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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 03.07.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 751/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 16
Auch bei der "Umwandlung" in eine Rentnergesellschaft sind die Vermögensinteressen der Versorgungsberechtigten zu beachten. Insbesondere ist auf eine hinreichende Eigenausstattung zu achten, die auch künftige Betriebsrentenanpassungen ermöglicht bzw. sie nicht von vornherein ausschließt. Geschieht dies nicht, so kann es der Rentnergesellschaft gemäß § 242 BGB verwehrt sein, sich auf eine unzureichende Eigenkapitalverzinsung zu berufen.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2008 - 15 Ca 3559/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.449,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 97,96 € seit dem 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006, 01.02.2006, 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006, 01.07.2006, 01.08.2006, 01.09.2006, 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007 und 01.04.2007 zu zählen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 01.05.2007 eine monatlich um 97,96 € erhöhte Betriebsrente in Höhe von insgesamt 2.130,29 € zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Anpassung der Betriebsrente zum Anpassungsstichtag 01.04.2005.

Der am 01.03.1936 geborene Kläger war seit dem 01.01.1968 im G -K beschäftigt, zuletzt bei der G I -S G West, wo er im Jahre 1999 ausschied und in den Ruhestand trat. Das Arbeitsverhältnis war von einer betrieblichen Ruhegeldzusage begleitet.

Die damalige Konzernobergesellschaft, die G K V -B -A (G ), trat auf Basis eines Vertrages aus dem Dezember 1976 (sog. 1976er Vereinbarung) mit Wirkung zum 31.12.1976 den bestehenden und zukünftigen Pensionsversprechen der Konzerngesellschaften bei.

Die G I -S G W wurde im Rahmen einer Verschmelzung mit anderen Gesellschaften zum 01.01.2002 in G I D G K (G ) umbenannt und firmiert seit dem 01.01.2004 als G G V -G , K (G ). Die G war eine 100%ige Tochter der G G V -A (G ) mit der ein Ergebnisabführungsvertrag bestand.

Die Betriebsrente des Klägers wurde letztmalig am 01.04.2002 erhöht und beträgt seitdem 2.032,33 € brutto.

Im Rahmen eines Projektes "Phönix", mit dem wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der G und des Konzerns begegnet werden sollte, erfolgte eine gesellschaftsrechtliche Neustrukturierung. Die Neuorganisation war u.a. Voraussetzung für separate und verbesserte Ratings der Gesellschaften des Erstversicherungskonzerns, nachdem insbesondere der Sachversicherungsbereich (G ) auf ein Rating von nur noch BB+ herabgestuft worden war. Die Vertriebs- und Dienstleistungsgesellschaften, die vormals unter der G zusammengefasst waren, wurden aufgegliedert und jeweils direkt den entsprechenden deutschen Versicherungsgesellschaften zugeordnet. Die Unternehmen des G -K hatten sich im Hinblick auf eine für notwendig erachtete Kapitalzuführung im Sachversicherungsbereich gegenüber Investoren zur Neustrukturierung durch den Phönix-Grundlagen-Vertrag vom 15.12.2003 (Bl. 433 ff. d.A.) verpflichtet.

Die G übertrug zum 31.12.2003 ihren Geschäftsbetrieb mit den dazu gehörenden Vermögensgegenständen auf die neu gegründete G V I D G (G ), einer Tochtergesellschaft der G . Die Übertragung der dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Einzelvermögensgüter auf die G wurde als freiwillige Einlage der GI gemäß § 272 Abs. 2 Ziffer 4 HGB mit dem Werte "0" behandelt. Der Geschäftsanteil der G /G an der G wurde sodann auf Anweisung der Konzernobergesellschaft G und der Muttergesellschaft G (damals noch firmierend als G V I A , G ) auf die G V I A (G - ) gegen Gewährung eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs in Höhe von 25.500.000,-- € übertragen.

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher aktiver Mitarbeiter der G /G gingen im Rahmen eines Betriebsüberganges auf die G über. Die geschäftlichen Aktivitäten der G /G beschränken sich seither auf die Verwaltung der eigenen Vermögenswerte. Herzu zählte die Beteiligung an der zunächst noch bestehenden Tochtergesellschaft T V G (T ). Diese Beteiligung veräußerte die G im Jahre 2004 und führte aufgrund eines bestehenden Ergebnisabführungsvertrages 1.926.137,48 € an die G ab. Seit dem Jahreswechsel 2003/2004 ist die G , wie im Übrigen auch deren Muttergesellschaft G , nicht mehr werbend am Markt tätig und fungiert als sog. Abwicklungs- bzw. Rentnergesellschaft. Das Eigenkapital der G reduzierte sich im Jahr 2005 auf 130.000,-- €.

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass die G -anders als noch in den Jahren 2002 und 2003 - seit der Neustrukturierung keine angemessene Eigenkapitalrendite im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erzielt. Die Eigenkapitalrendite der G lag im Jahr 2004 bei minus 2,2 % und im Jahr 2005 bei minus 48,25 %.

Nachdem die G ihren Geschäftsbetrieb und alle Tochtergesellschaften des Erstversicherungskonzerns auf die Beklagte, die G -B -G (G ), übergeleitet hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 16.05.2006 (Bl. 8 d. A.) mit, dass sie mit Wirkung zum 30.04.2006 sämtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Versorgungszusage übernommen habe. Aufgrund der Übernahme würden dementsprechend sämtliche Zahlungen auf seine Versorgungsansprüche ab dem 01.05.2006 von der Beklagten geleistet.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 21.04.2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass selbst dann, wenn für die Prognose zum Anpassungsstichtag auf die die wirtschaftliche Lage der G oder G abgestellt werde, das Anpassungsverlangen unbegründet sei. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Änderungen zum 01.01.2004 könne die Prognose nicht auf die Eigenkapitalrendite 2002 und 2003 gestützt werden. Auch bei Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der G ergebe sich keine Anpassungspflicht, da keine angemessene Eigenkapitalrendite erzielt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung des Arbeitsgerichtes - einschließlich der Sachverhaltsdarstellung - wird auf Bl. 257 ff. d. A. verwiesen.

Gegen das ihm am 16.05.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.06.2008 Berufung eingelegt und diese am 13.08.2008 innerhalb der bis zum 18.08.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Der Kläger meint, bei der Anpassungsentscheidung sei in erster Linie auf die wirtschaftliche Lage der G als Versorgungsschuldnerin zum Anpassungsstichtag abzustellen. Lediglich durch die rechtsmissbräuchliche Entscheidung der Umwandlung in eine Rentnergesellschaft und des Entzugs des operativen Geschäfts sei verhindert worden, dass die G seit dem Jahre 2004 eine angemessene Eigenkapitalrendite erreicht habe.

Weiterhin sei die wirtschaftliche Lage der Muttergesellschaft G , die durch einen Gewinnabführungsvertrag mit der G verbunden gewesen sei, zu berücksichtigen. Die Beklagte habe keine verlässliche Auskunft über die wirtschaftliche Lage der G in dem Prognosezeitraum 2002 bis 2004 erteilt.

Jedenfalls bestehe eine Anpassungspflicht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der G . Hätte das Arbeitsgericht den Ertrag für das Geschäftsjahr 2001 vor Steuern berücksichtigt, so hätte sich ein Jahresüberschuss von 2.807 TD € ergeben. Bei der Teilwertabschreibung im Geschäftsjahr 2001 in Höhe von 80 Mio. € handele es sich um einen außerordentlichen Verlust. Bei Berücksichtigung dieser beiden Aspekte sei eine Eigenkapitalverzinsung von über 11 % erreicht worden. Unter Berücksichtigung der Auflösung eines Sonderpostens mit Rücklagenanteil im Wert von 68,1 Mio. € würde sich die Eigenkapitalverzinsung noch weiter erhöhen. Für das Jahr 2003 habe die G unter Zugrundelegung des Ertrages vor Steuern eine Eigenkapitalrendite von 5,6 % erzielt, die nur knapp unter der angemessenen Eigenkapitalverzinsung von 5,8 % gelegen habe, jedoch eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Jahr 2002 bedeute. Bereinige man dieses Ergebnis um den außerordentlichen Aufwand wegen des Ausgleichsanspruchs der Beklagten aus dem Verkauf der Kreditversicherungsgruppe in Höhe von 143,6 Mio. €, so sei die Grenze angemessener Eigenkapitalverzinsung deutlich überschritten. Im Jahr 2004 sei unter Zugrundelegung des Ertrags vor Steuern von einer Eigenkapitalrendite von 3,77 % auszugehen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass der Rückgang der Umsatzerlöse auf die zum 30.09.2004 erfolgte Übertragung der Dienstleistungs- und Servicebereiche zurückzuführen sei. Die könne jedoch nicht zu Lasten der Betriebsrentner gehen. Für das Jahr 2005 sei von einer Eigenkapitalverzinsung von 11,87% auszugehen, wenn bei Ermittlung des Jahresüberschusses der Ertrag aus Gewinnabführverträgen der W V -A richtigerweise mit 158 Mio. € angesetzt werde.

Schließlich folge die Anpassungspflicht der Beklagten auch aus der Übernahmeerklärung vom 16.05.2006, wobei auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten abzustellen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, verkündet am 21.04.2008 - erstinstanzliches Aktenzeichen 15 Ca 3559/07 - abzuändern und

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.449,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 97,96 € seit dem 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006, 01.02.2006, 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006, 01.07.2006, 01.08.2006, 01.09.2006, 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007 und 01.04.2007 zu zahlen;

2) es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 01.05.2007 eine monatlich um 97,96 € erhöhte Betriebsrente in Höhe von insgesamt 2.130,29 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2008 (15 Ca 3559/07) zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die wirtschaftliche Lage der G in den Jahren 2002 und 2003 sei aufgrund der Umwandlung in eine Rentnergesellschaft zum 01.01.2004 nicht repräsentativ. Diese Neustrukturierung sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen, sondern von der grundgesetzlich garantierten unternehmerischen Freiheit gedeckt. Der G sei weder Kapital entzogen worden noch sei die Kapitalausstattung beeinträchtigt worden. Hinsichtlich der Reduzierung des Eigenkapitals der G auf 130 TD € im Jahre 2005 verkenne der Kläger, dass eine Reduzierung des auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapitals im Hinblick auf die Eigenkapitalrentabilität für die Betriebsrentner eher als Positiventwicklung zu bewerten sei, da bei geringem Eigenkapital auch niedrigere Jahresergebnisse zu einer höheren Eigenkaptalrentabilität führen. Im Vergleich der Jahre 2003 und 2004 zeige sich, dass sich nicht nur die Aktivseite, sondern auch die Passivseite (Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern) entsprechend reduziert habe. Die Reduzierung des Eigenkapitals der G im Jahre 2005 resultiere aus der Veräußerung von Anteilen an der G , die Kapitalrücklage der G sowie die freie Gewinnrücklage seien aufgelöst und der Muttergesellschaft G aufgrund des Gewinnabführungsvertrags zurückgeführt worden. Die unterbliebene Betriebsrentenanpassung beruhe nicht auf der Verwirklichung einer konzerntypischen Gefährdungslage. Die Konzernmutter G habe hinsichtlich der Versorgungsverbindlichkeiten einen Schuldbeitritt erklärt. Die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft sei zur Vermeidung etwaiger konzerntypischer Gefahren in die Anpassungsüberprüfung einbezogen worden. Die G sei aber ihrerseits wirtschaftlich nicht leistungsfähig gewesen. Die Teilwerteabschreibung wegen der Beteiligung an der G -K G -R -A im Jahre 2001 sei wegen der dauerhaft schlechten wirtschaftlichen Lage des Rückversicherungs-Bereiches geboten gewesen. Der Kläger müsse die Gewinnermittlung von geprüften Jahresabschlüssen hinnehmen. Der außerordentliche Aufwand im Geschäftsjahr 2003 von 143,6 Mio. € resultiere aus dem Verkauf der Mehrheit an der G N C & F A , K . Korrespondierend habe die G der Beklagten einen Ausgleichsanspruch in gleicher Höhe zur Abdeckung des Verlustes aus dem Abgang der GN-Anteile gewährt, so dass es sich um einen ergebnisneutralen Vorgang gehandelt habe. Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2004 erliege der Kläger einem Trugschluss, wenn er annehme, die Eigenkapitalverzinsung der G wäre im Falle des Verbleibs der Dienstleistungs- und Servicebereiche höher gewesen, denn er berücksichtige nicht, dass dann auch Kosten angefallen wären. Im Übrigen sei dies irrelevant, da zwischen dem Erwerber G und der G ein Ergebnisabführungsvertrag bestanden habe, so dass Erträge der G an die G geflossen seien.

Auch die G sei nicht leistungsfähig gewesen, denn sie habe 2004 eine (bereinigte) Rendite von minus 0,68 % und 2005 von minus 28,2 % erzielt. Im Übrigen rechtfertige einer bloßer Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag noch nicht die Anwendung der Grundsätze zum Berechnungsdurchgriff, eine konzerntypische Gefährdungslage habe sich im Streitfall nicht realisiert.

Selbst wenn man mit dem Kläger die Erträge vor Steuern zugrunde lege, ergebe sich keine angemessene Eigenkapitalverzinsung für die G , G und G .

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht begründet worden ist.

II. Die Berufung hat in der Sache Erfolg, denn es besteht eine Anpassungsverpflichtung der monatlichen Betriebsrente zum Stichtag 01.04.2005 nach § 16 Abs. 1 BetrAVG, wobei die Höhe zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig ist. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

1. Maßgebender Arbeitgeber des Klägers im Sinne des § 16 BetrAVG ist die G als originärer Versorgungsschuldner. Die G wiederum war der Schuld des Versorgungsgebers aufgrund der Vereinbarung aus dem Jahre 1976 akzessorisch beigetreten. Beim Schulbeitritt tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff. BGB in das Schuldverhältnis ein. Die Schuld des Beitretenden richtet sich grundsätzlich nach Inhalt und Beschaffenheit der Hauptschuld im Zeitpunkt des Beitritts (BGH, Urt. v. 07.11.1995 - XI ZR 235/94 - m.w.N.). Die Beklagte wiederum hat dem Kläger mit Schreiben vom 16.05.2006 zugesagt, dass sie sämtliche Verpflichtungen der G mit Wirkung zum 30.04.2006 im Zusammenhang mit seiner Versorgungszusage übernommen habe und dementsprechend ab dem 01.05.2006 die Zahlungen auf seine Versorgungsansprüche leistet. Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um einen weiteren akzessorischen Schuldbeitritt oder eine Erfüllungsübernahme handelt. Jedenfalls ist die Beklagte zur Zahlung der erhöhten Betriebsrente verpflichtet, wenn die G ihrerseits aufgrund des Schuldbeitritts verpflichtet wäre, was wiederum der Fall ist, wenn die G als Arbeitgeber zur Anpassung nach § 16 BetrAVG verpflichtet war.

2. Die Verpflichtung der G zur Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 01.04.2005 folgt aus folgenden Überlegungen:

a) Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Gerichte für Arbeitssachen haben in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 2 und 3 BGB zu überprüfen, ob der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat. Die Belange des Versorgungsempfängers bestehen im Ausgleich des Kaufkraftverlustes seit Rentenbeginn, also in der Wiederherstellung des ursprünglich vorausgesetzten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Es ist der volle Anpassungsbedarf zu ermitteln, der in der seit Rentenbeginn eingetretenen Teuerung besteht, soweit sie nicht durch vorhergehende Anpassungen ausgeglichen wurde. Der Arbeitgeber hat bei seiner nach billigem Ermessen zu treffenden Anpassungsentscheidung neben den Belangen des Versorgungsempfängers auch seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Er kann die Anpassung daher ganz oder teilweise ablehnen, soweit dies seine wirtschaftliche Lage nicht zulässt, er sein Unternehmen übermäßig belastet und dessen Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn er annehmen darf, es werde ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens aufzubringen (BAG, Urt. v. 31.07.2007 - 3 AZR 810/05 - m.w.N.).

b) Sinn und Zweck des § 16 BetrAVG erfordern auch bei sog. Abwicklungsgesellschaften keinen Eingriff in die Vermögenssubstanz. Der Versorgungsschuldner ist nicht verpflichtet, die Anpassungslasten durch Eingriffe in die Vermögenssubstanz zu finanzieren, er kann wie ein aktiver Unternehmer eine angemessene Verzinsung seines Eigenkapitals in Anspruch nehmen. Das Gesetz sichert nur einen Anspruch auf Anpassungsprüfung, welche auch die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners berücksichtigt, nicht dagegen einen in der ursprünglichen Versorgungszusage angelegten Rechtsanspruch auf unbedingte Anpassung. Gesetzlich ist lediglich eine von der Leistungsfähigkeit des Versorgungsschuldners abhängige Anpassungschance vorgesehen. Eine Anpassungsgarantie, die im Fall der Einstellung der unternehmerischen Aktivitäten einen Eingriff in die Vermögenssubstanz verlangt, gewährt § 16 BetrAVG nicht. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass jedenfalls langfristig der Versorgungsschuldner auch die laufenden Rentenzahlungen nicht mehr erbringen kann (BAG, Urt. v. 25.06.2002 - 3 AZR 226/01 - m.w.N.).

c) Beurteilungsgrundlage für die langfristig zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können. Für eine einigermaßen zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden (BAG, Urt. v. 31.07.2007 - 3 AZR 810/05 - m.w.N.).

d) Soweit Versorgungsverbindlichkeiten durch umwandlungsrechtliche Ausgliederung auf eine Rentnergesellschaft übertragen werden, ist u.a. Folgendes anerkannt: Jedem Arbeitsverhältnis wohnt die Nebenpflicht des Arbeitgebers inne, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Diese Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers gilt auch für die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers. Die Vertragspartner haben einerseits alles zu unterlassen, was den Vertragszweck beeinträchtigen oder gefährden könnte, andererseits alles Notwendige zu tun, um den Leistungserfolg zu sichern. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung gelten nicht geringere, sondern gesteigerte Rücksichtnahmepflichten. Dem erhöhten Schutzbedürfnis der Versorgungsberechtigten trägt auch des Betriebsrentengesetz Rechnung, insbesondere durch die §§ 3, 4, 7 und 16 BetrAVG. Die Besonderheiten des Versorgungsverhältnisses und die gesetzlichen Wertentscheidungen wirken sich auf Inhalt und Umfang der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten aus. Der versorgungspflichtige Arbeitgeber darf nicht durch Vermögenstransaktionen die Versorgung seiner Arbeitnehmer beeinträchtigen. Eine vertragliche Nebenpflicht des bisher versorgungspflichtigen Rechtsträgers zur hinreichenden Ausstattung der die Versorgungsverbindlichkeiten übernehmenden Gesellschaft ist interessengerecht und entspricht der Konzeption des Betriebsrentengesetzes. Die Gesellschaft, auf die Versorgungsverbindlichkeiten ausgegliedert werden, ist so auszustatten, dass sie nicht nur die laufenden Betriebsrenten zahlen kann, sondern auch zu den gesetzlich vorgesehenen Anpassungen in der Lage ist (BAG, Urt. v. 11.03.2008 - 3 AZR 358/06 - m.w.N.).

e) Ist die Rentnergesellschaft bewusst rechtsmissbräuchlich mit zu geringen Mitteln zur Deckung der Rentenverpflichtungen ausgestattet worden, kann sie sich darauf nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht berufen, eine angemessene Ausstattung ist zu unterstellen (Blomeyer/Rolfs/Otto, 4. Auflage, § 16 BetrAVG Rdn. 230; vgl. auch Höfer, Stand Juni 2006, § 16 BetrAVG Rdn. 5335).

f) Nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer entspricht es billigem Ermessen zum Anpassungsstichtag 01.04.2005 von einer Prognose auszugehen, die eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der G erlaubt. Die G - damals als G firmierend - hat in den Geschäftsjahren 2002 und 2003 eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erreicht. Es ist ihr nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass durch die Umwandlung in eine Rentnergesellschaft und die Veräußerung ihrer Unternehmensbeteiligung bei gleichzeitiger Abführung des erzielten Betrages an die Muttergesellschaft G aufgrund des bestehenden Ergebnisabführungsvertrages ab dem Jahre 2004 keine angemessene Eigenkapitalrendite mehr erzielbar war. Durch diese geschäftlichen Transaktionen war von Anfang an lediglich die Zahlung laufender Betriebsrenten gesichert, die Verpflichtung zur Anpassung der Betriebsrenten hingegen wurde unerfüllbar. Die Beklagte hat weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass hinsichtlich der Auswirkungen dieser geschäftlichen Aktivitäten die Belange der Versorgungsempfänger überhaupt berücksichtigt wurden. Hierzu bestand aber eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Die G hat durch ihre Vermögenstransaktionen die Versorgung ihrer Arbeitnehmer nachhaltig beeinträchtigt. Sie hätte auf eine hinreichende Eigenausstattung achten müssen, die ihr auch künftig eine Betriebsrentenanpassung ermöglicht bzw. diese nicht von vornherein ausschließt. Hinsichtlich des Schutzbedürfnisses der Betriebsrentner besteht kein entscheidungsrelevanter Unterschied zwischen einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung der Versorgungsverbindlichkeiten auf eine Rentnergesellschaft oder die eigene Reduzierung auf eine Rentner- bzw. Abwicklungsgesellschaft durch Übertragung des aktiven Geschäfts auf eine andere Gesellschaft. Die Betriebsrentner sind auch nicht durch Bejahung eines Schadensersatzanspruches gegen den Versorgungschuldner ausreichend geschützt, wenn dieser durch eigene geschäftliche Transaktionen seine mangelnde Leistungsfähigkeit herbeiführt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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