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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.12.2001
Aktenzeichen: 11 Sa 867/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 613a
ZPO § 97
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 867/01

Verkündet am: 07.12.2001

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Piechowski und Kastner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.01.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 16 Ca 5476/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Parteien - nämlich der am 24. 04. 1943 geborene Beklagte, der ein Unternehmen für Hochfrequenztechnik mit bis zu 10 Mitarbeitern betreibt und der am 09. 04. 1962 geborene Kläger, der von ihm ab dem 16. 12. 1998 als "Büroleiter" für 3.800,-- DM monatlich beschäftigt wurde - streiten darüber, ob der Beklagte Partner eines (weiteren) Arbeitsvertrags geworden ist, den der Kläger unter dem 01. 03. 1999 mit der am 17. 04. 1960 geborenen Zeugin von S geschlossen haben will, wonach er als "Geschäftsführer" für eine von dieser geführten Firma gegen ein monatliches Gehalt von 21.000,-- DM tätig werden sollte. Der Zeugin hatte der Beklagte unter dem 30. 10. 1998 eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin mit einem monatlichen Entgelt von 30.000,-- DM angeboten (Bl. 29) und ihr sein Unternehmen unter dem 28. 02. 1999 auf Leibrentenbasis verkauft (Bl. 14 ff.). Dabei leitete ihn die Erwartung, mit der Zeugin eine dauerhafte Beziehung zu begründen - ebenso wie bei dem mit ihr schon unter dem 25. 02. 1999 geschlossenen Erbvertrag wie bei dem Vertrag, mit dem er ihr unter dem 19. 03. 1999 sein Hausgrundstück verkaufte. Diese Verträge hat der Beklagte, der am 22. 03. 1999 einen Suizidversuch unternahm, dessentwegen er bis zum 2l. 04. 1999 stationär behandelt wurde, unter dem 14. 04. 1999 angefochten. Die Verträge sind inzwischen vom Landgericht Köln mit Urteil vom 20. 12. 2000 rechtskräftig als nichtig erkannt worden (Bl. 223 ff.). Weil er erfahren habe, daß der Kläger auf einer Betriebsfeier am 05. 03. 1999 geäußert habe, er werde ihn, den Beklagten, "fertig machen", ihn aus dem Betrieb drängen und ihn von einem nahe gelegenen Hochstand aus "abknallen", kündigte der Beklagte unter dem 10. 05. 1999 das Arbeitsverhältnis mit seiner Firma fristlos, weshalb der Kläger unter dem 01. 06. 1999 Klage erhob, ohne den Geschäftsführervertrag zu erwähnen (Arbeitsgericht Köln - 2 Ca 4409/99 = LAG Köln - 13 Sa 53/00). In jenem Verfahren haben sich die Parteien am 27. 11. 2001 widerruflich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. 06. 1999 verglichen. Mit Schreiben vom 18. 04. 2000 (Bl. 33) berief sich der Kläger gegenüber dem Beklagten auf den mit der Zeugin von S geschlossenen Geschäftsführervertrag und vertrat die Ansicht, der Beklagte sei in diesen Vertrag, der von der Kündigung nicht betroffen sei, eingetreten. Daraufhin kündigte der Beklagte, der behauptet, von dem Geschäftsführervertrag bis dahin nichts gewußt zu haben, unter dem 11. 05. 2000 durch seinen anwaltlichen Vertreter vorsorglich den "behaupteten" Geschäftsführervertrag fristlos, hilfsweise ordentlich. Gegen diese Kündigung richtet der Kläger die vorliegende, am 30. 06. 2000 eingegangene Klage, mit der er zugleich Verzugslohn für die Monate Mai 1999 bis April 2000 in Höhe von insgesamt 252.000,-- DM sowie Beschäftigung nach dem Geschäftsführervertrag fordert.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter und behauptet, der mit der Zeugin von Slawinski-Langkau abgeschlossene Geschäftsführervertrag habe sich nicht auf die von der Zeugin geführten gastronomischen Betriebe bezogen, sondern auf den vom Beklagten gekauften technischen Betrieb. Dieser sei auf den Beklagten zurückgefallen, weil es unstreitig "zur Übernahme des Betriebes durch die Zeugin von S nicht gekommen" sei. Der Geschäftsführervertrag vom 01. 03. 1999 sei nach dem Unternehmenskaufvertrag geschlossen worden, auch wenn der Rechtsberater der Zeugin von S an diese noch unter dem 02. 03. 1999 einen "Entwurf des Geschäftsführervertrages" übersandt habe (Bl. 59).

Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und bestreitet die Echtheit des Geschäftsführervertrages; es bestehe der Verdacht einer Fälschung oder Rückdatierung, weshalb er im Original vorgelegt werden müsse. Die tatsächliche Betriebsinhaberschaft habe die Zeugin von S nie erworben. Die Kündigungen seien durch Verfehlungen des Klägers gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist unbegründet.

Sie könnte nur begründet sein, wenn der Kläger unter dem 01. 03. 1999 mit der Zeugin von S den angeblichen Geschäftsführervertrag geschlossen hätte. Das kann der Entscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Denn der Beklagte hat die Echtheit dieses Vertrages bestritten, ohne daß der Kläger für sie Beweis angetreten hätte. Das mußte er, weil der Beklagte sie bestritten hat und der Kläger für sie als eine anspruchsbegründende Tatsache die Beweislast trägt. Die Vorlage von Fotokopien reicht für einen Beweisantritt nicht aus. Denn der Urkundenbeweis wird durch Vorlegung der Urkunde angetreten (§ 420 ZPO) - und zwar der Urschrift (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 420 Rn. 2). Der Beweisantritt war erforderlich, weil der Beklagte die Echtheit der Urkunde schon in seiner Berufungserwiderung vom 26. 09. 2001 bestritten hatte, auf die der Kläger mit Schriftsatz vom 03. 12. 2001 repliziert hat, ohne den Antrag des Beklagten auf Vorlage der Originalurkunde zu beachten. Auch im heutigen Termin war der Kläger auf gerichtlichen Vorhalt nicht in der Lage, die versäumte Vorlage der Originalurkunde nachzuholen.

Ob eine Vertagung angezeigt gewesen wäre, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, das Versäumte nachzuholen, mag dahinstehen. Denn die Klage kann auch dann nicht erfolgreich sein, wenn man die Echtheit und Richtigkeit des Geschäftsführervertrages unterstellt. Denn sie ist bereits unschlüssig:

Wie der Kläger selber richtig erkennt, kann seine Klage nur Erfolg haben, wenn es einen Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB von der Zeugin von S auf den Beklagten gegeben hat. Das ist jedoch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht der Fall. Denn die Vorschrift setzt den Übergang eines Betriebes von einem Inhaber auf einen anderen voraus. Ein derartiger Übergang liegt jedoch nicht vor. Denn die Zeugin von S war nie Betriebsinhaberin. Sie war es de jure nicht, weil das Erwerbsgeschäft nichtig gewesen ist; das steht aufgrund des landgerichtlichen Urteils vom 20. 12. 2000 fest. Sie war es aber auch de facto nicht. Denn dies hätte einen Betriebsübergang vom Beklagten auf die Zeugin vorausgesetzt. Dieser war aber niemals abgeschlossen. Denn wie der Kläger im Vorprozeß (2 Ca 4409/99 - Arbeitsgericht Köln) selber richtig vorträgt (Schriftsatz vom 30. 08. 1999, S. 3 = Bl. 52 d.A.), ist ein Betriebsübergang erst dann vollzogen wenn der Betriebserwerber in der Lage ist, die tatsächliche Leitungsmacht über die ihm gem. Rechtsgeschäft überlassenen Betriebsmittel im Einverständnis mit dem Betriebsveräußerer tatsächlich auszuüben. Der Kläger selbst vertritt den Standpunkt, daß "ein Betriebsübergang, der diesen Voraussetzungen genügen würde, ... zwischen dem Beklagten und Frau von S als in Aussicht genommene Betriebserwerberin zu keinem Zeitpunkt stattgefunden" hat. Diesen Standpunkt hat er nicht nur im Vorprozeß vertreten; auch in der Berufungsbegründung führt er aus: "Unstreitig ist es zur Übernahme des Betriebs durch die Zeugin von S nicht gekommen" (Schriftsatz vom 25. 07. 2001 S. 2 = Bl. 170 d.A.).

Erfolglos hat der Kläger im heutigen Termin versucht, diesen in zwei Prozessen und durch zwei Instanzen hindurch vertretenen Standpunkt aufzugeben, um den diametral entgegengesetzten Standpunkt einzunehmen. Zum einen ist dieses Vorbringen mangels hinreichender Substantiierung unbeachtlich, zumal an die Substantiierung gesteigerte Anforderungen zu stellen waren - angesichts der überraschenden Kehrtwende und der Tatsache, daß sich der Beklagte den bisherigen Standpunkt des Klägers inzwischen zu eigen gemacht hat (Schriftsatz vom 26. 09. 2001 S. 9 = Bl. 211 d.A.). Zum anderen wäre der Vortrag, seine Substantiierung unterstellt, als verspätet zurückzuweisen: Er hätte zur Verzögerung des Rechtsstreits geführt, weil dem überraschten Beklagten durch Vertagung Gelegenheit zu geben war, zum neuen Vortrag Stellung zu nehmen.

Auf weitere Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Sie seien deshalb nur kurz erwähnt: Im vorliegenden Verfahren vertritt der Kläger den Standpunkt, der Büroleitervertrag sei stillschweigend aufgegeben und durch den Geschäftsführervertrag vom 01. 03. 1999 ersetzt worden (Schriftsatz vom 25. 07. 2001 S. 6 = Bl. 174 d.A.). Dann aber gab es zur Zeit der ersten Kündigung vom 10. 05. 1999 nur ein einziges Arbeitsverhältnis, auf das sich demzufolge auch die erste Kündigung vom 10. 05. 1999 beziehen mußte ("kündige ich Ihr Arbeitsverhältnis"). Da dieses Arbeitsverhältnis seinerzeit mangels Erfüllung der Wartezeit nicht dem Kündigungsschutz unterfiel, hat die Kündigung auch ein Geschäftsführer-Arbeitsverhältnis spätestens mit dem 15. 06. 1999 beendet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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