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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 03.06.2003
Aktenzeichen: 13 (3) Sa 1283/02
Rechtsgebiete: KSchG, BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
KSchG § 5 Abs. 3
KSchG § 9
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
KSchG § 14
KSchG § 14 Abs. 2
KSchG § 14 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 14 Abs. 2 S. 2
BetrVG § 102
BetrVG § 5 Abs. 3
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ZPO § 445
ZPO § 448
Erstreckt sich die Personalhoheit eines Arbeitnehmers über sechs bis sieben Mitarbeiter, handelt es sich nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht um eine "bedeutende" Zahl von Mitarbeiter in einem Betrieb, in dem insgesamt über 100 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Im übrigen Einzelfallentscheidung zu Verhaltens- und Leistungsmängel


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.09.2002 - 2 Ca 976/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses.

Die Beklagte betreibt eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit insgesamt etwa 120 Beschäftigten. Im Betrieb ist ein Betriebsrat eingerichtet. Im Jahre 1999 erweiterte sie ihr Dienstleistungsangebot um den Geschäftsbereich Steuerberatung. Zur Leitung dieser neuen Abteilung stellte sie den Kläger, von Beruf Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, zum 01.04.1999 ein. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.03.1999 (Bl. 5 d. Akten) umfasste sein Aufgabengebiet die fachliche und disziplinarische Leitung der Steuerabteilung, insbesondere

- die Personalrekrutierung und fachliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter,

- die Personalverantwortung für die Mitarbeiter der Steuerabteilung,

- die fachliche Beaufsichtigung der von der Steuerabteilung eingesetzten Mitarbeiter und die Qualitätssicherung der ausgeführten Beratungsverträge,

- Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung und Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges der Steuerabteilung (Budgetverantwortung),

- das Auftragscontrolling,

- die Mandantenbetreuung und Weiterentwicklung des Beratungsangebots.

Nach § 3 seines Anstellungsvertrages setzte sich seine Vergütung aus einem festen Jahrsbruttogehalt und einem Bonus zusammen, der als Erfolgsbeteiligung gewährt und durch einen Höchstbetrag begrenzt wurde. Das Jahresbruttogehalt war monatlich in zwölf gleichen Raten zu zahlen, der Bonus nach Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Geschäftsjahr. Nach § 3 Abs. 5 des Anstellungsvertrages sind mit der Jahresvergütung auch Weihnachtsgratifikationen und sonstige zusätzliche Leistungen abgegolten. Sein Durchschnittsverdienst betrug zuletzt einschließlich anteiliger Bonusleistungen 9.778,23 EUR brutto monatlich.

Im Geschäftsbereich Steuerberatung waren Anfang 2002 neben dem Kläger weitere sieben Mitarbeiter beschäftigt, insgesamt wurden für diese Abteilung im Zeitraum 01.07.1999 bis 07.03.2000 18 Personen eingestellt und teilweise wieder entlassen. Der Kläger wirkte an Einstellungen und Entlassungen mit, wobei Art und Umfang der Beteiligung zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls ab dem Jahr 2001 nahm der Kläger weder Einstellungen noch Entlassungen vor. Dem Kläger war Gesamtprokura erteilt, die am 05.10.1999 ins Handelsregister eingetragen wurde. Er gehörte einem aus fünf Mitgliedern bestehenden engeren Führungskreis der Beklagten an.

Im Juli 2001 entschloss sich die Geschäftsführung, zur Stärkung der Personalarbeit Frau V als Personalreferentin einzustellen. Zu ihren Aufgaben gehörte insbesondere die Unterstützung der Personalverantwortlichen. Nach einem Gespräch mit der Personalreferentin V im Oktober wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte ihr per E-Mail unter dem 19.10.2001 mit, dass die Personalreferentin

"aufgrund ihrer persönlichen und fachlichen Eigenschaften nicht in der Lage ist, unsere Gesellschaft jedenfalls den Geschäftsbereich Steuern nach außen zu vertreten ... oder intern Dienstleistungen an mich zu erbringen. [Sie] beharrt nachhaltig darauf, sich in Angelegenheiten einzubringen, die außerhalb ihrer Kompetenz liegen. Darüber hinaus log [sie] mich in Bezug auf einen meiner Mitarbeiter an.

Die E-Mail endete mit der Feststellung des Klägers, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der Personalreferentin Vermeulen ausgeschlossen sei. Wörtlich heißt es:

Frau V "ist es untersagt, irgendwelche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbereich Steuern zu treffen, die das Personalwesen oder sonstige Tätigkeiten betreffen."

Im Jahr 2001 erhielt der Kläger die Bonuszahlung für das Jahr 2000, im November 2001 rechnete die Beklagte neben dem regulären Monatsgehalt ein weiteres volles Monatsgehalt als "13. Gehalt JB" ab und zahlte an den Kläger insgesamt 17.682,09 DM netto aus.

Die Beklagte warf dem Kläger in der Folgezeit vor, weder mit der Personalreferentin noch mit der Geschäftsführung konstruktiv zusammen zu arbeiten und fasste den Entschluss, dem Kläger fristgerecht zu kündigen. Zu diesem Zwecke hörte sie unter dem 22.03.2002 den Betriebsrat an, der noch am selben Tage schriftlich der Beklagten mitteilte, dass er die beabsichtigte Kündigung zur Kenntnis nehme und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen betrachte. Ferner wies er darauf hin, das der Kläger als leitender Angestellter und damit nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen sei.

Mit Schreiben vom 22.03.2002 kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30.06.2002 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung offener Urlaubsansprüche vom Dienst frei. Mit Schreiben vom 10.12.2002 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, dass sie die Kündigung vom 22.03.2002 auch darauf stützen wolle, dass der Kläger ein zusätzliches, ihm aufgrund des Arbeitsvertrages nicht zustehendes Monatsentgelt vereinnahmt habe, und gab insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser Vorfall aus November 2001 sei ihr erst jetzt zur Kenntnis gelangt. Unter dem 16.12.2002 teilte der Betriebsrat mit, dass er den weiteren Kündungsgrund zur Kenntnis genommen habe und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen betrachte.

Gegen die Kündigung vom 22.03.2002 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Bonn unter dem 26.03.2002 Kündigungsschutzklage erhoben, die der Beklagten unter dem 08.04.2002 zugestellt wurde.

Er hat unter anderem geltend gemacht, dass die Kündigung sozialwidrig im Sinne des § 1 KSchG sei, verhaltensbedingte Gründe, die eine Kündigung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. So habe er sämtlichen Weisungen der Geschäftsführung Folge geleistet. Zudem fehle es an einer Abmahnung. Des weiteren hat der Kläger gerügt, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Einer korrekten Anhörung im Sinne des § 102 BetrVG hätte es bedurft, da er kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sei; die vorgenommene Betriebsratsanhörung sei schon deshalb fehlerhaft durchgeführt worden, da dem Betriebsrat keine Sozialdaten mitgeteilt worden seien.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.03.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Leiter der Steuerabteilung in Bonn, Adenauerallee 127, 53113 Bonn, weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 14 Abs. 2, 9 KSchG aufzulösen gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 10.000 EUR nicht überschreiten sollte.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet: Das Verhalten des Klägers gegenüber der Geschäftsführung mache eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar. So akzeptiere er nicht die Zuständigkeit des Mitgeschäftsführers G für den Bereich Steuerberatung, indem er dessen Weisungen oder Aufforderungen nicht nachgekommen sei. Auch sei er trotz ausdrücklicher Einladungen Sitzungen fern geblieben, ohne sich ausreichend zu entschuldigen. Dies gelte etwa für die Teilnahme an der gemeinsamen Sitzung der Geschäftsführung am 27.11.2001 oder auch der Projektgruppenbesprechung "Corporate Identity" am 27.02.2002. Das Ergebnis der Projektgruppe habe er gegenüber der beauftragten Agentur als "untauglich", die Mitarbeiter als "inkompetent" und "unprofessionell" bezeichnet. Dies habe Irritationen beim Vertragspartner ausgelöst.

Ferner habe der Kläger nicht mit der neuen Personalreferentin kooperativ zusammen gearbeitet, obwohl er dazu ausdrücklich vom Geschäftsführer F aufgefordert worden sei. So habe er die Teilnahme seiner Mitarbeiter an Schulungsmaßnahmen verhindert und die Personalreferentin nicht über die Aktivitäten seines Geschäftsbereiches zur Personalrekrutierung und -förderung unterrichtet. Die Zusammenarbeit mit der Leiterin Finanz- und Rechnungswesen sei vom Kläger nur schleppend vorgenommen worden. Wegen der Vorwürfe im Einzelnen wird auf die Darstellung der Beklagten in den Schriftsätzen von 27.05.2002 (Blatt 29 bis 53 der Akte) sowie vom 09.07.2002 verwiesen.

Die Beklagte hat den Rechtsstandpunkt vertreten, dass es für die Wirksamkeit der Kündigung einer Betriebsratsanhörung an sich gar nicht bedurft hätte, da der Kläger aufgrund seiner arbeitsvertraglich eingeräumten Personalverantwortung sowie seiner herausgehobenen, arbeitgeberähnlichen Stellung leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 KSchG sei. Dafür spreche auch die Höhe seines Verdienstes. Gleichwohl sei die Betriebsratsanhörung vorsorglich ordnungsgemäß vorgenommen worden.

Zur Begründung ihres Auflösungsantrages hat die Beklagte auf ihr bisheriges Vorbringen genommen.

Dem hilfsweise gestellten Auflösungsantrag hat der Kläger entgegen gehalten, er sei kein leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG sei. Er sei gerade nicht zur selbständigen, eigenverantwortlichen Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern berechtigt gewesen, dies sei ausnahmslos der Geschäftsführung vorbehalten gewesen. Gründe für eine Auflösung gäbe es nicht.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage und der Klage des Klägers auf Weiterbeschäftigung stattgegeben und den von der Beklagten gestellten Hilfsantrag, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die verhaltensbedingten Vorwürfe zum Teil schwach konturiert, wenig greifbar und präzise und teilweise durch schlüssige Einlassungen des Klägers relativiert seien. Insgesamt hätten sie kein solches Gewicht, dass prognostisch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Lauf der Kündigungsfrist hinaus nicht möglich erschiene. Zudem fehle es an einer einschlägigen und vergeblich gebliebenen Abmahnung, mit der dem Kläger die Gefährdung seines Beschäftigungsverhältnisses in aller Deutlichkeit vor Augen geführt worden sei. Den geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrag hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Erwägungen des großen Senats des Bundesarbeitsgerichts GS 1/84 zuerkannt. Den von der Beklagten für den Fall des Unterliegens gestellten Auflösungsantrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen, da es den Kläger mangels erforderlicher Personalkompetenz im Innenverhältnis nicht als leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG einstufte. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf Blatt 112 ff. der Akten verwiesen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 13.11.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.12.2002 Berufung eingelegt, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.02.2003 an diesem Tag begründet worden ist. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags rügt sie, dass das Arbeitsgericht die nachhaltige Weigerung des Klägers zur Zusammenarbeit mit der Personalreferentin zu Unrecht nicht als verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gewertet habe. Zudem habe das Arbeitsgericht die Stellung des Klägers als leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG verkannt und den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten nach §§ 9 Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 2 S. 2 KSchG zu Unrecht abgewiesen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens schildert die Beklagte das Verhalten des Klägers gegenüber der Personalreferentin V : Die Kritik an ihrer fachlichen und persönlichen Eignung entbehre jeder Grundlage. Er habe sich grundlos und nachhaltig geweigert, mit ihr zusammen zu arbeiten, obwohl er dazu ausdrücklich vom Geschäftsführer F aufgefordert worden sei. Damit habe er verhindert, dass Frau V die ihr zugewiesenen Aufgaben, in die die Steuerabteilung ebenso einbezogen war wie die übrigen Geschäftsbereiche, wahrnehmen konnte. So führte der Kläger beispielsweise keine von Frau V initiierten Personalentwicklungsgespräche mit unterstellten Mitarbeitern im Bereich Steuerberatung durch. Statt dessen nahm er eigenmächtig Kontakt zu einem externen Personalberater auf.

Nicht nur das vorgenannte Verhalten des Klägers habe die Vertrauensgrundlage tiefgreifend zerrüttet, sondern auch ein weiterer Umstand, der sich vor Ausspruch der Kündigung zutrug, ihr jedoch erst im Oktober 2002 nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens zur Kenntnis gelangt sei: Der Kläger habe eine offensichtliche Überzahlung im November 2001 als solche erkannt, diese jedoch vereinnahmt anstatt sie unverzüglich an die Beklagte zurückzuzahlen. Gerade als budgetverantwortlicher Leiter der Steuerabteilung habe er eine besondere Vertrauensstelle inne, mit der es unvereinbar sei, erkennbar unberechtigte Zahlungen kommentarlos einzubehalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.09.2002 - 2 Ca 976/02 - abzuändern und

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise: das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 10.000 EUR nicht überschreiten sollte, zum 30. Juni 2002 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der Berufungsbegründung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags entgegen und bestreitet ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten durch seine Person.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der protokollierten Erklärungen der Parteien ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zurecht als begründet angesehen und folgerichtig auch dem Weiterbeschäftigungsantrag entsprochen. Ebenfalls mit zutreffender Begründung hat es den Hilfsantrag der Beklagten auf Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses abgewiesen. Seine Entscheidungsgründe macht sich die Berufungskammer zu Eigen und ergänzt sie um das Folgende:

Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger eine ordentliche, auf § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu stützende verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen. Diese Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt und daher unwirksam. Ob der Kündigung eine Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG hätte vorausgehen müssen und ob diese, soweit sie durchgeführt wurde, ordnungsgemäß verlaufen ist, kann nach Auffassung des Berufungsgerichts dahin stehen.

Die Berufungskammer tritt der Ansicht des Arbeitsgerichts bei, dass die von der Beklagten gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit betrachtet ausreichen, um die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial zu rechtfertigen, ohne dass es der vorherigen Abmahnung des Klägers bedurfte. Der Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, einen so gravierenden Verstoß gegen arbeitsvertraglich übernommene Pflichten anzunehmen, der den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung gefährden könnte.

aa) Für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG genügen solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung unter Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und des Betriebes eine einseitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Dabei ist nicht vom Standpunkt des jeweiligen Arbeitgebers auszugehen. Es ist vielmehr ein objektiver Maßstab anzulegen. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts(vertrags)widrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist. Die Pflichtverletzung muss dem Arbeitnehmer vorwerfbar sei (BAG, Urteil vom 21.11.1996 - 2 AZR 357/95 -, AP Nr. 130 zu § 626 BGB; ErfK/Ascheid, 2. Aufl., 2002, § 1 KSchG Rdnr. 291). Die geäußerten Vorwürfe hinsichtlich des Verhaltens gegenüber dem Vorstand und der neu eingesetzten Personalreferentin rechtfertigen teilweise nicht einmal eine negative Prognose für die künftige Zusammenarbeit, teilweise hätte nur eine vorherige Abmahnung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen können. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die Aufgabe des Klägers bestand in der selbständigen Leitung der Steuerabteilung in fachlicher und personeller Hinsicht. Zu diesem Zweck war ihm arbeitsvertraglich unter anderem eine gewissen Personalkompetenz übertragen worden. Mit der Einrichtung einer Stelle "Personalreferentin" sollten nach der Vorstellung der Beklagten offensichtlich zentrale Personalzuständigkeiten neu geschaffen werden, die der Kläger in der Folgezeit nicht beachtet haben soll. Diese neuen Zuständigkeiten und die damit verbundene Änderung der Verteilung hätte die beklagte Arbeitgeberin dem Kläger gegenüber jedoch deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Denn der Kläger hat als Bereichsleiter eine herausgehobene Funktion inne, er ist unmittelbar der Geschäftsführung unterstellt und gehört der fünfköpfigen Führungsmannschaft an. Wenn die Beklagte seine Personalkompetenzen auf eine in der Hierarchie offenkundig nachgeordnete Mitarbeiterin im Range einer Personalreferentin hätte verlagern wollen, hätte sie ihn detailliert darauf hinweisen müssen. In ihrem Rundschreiben vom 12.07.2001 ist dies jedenfalls nicht geschehen, denn dort ist nur die Rede von unterstützenden Funktionen, die die neue Personalreferentin wahrnehmen soll. Auch in den nachfolgenden E-Mails, die zwischen den Parteien ausgetauscht wurden, findet sich allein die Aufforderung zur Zusammenarbeit, ohne dass Zuständigkeiten neu definiert wurden.

bb) Da somit nicht feststeht, dass der Kläger gegen neu geschaffene Zuständigkeiten verstoßen hat, bleibt allein der Vorwurf, der Kläger lasse den Willen zur Zusammenarbeit vermissen. Fehlende Bereitschaft zur Kooperation kann an sich ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund sein, es bedarf jedoch einer vorherigen Abmahnung. Geht es nämlich um die Kündigungsrelevanz eines vom Arbeitnehmer steuerbaren Verhaltens, ist grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich. Dies gebieten der das Kündigungsschutzrecht beherrschende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Prognoseprinzip. Eine vorherige Abmahnung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar war und bei denen eine Hinnahme seines Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war (BAG, Urteil vom 21.06.2001 - 2 AZR 325/00 -, AP Nr. 5 zu § 54 BAT; Isenhardt, KHzA, 2. Aufl., 6.3, Rdnr. 501/506). Der hier erhobene Vorwurf fehlender Kooperationsbereitschaft stellt jedenfalls keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten von solchem Gewicht dar, dass er ohne Abmahnung zur Kündigung berechtigen könnte. Insbesondere hat der Kläger durch sein Verhalten nicht seine Position und Funktion missbraucht, sondern im Gegenteil seine ihm vertraglich eingeräumten Zuständigkeiten gegenüber Dritten abgegrenzt. Mag man dieses Verhalten auch als abmahnungswürdig qualifizieren, es reicht jedoch nicht aus, um als maßgeblicher Grund die Kündigung ohne vorherige Abmahnung sozial zu rechtfertigen.

Es hätte also der Beklagten oblegen, dem Kläger deutlich seine vermeintlichen Verhaltens- und Leistungsmängel im Einzelnen darzulegen. Dabei hätte sie ihm deutlich vor Augen führen müssen, das eine Fortsetzung dieses Verhaltens eine Gefährdung von Inhalt und Bestand des Beschäftigungsverhältnisses bedeuten könnte. Denn nur wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlichen Art und Weise Leistungs- und Verhaltensmängel beanstandet, kann ein nochmaliger Verstoß eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 18.01.1980 - 7 AZR 75/78 - juris). Allgemein gehaltene Rügen ohne konkrete Inhalte reichen hierzu nicht aus.

Gerade das beanstandete Verhalten des Klägers gegenüber der Personalreferentin gab besonderen Anlass für eine konkret gefasste Abmahnung, aus der der Kläger eine deutliche und verbindliche Linie für sein künftiges Verhalten hätte gewinnen können. Denn wie oben dargelegt, war die Kompetenzverteilung zwischen den Bereichsleitern und der Personalreferentin nur insoweit festgelegt, als diese die Bereichsleiter zu unterstützen habe. Ob und in welchem Umfang die Bereichsleiter die Unterstützung tatsächlich annehmen mussten, hatte die Beklagte nicht deutlich gemacht. Diese Ungewissheit hätte sie beseitigen müssen, indem sie dem Kläger klar und unmissverständlich vorgab, in welchem Maße er von dem Unterstützungsangebot tatsächlich Gebrauch hätte machen müssen.

Eine solche Abmahnung fand schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht zeitnah zur Kündigung statt. Sie behauptet zwar ein solches Gespräch im Dezember 2001, jedoch lassen sich ihrem Vortrag weder der genaue Anlass noch konkrete Inhalte des Gespräches entnehmen.

Entsprechendes gilt für das gerügte Verhalten des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer G . Auch hier hätte es einer vorherigen einschlägigen Abmahnung bedurft: Nach dem Vortrag der Beklagten hatte der Kläger bereits zu Beginn seiner Tätigkeit als Leiter des Geschäftsbereichs Steuerberatung die Zuständigkeiten des Geschäftsführers G für den Bereich Steuerberatung nicht akzeptiert. Als Reaktion der Beklagten erfolgte lediglich ein Telefonat zwischen Herrn G und dem Kläger, in dem er auf die mit seiner Stellung verbundenen Pflichten hingewiesen wurde. Ein Hinweis auf die Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses, wurde nicht erteilt.

Ähnlich verhält es sich mit dem Fehlen des Klägers bei einer gemeinsamen Sitzung der Geschäftsführung am 27.11. 2001. Der Kläger hatte einen Tag vor der Sitzung seine Teilnahme ausdrücklich abgesagt. Dass die Teilnehmer sein Nichterscheinen gleichwohl scharf missbilligten, wie die Beklagte behauptet, findet nicht einmal im Protokoll seinen Niederschlag. Vielmehr wird dort der Kläger als "entschuldigt" aufgeführt. Wenn die Beklagte sein Nichterscheinen gleichwohl als Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten hätte gewertet wissen wollen, hätte es einer deutlicheren Erklärung gegenüber dem Kläger bedurft. Nach ihrem Vortrag sei das Verhalten zwar missbilligt und gerügt worden. Es wird aber keinesfalls deutlich, ob dies dem Kläger gegenüber erfolgte und ob bei dieser Gelegenheit auch auf die Gefährdung seines Beschäftigungsverhältnisses hingewiesen worden sei. Entsprechend verhält es sich hinsichtlich der Sitzung vom 27.02.2002, an der der Kläger nicht teilnahm. Auch hier hätte Anlass bestanden, dem Kläger deutlich zu machen, wie sich der Kläger aus Sicht der Beklagten vertragsgerecht hätte verhalten müssen, ferner hätte ihm sein Fehlverhalten deutlich vor Augen geführt werden müssen einschließlich des Hinweises auf die Gefährdung des Arbeitsplatzes. Denn es war der Kläger, der dem Geschäftsführer eine Woche vorher mitteilte, dass er mangels ausreichender Vorbereitung an dem Treffen nicht teilnehmen könne. Es wäre nun an der Beklagten gewesen, den Kläger ultimativ aufzufordern, zu dem Treffen zu erscheinen und ihm deutlich die arbeitsrechtlichen Folgen seines Nichterscheinens aufzuzeigen. Statt dessen forderte der Geschäftsführer den Kläger auf, jedenfalls seine Stellungnahme zu den Tagesordnungspunkten schriftlich vorab einzureichen. Damit duldet er das Nichterscheinen des Klägers.

Entsprechendes gilt für den Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe sich in einer nicht gewünschten Weise gegenüber dem Auftragspartner verhalten. Es fragt sich hier bereits, ob der Vorfall, sollte er sich so zugetragen haben, wie die Beklagte es darstellt, überhaupt schon von Kündigungsrelevanz ist. Denn dem Vorbringen der Beklagten ist zu entnehmen, dass die aufgetretenen Irritationen ausgeräumt werden konnten und damit einer negativen Zukunftsprognose der Boden entzogen worden sei. Jedenfalls aber vermögen die dem Kläger zur Last gelegten Äußerungen ohne vorherige Abmahnung keine Kündigung zu rechtfertigen. Dies gilt auch für die übrigen von der Beklagten angeführten Verhaltensrügen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kann diese die Kündigung auch nicht darauf stützen, der Kläger habe eine erkennbar unberechtigte Gutschrift im November 2001 in Höhe eines Monatsgehaltes, ausgewiesen als "13. Gehalt JB" neben dem regulären Monatsgehalt vereinnahmt, ohne dies der Beklagten mitzuteilen. Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass der Kläger nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages keinen Anspruch auf ein 13. Gehalt hatte. Ob für den Kläger eine Pflicht bestand, den überobligationsmäßigen Gehaltszufluss der Beklagten gegenüber anzuzeigen und ob aus der Verletzung dieser Pflicht ein Kündigungsgrund erwachsen kann, kann vorliegend dahin stehen. Denn der Kläger ist diesem Vorwurf entgegen getreten, indem er vorgetragen hat, er hätte den Geschäftsführer F kurz nach dem Geldeingang darauf angesprochen. Dieser hätte ihm daraufhin sinngemäß erklärt, das sei schon in Ordnung, das hätten Herr G und er in Bezug auf das gut verlaufene Geschäftsjahr entschieden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kündigende darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände, die als Kündigungsgründe in Betracht kommen. "Der Kündigende muss also die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in vollem Umfang darlegen und beweisen" (BAG Urteil vom 24.11.1983 - 2 AZR 327/82). Demgegenüber sind Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe von demjenigen, der sich auf sie beruft, zunächst substantiiert darzulegen sind. Bestreitet der Kündigende diese Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe in ebenso konkreter Weise, so trägt er die Beweislast für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (BAG Urteil vom 24.11.1983 - 2 AZR 327/82; KR/ Fischermeier, 12. Aufl., § 626 BGB Rdnr. 380 ff. m.w.N. zuletzt: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.11.2000 - 9 Sa 967/00 - juris).

Es hätte daher der Beklagten oblegen, die substantiierte rechtfertigende Darstellung des Klägers im Einzelnen zu bestreiten und das Gegenteil zu beweisen. Die Beklagte ist dieser prozessualen Obliegenheit jedoch nicht nachgekommen. Sie hält den diesbezüglichen Vortrag für "schlicht falsch" und bestreitet ein entsprechendes Gespräch sowohl einige Tage nach der Überweisung noch zu einem anderen Zeitpunkt. Zur Begründung führt sie an, anderenfalls hätte der Geschäftsführer F den Irrtum sofort aufgeklärt und den Kläger zur Rückzahlung aufgefordert. Dazu bietet sie Beweis an durch Vernehmung des Geschäftsführers F als Partei unter Hinweis auf § 448 ZPO.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist dieses Beweisangebot unzulässig mit der Folge, dass sie beweisfällig geblieben ist. Nach § 445 ZPO kann eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen. Die eigene Partei als Beweismittel kommt hingegen nur im Rahmen des § 448 ZPO in Betracht. Danach kann das Gericht auch die beweisbelastete Partei vernehmen, wenn etwa das Ergebnis der Verhandlungen nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen. § 448 ZPO will nicht die beweisbelastete Partei von den Folgen der Beweisfälligkeit befreien, sondern dem Gericht im Rahmen seines Ermessens ein Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit an die Hand zu geben (Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 448 Rdnr. 2). Voraussetzung für die Parteivernehmung von Amts wegen ist eine förmliche non-liquet Situation, in der aufgrund einer Gesamtwürdigung der bisherigen Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung besteht, d.h. es muss mehr für als gegen sie sprechen (st. Rspr. BAG Urteil vom 16.09.1999 - 2 AZR 712/98 - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 45; BAG Urteil vom 6. 12. 2001 - 2 AZR 396/00, NZA 2002, 731).

Vorliegend sieht die Kammer keine Veranlassung, die Vernehmung des Geschäftsführers F als Partei nach § 448 ZPO anzuordnen. Die von der Beklagten hierzu aufgeführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen, um auch nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den von ihr behaupteten Geschehensablauf zu begründen. Zunächst erfolgte die streitgegenständliche Überweisung auch mit dem Kürzel "JB", was der Kläger berechtigter Weise als Jahresbonus verstehen konnte. Und die Zahlung von Jahresboni war üblich und bedurfte grundsätzlich keiner Rückmeldung. Soweit der Kläger schildert, wie er sich beim Geschäftsführer bedankte, bestätigt das vom Kläger geschilderte Gespräch den Eindruck, der das bisherige Beklagtenverhalten bestimmte: Bis zur Kündigung hat die Beklagte es stets vermieden, ihre Positionen gegenüber dem Kläger klar und energisch durchzusetzen. Ihre Reaktionen fielen zögerlich, hinhaltend und abwartend aus, Konfrontationen wurden tunlichst vermieden. Das vom Kläger beschriebene Gespräch fügt sich nahtlos in dieses Bild ein. Und selbst wenn dem Geschäftsführer die Zahlung tatsächlich nicht bekannt gewesen sein sollte, kann er die vom Kläger geschilderte Antwort bewusst so gewählt haben, um erst gar nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, er hätte die wirtschaftlichen Dinge des Unternehmens nicht im Griff. Auch der Umstand, dass im Oktober 2002 der Betrag mit laufenden Gehaltszahlungen verrechnet wurde, ist kein zwingendes Indiz dafür, dass der Kläger sich nicht doch mit Geschäftsführer über die Zahlung unterhalten hatte.

Mangels wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses war dem klageweise geltend gemachten Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers zu entsprechen.

Der von der Beklagten gestellte Antrag, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, ist unbegründet, die Voraussetzungen des § 9 Abs.1 Satz 2 KSchG liegen nicht vor.

Der Kläger ist kein leitender Angestellter i.S. von § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Die Ausnahmevorschrift des § 14 Abs.2 Satz 2 KSchG, die dem Arbeitgeber einen begründungslosen Auflösungsantrag ermöglicht, greift deshalb nicht ein.

Für die Stellung als leitender Angestellter i.S. von § 14 Abs.2 Satz 1 KSchG ist allein entscheidend, ob der Kläger zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern befugt war. Diese Vorschrift ist von der Rechtsprechung ihrer Stellung als Ausnahmevorschrift, die den Kündigungsschutz einschränkt, entsprechend zu Recht in zweierlei Hinsicht restriktiv ausgelegt worden. Zum einen muss der Angestellte über die Einstellung oder Entlassung einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebs gerade im Außenverhältnis selbständig entscheiden können (BAG Urteil v. 18.11.1999, NZA 2000, 427 f.; BAG Urteil v.11.3.1982, EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 41; BAG Urteil v. 27.7.1961, AP Nr.: 24 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche; KR-Rost, 6. Aufl. § 14 KSchG Rdnr. 29 m.w.N.). Zum anderen muss die selbständige Wahrnehmung von Einstellungs- oder Entlassungsfunktionen einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen, seine Tätigkeit muss durch diese Funktion schwerpunktmäßig bestimmt werden (BAG Urteil vom 18.10.2000, EzA § 14 KSchG Nr.5 m. w. Nachw., KR-Rost, 6. Aufl. § 14 KSchG Rdn. 32).

An beiden Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Da der Kläger nach der eigenen Einlassung der Beklagten auch nach Abschluss der Aufbauphase in der (Haupt)Verwaltungsabteilung allenfalls Personalhoheit über sechs bis sieben Mitarbeiter gehabt hätte, handelt es sich nach § 14 Abs.2 Satz 1 KSchG nicht um eine "bedeutende" Zahl von Mitarbeitern. Die Beklagte hat nämlich vorgetragen, dass insgesamt über 100 Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt seien. In Relation zu dieser Mitarbeiterzahl ist die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis gegenüber maximal sieben Mitarbeitern verschwindend gering.

Ausschlaggebend ist jedoch, dass die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des Klägers keinesfalls prägend für seine Tätigkeit war oder werden sollte. Wesentliche Aufgabe des Klägers war die Leitung der Steuerabteilung in fachlicher Hinsicht, also eine fachspezifische, im wesentlichen planerische, akquirierende Stabsaufgabe, die von Personalfragen allenfalls beiläufig, am Rande, tangiert wird (im Ergebnis ähnlich: LAG München 2. Kammer, Urteil v. 21.12.1998 - 2 Sa 1320/97 - n.v.).

Dem Auflösungsantrag der Beklagten fehlt es an einem tragfähigen Auflösungsgrund i.S. von § 9 Abs.1 Satz 2 KSchG. Die Beklagte hat keine substantiierten Gründe vorgetragen, aus denen sich für das Gericht nachvollziehbar Gründe ergeben würden, die eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht erwarten lassen.

Zwar können als Auflösungstatsachen im Sinne des § 9 KSchG auch solche Umstände geeignet sein, die die Kündigung selbst nicht rechtfertigen (BAG, Urteil vom 16.05.1984 - 7 AZR 280/82 = EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 16). Durch eine bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt der Arbeitgeber jedoch noch nicht seiner Darlegungslast ebenso wenig wie durch schlagwortartige Formulierungen und bloße subjektive Wertungen, etwa des Inhalts, dass die Vertrauensgrundlage entfallen sei, reichen nicht aus (BAG v.16.5.1984 a.a.O.). Er muss vielmehr im Einzelnen vortragen, weshalb die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegen stehen sollen (KR-Spilger, 6. Aufl. 2002, § 9 KSchG Rdnr. 58). Da die primäre Zielsetzung des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten ist, den Arbeitnehmer im Interesse eines wirksamen Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigungen zu bewahren, ist es gerechtfertigt, an den Auflösungsantrag des Arbeitgebers strenge Anforderungen zu stellen (BAG, Urteil vom 16.05.1984, a.a.O.; KR-Spilger, aaO, Rdnr. 52). Andernfalls würde die Grenze zum begründungslosen Auflösungsantrag nach § 14 Abs.2 Satz 2 KSchG unzulässig verwischt (LAG München, Urteil v. 21.12.1998 - 2 Sa 1320/97 - juris, sonst n.v). Diesem Anspruch wird die Beklagte nicht gerecht, die zur Begründung des Auflösungsantrags nichts anderes vorgetragen hat als die für eine verhaltensbedingte Kündigung nicht ausreichenden Umstände und allgemeine Wertungen. Ein darüber hinaus gehender Vortrag fehlt.

Da die Beklagte das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss sie nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO die Kosten der Berufung tragen.

Die Revision war nicht nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht und die angesprochenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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