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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.04.2008
Aktenzeichen: 11 TaBV 80/07
Rechtsgebiete: SGB IX, BetrVG, SchwbWVO


Vorschriften:

SGB IX § 94 Abs. 6 Satz 2
SGB IX § 97 Abs. 7
BetrVG § 19
SchwbWVO § 5 Abs. 2
SchwbWVO § 22 Abs. 1
1. Der Aushang des Wahlausschreibens zur Konzernschwerbehindertenvertretung in nur einem Betrieb des Konzerns verstößt gegen § 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 5 Abs. 2 SchwbWVO.

2. Da § 5 Abs. 2 SchwbWVO nur den Aushang des Wahlausschreibens vorsieht, stellt die Versendung des Wahlausschreibens per Rundmail keine ausreichende Bekanntmachung dar. Gleiches gilt für die Veröffentlichung des Wahlausschreibens auf der Website der Konzernschwerbehindertenvertretung.

3. Bei der Verletzung des § 5 Abs. 2 SchwbWVO handelt es sich um einen Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Dem Aushang des Wahlausschreibens kommt bei der Wahl der Konzernschwerbehindertenvertretung keine geringere Bedeutung zu als bei der Wahl des Betriebsrats.


Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 7) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 13. September 2007 - 1 BV 37/07 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der bei der Beteiligten zu 8) am 23. März 2007 durchgeführten Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung.

Die Beteiligten zu 1) bis 6) sind sechs von insgesamt zehn Gesamtschwerbehindertenvertretungen innerhalb des Konzerns D AG. Die Beteiligte zu 7) ist die Konzernschwerbehindertenvertretung der Beteiligten zu 8).

Mit Wahlausschreiben vom 9. Februar 2007 teilte der Wahlvorstand mit, dass die Wahl der Konzernschwerbehindertenvertretung am 23. März 2007 stattfinden sollte. Er wies darauf hin, dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten nur innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 23. Februar 2007, schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden könnten. Die Wahlberechtigten wurden gebeten, innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 23. Februar 2007, schriftliche Wahlvorschläge beim Wahlvorstand einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge könnten nicht berücksichtigt werden.

Der Wahlvorstand hing das Wahlausschreiben am 9. Februar 2007 zunächst nur im Betrieb T in B aus. Weitere Aushänge erfolgten nicht, auch nicht in der Konzernzentrale in B .

Am 14. Februar 2007 versandte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben mittels Rundmail über den sogenannten Mailverteiler 2. Am 19. Februar 2007 wurde das Wahlausschreiben in das Intranet auf die Website der Konzernschwerbehindertenvertretung gestellt.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2007 legte die Vertrauensperson der Beteiligten zu 1) Herr S Einspruch gegen die Wählerliste ein. Am 23. Februar 2007 widersprach auch die Vertrauensperson der Beteiligten zu 6), Herr N . Der Wahlvorstand teilte per E-Mail vom 9. März 2007 mit, dass die Einsprüche berechtigt seien und die Wählerliste korrigiert worden sei.

Beim Wahlvorstand gingen zwei Wahlvorschläge ein, nämlich von Herrn H und Herrn S . Der Wahlvorstand wies den Wahlvorschlag von Herrn S zurück.

Die Beteiligte zu 7) wurde am 23. März 2007 gewählt. Der Wahlvorstand stellte fest, dass neun von zehn möglichen Wahlumschläge eingegangen waren. Sowohl für die Wahl der Konzernvertrauensperson als auch für die des Vertreters wurden drei Stimmen als gültig und sechs Stimmen als ungültig gewertet. Das Wahlergebnis wurde am 29. März 2007 bekannt gemacht.

Mit dem am 10. April 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag haben die Beteiligten zu 1) bis 6) mehrere Wahlfehler geltend gemacht. Das Wahlausschreiben sei nicht ordnungsgemäß ausgehängt worden. Einige Wahlberechtigte hätten erst vier Tage vor der in dem Wahlausschreiben gesetzten Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen überhaupt Kenntnis von der Wahl erhalten. Damit sei eine ordnungsgemäße Unterbreitung von Wahlvorschlägen unmöglich gewesen. Der Grundsatz der Chancengleichheit sei verletzt worden. Der Wahlvorstand habe entgegen § 4 Abs. 2 SchwbVWO nicht unverzüglich über den Einspruch gegen die Liste der Wahlberechtigten entschieden. Frau N sei auf einem Wahlvorschlag sowohl als Kandidatin für die Konzernschwerbehindertenvertretung als auch als stellvertretendes Mitglied benannt worden. Der zugelassene Wahlvorschlag sei entgegen § 8 SchwbVWO vom Wahlvorstand nicht bekannt gemacht worden. Der Wahlvorstand habe Herrn S unzutreffende Auskünfte erteilt.

Die Beteiligten zu 1) bis 6) haben beantragt,

die Wahl der Konzernschwerbehindertenvertretung der Deutschen Telekom AG vom 23. März 2007 für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligte zu 7) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Kommunikation per E-Mail und über das Intranet stelle bei den Konzerngesellschaften der AG das übliche Mittel der Verständigung dar. Die Grundsätze, die das BAG zum Wahlausschreiben im Vorfeld einer Betriebsratswahl aufgestellt habe, ließen sich nicht auf die Wahl einer Konzernschwerbehindertenvertretung übertragen. Bei einer Betriebsratswahl seien alle Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebes aufgefordert, an der Wahl teilzunehmen und Wahlvorschläge beim Wahlvorstand einzureichen. Dies bedeute, dass hier überwiegend Personen an der Wahl teilnähmen, die sich mit den Fragen der Durchführung einer Betriebsratswahl nie zuvor beschäftigt hätten. Dagegen seien die wahlberechtigten Gesamtschwerbehindertenvertretungen hinsichtlich der wahlrechtlichen Vorschriften bestens vorgebildet. Sie hätten auch gewusst, dass die Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung anstünde. Zu berücksichtigen sei, dass § 22 SchwbVWO nur die sinngemäße Anwendung des § 5 SchwbVWO anordne. Der Gesetzgeber sei somit davon ausgegangen, dass bei der Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung Besonderheiten bestünden, die bei der Durchführung der Wahl zu berücksichtigen seien. Auch die anderen von den Beteiligten zu 1) bis 6) geltend gemachten Wahlfehler bestünden nicht. Selbst wenn von einem Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften ausgegangen würde, wäre jedenfalls die notwendige Kausalität nicht gegeben. Es sei auszuschließen, dass Wahlberechtigte, die nicht in der Betriebsstätte in B beschäftigt gewesen seien, bei rechtzeitiger Kenntnis von dem Inhalt des Wahlausschreibens eine Vorschlagsliste erstellt und eingereicht hätten und sich möglicherweise ein anderes Wahlergebnis ergeben hätte.

Mit Beschluss vom 13. September 2007 hat das Arbeitsgericht dem Antrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, das Wahlausschreiben sei nicht ordnungsgemäß ausgehängt worden. Gegen den ihr am 16. November 2007 zugestellten erstinstanzlichen Beschluss hat die Beteiligte zu 7) am Montag, dem 17. Dezember 2007, Beschwerde eingelegt und diese am 16. Januar 2008 begründet.

Die Beteiligte zu 7) ist nach wie vor der Auffassung, die Wahl sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Aushang des Wahlausschreibens am 9. Februar 2007 im Betrieb T in B begründe keinen Verstoß gegen §§ 5, 6 SchwbVWO. Die Diskrepanz zwischen dem im Wahlausschreiben enthaltenen Datum des Erlasses und der erneuten Bekanntgabe am 14. Februar 2007 stelle keinen erheblichen Verstoß gegen Wahlvorschriften dar. Spätestens nach der Mail vom 14. Februar 2007 hätten alle Wahlberechtigten die Möglichkeit gehabt, Wahlvorschläge einzureichen oder wenigstens mit dem Wahlvorstand Kontakt aufzunehmen. Dies werde auch daran deutlich, dass Herr S am 1. März 2007 einen weiteren Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht habe. Die Grundsätze, die das BAG für die Anfechtung einer Betriebsratswahl aufgestellt habe, könnten nicht ohne weiteres auf die Anfechtung einer Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung übertragen werden. Darüber hinaus stehe fest, dass das Ergebnis der Wahl ohne die gerügten Verstöße nicht anders ausgefallen wäre.

Die Beteiligte zu 7) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 13. September 2007 (1 BV 37/07) aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1) bis 6) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags den angefochtenen Beschluss. Das Arbeitsgericht habe zu Recht auf den nicht ordnungsgemäßen Aushang bzw. die nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe des Wahlausschreibens und dem sich daraus ergebenden Fristenablauf abgestellt. Dieser Verstoß sei auch geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es treffe nicht zu, dass bei der Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung Besonderheiten gälten, so dass auf gesetzliche Formvorschriften verzichtet werden könne. Wie bei jeder demokratischen Wahl seien die Formvorschriften stets zwingend zu beachten und streng anzuwenden. Die Wahlberechtigten müssten sich auf die in dem Wahlausschreiben enthaltenen Angaben verlassen können.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 7) ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die am 23. März 2007 bei der Beteiligten zu 8) durchgeführte Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung zu Recht und mit zutreffender Begründung als unwirksam angesehen. Die von den Beteiligten zu 1) bis 6) erklärte Anfechtung der Wahl ist erfolgreich. Der Aushang des Wahlausschreibens hat nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 2 SchwbVWO genügt. Es handelt sich um eine wesentliche Wahlvorschrift, ohne deren Verletzung die Wahl möglicherweise anders ausgefallen wäre. Darauf, ob die anderen gerügten Wahlfehler ebenfalls zur Anfechtung berechtigt haben, kommt es nicht an.

a) Der Antrag ist zulässig. Die Wahlanfechtung ist nach §§ 97 Abs. 7, 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m. § 19 Abs. 1 BetrVG statthaft.

Die Wahl wurde rechtzeitig innerhalb der nach §§ 97 Abs. 7, 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhaltenden Anfechtungsfrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Das Wahlergebnis wurde am 29. März 2007 durch Aushang bekannt gemacht. Die Antragsschrift zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ist am 10. April 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen.

Die Wahl wurde von einer ausreichenden Anzahl an Wahlberechtigten angefochten. Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB IX wählen die Gesamtschwerbehindertenvertretungen eine Konzernschwerbehindertenvertretung. Sechs der insgesamt zehn Gesamtschwerbehindertenvertretungen haben die Anfechtung der Wahl betrieben. Damit ist die Zahl von mindestens drei Wahlberechtigten, die die Wahl anfechten müssen (§§ 97 Abs. 7, 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG), überschritten.

b) Der Antrag ist begründet. Die Anfechtung der am 23. März 2007 bei der Beteiligten zu 8) durchgeführten Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung ist nach §§ 97 Abs. 7, 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m. § 19 Abs. 1 BetrVG erfolgreich, weil gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Durch den Verstoß konnte auch das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden.

aa) Bei der Durchführung der Wahl ist gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden. Das Wahlausschreiben ist nicht den Anforderungen der § 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 5 Abs. 2 SchwbWVO entsprechend ausgehängt worden.

(1) Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SchwbWVO sind auf die Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung § 1 Abs. 1, §§ 2 bis 5, 7 bis 10 und 13 bis 17 SchwbWVO sinngemäß anzuwenden. § 5 Abs. 2 SchwbWVO sieht vor, dass eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage seines Erlasses bis zum Wahltag an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbaren Zustand zu erhalten ist.

Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 SchwbWVO stimmt inhaltlich mit der Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 WO zur Durchführung einer Betriebsratswahl überein. Zu beachten ist, dass die SchwbWVO keine andere Form der Bekanntmachung vorsieht. Dagegen erlaubt § 3 Abs. 4 Satz 2 WO die ergänzende Bekanntmachung des Wahlausschreibens mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechniken. Nach § 3 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 2 Abs. 4 WO ist bei einer Betriebsratswahl sogar die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form zulässig, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachungen nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können.

Für die Durchführung einer Betriebsratswahl hat das BAG angenommen, dass grundsätzlich in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens ausgehängt werden muss, wenn das Wahlausschreiben in einem Betrieb mit vielen Betriebsstätten in Deutschland durch Aushang nach § 3 Abs. 4 Satz 2 WO bekannt gemacht wird (BAG 5. Mai 2004 - 7 ABR 44/03 - AP § 3 WahlO BetrVG 1972 Nr. 1).

Zur Begründung hat der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts auf die erhebliche Bedeutung des Wahlausschreibens für die Durchführung der Betriebsratswahl verwiesen, die in § 3 Abs. 2 WO zum Ausdruck komme. Für die Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung verdeutlicht § 5 Abs. 1 Satz 2 SchwbWVO die Bedeutung des Wahlausschreibens. Die Vorschrift zählt 16 Punkte auf, die das Wahlausschreiben enthalten muss. Hierzu zählen so wichtige Angaben wie des Orts, des Tages und der Zeit der Stimmabgabe (Nr. 13) sowie der Hinweis, dass nur wählen kann, wer in die Liste der Wahlberechtigten eingetragen ist (Nr. 5). Die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Schwerbehindertenvertretung sind darzustellen (Nr. 3). Von besonderer Bedeutung ist darüber hinaus, dass mit dem Aushang des Wahlausschreibens Fristen in Gang gesetzt werden. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten können nur vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden; der letzte Tag der Frist ist anzugeben (Nr. 5). Das Wahlausschreiben muss darüber hinaus die Aufforderung enthalten, Wahlvorschläge innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich einzureichen; der letzte Tag der Frist ist anzugeben (Nr. 9).

Durch den Aushang an den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen soll es den Wahlberechtigten ermöglicht werden, sich von der Einleitung der Wahl bis zu deren Abschluss über die zur Ausübung ihres Wahlrechts erforderlichen Umstände und die zu beachtenden Vorschriften zu informieren. Diese Möglichkeit muss bei einer demokratischen Wahl für alle Wahlberechtigten gleichermaßen bestehen; ansonsten ist der Grundsatz der Gleichheit der Wahl nicht gewahrt. Das Wahlausschreiben ist daher so auszuhängen, dass es von allen Wahlberechtigten zur Kenntnis genommen werden kann (BAG 5. Mai 2004 - 7 ABR 44/03 - AP § 3 WahlO BetrVG 1972 Nr. 1; vgl. auch LAG Hamburg 28. März 2007 - 5 TaBV 2/07 - juris).

(2) Nach diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren (§ 5 Abs. 2 SchwbWVO) vor.

Der Wahlvorstand hat das Wahlausschreiben nicht ordnungsgemäß ausgehängt. Der Aushang zunächst nur im Betrieb T- in B war nicht ausreichend. Damit war nicht sichergestellt, dass die nicht in B ansässigen und zu anderen Unternehmen des Konzerns gehörenden Gesamtschwerbehindertenvertretungen von dem Aushang Kenntnis erlangen würden. Bei dem Betrieb T in B handelt sich nicht um eine Stelle, die den nicht in B ansässigen Wahlberechtigten zugänglich ist.

Die später vom Wahlvorstand durchgeführten Maßnahmen konnten den Verstoß gegen die Wahlvorschrift des § 5 Abs. 2 SchwbWVO nicht heilen. Da § 5 Abs. 2 SchwbWVO nur den Aushang des Wahlausschreibens vorsieht, stellt die Versendung des Wahlausschreibens per Rundmail über den sogenannten Mailverteiler 2 keine ausreichende Bekanntmachung dar. Gleiches gilt für die Veröffentlichung des Wahlausschreibens auf der Website der Konzernschwerbehindertenvertretung. Darauf, dass die maßgeblichen Fristen nicht verlängert wurden und die auf diesen Wegen unterrichteten Wahlberechtigten weniger Zeit hatten, sich auf die Wahl einzurichten als die Gesamtschwerbehindertenvertretung in B , kommt es nicht mehr an.

Es handelt sich um einen Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Dem Aushang des Wahlausschreibens kommt bei der Wahl der Konzernschwerbehindertenvertretung keine geringere Bedeutung zu als bei der Wahl des Betriebsrats. Dies kommt nicht nur darin zum Ausdruck, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO und § 3 Abs. 4 Satz 1 WO inhaltlich übereinstimmen und nahezu wortgleich sind, sondern auch darin, dass die SchwbVWO bestimmte Kommunikationswege nicht zulässt, die nach der WO möglich sind.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 7) relativiert sich die Bedeutung des Aushangs des Wahlausschreibens nicht durch den Umstand, dass die Gesamtschwerbehindertenvertretungen regelmäßig mit wahlrechtlichen Vorschriften besser vertraut sind als Arbeitnehmer, die an einer Betriebsratswahl teilnehmen. Dies hat den Gesetzgeber nicht dazu veranlasst, die für die Durchführung einer demokratischen Wahl notwendigen Formvorschriften weniger streng auszugestalten. Wie bei anderen demokratischen Wahlen gilt vielmehr auch bei der Wahl zur Konzernschwerbehindertenvertretung, dass sich die Wahlberechtigten nicht von sich aus darüber informieren müssen, wann eine Wahl wo wie durchgeführt wird. Sie können sich vielmehr darauf verlassen, durch ein Wahlausschreiben rechtzeitig und ordnungsgemäß unterrichtet zu werden.

Auch der Verweis in § 22 Abs. 1 Satz 2 SchwbVWO auf die "sinngemäße Anwendung" des § 5 Abs. 2 SchwbVWO führt zu keiner anderen Betrachtung. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung besagt lediglich, dass bei der Wahl einer Konzernschwerbehindertenvertretung deren Besonderheiten zu berücksichtigen sind, die etwa darin bestehen, dass sich der Kreis der Wahlberechtigten anders zusammensetzt als bei einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung. Eine Regelung dahingehend, dass bei der Wahl einer Konzernschwerbehindertenvertretung geringere demokratische Standards gelten sollen als bei einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, beinhaltet § 22 Abs. 1 Satz 2 SchwbWVO nicht.

bb) Der Verstoß gegen §§ 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 5 Abs. 2 SchwbWVO führt zur Unwirksamkeit der Wahl, weil durch den Verstoß das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.

Nach §§ 97 Abs. 7, 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m. § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG 24. Mai 2006 - 7 ABR 40/05 - EzA § 97 SGB IX Nr. 1; 5. Mai 2004 - 7 ABR 44/03 - AP § 3 WahlO BetrVG 1972 Nr. 1; 19. November 2003 - 7 ABR 24/03 - AP § 19 BetrVG 1972 Nr. 54).

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Wahl ohne den Verstoß zwingend zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Es ist nicht auszuschließen, dass Wahlberechtigte bei einem ordnungsgemäßen Aushang des Wahlausschreibens eine gültige Vorschlagsliste erstellt und rechtzeitig eingereicht hätten. Dies hätte möglicherweise zu einem anderen Wahlergebnis geführt.

Ende der Entscheidung

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