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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2003
Aktenzeichen: 11 Sa 994/02
Rechtsgebiete: PVG NW, BSHG


Vorschriften:

PVG NW § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BSHG § 19 Abs. 2
1. Hat der Personalrat - wie im Falle des PVG NW - bei der Befristung eines Arbeitsverhältnisses mitzubestimmen, erstreckt sich seine Zustimmung auf Befristungsgrund und Befristungsdauer. Zur Frage, ob in diesem Fall ein Mitbestimmungsverstoß und dadurch bedingt die Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung vorliegt, wenn der Arbeitgeber nach erteilter Zustimmung durch den Personalrat die zeitliche Lage des auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnisses abweichend von seinem Zustimmungsantrag um 14 Tage vorverlegt, ohne an Befristungsgrund und -dauer etwas zu ändern.

2. Der Mitbestimmung beim Tatbestand "Einstellung" unterliegt nicht der Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern nur die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers. Deshalb beruht der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses auf keinem Mitbestimmungsverstoß, wenn die Einstellung des Arbeitnehmers ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgte.

3. Bei der befristeten Einstellung bestimmt der Personalrat bereits beim Mitbestimmungstatbestand "Einstellung" über das Anfangsdatum des Arbeitsverhältnisses mit. Seine gleichzeitig ausgeübte Mitbestimmung beim Tatbestand "Befristung" bezieht sich deshalb nicht noch ein zweites Mal auf das Datum des Beginns.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 994/02

Verkündet am: 14.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kämmendes Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Buchholz und die ehrenamtliche Richterin Fromm

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 05.06.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 9 Ca 12740/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien - nämlich die beklagte Stadt und der von ihr befristet vom 15. 12. 2000 bis 14. 12. 2001 als Verwaltungsangestellter in ihrem Sozialamt beschäftigte, am 01. 04. 1954 geborene Kläger - streiten um die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung. Die Beschäftigung des als Volljurist ausgebildeten Klägers erfolgte gemäß dem Arbeitsvertrag vom 14. 12. 2000 im Rahmen des § 19 Abs.2 BSHG zur Durchführung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeiten. Vorausgegangen war die Zustimmung des Personalrats vom 09. 08. 2000 gemäß dem Zustimmungsersuchen der Beklagten mit Schreiben vom 03. 08. 2000, in dem von einer Beschäftigung ab "01. Januar 2001" die Rede ist. Weil das Arbeitsverhältnis nicht zu diesem Datum, sondern bereits am 15. 12. 2000 begonnen hat, hält der Kläger die Beteiligung des Personalrats gem. § 72 Abs.1 S.1 Nr.1 PVG NW für fehlerhaft und damit die Befristungsvereinbarung für unwirksam: Die Befristungsdauer von einem Jahr sei unterschritten, weil sich die Beklagte auf die rechtswidrige Beschäftigung vor dem 01. 01. 2001 nicht berufen dürfe. Die Mitbestimmung bei der Befristung sei auch deshalb verletzt, weil die Mitbestimmung sich auch auf die zeitliche Lage des befristeten Arbeitsverhältnisses und damit auch auf den Einstellungstermin erstrecke.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages vom 15. 12. 2000 nicht beendet worden ist, sondern über den 14. 12. 2001 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Meinung vertreten, eine Verletzung der Mitbestimmung liege nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat de Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel unter Anführung von Rechtsausführungen weiter. Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und wiederholt ihre Rechtsansichten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Befristungsvereinbarung der Parteien beendet ihr Arbeitsverhältnis wie vorgesehen gem. § 620 Abs. 1 BGB. Sie ist nicht wegen einer Verletzung des sich aus § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PVG NW ergebenden Mitbestimmungsrechts unwirksam.

Die Zustimmung des Personalrats bezieht sich im Falle seiner Mitbestimmung bei einer Befristung auf Befristungsgrund und Befristungsdauer (KR-Lipke/Bader, 6. Aufl., § 620 BGB R. 163). Hier, insbesondere bei der Befristungsdauer, liegt keine Divergenz zwischen den Angaben im Beteiligungsverfahren und der tatsächlichen Durchführung. Die gegenteilige Ansicht des Klägers mit der Begründung, die Befristungsdauer sei unterschritten worden, weil sich die Beklagte auf seine vorzeitige Beschäftigung nicht berufen dürfe, ist unzutreffend. Er rechtfertigt diese Begründung mit der Argumentation, niemand dürfe sich auf sein rechtswidriges Handeln berufen, um daraus Rechtsvorteile zu ziehen. Ein solcher Fall liegt aber gar nicht vor. Die Beklagte muß sich auf keine rechtswidrig herbeigeführten Zustände berufen, um die einjährige Dauer des vereinbarten Arbeitsverhältnisses darzutun:

Die Dauer eines Arbeitsverhältnisses wird nämlich bestimmt von seinem rechtlichen Bestand. Rechtlich bestanden hat das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Jahr, ohne daß die ersten Wochen des rechtlichen Bestandes mitbestimmungswidrig gewesen wären. Denn der Mitbestimmung beim Tatbestand "Einstellung" unterliegt nicht die rechtliche Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Abschluß des Arbeitsvertrages, sondern nur die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 13. 04. 1994 - 7 AZR 651/93 in AP Nr.9 zu § 72 LPVG-NW unter B II 2 b aa der Gründe). Hätte die Beklagte den Kläger in den ersten Wochen freigestellt, hätte noch gar keine mitbestimmungspflichtige "Einstellung" i.S.d. Rechtsprechung und damit gar kein Mitbestimmungsverstoß vorgelegen; dennoch wären diese Wochen bereits auf die Dauer des einjährigen Arbeitsverhältnisses anzurechnen gewesen. Damit kann die Beklagte zur Begründung einer einjährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses auf die ersten Wochen seines rechtlichen Bestandes verweisen, ohne sich auf ein rechtswidriges Verhalten berufen zu müssen.

Ein Mitbestimmungsverstoß beim Tatbestand "Befristung" kann auch nicht mit der Begründung angenommen werden, das Mitbestimmungsrecht beziehe sich auch auf die zeitliche Lage der Befristung und damit auch auf das Datum ihres Beginns. Die Annahme ist unzutreffend. Bei der befristeten Einstellung bestimmt der Personalrat bereits über den Mitbestimmungstatbestand "Einstellung" über den Beginn des Arbeitsverhältnisses mit. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber den gleichen Vorgang der Zustimmung des Personalrats zweimal unterwerfen wollte. Die Frage, ob eine Abweichung der tatsächlichen Durchführung von den Angaben im Mitbestimmungsverfahren überhaupt zur Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung führen kann, wenn sie sich darin erschöpft, den einjährigen Befristungszeitraum insgesamt um gut zwei Wochen zu verschieben, ohne daß sich an Befristungsgrund und -dauer oder am Gesamtcharakter der Maßnahme irgendetwas ändert, kann danach offenbleiben.

Ob die Beklagte durch die Vorverlegung des Einstellungstermins gegen das Mitbestimmungsrecht beim Tatbestand "Einstellung" verstoßen hat, kann offenbleiben. Ein solcher Verstoß erstreckte sich jedenfalls nicht auf den Tatbestand der "Befristung" und führte nicht zu deren Unwirksamkeit.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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