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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.05.2003
Aktenzeichen: 12 Ta 133/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 630
ZPO § 93
ZPO § 940
In Ausnahmefällen kann auch ein Zeugnisberichtigungsanspruch im Wege der Einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Dazu bedarf es neben der Glaubhaftmachung, dass ein Obsiegen im Verfahren zur Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist (Verfügungsan-spruch), auch der Darlegung und Glaubhaftmachung, dass das erteilte Zeugnis schon nach der äußeren Form und seinem Inhalt als Grundlage für eine Bewerbung ungeeignet ist (Ver-fügungsgrund).
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 12 Ta 133/03

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 5. Mai 2003 - ohne mündliche Verhandlung - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Leisten als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 11. April 2003 - 2 Ga 72/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Beschwerdewert wird auf 1.878,29 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin macht im Wege der einstweiligen Verfügung einen Zeugnisberichtigungsanspruch geltend.

Sie war vom 01.01.1974 bis 28.02.2003 bei der Antragsgegnerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Antragsgegnerin aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Unter dem 28.02.2003 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin ein qualifiziertes Zeugnis, das diese in formeller Hinsicht und aus inhaltlichen Gründen beanstandet und dessen Berichtigung sie im vorliegenden Verfahren begehrt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 11.04.2003 zurückgewiesen, weil es am erforderlichen Verfügungsgrund fehle. Dagegen wendet die Antragstellerin sich mit der Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Es fehlt an den Voraussetzungen für den Erlass der nachgesuchten einstweiligen Verfügung. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der erforderliche Verfügungsgrund gegeben ist, also die besondere Dringlichkeit zur Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses (§§ 935, 940 ZPO).

1. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass einstweilige Verfügungen regelmäßig der lediglich vorläufigen Regelung bzw. Sicherung eines gefährdeten Rechtes dienen. Hier geht es aber um die Erfüllung des Anspruches auf Erteilung des Zeugnisses mit einem bestimmten Inhalt. Der diesbezügliche Zeugnisberichtigungsanspruch wird nicht nur gesichert, sondern ohne jede Einschränkung befriedigt. Eine einstweilige Verfügung mit einem solchen Inhalt ist zwar möglich, sie unterliegt jedoch strengen Voraussetzungen. Der Gläubiger muss darlegen und glaubhaft machen, dass er auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, Rdnr. 6 zu § 940).

a. Dementsprechend ist es anerkannt, dass ein Verfügungsgrund regelmäßig gegeben ist, wenn der Arbeitgeber der Arbeitnehmerseite überhaupt kein Zeugnis erteilt, da das Zeugnis Grundlage für weitere Bewerbungen und eine Bewerbung ohne Zeugnis von vornherein in aller Regel aussichtslos ist. Dem gegenüber wird beim Zeugnisberichtigungsanspruch, soweit diese Problematik überhaupt erörtert wird, die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung abgelehnt, weil hierfür das Eilbedürfnis nicht vorliege (Korinth, einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, Anhang zu §§ 935, 940 ZPO, Rdnr. 159).

b. Die beschließende Kammer hält eine derart restriktive Handhabung nicht für sachgerecht. Auch bei der Geltendmachung des Zeugnisberichtigungsanspruches kommt eine einstweilige Verfügung in Betracht, allerdings entsprechend den dargestellten Voraussetzungen nur in Ausnahmefällen. Diese wären etwa: Das qualifizierte Zeugnis entspricht schon der äußeren Form nach nicht den zu stellenden Anforderungen, bei der Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten ist es derart unvollständig und bei der Bewertung von Führung und Leistung enthält es derart ungünstige, möglicherweise sogar unsachliche Aussagen, dass eine erfolgreiche Bewerbung von vornherein als ausgeschlossen erscheint. In diesen Fällen fehlt es an der Grundlage für Bewerbungen um einen Arbeitsplatz. Die Situation ist dieselbe wie bei der Versagung des Zeugnisses überhaupt. Auch hier kann dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin nicht angesonnen werden, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Bewerbungen Abstand zu nehmen.

2. Entspricht das erteilte (qualifizierte) Zeugnis demgegenüber den formellen und inhaltlichen Anforderungen und wird lediglich geltend gemacht, die Beurteilung hätte besser sein können, auch die Beschreibung der erledigten Aufgaben sei - teilweise - nicht zutreffend, ist also das Zeugnis als Grundlage für eine auch erfolgreiche Bewerbung geeignet, kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht in Betracht. So liegt der Fall hier; denn die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ein der äußeren Form nach - bis auf unbedeutende Kleinigkeiten - ordentliches sowie dem Inhalt nach gutes und wohlwollendes Zeugnis erteilt.

a. Das Zeugnis ist auf einem Firmenbogen der Beklagten gefertigt, es erweckt insgesamt den Eindruck sorgfältiger Gestaltung. Die von der Antragstellerin angeführten Beanstandungen sind angesichts des ansonsten gegebenen äußeren Eindruckes belanglos (A S 17 statt A sowie zweimal Ihr statt ihr, Setzung von Leerzeichen bei Daten). Das Zeugnis ist schließlich - erkennbar - von Herrn M , dem Geschäftsführer der Antraggegnerin unterzeichnet.

b. Bei der Tätigkeitsbeschreibung beanstandet die Antragstellerin, dass ihr teilweise die nach ihrem Vortrag gegebene Selbstständigkeit nicht bescheinigt wird. Dies wäre sicherlich ein - im Zeugnisberichtigungsverfahren - zu klärender Mangel. Insgesamt erweckt das Zeugnis jedoch nicht den Eindruck, die Antragstellerin sei nur in unselbstständiger Weise mit Hilfsarbeiten beschäftigt gewesen. Sie wird, insgesamt gesehen, als rechte Hand des Geschäftsführers im Bereicht Verkauf/Einkauf ausgewiesen. Ihr wird also durchaus die Wahrnehmung eines qualifizierteren Aufgabenumfeldes bescheinigt.

c. Auch die Bewertung ihrer Tätigkeit ist uneingeschränkt positiv. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Beurteilung "jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit". Dies bedeutet nichts anderes als die Note "gut". Die Antragstellerin meint allerdings, ihr stehe ein "sehr gut" zu. Dies mag zwar sein, aber auch mit der vorliegenden Bewertung hat sie - stellt man allein auf das Zeugnis ab - bei Stellenbewerbungen gute Chancen auf einen Arbeitsplatz.

d. Ins negative dreht der Zeugnisinhalt auch nicht dadurch, dass der Beendigungsgrund nicht genannt wird. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Zeugnisses, in dem der Antragstellerin gute Leistungen sowie einwandfreies Verhalten, und zwar in sachlicher Form, ohne Übertreibungen und damit aussagefähig bescheinigt werden sowie der Schlussformel: "Für ihr weiteres Berufsleben wünschen wir ihr alles Gute und viel Erfolg".

Das Zeugnis ist also für eine Bewerbung, auch eine erfolgreiche, durchaus geeignet.

3. Die Umstände, die eine erfolgreiche Stellensuche der Antragstellerin fraglich erscheinen lassen, liegen nach ihrem eigenen Vortrag außerhalb des Zeugnisses: Ihr schon etwas höheres Alter (von mittlerweile 50 Jahren), ihr beruflicher Werdegang (Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin, einen Beruf, den sie niemals ausgeübt hat, stattdessen die 30jährige kaufmännische Tätigkeit bei der Antragsgegnerin, ohne entsprechenden Abschluss), fehlende PC-Kenntnisse und die allgemein schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt. Es ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, erst recht nicht von der Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass sich durch die Erteilung eines Zeugnisses mit dem verlangten Inhalt ihre Einstellungschancen deutlich verbessern würden. Die Antragstellerin hat dementsprechend auch nicht einen konkreten Fall genannt, in dem die Stellensuche am Zeugnis der Antragsgegnerin gescheitert wäre, es fehlt im Übrigen bereits an der Darstellung der von ihr unternommenen Bemühungen um eine Stelle. Die Antragstellerin verweist stattdessen auf allgemeine Erwägungen. Diese sind nicht geeignet die, wie dargestellt, strengen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem nachgesuchten Inhalt darzulegen und glaubhaft zu machen.

Bei dem gegebenen Sach- und Streitstand konnte der Antrag also nur zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Beschwerdewert wurde gemäß § 3 ZPO auf einen Bruttomonatsverdienst festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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