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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.03.2002
Aktenzeichen: 11 Sa 1177/01
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 1177/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 15.03.2002

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Weidert und Reuber

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.09.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg - 5 Ca 1026/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

(abgekürzt gem. § 69 Abs.2 ArbGG)

Die Parteien - nämlich die klagende GmbH, die einen Einzelhandel betreibt und die von Februar 1999 bis Dezember 2000 bei ihr als Verkäuferin beschäftigte Beklagte streiten um die Rückzahlung einer von der Klägerin irrtümlich bei der Schlußabrechnung vorgenommenen Doppel-Zahlung in Höhe von 809,93 DM sowie um 1.800,-- DM brutto, die die Beklagte unter Abzug dieser Überzahlung widerklagend geltend macht. Dabei handelt es sich um den Betrag, den die Klägerin vom Schlußabrechnungsbetrag abgezogen hat, weil sie insoweit einen Anspruch auf Rückzahlung des für 2000 ausgezahlten 13. Monatsgehaltes geltend macht. Zur Begründung beruft sie sich auf den Arbeitsvertrag (Bl. 107 ff.), der in Ziff. 4. eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers für den Fall vorsieht, daß er bis zum 31. 03. des Folgejahres ausscheidet. Die Beklagte leugnet einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin, weil diese in ihrem Kündigungsschreiben vom 29. 11. 2000 (Bl. 111) darauf verzichtet habe; dort heißt es nämlich: "Alle ausstehenden Leistungen wie Gehalt, Weihnachtsgeld usw. werden natürlich ordnungsgemäß beglichen". Der Verzicht wird nach Ansicht der Beklagten bestätigt durch den gerichtlichen Vergleich, den die Parteien in dem von der Beklagten gegen die Kündigung angestrengten Kündigungsschutzprozeß (3 Ca 3317/00 - Arbeitsgericht Siegburg) am 22. 12. 2000 geschlossen haben, weil die Klägerin dort eine Abfindung zugesagt hat, ohne sich deren Verrechnung mit ihrem Rückzahlungsanspruch vorzubehalten (Bl. 112).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung ihrer Rechtsansichten ihren Antrag auf Klageabweisung und ihre Widerklage weiter und beruft sich auf Entreicherung. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung und trägt vor, die Beklagte habe am 30. 01. 2001 die Rückzahlung der am 29. 01. 2001 vorgefallenen Überzahlung zugesichert. Ein Verzicht auf den vertraglich vereinbarten Anspruch auf Rückzahlung des Weihnachtsgeldes und die Voraussetzungen des Entreicherungseinwandes lägen nicht vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. In der Begründung folgt das Gericht der angefochtenen Entscheidung, weshalb insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Gründe halten auch den Angriffen der Berufung stand:

Die Klägerin hat auf ihren vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung des Weihnachtsgeldes nicht verzichtet. Im Kündigungsschreiben ist von einem Verzicht nicht die Rede. Den Text als Verzicht "auszulegen", ist unzulässig, weil stets und generell eine Vermutung dagegen spricht, daß jemand eine Rechtsposition ohne Äquivalent aufgeben will (nemo liberalis praesumitur); der Lebenserfahrung ist die Regel zu entnehmen, daß niemand etwas verschenken will. Eine derart gut fundierte und durch die Praxis ständig bestätigte Regel kann nur durch eine eindeutige und nicht auslegungsbedürftige Erklärung widerlegt werden. Eine solche liegt nicht vor. Der Text, auf den die Beklagte sich bezieht, kann mehrere Bedeutungen haben insbesondere die Ankündigung enthalten, vertragliche Leistungen vertragsgemäß vorzunehmen, was die Formulierungen "natürlich" und "ordnungsgemäß" besonders nahelegen. "Vertragsgemäß" ist eine Zahlung, die der Vertrag mit einem Rückzahlungsvorbehalt belastet, dann, wenn sie - wie vertraglich vorgesehen - vorbehaltlich erfolgt; demgegenüber wäre ein Verzicht auf die Rückzahlung als teilweise Abbedingung von Ziff. 4. des Arbeitsvertrages eine Vertragsänderung - und damit keineswegs "natürlich".

Hieran ändert auch nichts die Tatsache, daß die Klägerin in dem gerichtlichen Vergleich vom 22. 12. 2000 eine Abfindung zugesagt hat, ohne sich deren Verrechnung mit ihrem Rückzahlungsanspruch vorzubehalten. Wer Inhaber eines Rechts ist, muß sich dieses grundsätzlich nicht vorbehalten, um es zu behalten. Zudem enthält der Vergleich in Ziffer 1 die Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzuwickeln - eine Verpflichtung, die - da die Vereinbarung passivisch formuliert ist die Beklagte genauso trifft wie die Klägerin. Zu dieser ordnungsgemäßen Abwicklung gehört für die Beklagte, ihre vertragliche Rückzahlungsverpflichtung zu erfüllen.

Erfolglos beruft sich die Beklagte gegenüber dem das Weihnachtsgeld betreffenden Rückzahlungsanspruch der Klägerin auf Entreicherung. Dieser Einwand kann nur einem Bereicherungsanspruch entgegengehalten werden. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin hingegen ist ein vertraglicher.

Das Gericht kann nicht erkennen, ob die Beklagte den erhobenen Entreicherungseinwand auch gegen den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der versehentlichen Überzahlung in Höhe von 809,93 DM richten will. Jedenfalls wäre er auch insoweit erfolglos - schon deshalb, weil die Beklagte unstreitig die Rückzahlung der am 29. 01. 2001 vorgefallenen Überzahlung am 30. 01. 2001 zugesichert hat. Im übrigen kann die Beklagte am 30. 01. 2001, als ihr die Überzahlung telefonisch mitgeteilt wurde, noch nicht um die 809,93 DM entreichert gewesen sein, die ihr erst am Tag zuvor überwiesen worden waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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