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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.02.2006
Aktenzeichen: 14 (8) Sa 1324/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Für einen Verdacht zur Beihilfe an einem Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers reicht es nicht, wenn der Arbeitgeber lediglich vorträgt, der Arbeitnehmer habe es versäumt, einen fremden Diebstahl zu verhindern, diese Verhinderungsmöglichkeit aber ebenso für den gleichzeitig anwesenden Vorgesetzten des Arbeitnehmers bestanden hätte, und der Arbeitgeber das Verhalten des Vorgesetzten nicht beanstandet.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.09.2005 - 2 Ca 12499/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte.

Der am 10.03.1973 geborene Kläger ist auf Grund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 3 f. d. A.) seit dem 01.09.2001 bei der Beklagten in deren K Filiale als Kfz-Mechaniker zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 2.150,00 € beschäftigt.

Grund für die am 03.12.2004 ausgesprochene Kündigung war, dass die Beklagte dem Kläger vorwarf, zu einem Diebstahl von zwei Altreifen Beihilfe geleistet zu haben bzw. diesen Diebstahl nicht verhindert zu haben, ferner während der Arbeitszeit an einem Fahrzeug der Marke F K 30 Minuten ohne entsprechenden Werkstattauftrag gearbeitet zu haben und schließlich einen Werkstattauftrag einer Kundin, die den Austausch eines Schalldämpfers in Auftrag gegeben hatte, eigenmächtig abgeändert zu haben.

Gegen diese Kündigung richtete sich die am 09.12.2004 eingegangene Kündigungsschutzklage des Klägers.

Der Kläger hat nachdrücklich bestritten, an einem Diebstahl beteiligt zu gewesen zu sein oder diesen geduldet zu haben. Es spreche für sich, dass der Kläger erstmalig zwei Wochen nach diesem angeblichen Vorfall angesprochen worden sei. Hinsichtlich der Reparatur des Fahrzeugs F K trägt der Kläger vor, dass dieses nicht seinem Bruder, sondern ihm selbst gehört habe. Er habe insoweit lediglich um Rat gefragt und man habe ihm empfohlen die Reparatur bei F ausführen zu lassen, was dann auch geschehen sei (Rechnung vom 06.12.2004, Bl. 22 d. A.). Unzutreffend sei schließlich der Vorwurf, er habe einen Werkstattauftrag eigenmächtig abgeändert. Er habe zusammen mit dem Arbeitskollegen Herrn J die Arbeiten ausgeführt und dabei festgestellt, dass der Endschalldämpfer entgegen dem Reparaturauftrag nicht defekt gewesen sei. Den Eintrag auf dem Werkstattauftrag habe nicht der Kläger vorgenommen, sondern der Mitarbeiter J , weil der Kläger die deutsche Schreibschrift nicht beherrsche, sondern nur die arabische Schrift.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 03.12.2004 weder fristlos noch hilfsweise ordentlich beendet worden ist.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Kündigung sei auch als Verdachtskündigung ausgesprochen worden. Für den Diebstahlsverdacht spreche, dass der Kläger in der diesbezüglichen Anhörung am 02.12.2004 geäußert habe, es sei nicht seine Aufgabe, Personen anzusprechen, die sich Altreifen mitnehmen würden, man müsse dann eben die Ecke abschließen. Am 01.12.2004 habe der Kläger Arbeiten am Fahrzeug F K durchgeführt, das dem Bruder des Klägers gehöre. Hinsichtlich des abgeänderten Werkstattauftrages sei dem Kläger vorzuwerfen, dass er statt der in Auftrag gegebenen Erneuerung des Endschalldämpfers nur die Auspuffgummis erneuert habe (Schriftsatz der Beklagten vom 06.07.2005, Bl. 31 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten der Einzelheiten wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Bl. 47 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie zusätzlich auf einen in der Berufungsinstanz gestellten Auflösungsantrag stützt. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, die Altreifen stellten für Diebe einen Wert dar. Normalerweise gingen sie zur Entsorgung nach W und hätten zumindest einen Materialwert von einigen Euro. Ca. einmal pro Woche würde versucht, solche Altreifen vom Firmengelände der Beklagten zu entwenden. Dabei gelinge es jeweils durch Ansprechen der verdächtigen Personen, Diebstähle abzuwenden. Die Kündigung sei sowohl als Tatkündigung als auch als Verdachtskündigung gerechtfertigt, denn der Kläger habe ebenso wie die unbekannte männliche Person, die zwei Altreifen in der Hand gehalten habe, fluchtartig sich entfernt, als der Vorgesetzte des Klägers, Herr R die beiden bemerkt habe. Der Kläger habe noch nicht einmal den Versuch einer Verhinderung des Diebstahls unternommen. Am 01.12.2004 habe der Kläger 30 Minuten am Fahrzeug F K seines Bruders gearbeitet und damit unerlaubte Konkurrenztätigkeit begangen. Hinsichtlich der eigenmächtigen Veränderung des Werkstattauftrages hätte die defekte Halterung durch Schweißen auch bei der Beklagten repariert werden können.

Den Auflösungsantrag begründet die Beklagte damit, dass der Kläger im gerichtlichen Verfahren mehrfach unwahr vorgetragen habe. So habe der Kläger das Gericht zu täuschen versucht indem er vorgetragen habe, der Vermerk hinsichtlich des eränderten Werkstattauftrages stamme vom Zeugen J , denn tatsächlich habe der Kläger dem Zeugen J die Passage diktiert, weil er selbst der lateinischen Schrift nicht ausreichend mächtig sei. Unwahr sei auch der Vortrag, der Kläger sei niemals abgemahnt worden sowie sein Vortrag zu Privatreparaturen.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, die Klage abzuweisen das Arbeitsverhältnis wegen einer in das Ermessen des Gerichts gestellte Abfindung, die jedoch eine Monatsvergütung nicht übersteigen sollte, aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Berufung einschließlich des Auflösungsantrages für unbegründet, bestreitet, dass überhaupt ein Diebstahl stattgefunden hat, macht unter Vorlage des Fahrzeugscheins geltend, dass es sich bei dem PKW F K um sein eigenes Fahrzeug handle, und dass er sich bei dem abgeänderten Werkstattauftrag korrekt verhalten habe, indem er die Auspuffgummis erneuert und die Halterung gerichtet habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, da die Kündigung vom 03.12.2004 das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch fristgerecht aufgelöst hat.

I. Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.

Der diesbezügliche Vortrag der Beklagtenseite ist unschlüssig.

1. Die Behauptungen der Beklagtenseite zu einem angeblichen Diebstahl rechtfertigen weder eine Tat- noch eine Verdachtskündigung.

Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein Diebstahl vorgelegen hat. Die Beklagtenseite hat hierzu nur vorgetragen, der Vorgesetzte R habe den Kläger und eine unbekannte Person im Gespräch beobachtet, wobei diese unbekannte männliche Person zwei Altreifen in den Händen gehalten habe. Diese hätten sich fluchtartig entfernt, nachdem der Vorgesetzte R die beiden bemerkt habe. Ob daraus zwingend der Schluss gezogen werden kann, dass die Altreifen, die die unbekannte männliche Person angeblich in den Händen gehalten hat, tatsächlich im Eigentum der Beklagten standen, ist zumindest zweifelhaft. Selbst wenn dies unterstellt wird, kann hiermit jedoch nicht die weitere Unterstellung gestützt werden, der Kläger habe Beihilfe zu diesem Diebstahl geleistet, weil er nichts gegen die Entwendung unternommen habe. Mit Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass hieraus zwar möglicherweise der Schluss gezogen werden könnte, dass der Kläger bezüglich der Eigentumsinteressen der Beklagten ein gleichgültiges Verhalten an den Tag gelegt hätte, dass dies jedoch nicht rechtfertigt, von einer Beihilfe auszugehen. Dies gilt um so mehr, als man dann auch dem Vorgesetzten R eine in gleicher Weise relevante Beihilfe vorwerfen müsste. Denn der Vorgesetzte R hat sich, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2006 ausgeführt hat, nur etwa 20 Meter von dem Kläger und der unbekannten männlichen Person entfernt befunden. Auch der Vorgesetzte R hat aber keinerlei Versuch unternommen, den von ihm doch angeblich beobachteten Diebstahl zu verhindern. Weder hat er durch lautes Rufen o. Ä. versucht, den angeblichen Dieb von seiner Tat abzuhalten, noch hat er den angeblichen Dieb verfolgt. Dabei wäre Letzteres leicht möglich gewesen, zumal der angebliche Dieb, dadurch, dass er zwei Altreifen in seinen Händen hielt, bei seiner Flucht gehandicapt war. Nicht nachzuvollziehen vermag die Kammer die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung, dem Vorgesetzten R sei ein solches Einschreiten nicht zumutbar gewesen, weil er sich dann der Gefahr ausgesetzt hätte, körperlich attackiert zu werden. Dieselbe Gefahr hätte ja dann auch für den Kläger bestanden. Dann wäre es dem Kläger ebenso wie dem Vorgesetzten R unzumutbar gewesen, einzuschreiten. Dass der Vorgesetzte R nicht zumindest durch lautes Rufen eingeschritten ist, bleibt umso unverständlicher, als die Beklagtenseite vorgetragen hat, es würden nahezu wöchentlich Diebstahlsversuche bezüglich Altreifen erfolgen und es gelinge jedes Mal die Diebe durch lautes Rufen davon abzuhalten.

Unterstellt man die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten, bleibt auch völlig unverständlich, weshalb der Vorgesetzte R den Kläger nicht unmittelbar im Anschluss an den Vorfall hierauf angesprochen und zur Rede gestellt hat. Es ist schlechthin nicht nachvollziehbar, dass der Vorgesetze kommentarlos einem Diebstahl zusieht und den angeblichen Diebstahlsgehilfen weder unmittelbar nach der Tat noch in den folgenden Tagen hinsichtlich dieses Vorfalls zur Rede stellt.

Eine Kündigung wegen erwiesener Beihilfe zum Diebstahl ist nach allem ausgeschlossen.

Aber auch eine diesbezügliche Verdachtskündigung ist in diesem Fall unhaltbar. Zwar ist eine Verdachtskündigung zulässig, selbst wenn es um den Verdacht des Diebstahls oder der Unterschlagung einer geringwertigen Sache geht, s. BAG, Urteil vom 12.08.1999 NZA 2000, Seite 421; Ascheid/ Preis/ Schmidt/ Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Auflage, § 626 BGB, Rdz. 345.

Eine solche Verdachtskündigung setzt aber auf jeden Fall voraus, dass ein dringender Tatverdacht besteht und der Arbeitgeber alle ihm zumutbaren Möglichkeiten der Aufklärung genutzt hat, s. BAG, Urteil vom 11.04.1985, NZA 1986, Seite 674; BAG, Urteil vom 30.04.1987, NZA 1987, Seite 699, Ascheid/ Preis/ Schmidt Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Auflage § 626 BGB Rdz. 357.

Hier kann bereits nicht von einem dringenden Tatverdacht ausgegangen werden, der eine große, zumindest überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Straftat erfordern würde. Wie bereits ausgeführt, begegnet es bereits durchgreifenden Zweifeln, dass der Kläger Beihilfe zu einer Straftat geleistet haben sollte. Es kommt hinzu, dass die Beklagte alle denkbaren Aufklärungsmöglichkeiten unterlassen. Weder hat der Vorgesetzte des Klägers; Herr R versucht, durch ein Einschreiten die Identität des angeblichen Diebes zu ermitteln und damit ggf. dessen Beziehung zum Kläger belegen können. Noch hat die Beklagte durch zeitnahe Befragung des Klägers die Aufklärung vorangetrieben. Umfangreiche innerbetriebliche Entscheidungshierarchien, wie sie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2006 vorgetragen hat, sind nicht geeignet, das Versäumnis zu entschuldigen, zu versuchen, die Vorwürfe unmittelbar nach dem Geschen aufzuklären. Auch der Niederlassungsleiter der Beklagten hat, folgt man seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2006, keine Veranlassung gesehen, den Kläger direkt auf den Vorfall anzusprechen, sondern will dies bewusst zunächst unterlassen haben. Schließlich hat die Beklagte auch nicht die Möglichkeit genutzt, durch unverzügliche Einschaltung der Polizei und ggf. Erstattung einer Strafanzeige zu einer Aufklärung des Vorfalls zu kommen. Angesichts dessen kommt eine Verdachtskündigung nicht in Betracht.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Vorwurf der Beklagten bezüglich der Reparatur des Fahrzeugs F K als nicht ausreichend für eine Kündigung angesehen. Festzuhalten ist zunächst, dass der ursprüngliche Vorwurf der Beklagtenseite, der Kläger habe Reparaturarbeiten am Fahrzeug seines Bruders durchgeführt und dadurch unerlaubte Konkurrenztätigkeit betrieben, sich als haltlos erwiesen hat. Der Kläger hat insoweit den Kraftfahrzeugschein vorgelegt, aus dem sich zweifelsfrei ergibt, dass der Kläger Eigentümer des fraglichen Fahrzeugs ist. Sofern die Beklagte nun den Vorwurf dahin richtet, der Kläger habe Arbeitszeitmissbrauch betrieben, reicht dies für eine Kündigung nicht. Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2006 hat er selbst an seinem Fahrzeug gar nicht gearbeitet, sondern seinem Bruder Werkzeug überlassen, damit dieser überprüfen konnte, ob die Sicherung für den Scheibenwischer defekt war. Demgegenüber trägt die Beklagte vor, der Kläger habe etwa 30 Minuten selbst an seinem Fahrzeug gearbeitet. Selbst wenn Letzteres zutrifft, würde dies, wie schon das Arbeitsgericht mit Recht ausgeführt hat, ohne einschlägige vorherige Abmahnung in keiner Weise für eine Kündigung ausreichen. Unstreitig ist, dass die Reparatur selbst später nicht bei der Beklagten durchgeführt wurde, sondern bei der Firma F erfolgte, wie die vom Kläger eingereichte Rechnung ausweist. Unstreitig ist auch, dass der Kläger wie er am 20.02.2006 in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, sich nicht heimlich zu seinem Fahrzeug während der Arbeitszeit begeben hat oder heimlich seinem Bruder Werkzeug überlassen hätte, sondern offen unter den Augen des Niederlassungsleiters M , seinem Bruder einen Schraubenzieher gegeben hat, damit dieser die Sicherung wechsle. Angesichts dessen liegt jedenfalls keine Täuschungshandlung und damit auch kein Arbeitszeitbetrug vor. Träfe der Vortrag der Beklagten zu, verbliebe allenfalls der Vorwurf, dass der Kläger unter den Augen des Niederlassungsleiters maximal 30 Minuten seiner Arbeitszeit für private Dinge verwendet hätte. Dies würde jedenfalls ohne Abmahnung keinen Grund für eine Kündigung ausmachen.

3. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich zur Rechtfertigung ihrer Kündigung auf einen eigenmächtig abgeänderten Werkstattauftrag. Unstreitig ist hier zunächst, dass der Schalldämpfer, dessen Austausch in Auftrag gegeben worden war, tatsächlich nicht defekt war. Wenn der Kläger und der Mitarbeiter J , der zusammen mit dem Kläger die Reparatur ausführte, darauf hin den Austausch des Schalldämpfers unterließen und dies der Kundin mitteilten, so kann dies nicht beanstandet werden. Wie bereits das Arbeitsgericht mit Recht ausgeführt hat, kann daraus ein arbeitsrechtlicher Pflichtverstoß nicht abgeleitet werden. Wollte die Beklagte im Ernst von ihren Mitarbeitern erwarten, an Kundenfahrzeugen Reparaturen durchzuführen, die überflüssig sind, würde sich die Beklagte dem Vorwurf aussetzen, ihre Kunden zu übervorteilen. Dem Kläger wie auch den anderen Mitarbeitern der Beklagten kann nicht angesonnen werden, an einer solchen Kundenübervorteilung mitzuwirken. Dies lag auch im eigenen Interesse der Beklagten, denn würde die Beklagte bei ihren Kunden in den Ruf kommen, auch überflüssige Reparaturen durchzuführen und zu berechnen, würde dies ihre Wettbewerbschancen am Markt auf Dauer ganz erheblich beeinträchtigen. Da die Beklagte Karosseriearbeiten nicht durchführt, war es ferner nicht zu beanstanden, dass der Kläger die Kundin hinsichtlich der Schäden, die die verbogene Halterung an Karosserie verursacht hatte, an die O Vertragswerkstatt verwies. Nach allem fehlt es an einem wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB, so dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist.

II. Auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist rechtsunwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz ist abwendbar, weil die Beklagte mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt und der Kläger länger als 6 Monate bei der Beklagten tätig war. Die Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt gem. § 1 Abs. 2 KSchG. Aus den bereits benannten Gründen ist der Vortrag der Beklagtenseite auch in Bezug auf einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund unschlüssig.

III. Das Arbeitsverhältnis ist schließlich nicht durch den Auflösungsantrag der Beklagtenseite beendet worden. Ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers kann gem. §§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur Erfolg haben, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Dabei kann der Arbeitgeber sich allerdings nicht auf Auflösungsgründe berufen, die in erster Linie von ihm selbst verursacht worden sind, s. BAG, Urteil vom 02.06.2005, AZ.: - 2 AZR 234/04 - NJOZ 2005, 4268 ff.; Erfurter Kommentar - Ascheid, 6. Auflage § 9 KSchG, Rdz. 22 ff.

Hier ist das Arbeitsverhältnis in erster Linie durch die massiven strafrechtliche Vorwürfe des Arbeitgebers belastet, die aber, wie ausgeführt, in keiner Weise haltbar sind. Hierauf kann sich die Beklagte daher nicht berufen. Die Beklagte kann sich ferner nicht darauf berufen, der Kläger habe bezüglich des abgeänderten Reparaturauftrages die Unwahrheit vorgetragen. Denn der Kläger hat bereits in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 26.07.2005 selbst vorgetragen, dass er selbst der lateinischen Schrift nicht ausreichend mächtig sei und deshalb der Arbeitskollege J den Text geschrieben habe, nachdem beide an dem Fahrzeug gearbeitet hatten. Ein unrichtiger Vortrag oder gar eine Täuschungsabsicht ist insoweit nicht ersichtlich. Sofern die Beklagte darauf verweist, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst bestritten habe, dass der Kläger jemals eine Abmahnung erhalten habe, kann dies dem Kläger jedenfalls nicht im Sinne eines Auflösungsgrundes zugerechnet werden, nachdem der Prozessvertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2006 erklärt hat, dieser Vortrag beruhe auf einem Irrtum seinerseits. Nicht entscheidungserheblich ist schließlich, ob Mitarbeiter der Beklagten eine kleine Reparatur am Radio des Kfz der Ehefrau des Klägers ausgeführt haben oder nicht. Selbst wenn der Vortrag des Klägers nicht zutreffend wäre, wäre damit eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Parteien nicht in Frage gestellt.

Die Berufung war daher einschließlich des Auflösungsantrages zurückzuweisen.

Die Beklagte hatte die Kosten des § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Revision konnte nicht gem. § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen werden, insbesondere lag angesichts der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärten Rechtslage und der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung der Sache vor.

Ende der Entscheidung

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