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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.03.2006
Aktenzeichen: 14 (4) Sa 36/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 615
1. Bestätigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer dessen angeblich ausgesprochene Kündigung, liegt darin in der Regel keine eigene Kündigung des Arbeitgebers.

2. Eine Interpretation einer solchen Bestätigung als Arbeitgeberkündigung ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber in der später erstellten Bescheinigung für die Agentur für Arbeit bescheinigt hat, das Arbeitsverhältnis habe durch Kündigung des Arbeitnehmers geendet.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 26.10.2005 - 4 Ca 2307/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Beendigungszeitpunkt ihres Arbeitsverhältnisses und daraus resultierende Vergütungsansprüche.

Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 01.05.2005 (Bl. 17 ff. d.A.) ab dem 02.05.2005 für die Beklagte tätig. Anfang Juli 2005 fand eine verbale Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten statt, in der es u.a. um die dem Kläger vorgeworfene mangelhafte Arbeitsleistung ging. Am 14.07.2005 erhielt der Kläger ein Schreiben mit Datum vom 12.07.2005, in dem der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger die von ihm mündlich in Gegenwart der Herren A und T ausgesprochene Kündigung zum 31.07.2005 innerhalb der Probezeit bestätigte und den Kläger von der Arbeitsleistung ab sofort freistellte (Bl. 4 d.A.). Mit Schreiben vom 18.07.2005 (Bl. 5 d.A.) bot der Kläger seine Arbeitskraft an und betonte, er habe das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt. Darauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 19.07.2005 (Bl. 22 d.A.) indem sie dem Kläger mitteilte: "hiermit bestätigen wir nochmals Ihre Kündigung zum 31.07.2005." .

Mit Schreiben vom 21.09.2005 kündigte die Beklagte vorsorglich das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2005 (Bl. 43 d.:A.). Diese Kündigung ging dem Kläger am 05.10.2005 zu.

Mit der am 3. August 2005 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien erst durch die Kündigung vom 21.09.2005 zum 15.11.2005 aufgelöst worden sei und verlangte die Vergütung für die Monate August und September 2005 in Höhe von jeweils 2.350,-- EUR brutto abzüglich erhaltener Sozialleistungen. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26.10.2005 der Klage stattgegeben (Urteil Bl. 54 ff. d.A.).

Gegen dieses am 12.12.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.01.2006 eingegangene und begründete Berufung.

Die Beklagte trägt vor, ihr sei bekannt gewesen, dass eine mündliche Kündigung wegen des Schriftformerfordernisses das Arbeitsverhältnis nicht habe auflösen können. In der Kündigungsbestätigung vom 12.07.2005 sei eine eigenständige Kündigung der Beklagten zu sehen. Diese Bestätigung sei als eigene Willenserklärung gemeint gewesen. Der Kläger habe diese Bestätigung gleichzeitig auch als eigene Kündigung der Beklagten verstanden, da er sich direkt im Anschluss habe anwaltlich beraten lassen. Auch die in jenem Schreiben ausgesprochene Freistellung lasse auf einen Willen der Beklagten, eine Beendigungskündigung auszusprechen schließen. Das zweite Schreiben vom 19.07.2005 sei ebenfalls als Kündigungserklärung der Beklagten zu verstehen. Aus der Formulierung, dass dort auf "Ihre Kündigung" Bezug genommen werde, ergebe sich, dass die Beklagte auch das Schreiben vom 12.07.2005 als eigene Kündigung gemeint habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 26.10.2005, Aktenzeichen 4 Ca 2307/05 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Aus der Formulierung "bestätigen" folge eindeutig, dass die Beklagte nur auf die angebliche mündliche Kündigung des Klägers Bezug genommen, aber keine eigene Kündigung ausgesprochen habe.

Wegen weiter Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Auf die detaillierten und fundierten Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen.

Weder die Kündigungsbestätigung vom 12.07.2005 noch die Kündigungsbestätigung vom 19.07.2005 stellen eine Kündigungserklärung der Beklagten dar.

1. Die Bestätigung vom 12.07.2005 bestätigt die vom Kläger angeblich ausgesprochene mündliche Kündigung. Damit bezieht sie sich auf eine fremde, und nicht auf eine eigene Willenserklärung. Die Bestätigung einer fremden Willenserklärung kann aber nicht als eigene Erklärung interpretiert werden. Die Überschrift in diesem Schreiben lässt ebenfalls keine diesbezügliche Interpretation zu, weil sie nur lautet "Kündigung zum 31.07.2005", und damit offen lässt, ob damit die Kündigung des Klägers oder eine eventuelle Kündigung der Beklagten gemeint ist.

Auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.11.2004, Aktenzeichen 2 AZR 17/04, BB 2005, Seite 1007 f, kann sich die Beklagte nicht berufen. Denn im dortigen Fall war unstreitig, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hatte und es ging allein um die Tatsache, ob angesichts der Tatsache, dass der Arbeitnehmer eine Empfangsbestätigung unterzeichnet hatte und anschließend das Kündigungsschriftstück an den Arbeitgeber zurückgereicht hatte, noch von einem wirksamen Zugang der Kündigung ausgegangen werden konnte. Hier mangelt es schon daran, dass keine Willenserklärung der Beklagten vorliegt. Diese kann auch nicht aus der in dem Schreiben vom 12.07.2005 erklärten Freistellung von der weiteren Arbeitsleistung abgeleitet werden. Denn eine Freistellung macht in gleicher Weise Sinn, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, der Arbeitgeber diese Kündigung bestätigen will und zugleich verhindern möchte, dass der Arbeitnehmer danach noch im Betrieb erscheint.

Die Tatsache, dass sich der Kläger anwaltlich beraten ließ, rechtfertigt ebenfalls nicht den Schluss darauf, er habe dies als Arbeitgeberkündigung verstanden. Denn für eine anwaltliche Beratung bestand in gleicher Weise Anlass, wenn sich der Kläger gegen die Behauptung wehren wollte, selbst gekündigt zu haben.

Dass das Schreiben vom 12.07.2005 nicht als Arbeitgeberkündigung zu verstehen ist, wird weiter an der Formulierung im Bestätigungsschreiben vom 19.07.2005 deutlich, denn dort heißt es, "hiermit bestätigen wir ihnen nochmals Ihre Kündigung ....". Hätte die Beklagte damit eine eigene Arbeitgeberkündigung bestätigen wollen, so hätte es nicht "Ihre Kündigung" sondern "unsere Kündigung" heißen müssen. Das Schreiben der Beklagten vom 12.07.2005 kann daher nicht als Arbeitgeberkündigung uminterpretiert werden.

2. Gleiches gilt für das Bestätigungsschreiben vom 19.07.2005. Dieses Schreiben enthält ebenfalls keine eigene Willenserklärung der Beklagten, sondern bezieht sich wiederum nur auf die angebliche Kündigung des Klägers, die bestätigt wird. Der zweite Satz dieses Schreibens, "an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sind wir nicht interessiert", kann nicht als eigenständige Willenserklärung der Beklagten angesehen werden. Er bringt lediglich die Gefühlslage der Beklagten angesichts der erhofften Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmerkündigung zum Ausdruck.

Eine eigenständige Kündigungserklärung der Beklagten kann darin ferner deshalb nicht gesehen werden, weil eine Kündigung mit einem Schreiben vom 19.07.2005 gar nicht in der Lage gewesen wäre, eine Beendigung zum in dem Schreiben genannten Beendigungstermin 31.07.2005 zu bewerkstelligen, denn die zweiwöchige Kündigungsfrist gerechnet ab Zugang des Schreibens vom 19.07.2005 hätte zu einem Beendigungsdatum erst im August 2005 geführt.

Letzte Zweifel werden schließlich dadurch beseitigt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 20.03.2006 unstreitig geworden ist, dass die Beklagte in der Bescheinigung für die Agentur für Arbeit angegeben hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Arbeitnehmers, also des Klägers, beendet worden ist. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Wahrhaftigkeit dieser Angaben der Beklagten gegenüber der Agentur für Arbeit zu zweifeln. Die Angabe zeigt, dass die Beklagte selbst ihre Schreiben vom 12. und 19.07.2005 nicht als Kündigung verstanden hat.

3. Das Arbeitsverhältnis ist daher erst durch die Kündigung der Beklagten vom 21.09.2005, dem Kläger zugegangen am 05.10.2005, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist am 15.11.2005 beendet worden.

4. Die geltend gemachten Vergütungsansprüche stehen dem Kläger, der seine Arbeitskraft mit Schreiben vom 18.07.2005 angeboten hat, gemäß § 615 BGB zu, wie dies vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeurteilt worden ist.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da keine Sache grundsätzlicher Bedeutung vorlag, sondern es um die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall ging.

Ende der Entscheidung

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