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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.08.2006
Aktenzeichen: 14 Sa 84/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
1. Ist in einem konzernweit geltenden Tarifvertrag festgelegt, dass eine betriebsbedingte Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes nur ausgesprochen werden kann, wenn eine Weiterbeschäftigung im Konzern zu zumutbaren Bedingungen nicht möglich ist, kann der Arbeitnehmer nicht gekündigt werden, solange der Arbeitgeber nicht darlegen kann, dass solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Konzern nicht bestehen.

2. Eine solche tarifvertragliche Beschränkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.


Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten zu 1) und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2005 - 9 (15) Ca 13811/05 - werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/5 und die Beklagte zu 1) 3/5.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Auslauffrist sowie über die Frage der Weiterbeschäftigung und den Anspruch auf Verschaffung eines neuen Arbeitsvertrages zugunsten des Klägers.

Der am 01.06.1955 geborene Kläger, verheiratet, 2 Kinder, war seit dem 04.06.1974 bei der L A als Lagerverwalter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des L konzerns Anwendung, so u. a. § 41 des Manteltarifvertrages der L A , der den Ausschluss der ordentlichen Kündigung in Abhängigkeit von Beschäftigungszugehörigkeit und Lebensalter vorsieht, Anwendung.

Anwendbar ist auch der Tarifvertrag Schutzabkommen aus dem Jahr 1980 (Fassung vom 01.10.1995 - Bl. 77 ff. d. A.). Dessen § 6 lautet:

"§ 6 Einschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts

(1) Bewirkt eine Maßnahme nach § 3, dass die bisherige Tätigkeit eines Mitarbeiters in Quantität und/oder Qualität ganz oder überwiegend entfällt, ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber gleichwohl nicht zulässig, wenn die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern (D /C /L ) möglich ist und der Mitarbeiter dazu sein Einverständnis erklärt hat, insbesondere

a) wenn der Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb innerhalb des Konzerns am gleichen oder einem anderen Ort in seiner bisherigen Tätigkeit oder in einer anderen, zumutbaren Tätigkeit weiterbeschäftigt werden kann.

b) wenn eine Weiterbeschäftigung im Sinne des Buchstaben a) nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen möglich ist und der Mitarbeiter sein Einverständnis zu Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen erklärt hat."

Im Jahr 1995 wurde der Betrieb, in dem der Kläger arbeitete, aus dem Unternehmen der L A ausgegliedert, rechtlich verselbstständigt und als konzernangehöriges Unternehmen geführt. Dieses Unternehmen ist die Beklagte zu 1), die seither mit einer Mitarbeiterzahl von ca. 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Druck- und Distributionsleistungen erbracht hat. Anlässlich der Ausgliederung wurden die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch das des Klägers, gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu 1) übergeleitet. Der Kläger erhielt hierzu ein Schreiben vom 10.05.1995, in dem es hieß, dass sein persönliches Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 1) übergehe, und in dem der Hinweis enthalten war, dass die Arbeitsbedingungen der L Tarifverträge auch bei der Beklagten zu 1) Anwendung fänden.

In einer dem Schreiben beigefügten Mitarbeiterinformation (Bl. 7 ff. d. A.) war unter dem Stichwort "Sicherheit der Beschäftigungsverhältnisse" folgendes ausgeführt:

"Sicherheit der Beschäftigungsverhältnisse

Der Umfang der tarifvertraglich garantierten Schutz-Zusagen im Falle des Arbeitsplatzverlustes bleibt voll erhalten. Eine betriebsbedingte Kündigung ist - wie bisher und unabhängig von der Firmenzugehörigkeit - ausgeschlossen, solange der Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz im L konzern, das sind in diesem Zusammenhang alle Konzernunternehmen, für die der erweiterte L -Tarifvertrag gilt, ggf. auch nach einer zumutbaren Umschulung eingesetzt werden kann.

Im Laufe des Jahres 2003 wurde die Schließung des Betriebes der Beklagten zu 1) beschlossen. Der Kläger bewarb sich daraufhin u. a. auf eine am 09.10.2003 von der L T A in F ausgeschriebene Stelle als Hilfskraft Technik, die eine um 2 Vergütungsgruppen niedrigere Vergütung enthielt.

Am 10.10.2003 wurde ein Interessenausgleich und Sozialplan beschlossen (Bl. 20 ff. d. A.).

Zum 31.10.2003 wurde die Betriebsschließung vollzogen. Am 10.11.2003 wurde der Betriebsrat zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Auslauffrist angehört, der der Betriebsrat widersprach (Widerspruch Bl. 115 d. A.).

Am 17.12.2003 fand in F das Bewerbungsgespräch des Klägers für die von der L T A ausgeschriebene Stelle statt.

Später teilte die L T A dem Kläger mit, dass er nicht eingestellt werde.

Mit der fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1) wandte sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung. Er hat später im Wege der Klageerweitung auch die Beklagte zu 2), die L A , in Anspruch genommen und auf Weiterbeschäftigung als Lagerverwalter verklagt.

Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigung vom 17.11.2003 aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 01.11.2003 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist;

3. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2. die Beklagten zu 2) zu verurteilen, den Kläger zum 01.07.2004 unter Anrechnung des erworbenen Besitzstandes zu den bislang bei der Beklagten zu 1) geltenden vertraglichen Bedingungen einzustellen;

4. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger zum 01.07.2004 unter Anrechnung des erworbenen Besitzstandes einen Arbeitsvertrag zu den bislang bei der Beklagten zu 1) geltenden vertraglichen Bestimmungen bei der Beklagten zu 2) zu verschaffen;

5. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. bis 4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger zum 01.07.2004 unter Anrechnung des erworbenen Besitzstandes zu den bislang geltenden vertraglichen Bedingungen wieder einzustellen;

6. die Beklagte zu 2) zu verurteilen ,den Kläger zunächst bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Lagerverwalter weiterzubeschäftigen;

7. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2. bis 4. und 6. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger zunächst bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Lagerverwalter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der gegen die Beklagten zu 1) gerichteten Feststellstellungsklage stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil Bl. 279 ff d. A.). Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger gegeben habe, insbesondere die Stelle als technische Hilfskraft bei der L T A in F . Unbegründet sei hingegen das Begehren, vom Beklagten zu 1) die Verschaffung eines den bisher geltenden Arbeitsbedingungen entsprechenden Arbeitsvertrages bei der Beklagten zu 2) zu verlangen, ebenso unbegründet sei der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Weiterbeschäftigungsantrag.

Hiergegen hat nur der Beklagte zu 1) Berufung eingelegt. Er begehrt die Klageabweisung auch insoweit, als die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 17.11.2003 festgestellt wurde. Mit der Anschlussberufung begehrt die Klägerseite eine Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Verschaffung eines Arbeitsvertrages zu den bislang bei der Beklagten zu 1) geltenden Bedingungen sowie die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Weiterbeschäftigung des Klägers zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Lagerverwalter.

Die Beklagte zu 1) trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, unrichtigerweise sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass bei der L T A in F die Stelle als technische Hilfskraft zur Verfügung gestanden hätte. Denn diesbezüglich sei von der L T A am 10.03.2004 endgültig entschieden worden, die Stelle nicht zu besetzen, weil keine Personaldispositionen mehr getroffen werden konnten. Die Stelle sei deshalb weder damals noch später besetzt worden. Zudem sei der Kläger für die ausgeschriebene Stelle nicht ausreichend qualifiziert gewesen, weil er keine ausreichenden technischen Erfahrungen gehabt hätte.

Ferner hätten nicht ausreichende Englischkenntnisse des Klägers und gesundheitliche Einschränkungen seine Einstellung auf diesem Arbeitsplatz ohnehin nicht möglich gemacht. Zudem habe die Beklagte zu 1) keinen Einfluss darauf nehmen können, ob die L T A die beschriebene Stelle mit dem Kläger oder einem anderen Bewerber besetzt hätte. Diesbezügliche Einwirkungsmöglichkeiten habe die Beklagte zu 1) nicht.

Es sei im vorliegenden Fall auch rechtlich nicht haltbar, von einem Konzernbezug des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Denn aufgrund der Rechtsprechung des BAG sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass kein Konzernbezug bestehe. Der fehlende Konzernbezug sei der Regelfall, und es gebe keinen Grund, hier einen Ausnahmefall anzunehmen. Auf den Tarifvertrag Schutzabkommen könne sich der Kläger nicht berufen, denn nur wenn der Tarifvertrag Schutzabkommen in Verbindung mit entsprechenden gesellschafts- oder vertragsrechtlichen Vereinbarungen der Konzernunternehmen für den gesamten Konzern eine dem Zustand eines einheitlichen Unternehmens entsprechende Rechtssituation herstellen würde, wäre er per se konzernbezogen. Der Tarifvertrag Schutzabkommen regele jedoch nicht, welche Rechtsfolge eintrete, wenn die Weiterbeschäftigung nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Er regele ebenso wenig, unter welchen Bedingungen eine solche Möglichkeit bestehe und auch nicht, welche konkreten Anstrengungen von einer konzernabhängigen Gesellschaft verlangt werden könnten, um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten zu evaluieren. Nach seiner Ratio verlange der Tarifvertrag nur, dass es der kündigenden Gesellschaft möglich sein müsse, den Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen bzw. Beschäftigung durch eine andere Gesellschaft zu bewirken. Er knüpfe seine Rechtsfolgen nicht daran, dass irgendwo irgendein Arbeitsplatz im Konzern zufällig nicht besetzt sei, ohne Rücksicht darauf, ob der kündigende Arbeitgeber davon Kenntnis haben könne. Der Tarifvertrag sei daher sachgerecht so zu interpretieren, dass eine Kündigung nur dann nicht zulässig sei, wenn das Unternehmen zumutbare und sachgerechte Anstrengungen, für die Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsplatz zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen habe. Die Kündigung könne nur dann rechtsunwirksam sein, wenn der Arbeitgeber entweder keine Anstrengungen unternommen habe, um solche Arbeitsplätze zu eruieren oder wenn er trotz entsprechender Rechtsmacht nach der Evaluierung freier Arbeitsplätze nicht zugunsten des Arbeitnehmers tätig geworden sei. Unter Berücksichtigung dessen könne nur verlangt werden, dass die Beklagte zu 1) als Arbeitgeber die Bemühungen unternommen habe, die aus dem Teilinteressenausgleich vom 23.09.2003 und dem Interessenausgleich und dem Sozialplan vom 10.10.2003 folgten. Diese Verpflichtungen habe die Beklagte zu 1) eingehalten.

Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass eine Weiterbeschäftigung bei der C -C (C ) möglich gewesen sei, denn dort habe es ohnehin Personalüberhänge gegeben, die Anfang 2004 zu einem Interessenausgleich geführt hätten, so dass sowohl im Vorfeld und erst recht nach Abschluss des Interessenausgleichs dort keine externen Einstellungen vorgenommen worden seien.

Der Kläger könne sich ferner nicht darauf berufen, bei der L T L G in K anstelle von Leiharbeitern eingesetzt zu werden. Denn es sei unternehmerische Entscheidung des dortigen Unternehmens gewesen, wegen der kontinuierlichen Schwankungen der Arbeitsmenge mit einem Leiharbeitnehmeranteil von durchschnittlich 30 % zu operieren. Erst Ende 2005 sei die Erhöhung des Eigenpersonals auf 18 beschlossen wurden, nachdem der Fortbestand des Standortes festgestanden habe.

Keine Beschäftigungsmöglichkeiten habe es schließlich bei der L C in K und bei der Poststelle bei der L A gegeben.

Hinsichtlich der Anschlussberufung der Klägerseite macht die Beklagte zu 1) geltend, dass die Anschlussberufung, soweit sie den Verschaffungsanspruch betreffe, unzulässig sei, weil darin eine Klageerweiterung liege, der nicht zugestimmt werde. Der Weiterbeschäftigungsanspruch sei unbegründet, weil die Beklagte zu 1) ihren Betrieb seit langem geschlossen habe und deshalb kein Arbeitsplatz mehr zur Verfügung gestellt werden könne.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2005 - 9 (15) Ca 13811/05 - abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hat und festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung vom 17.11.2003 nicht aufgelöst wurde.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zu 1) kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt ferner im Wege der Anschlussberufung,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.11.2005 - 9 (15) Ca 12811/03 - dahingehend abzuändern, dass

1. die Beklagte zu 1) verurteilt wird, dem Kläger unter Anrechnung des erworbenen Besitzstandes einen Arbeitsvertrag zu den bislang bei der Beklagten geltenden Bedingungen bei einem konzernangehörigen Unternehmen im Geltungsbereich des Abkommens zum Schutz der Mitarbeiter im D -Konzern von nachteiligen Folgen aus Rationalisierungsmaßnahmen (TV Schutzabkommen) zu verschaffen;

2. die Beklagte zu 1) zu verteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Lagerverwalter, hilfsweise in einer vergleichbaren Tätigkeit zu beschäftigen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, bei der Beurteilung des Kündigungsschutzes im vorliegenden Fall komme es auf die gesellschaftsrechtliche Situation der Unternehmen nicht an. Entscheidend sei, dass alle Konzernunternehmen an die einschlägigen kollektiven Regelungen gebunden seien. Es komme nur darauf an, ob eine Weiterbeschäftigung im Konzern objektiv möglich sei, nicht darauf, ob der kündigende Arbeitgeber einen freien Arbeitsplatz kenne oder sonstige Hindernisse der Übernahme des Arbeitnehmers entgegen stünden.

Der im Wege der Anschlussberufung geltend gemachte Verschaffungsanspruch ergebe sich aus dem Tarifvertrag Schutzabkommen. Dass der Antrag nunmehr gegen die Beklagte zu 1) gerichtet werde, sei keine Klageerweiterung. Dabei sei die Beklagte zu 1) zur Verschaffung eines Arbeitsvertrages zu den bislang geltenden Bedingungen verpflichtet. Der Weiterbeschäftigungsanspruch folge aus § 102 Abs. 5 BetrVG.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Berufung und Anschlussberufung sind zwar zulässig, aber nicht begründet und mussten daher zurückgewiesen werden.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht und nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist innerhalb der verlängerten Frist begründet worden.

Auch die Anschlussberufung ist zulässig. Sie ist innerhalb der auf den 12.06.2006 verlängerten Berufungserwiderungsfrist am 07.06.2006 eingelegt und begründet worden, so dass die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO gewahrt ist. Richtig ist allerdings der Hinweis der Beklagtenseite, dass die Anschlussberufung, soweit sie den Verschaffungsanspruch betrifft, eine Klageerweitung enthält. Denn zum Einen wird nunmehr die Beklagte zu 1) auf Verschaffung in Anspruch genommen, nicht mehr die Beklagte zu 2), zum Anderen ist der Anspruch auch inhaltlich erweitert wurden dadurch, dass sich der Anspruch nunmehr richten soll auf die bislang bei der Beklagten zu 1) geltenden Bedingungen und nicht lediglich auf angemessene Bedingungen. Letztlich können hier die Voraussetzungen des § 533 ZPO als erfüllt angesehen werden, da insoweit kein neuer Tatsachenstoff vorgetragen ist und ein enger Zusammenhang mit den ohnehin zu Entscheidung anstehenden Fragen besteht.

II. Berufung und Anschlussberufung sind jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Rechtsunwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung festgestellt und den Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen. Auch ein Verschaffungsanspruch, soweit er sich gegen die Beklagte zu 1) richteen soll, besteht nicht.

1. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen die arbeitsgerichtliche Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt bereits an sich nicht vor.

a) Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen ist im vorliegenden Fall kraft der für die Parteien geltenden tarifvertraglichen Regelung ausgeschlossen. Die außerordentliche Kündigung ist nicht ausgeschlossen, sie kann auch nicht ausgeschlossen werden (siehe BAG, Urteil vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 -, NZA 1998, S. 771 ff.).

Eine außerordentliche Kündigung bei an und für sich aufgrund tarifvertraglicher Vorschrift ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern ist aber nur bei Anlegung eines besonders strengen Prüfungsmaßstabes möglich. Sie ist auf den Extremfall beschränkt, dass der Arbeitgeber anderenfalls ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis weiterführen müsste. Für die außerordentliche Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers müssen insoweit erheblich verschärfte Anforderungen an die Pflicht des Arbeitgebers gestellt werden, mit allen zumutbaren Mitteln, ggf. auch durch eine entsprechende Umorganisation und das Freimachen gleichwertiger geeigneter Arbeitsplätze eine Weiterbeschäftigung im Betrieb bzw. im Unternehmen zu versuchen (siehe BAG, Urteil vom 17.09.1989 - 2 AZR 419/97 -, NZA 1999, S. 258 ff.).

Insoweit unterscheidet sich eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung bei an und für sich gegebener ordentlicher Unkündbarkeit ganz erheblich von dem Normalfall der betriebsbedingten Kündigung. Sowohl eine Umorganisation als auch ein Freimachen geeigneter gleichwertiger Arbeitsplätze sind zumutbar. Ein solcher Extremfall, in dem eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist in Betracht kommen kann, liegt nur dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf Dauer sinnentleert ist, weil die Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann und deshalb auf unzumutbar lange Zeit Vergütung ohne Gegenleistung gezahlt werden müsste (siehe BAG, Urteil vom 24.06.2004 - 2 AZR 215/03 -, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 5).

Diesen besonders strengen Anforderungen hält die ausgesprochene Kündigung nicht stand.

b) Die Anforderungen an eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung ergeben sich aus dem Tarifvertrag Schutzabkommen selbst. In diesem Tarifvertrag Schutzabkommen ist der Maßstab formuliert, anhand dessen zu prüfen ist, wann ein Arbeitsverhältnis als sinnentleert angesehen werden muss und deshalb eine Kündigung unausweichlich ist.

Dies ist nach der Regelung in § 6 Tarifvertrag Schutzabkommen dann nicht der Fall, wenn die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern (D /C /LSG) möglich ist und der Mitarbeiter hierzu sein Einverständnis erklärt hat. Ausschlaggebend ist damit nach dem klaren Tarifwortlaut, ob es objektiv eine Möglichkeit gibt, den Mitarbeiter an anderer Stelle im Konzern weiterzubeschäftigen.

Damit ist zugleich gesagt, dass es nicht auf die subjektive Kenntnis des kündigenden Arbeitgebers hinsichtlich solcher Beschäftigungsmöglichkeiten ankommt, auch nicht darauf, ob der beklagte Arbeitgeber ausreichende Anstrengungen zur Ermittlung freier Stellen unternommen hat, sondern allein darauf, ob objektiv eine solche Möglichkeit gegeben ist.

Bei der Auslegung ist die Art der Tarifbindung zu berücksichtigen (siehe Ascheid/Preis/Schmidt, Kommentar zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., § 262 BGB Rz. 318 e).

Dabei fällt im vorliegenden Fall zusätzlich ins Gewicht, dass es sich um einen konzernbezogenen Haustarif und nicht um einen Verbandstarif handelt.

c) Mit diesem Tarifvertrag haben die Tarifvertragsparteien die Sinnentleerungsgrenze selbst bestimmt. Im Geltungsbereich des Tarifvertrages soll nur dann von einem sinnentleerten Arbeitsverhältnis ausgegangen werden, wenn die Weiterbeschäftigung an keiner anderen Stelle im Konzern objektiv möglich ist. Daraus folgt auch, dass die von der Beklagtenseite zitierte Rechtsprechung des BAG zum Konzernbezug des Kündigungsschutzgesetzes nicht unmittelbar einschlägig ist. Denn es kommt im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob zwischen den Konzerngesellschaften entsprechende Bindungen bestehen, wie sie die Rechtsprechung des BAG für den konzernbezogenen Kündigungsschutz verlangt.

Denn der Konzernbezug ist hier schon durch den Tarifvertrag selbst hergestellt. § 6 des Tarifvertrages Schutzabkommen macht dem einzelnen Konzernunternehmen die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung bereits dann unmöglich, wenn es an anderer Stelle im Konzern objektiv eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gibt. An diese von der Beklagten selbst eingegangene Bindung hinsichtlich aller anderen Konzerngesellschaften bleibt die Beklagte zu 1) gebunden.

d) Diese tarifvertragliche Bindung konnte durch die nachfolgenden betriebsverfassungsrechtlichen Einigungen (Interessenausgleich und Sozialplan) nicht außer Kraft gesetzt oder relativiert werden. Als rangniedrigere Normen können betriebsverfassungsrechtliche Vereinbarungen die tarifliche Rechtstellung nicht schmälern (siehe BAG, Urteil vom 17.09.1989 - 2 AZR 419/97 - NZA 1999, S. 258 ff.).

e) Der Zweck dieser Regelungen lag ersichtlich darin, den Mitarbeitern eine Bestands- und Beschäftigungsgarantie zu geben. Sie sollten sich darauf verlassen können, dass trotz betrieblicher Umorganisation ein umfassender Kündigungsschutz erhalten blieb. Das macht im vorliegenden Fall die Vorgeschichte des Arbeitsverhältnisses des Klägers besonders deutlich. Der Kläger war bis 1995 Arbeitnehmer der L A also eines Unternehmens mit Tausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bereits vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1) war der Kläger aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit und aufgrund seines Lebensalters ordentlich unkündbar. Er erhielt, wie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch, anlässlich des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1) die Zusicherung, dass sich sein kündigungsrechtlicher Status sich nicht verschlechtern sollte. Dies ergibt sich aus dem Schreiben vom 10.05.1995, das der Kläger anlässlich der Umorganisation erhalten hat und das bereits in der Überschrift den Begriff "Bestandssicherung" erwähnt.

Es ergibt sich noch deutlicher aus der zugleich überreichten Mitarbeiterinformation, in der es heißt, dass eine betriebsbedingte Kündigung wie bisher und unabhängig von der Firmenzugehörigkeit ausgeschlossen sei, solange der Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz im L K ggf. auch nach einer zumutbaren Umschulung, eingesetzt werden könne. Damit ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der kündigungsschutzrechtliche Status des Klägers sich nicht verschlechtern sollte.

Dieser bestand aber vor der Umorganisation darin, dass sich der Kläger im Falle einer Schließung des Druckereibetriebes auf jeden freien Arbeitsplatz im gesamten Unternehmen der die L A hätte berufen können. Aufgrund seiner bereits im damaligen Zeitpunkt gegebenen Unkündbarkeit hätte der Kläger darüber hinaus nach der Rechtsprechung des BAG auch eine Umorganisation, ggf. sogar ein Freimachen von Arbeitsplätzen, verlangen können.

Dieser Status ist dem Kläger aufgrund der Zusicherungen anlässlich des Betriebsübergangs für die Zukunft garantiert worden

Deshalb kann sich die Beklagte zu 1) jetzt nicht darauf berufen, sie verfüge nicht über die Durchsetzungskraft, bei anderen konzernzugehörigen Unternehmen für eine Besetzung eines anderen Arbeitsplatzes mit dem Kläger zu sorgen oder konzernangehörige Unternehmen zur Umorganisation zwecks Übernahme des Klägers zu bewegen. All diese Einwände sind sowohl aufgrund der Tarifbindung wie aufgrund der Übernahmevereinbarung aus dem Jahre 1995 ausgeschlossen.

f) Diese Auslegung des Tarifvertrages Schutzabkommen und der anlässlich des Betriebsübergangs getroffenen Vereinbarungen ist auch verfassungskonform. Im Ergebnis bewirken die Vereinbarungen, dass der Kündigungsschutz im vorliegenden Fall konzernbezogen ist.

Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nicht. Sowie es einerseits nach anerkannter BAG-Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 23.11.2004 - 2 AZR 24/04 -, NZA 2005, 929 ff.) möglich ist, den Konzernbezug des Kündigungsschutzes dadurch herzustellen, dass die Konzerngesellschaften sich gesellschaftsrechtlich entsprechend verpflichten, kann sich der Arbeitgeber andererseits auch arbeitsrechtlich oder durch Tarifvertrag hierzu verpflichten.

In dem einem wie in dem anderen Fall wird dadurch das Kündigungsrecht begrenzt. Verfassungsrechtlich macht es aber keinen Unterschied, ob diese Begrenzung durch gesellschaftsrechtliche oder durch arbeitsrechtliche Instrumente erfolgt. Beiden Fällen gemeinsam ist, dass die Begrenzung auf einer autonomen Entscheidung des Arbeitgebers beruht, sei es, dass er sich aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verträge zur Begrenzung des Kündigungsrechts verpflichtet, sei es, dass dies durch arbeitsrechtliche Vereinbarungen geschieht. Die Privatautonomie ist damit gewahrt, es handelt sich in beiden Fällen um selbstgewählte und nicht vom Gesetzgeber vorgegebene Begrenzungen des Kündigungsrechts.

g) Als Konsequenz folgt hieraus, dass die Beklagte zu 1) zur Rechtfertigung ihrer Kündigung nachweisen müsste, dass die Weiterbeschäftigung des Klägers im Konzern objektiv unmöglich wäre. Anders als die Beklagte meint kommt es sehr wohl darauf an, ob im Konzern einer der 55 000 Arbeitsplätze zufällig und für die Beklagte unerkannt besetzt werden könnte. Denn genau hierauf wäre es auch angekommen, wenn im Jahre 1995 der Betriebsübergang nicht stattgefunden hätte, denn dann wäre ebenfalls entscheidend gewesen, ob innerhalb der L A mit ihren mehreren 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern irgendwo ein freier Arbeitsplatz für den Kläger vorhanden gewesen wäre.

Da sich nach dem übereinstimmenden Parteiwillen der diesbezügliche Kündigungsstatus des Klägers nicht verschlechtern sollte, muss dieser Maßstab auch nach dem Betriebsübergang gelten.

h) Von diesem Nachweis, dass die Weiterbeschäftigung des Klägers im Konzern unmöglich ist, ist die Beklagte zu 1) weit entfernt. Im Gegenteil hat sich herausgestellt, dass es Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger gab. Hier ist insbesondere die Stelle bei der die L T A in F zu nennen. Diesbezüglich hätte der Kläger aufgrund des § 6 des Tarifvertrages Schutzabkommen Vorrang gehabt. Auf diesbezügliche Eignungsmängel kann sich die Beklagte zu 1) nicht berufen. Denn der Tarifvertrag Schutzabkommen sieht ausdrücklich auch Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen vor, die ergriffen werden müssen, um eine Weiterbeschäftigung möglich zu machen. Abgesehen von den Zweifeln, ob wirklich eine mangelnde Eignung des Klägers angesichts der Tatsache vorliegt, dass es sich um eine zwei Vergütungsgruppen niedrigere Tätigkeit handelte und zudem die Tätigkeitsbeschreibung auf eher einfache Tätigkeiten hindeutet, ist entscheidend, dass die Beklagte zu 1) hier keinerlei Angebote gemacht hat, um die behaupteten Defizite, was beispielsweise die angeblich unzureichenden Englischkenntnisse angeht, abzustellen.

Darüber hinaus ist nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) sich in diesem Stellenbesetzungsverfahren für den Kläger nachhaltig eingesetzt und aufgrund der beschlossenen arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Bestimmungen auf den Einstellungsvorrang des Bewerbers bei der L T A hingewiesen hätte. Nach dem Vortrag der Parteien muss die Rolle der Beklagten zu 1) in dem Bewerbungsverfahren eher als neutraler interessierter Zuschauer gewertet werden, denn als nachhaltiger und kompromissloser Unterstützer des Klägers.

Dies wäre aufgrund der eingegangenen vertraglichen und tarifvertraglichen Bindungen aber zu fordern gewesen, bis hin zu Gesprächen auf Leitungsebene mit der Konzernleitung(Geschäftsführer, Vorstand), um die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Beklagte zu 1) kann sich nicht darauf berufen, es sei jedenfalls im März 2004 entschieden worden, die Stelle nicht zu besetzen und diese sei dann auch nicht besetzt worden. Entscheidend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, also am 17.11.2003. Zu diesem Zeitpunkt war die Stelle ausgeschrieben und es lief das Stellenbesetzungsverfahren. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt war eine Kündigung nicht möglich, weil die Beschäftigungsmöglichkeit, wie die Ausschreibung belegt, bestand und die Entscheidung, die Stelle nicht zu besetzen, nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) erst viel im März 2004 gefallen sein soll.

i) Der Kläger kann sich ferner darauf berufen, anstelle von Leiharbeitern bei der L T L G eingesetzt zu werden. Wie bereits die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln im Urteil vom 30.05.2005 - 12 (10) Sa 394/05 - festgestellt hat, war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger dies anzubieten, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden konnte. Die Beklagte zu 1) kann insoweit nicht einwenden, der Kläger könne von ihr eine Änderung der Unternehmensstruktur nicht verlangen, weil damit in unzulässiger Weise in das unternehmerische Ermessen eingegriffen werde.

Eine solche Argumentation ist richtig, soweit es um den normalen Kündigungsschutz gegen betriebsbedingte Kündigungen geht. Hier ist die Situation aber eine andere, weil es sich um eine außerordentliche Kündigung bei bestehender ordentlicher Unkündbarkeit handelt. In diesen Fällen ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung eine entsprechende Umorganisation, sogar das Freimachen geeigneter gleichwertiger Arbeitsplätze verlangen kann (siehe BAG, Urteil vom 24.06.2004 - 2 AZR 215/03 -; EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 5).

Die Beklagte zu 1) kann ferner nicht einwenden, dass sie hierzu rechtlich nicht in der Lage gewesen sei, da es sich vorliegend um ein anderes Unternehmen handelte, denn die Beklagte zu 1) hatte sich aufgrund des Tarifvertrages und aufgrund der anlässlich des Betriebsübergangs gegebenen arbeitsvertraglichen Zusicherung genau hierzu verpflichtet.

Im Übrigen kann die Beklagte zu 1) mit diesem Einwand bereits deshalb nicht gehört werden, weil sie nicht einmal entsprechende Anstrengungen unternommen hat, dass ebenfalls konzernangehörige Unternehmen zu einer solchen Umorganisation zu bewegen. Die Beklagte zu 1) hat sich im Gegenteil auf den Standpunkt gestellt, weder sie noch das konzernangehörige Unternehmen seien zur Umorganisation verpflichtet gewesen.

2. Nach allem ist ein Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben.

Zu Recht und überzeugend hat das Arbeitsgericht daher der diesbezüglichen Feststellungsklage des Klägers stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten zu 1) hiergegen war daher zurückzuweisen.

III. Auch die Anschlussberufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

1. Jedenfalls gegen die Beklagte zu 1) besteht kein Verschaffungsanspruch.

a) Zu berücksichtigen sind hier zunächst die Bedenken, die hinsichtlich der Zulässigkeit eines diesbezüglichen Klageantrages bestehen (siehe dazu Landesarbeitsgericht Köln Urteil vom 30.5.2006 - 12 (10) Sa 394/05).

Diese Bedenken ließen sich aber ggf. überwinden dadurch, dass der Verschaffungsanspruch auf konkrete Arbeitsplätze und Einsatzmöglichkeiten begrenzt wird, sei es durch entsprechende Antragstellung, sei es durch gerichtliche Entscheidung, die unter Klageabweisung im Übrigen den Verschaffungsanspruch auf konkret benannte Einsatzmöglichkeiten beschränkt.

b) Entscheidend ist, dass sich ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall nicht gegen den richtigen Beklagten richtet und daher unbegründet ist.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass grundsätzlich ein solcher Verschaffungsanspruch möglich ist. Zu Recht hat bereits die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in dem Urteil vom 01.06.2005 - 3 Sa 1477/04 - darauf hingewiesen, dass das BAG u. A. in seinem Urteil vom 18.09.2003 - 2 AZR 403/02 - eine Verpflichtung zur Verschaffung eines entsprechenden Arbeitsvertrages bejaht hat.

Eine solche Verpflichtung kann sich auch aus einer geschlossenen Vereinbarung ergeben. Selbst die Unmöglichkeit der Erfüllung würde zwar gemäß § 275 BGB zum Entfallen der Leistungspflicht, aber nach §§ 283, 280 BGB zur Schadensersatzpflicht führen.

Im vorliegenden Fall folgt der Verschaffungsanspruch aus § 6 Abs. 5 des Tarifvertrages Schutzabkommens. Insoweit schließt sich die Kammer dem Urteil der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 01.06.2005 - 3 Sa 1477/04 - an.

Allerdings legt die erkennende Kammer die Vorschrift des § 6 Tarifvertrages Schutzabkommen so aus, dass Anspruchsgegner eines solchen Verschaffungsanspruchs nur die Konzernmuttergesellschaft sein soll.

Wer Anspruchsgegner eines solchen Verschaffungsanspruchs sein soll, ist in der genannten Tarifbestimmung nicht ausdrücklich festgelegt. Dies ist daher durch Auslegung zu bestimmen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien den in der Bestimmung enthaltenen Verschaffungsanspruch gegen denjenigen Anspruchsgegner richten wollten, der eine effektive Sicherung des Verschaffungsanspruchs am ehesten gewährleisten kann.

Aus diesem Blickwinkel spricht alles dafür, dass sich ein Verschaffungsanspruch gegen die Konzernmuttergesellschaft richten sollte. Denn diese hat im Konzernunternehmen die größte Rechtsmacht. Sie hat die umfangreichsten Einwirkungsmöglichkeiten auf die konzernangehörigen Gesellschaften und zugleich die weitest gehenden Informationsmöglichkeiten im Konzern. Es kommt hinzu, dass eine Zwangsvollstreckung am effektivsten bzgl. der Leitungsorgane der Konzernmuttergesellschaft betrieben werden könnte. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass dann, wenn man den Verschaffungsanspruch sowohl gegen die Konzernmuttergesellschaft als auch gegen eine oder mehrere konzernangehörige Gesellschaften zulassen würde, der Arbeitnehmer sich über solche Verschaffungsansprüche theoretisch eine Mehrzahl von Arbeitsplätzen verschaffen könnte und auf diese Weise das Wahlrecht im Sinne des § 262 BGB vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übergehen würde.

Aus allem folgt, dass der Tarifvertrages Schutzabkommen dahingehend auszulegen ist, dass sich ein darin enthaltener Verschaffungsanspruch jedenfalls nur gegen die Konzernmuttergesellschaft als Anspruchsgegner richten kann.

Der vorliegend gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Verschaffungsanspruch war daher abzuweisen.

2. Keinen Erfolg hatte schließlich der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch. Da die Beklagte zu 1) unstreitig ihren Betrieb eingestellt hat und bei ihr selbst keine Arbeitsplätze mehr zur Verfügung stehen, lag insoweit Unmöglichkeit vor, so dass der Weiterbeschäftigungsanspruch, wie bereits das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung zutreffend begründet hat, keinen Erfolg haben konnte.

Die Anschlussberufung war daher zurückzuweisen.

IV. Insgesamt hatten daher weder Berufung noch Anschlussberufung Erfolg.

Bei der Kostenentscheidung war § 92 Abs. 1 ZPO anzuwenden, wobei zu berücksichtigen war, dass einerseits der Streitgegenstand im Berufungsrechtszug sich gegenüber dem ersten Rechtszug vermindert hat, weil der Kläger nur einen Teil der klageabweisenden Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts mittels seiner Anschlussberufung angegriffen hat, andererseits der Kläger in der Berufungsinstanz überwiegend erfolgreich war.

Vor diesem Hintergrund war es gerechtfertigt, dem Kläger 2/5 und der Beklagten zu 1) 3/5 der Kosten aufzuerlegen.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zugelassen worden, da hinsichtlich des Adressaten des Verschaffungsanspruchs eine Abweichung vom Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 01.06.2005 - 3 Sa 1477/04 - vorliegt.

Ende der Entscheidung

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