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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: 14 Sa 1379/06
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3
1. Hat der Arbeitgeber einem Vertreter Aufgaben übertragen, die er auch dem Vertretenen hätte übertragen können, so ist die Befristung rechtmäßig, wenn der Arbeitgeber bei Rückkehr des ausfallenden Mitarbeiters tatsächlich und rechtlich die Möglichkeit hätte, diesem die vom Vertreter wahrgenommenen Aufgaben zuzuweisen (im Anschluss an BAG 15.02.2006 - 7 AZR 232/05 - NZA 2006, 781 ff.).

2. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitgeber aufgrund weit auseinander liegender Beschäftigungsorte unter Beachtung der Grenzen des Weisungsrechts nach § 106 GewO gehindert ist, dem Vertretenen die Aufgaben des Vertreters zuzuweisen.


Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.10.2006 - 1 Ca 4588/06 - wird abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung zum 16.06.2006 nicht geendet hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Befristung.

Die am 31.12.1958 geborene Klägerin, verheiratet, 2 Kinder, ist aufgrund befristeter Arbeitsverträge seit dem 15.11.2001 bei der Beklagten als Angestellte zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.287,20 € angestellt. In der Tätigkeitsdarstellung und Bewertung (Bl. 11 ff. d. A.) ist als Organisationseinheit das Referat BV der Oberfinanzdirektion K - BV Abteilung - Dienstort K angegeben.

Der letzte am 25.06.2003 abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag (Bl. 19 f. d. A.) sah vor, dass die Klägerin ab 17.06.2003 - 16.06.2006 befristet nach § 21 BErzGG in der jeweiligen Fassung als Angestellte zur Vertretung von Frau H P eingestellt werde. Frau P ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1992 unbefristet angestellt gewesen, und zwar für den Dienstort M . Seit dem 10.04.1994 bis zumindest zum 16.06.2006 hat Frau P nicht gearbeitet, weil sie sich in Mutterschutz, Erziehungsurlaub bzw. unbezahltem Sonderurlaub befand. Mit Schreiben vom 04.12.2002 beantragte Frau P Sonderurlaub nach § 50 BAT für weitere 3 Jahre. Dieser wurde ihr unter dem 11.03.2003 für die Zeit vom 17.06.2003 - 16.06.2006 bewilligt.

Die Oberfinanzdirektion K , bei der Frau P gearbeitet hatte, unterhielt u. a. eine Dienststelle in M . Der Aufgabenbereich "Leistungen nach § 5 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes" sowie dem "Gesetz zur Regelung der Verbindlichkeiten nationalsozialistischer Einrichtungen und Rechtsverhältnisse an deren Vermögen (NS Abwicklungsgesetz)" gehörte ursprünglich zur Bundesvermögensabteilung der Oberfinanzdirektion K . Dieser Aufgabenbereich wurde Anfang des Jahres 2004 von der Bundesvermögensabteilung auf die Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung der Oberfinanzdirektion K übertragen.

Mit Schreiben vom 05.05.2004 (Bl. 21 f. d. A.) wurde die Klägerin mit ihrem Einverständnis mit Wirkung vom 01.04.2004 von der Bundesvermögensabteilung an die Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung der Oberfinanzdirektion K versetzt. Die Aufgaben der Bundesvermögensverwaltung wurden im Wesentlichen durch das Gesetz zur Errichtung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BGBl. I 2004, 3235) mit Wirkung vom 01.01.2005 auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übertragen. Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben handelt es sich um eine selbständige, unternehmerisch geführte Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Arbeitsverhältnisse der bei der Bundesvermögensverwaltung beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden gemäß § 18 Abs. 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben auf diese übertragen. Seit dem 01.01.2005 ist daher die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Arbeitgeberin der Frau P .

Mit Schreiben vom 08.12.2005 an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bl. 152 d. A.) beantragte Frau P weiteren Sonderurlaub gemäß § 50 BAT zur Betreuung ihrer Kinder. Gleichzeitig beantragte sie für die Zeit nach Ende ihres Sonderurlaubs Teilzeitarbeit aus familienpolitischen Gründen, und zwar wöchentlich 20 Arbeitsstunden, verteilt von Montag bis Freitag auf jeweils 4 Stunden vormittags.

Durch Schreiben vom 18.01.2006 (Bl. 153 d. A.) bewilligte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den begehrten Sonderurlaub. Mit Schreiben vom 11.09.2006 (Bl. 155 d. A.) versetzte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Frau P an die Zentrale der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in M , Sparte Facilitymanagement.

Die fristgerecht erhobene Entfristungsklage der Klägerin hat das Arbeitsgericht Köln durch Urteil vom 26.10.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die für die Befristung notwendige Kausalität zwischen dem zeitweiligen Ausfall von Frau P und der vorübergehenden Beschäftigung der Klägerin ausreichend dargetan sei. Gegen dieses ihr am 20.11.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.12.2006 Berufung einlegen lassen und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 22.02.2007 am 22.02.2007 begründen lassen.

Die Klägerin weist darauf hin, dass bereits bei Abschluss des ersten befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin Frau P sieben Jahre nicht mehr für die Beklagte tätig gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Vertretungsbedarf für Frau P längst anderweitig gedeckt worden sei. Die bloße gedankliche Zuordnung reiche für die Rechtfertigung einer Befristung nicht aus; damit werde vielmehr einer weiteren Erosion des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelarbeitsverhältnis Vorschub geleistet.

Jedenfalls habe die Klägerin keine Tätigkeiten verrichtet, die sich aus dem Ausfall von Frau P ergeben hätten. Darüber hinaus könne Frau P die Aufgaben der Klägerin nicht übernehmen, schon deshalb nicht, weil sie nach so langer Arbeitsabwesenheit erst umfangreich wieder eingearbeitet werden müsse. Es mangele zudem an der vom BAG in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzung, dass dem ausgefallenen Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr die Aufgaben des Vertreters rechtlich und tatsächlich übertragen werden könnten. Rechtlich scheitere dies schon daran, dass Frau P zwischenzeitlich bei einem anderen Arbeitgeber, nämlich der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben beschäftigt sei. Die Gründung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben habe sich bereits bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages abgezeichnet. Wenn die Beklagte die Klägerin wirklich der Arbeitnehmerin P gedanklich zugeordnet hätte, hätte sie Frau P vor dem 01.01.2005 an die Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung versetzen müssen, um den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitgeber, nämlich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, zu verhindern. Dies sei aber unterblieben.

Die Beklagte habe auch nicht die Möglichkeit gehabt, Frau P unter Ausübung ihres Direktionsrechts die bislang von der Klägerin in K ausgeübten Tätigkeiten zu übertragen. Eine Versetzung der Arbeitnehmerin Frau P von M nach K sei angesichts der gesetzlichen Grenzen des Direktionsrechts nicht möglich.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.10.2006 - 1 Ca 4588/06 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 05.06.2003 mit Ablauf des 16.06.2006 beendet worden ist, sondern unbefristet zu im Übrigen unveränderten Bedingungen über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, es sei unerheblich, wie der Ausfall von Frau P bis zum Jahre 2001 abgefedert worden sei. Hinsichtlich der fachlichen Austauschbarkeit reiche es, wenn der Vertreter Aufgaben erledige, die vom Vertretenen später ausgeübt werden könnten. Die vertretene Arbeitnehmerin Frau P könne die in ihrer Abwesenheit erfolgten Gesetzesänderungen nach Einarbeitung ohne weiteres bewältigen. Die gedankliche Zuordnung im Sinne der Rechtsprechung des BAG sei ausreichend vorgetragen. Entscheidend sei, dass die Beklagte in der Lage sei, Frau P mit den Aufgaben der Klägerin zu betrauen. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte die rechtlich gegebenen Möglichkeit, Frau P nach ihrer Rückkehr mit den Aufgaben der Klägerin zu betrauen, tatsächlich nutze. Es genüge allein die Feststellung, dass die Beklagte als Arbeitgeber in der Lage gewesen wäre, entsprechend zu handeln. Schließlich sei der Personalrat entgegen dem Vortrag der Gegenseite ordnungsgemäß beteiligt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses ist rechtsunwirksam, so dass festzustellen war, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung zum 16.06.2006 geendet hat.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 64 ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist fristgerecht begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung der Klägerseite Erfolg. Die Befristungsvereinbarung ist rechtsunwirksam und konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien daher nicht beenden.

Als Befristungsgrund kommt hier nur § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG in Betracht, nämlich die Befristung zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Eine Befristung nach § 21 BErzGG, der im Arbeitsvertrag genannt ist, scheidet im vorliegenden Fall unstreitig aus, weil dieser Zeitraum im Fall der Frau P bereits abgelaufen war.

Die Voraussetzungen des Befristungsgrundes zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) liegen nicht vor.

1. Zutreffend weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG für den Befristungsgrund der Vertretung eine Kausalität zwischen dem Ausfall des vertretenen Arbeitnehmers und dem Einsatz des befristet zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmers bestehen muss (s. BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 7 AZR 232/05 - NZA 2006, 781 ff.).

Dabei unterscheidet das BAG drei Varianten des Kausalzusammenhangs. Die erste Variante des Kausalzusammenhangs liegt vor, wenn es sich um den Fall einer unmittelbaren Vertretung handelt, wenn also der Vertreter mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren.

In einer zweiten Variante wird der Kausalzusammenhang auch dann angenommen, wenn die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt, die dann ihrerseits von dem befristet eingestellten Arbeitnehmer vertreten werden.

In einer dritten Variante hält das BAG schließlich den Kausalzusammenhang auch dann für gegeben, wenn der Arbeitgeber dem Vertreter Aufgaben, die er auch einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen könnte, überträgt und insoweit eine erkennbare Zuordnung der Tätigkeit des Vertreters zu einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer vorgenommen hat, wobei weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber nach Rückkehr des Vertretenen die Aufgaben des Vertreters im Wege des Direktionsrechts an den Vertretenen übertragen könnte. Das BAG verlangt insoweit für diese Variante des Kausalzusammenhangs, die sog. erkennbare Zuordnung, dass dem Vertretenen nach seiner Rückkehr tatsächlich und rechtlich die Aufgaben übertragen werden könnten, die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer ausgeübt hat (s. BAG, Urteil vom 15.02.2006 - 7 AZR 232/05 - NZA 2006, 781 ff.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass der notwendige Kausalzusammenhang nicht gegeben ist.

2. Der Kausalzusammenhang ist zunächst nicht durch einen Fall der unmittelbaren Vertretung gegeben. Ein solcher lag jedenfalls zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen letzten befristeten Arbeitsvertrages im Juni 2003 nicht vor. Denn die Klägerin hat nicht Aufgaben übernommen, die ansonsten Frau P verrichtet hätte. Denn Frau P war vor ihrer Arbeitsabwesenheit am Dienstort M beschäftigt, während die Klägerin schon von Beginn ihrer befristeten Tätigkeit an, am Dienstort K beschäftigt war. Dafür, dass der vakante Arbeitsplatz in M durch die Arbeitstätigkeit der Klägerin in K unmittelbar vertreten worden wäre, ist nichts ersichtlich.

3. Die Variante der mittelbaren Vertretung ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar rechtfertigt auch die mittelbare Vertretung die Befristung eines Arbeitsverhältnisses (s. auch BAG, Urteil vom 21.02.2001 - 7 AZR 107/00 - NZA 2001, 1069 ff.).

Für eine solche mittelbare Vertretung muss der Arbeitgeber zum Nachweis des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darlegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Arbeitnehmer zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (s. BAG, Urteil vom 24.05.2006 - 7AZR 640/05 - zitiert nach juris).

Mit Recht rügt die Klägerseite insoweit, dass es an entsprechenden Darlegungen der Beklagtenseite fehlt. Insbesondere steht dieser Variante des Kausalzusammenhangs im vorliegenden Fall auch entgegen, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, wie sie den Ausfall von Frau P vor der befristeten Einstellung der Klägerin, also in den 7 Jahren zwischen 1994 und 2001 bewältigt hat.

Ein Fall mittelbarer Vertretung kann daher nicht angenommen werden.

4. Schließlich ist auch der Kausalzusammenhang in der Variante der erkennbaren Zuordnung im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das BAG verlangt hierfür, dass zum einen die gedankliche Zuordnung erkennbar gemacht werden muss und das zum anderen der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ausfallenden Mitarbeiter bei seiner Rückkehr die Aufgaben des Vertreters im Wege des Direktionsrechts zu übertragen (s. BAG, Urteil vom 15.02.2006 - 7 AZR 232/05 - NZA 2006, 781 ff.).

Zwar kann hier mit dem Arbeitsgericht davon ausgegangen werden, dass die Erkennbarkeit der Zuordnung durch die Angabe im Arbeitsvertrag hinreichend kenntlich gemacht worden ist. Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich die Möglichkeit hätte, dem ausfallenden Mitarbeiter bei seiner Rückkehr die Aufgaben des Vertreters im Wege des Direktionsrechts zu übertragen.

Dabei sind entscheidend die unterschiedlichen Beschäftigungsorte. Zwar kann der Beklagtenseite insoweit gefolgt werden, als vom Grundsatz her im Wege des Direktionsrechts auch eine Versetzung zu einem anderen Dienstort aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen erfolgen könnte. Diese vom Grundsatz her bestehende Versetzungsmöglichkeit muss sich jedoch im Rahmen des höherrangigen Rechts halten. Höherrangig sind insoweit die gesetzlichen Vorschriften der § 106 GewO und § 315 BGB. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Diese Schranke enthält auch § 315 BGB.

Im vorliegenden Fall hätte es eindeutig billigem Ermessen widersprochen, die Arbeitnehmerin Frau P von ihrem Dienstort M nach K zu versetzen. Denn bei der konkreten Prüfung, ob eine Versetzung im Wege des Direktionsrechts möglich ist, hätte die Beklagte berücksichtigen müssen, dass Frau P kleine Kinder zu betreuen hatte und deshalb beurlaubt gewesen war. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte der Frau P einen Ortswechsel über eine solche Entfernung nicht zumuten können. Ein solcher Wechsel des Dienstortes hätte bedeutet, dass Frau P entweder hätte umziehen müssen oder kaum zumutbare lange Fahrtzeiten von und zur Dienststelle hätte in Kauf nehmen müssen. Angesichts der Notwendigkeit der Kinderbetreuung hätte es billigem Ermessen widersprochen, Frau P gleichwohl zu versetzen. Dies gilt umso mehr, als es am Dienstort M unstreitig Einsatzmöglichkeiten für Frau P gab. Dies wird unterstrichen dadurch, dass Frau P tatsächlich nach ihrer Rückkehr auf einer anderweitig verfügbaren freien Stelle eingesetzt wurde. Angesichts der gesetzlichen Grenzen des Direktionsrechts bestand daher im vorliegenden Fall keine Versetzungsmöglichkeit und damit nicht die Möglichkeit, Frau P tatsächlich mit den Aufgaben, die zuvor die Klägerin erledigt hatte, zu betrauen. Eine Versetzung zu einem anderen Dienstort wäre allerdings dann nicht im Hinblick auf die gesetzlichen Grenzen des Direktionsrechtes zu beanstanden gewesen, wenn sich Dienstorte in zumutbarer Entfernung voneinander befunden hätten, bspw. um zwei Amtsgerichte, die in zumutbarer Entfernung voneinander liegen, und bei denen auch eine vorübergehende Abordnung von einem Amtsgericht an das andere Amtsgericht in Betracht gekommen wäre (so der Fall des BAG vom 24.05.2006 - 7 AZR 640/05 - zitiert nach juris).

Eine solche zumutbare Entfernung liegt hier jedoch bzgl. der Dienstorte M und K nicht vor. Insoweit kann auch nicht dem gedanklichen Ansatz gefolgt werden, dass es für den Kausalzusammenhang auf die Entfernung der Dienstorte überhaupt nicht ankäme. Die Entfernung spielt vielmehr eine wesentliche Rolle im Hinblick auf die gesetzlichen Grenzen der Ausübung des Direktionsrechts, weil die Ausübung des billigen Ermessens entscheidend von der Zumutbarkeit der Zuweisung eines neuen Dienstortes abhängt. Wäre es anders, bestünde die Konsequenz darin, dass auch bei weit voneinander entfernten Dienstorten ein Kausalzusammenhang hinsichtlich der Vertretung konstruiert werden könnte in der Weise, dass ein Arbeitsausfall an einem Standort bspw. in München durch einen befristeten Arbeitsvertrag an einem 1000 km entfernten Standort in Norddeutschland kompensiert werden könnte.

Bei einem international tätigem Arbeitgeber mit mehreren Standorten in der Welt wäre dann sogar der Kausalzusammenhang gegeben, wenn ein Arbeitsausfall in Peking durch einen befristeten Arbeitsvertrag in Hamburg kompensiert würde. Eine solche Annahme ist indessen mit dem gesetzlichen Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen Arbeitsausfall auf der einen Seite und Vertretung auf der anderen Seite nicht in Einklang zu bringen.

Unabhängig hiervon, steht dem Erfordernis, dass der Arbeitgeber bei Rückkehr des Vertretenen die Möglichkeit haben müsste, den Vertretenen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit den Arbeiten zu betrauen, die der Vertreter wahrgenommen hat, im vorliegenden Fall entgegen, dass Frau P seit dem 01.01.2005 bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt ist. Eine Versetzung hätte danach, wenn überhaupt, nur die Arbeitgeberin der Frau P , die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vornehmen können, nicht aber mehr die Beklagte.

Plausibel ist in diesem Zusammenhang die Annahme der Klägerseite, dass diese Entwicklung bereits bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin im Jahr 2003 absehbar war. Dafür spricht bereits der parlamentarische Vorlauf, den das Gesetz zur Errichtung der Bundesanstalt für Immobilienaufgabe hatte und der weit vor dem 01.01.2005 begonnen hatte (siehe BT-Drucksache 15/2720). So hatte der Bundesrat bereits mit Beschluss vom 13.02.2004 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung genommen.

Auch die Umorganisation der Beklagten, die Anfang des Jahres 2004 bereits umgesetzt wurde und darin bestand, die Bundesvermögensabteilung auf den Übergang in die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vorzubereiten und deshalb die Aufgabenbereiche herauszulösen, die dort nicht aufgenommen werden sollten, spricht für diese Annahme. Demzufolge wurde auch der Aufgabenbereich der Klägerin von der Bundesvermögensabteilung auf die Zoll- und Verbrauchssteuerabteilung der Beklagten übertragen und die Klägerin schließlich zum 01.04.2004 an diese Abteilung versetzt. Der auch in diesem Zusammenhang erforderliche zeitliche Planungsvorlauf macht die Angabe der Klägerseite plausibel, dass dies bereits einige Monate vorher und damit bei Abschluss des letzten befristeten Vertrages mit der Klägerin absehbar war.

III. Insgesamt liegen daher die Voraussetzungen für eine rechtswirksame Befristung nicht vor, so dass die Berufung der Klägerin Erfolg hatte.

Die Beklagte hatte als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Kammer hat die Revision zugelassen im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache insbesondere die Frage unterschiedlicher Dienstorte bei der Vertretung.

Ende der Entscheidung

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