Dauertatbestand darstellt, gar nicht zu verlangen, weil dem Arbeitgeber zur Kündigung keine Alternative bleibt - es sei denn sich die Vorstellung des Arbeitnehmers vom Inhalt des Arbeitsvertrages aufzwingen zu lassen; das ist ihm nicht zumutbar.

Die Beklagte hat mit der Versetzung auch nicht ihr Direktionsrecht überschritten. Unstreitig war ihr durch den Arbeitsvertrag das Recht eingeräumt, den Arbeitsort zu bestimmen. Die Ausübung dieses Bestimmungsrechts war nicht ermessensfehlerhaft (§ 315 BGB): Eine unzumutbare Erschwerung bei der Aufsuchung des nur 10 Kilometer entfernten neuen Arbeitsortes hat die Klägerin nicht vorgetragen. Eine unzumutbare Verschlechterung der Arbeitsbedingungen am neuen Arbeitsort kann der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden: Zwar hat die Klägerin behauptet, in der Spielhalle in Bad Godesberg seien Straftaten vorgekommen; davon sind jedoch grundsätzlich alle Spielhallen wie alle Orte gewerblicher Freizeitgestaltung bedroht. Ob die Versetzung nicht "zwingend" war, wie die Klägerin behauptet, ist unerheblich: Das Direktionsrecht bewegt sich nicht nur dann im Rahmen billigen Ermessens, wenn seine Ausübung "zwingend" ist. Es reicht, daß sie nicht willkürlich und schikanös ist. Willkür und Schikane können hier nicht unterstellt werden; denn die Beklagte hat für sie plausible Gründe angeführt, ohne daß die Klägerin diese widerlegt hätte: so die durch Abschaffung der Doppelbesetzungen veranlaßte Umstrukturierung der Schichteinteilungen, die längere Abwesenheit der Klägerin vom Arbeitsplatz und die erleichterte Möglichkeit in Bad Godesberg, die Klägerin bei Ausfällen durch Familienangehörige zu ersetzen. Daß die Versetzung eine Maßregelung darstellte, ist eine unsubstantiierte und nicht unter Beweis gestellt Behauptung der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin geblieben. Eine Maßregelung setzt zudem eine nennenswerte Verschlechterung der Lage für die gemaßregelte Person voraus. Inwiefern der geänderte Arbeitsort eine solche Verschlechterung darstellen soll, ist nicht klar geworden. Im Fehlen einer Doppelbesetzung kann diese jedenfalls nicht gesehen werden, weil die Beklagte deren Abschaffung unstreitig generell vorgenommen hat, diese also auch in Bonn nicht mehr zu erwarten war.

Erfolglos versucht die Klägerin, ihre Arbeitsverweigerung durch die von der Beklagten angestrebte Änderung der Arbeitszeiten zu entschuldigen:

Die Änderung der Arbeitszeiten hat die Beklagte gar nicht durch eine Maßnahme des Direktionsrechts durchzusetzen versucht, sondern durch eine Änderungskündigung. Diese hatte die Klägerin zum einen unter Vorbehalt angenommen und zum anderen durch eine noch nicht rechtskräftig entschiedene Klage angegriffen. Daraus erwuchs für sie die Pflicht, sich zunächst nach den geänderten Bedingungen zu richten (KR-Rost, 6. Aufl., § 2 KSchG Rn. 158a). Zwar hat die Klägerin versucht, ihre Vorbehaltsannahme zurückzunehmen; das ist jedoch rechtlich ohne Auswirkungen geblieben. Denn die einmal erklärte Vorbehaltsannahme kann einseitig nicht mehr beseitigt werden: Sie ist eine rechtsgestaltende Willenserklärung, durch die ein (unter eine Bedingung gestellter) Vertrag zustandekommt (ErfK-Ascheid, § 2 KSchG Rn. 39 f.). Ein Vertrag kann grundsätzlich nur durch Vertrag beseitigt werden. Ein solcher ist hier nicht entstanden, auch wenn die Klägerin meint, die Beklagte habe in ihrem Schriftsatz vom 20. 02. 2001 ihr Einverständnis mit der Aufhebung des bedingten Änderungsvertrages erklärt; dem ist nicht so: An der von der Klägerin zitierten Stelle führt die Beklagte lediglich aus, welche Folgen die "Rücknahme der Erklärung" für den anhängigen Änderungsschutzstreit habe - daß es nämlich nunmehr allein um den Bestand des Arbeitsverhältnisses gehe. Dies ist die Äußerung einer Rechtsansicht und keine Willenserklärung, durch die eine Rechtslage gestaltet wird.

Letztlich kann das auf sich beruhen. Denn die Änderung der Arbeitszeiten war gar nicht ursächlich für die Arbeitsverweigerung der Klägerin am 07. 05. 2001. Sie hat nämlich ihre Arbeitskraft zu der neuen, ihr zugewiesenen Arbeitszeit - wenn auch am falschen Ort - angeboten und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ihre Einwände zumindest an diesem Tag gar nicht der Zeit, sondern dem Ort galten. Einwände gegen die Arbeitszeit wären an diesem Tage auch erkennbar unsinnig gewesen, weil sie stets nur mit Vorbehalten gegen die Spätschichten begründet wurden; am 07. 05. 2001 sollte die Klägerin aber keine Spätschicht leisten. Insofern liegen auch die Hinweise der Klägerin auf die Gefahren des Alleineinsatzes neben der Sache, da sie ihrem nächtlichen Einsatz galten: Ein solcher stand am 07. 05. 2001 nicht an - abgesehen davon, daß die Klägerin auch an dem von ihr bevorzugten Standort Bonn nichts anderes als Alleineinsätze zu erwarten hatte; denn unstreitig hatte die Beklagte die Doppelschichten nicht nur in Bad Godesberg, sondern generell abgeschafft, worauf die Klägerin schon mit Schreiben vom 23. 11. 2000 hingewiesen worden war.

Damit erweisen sich auch der allgemeine Feststellungs- sowie der Weiterbeschäftigungsantrag als unbegründet. Der Änderungsschutzantrag hingegen ist unzulässig, weil ohne Rechtsschutzinteresse: Der Ausgang dieses Streits bleibt ohne Auswirkungen für die Parteien. Für die Vergangenheit gelten die geänderten Arbeitsbedingungen schon aufgrund der von der Klägerin abgegebenen Vorbehaltserklärung, für die Zukunft kann die Frage der Änderungskündigung wegen der mittlerweile eingetretenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Auswirkungen mehr entfalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück