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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 14 Ta 181/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Wird eine Arbeitnehmerin, die vorher in einem anderen Unternehmen derselben Baumarktkette tätig war, in ein anderes Unternehmen dieser Baumarktkette aufgenommen, dort beschäftigt und vergütet, hat ein Klageantrag, der von einem Arbeitgeberwechsel ausgeht und eine von diesem Unternehmen ausgesprochene Kündigung angreift, hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.04.2006 über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe teilweise abgeändert:

1. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für den Antrag zu 4) und den Antrag zu 6) unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt K mit Wirkung vom 25.04.2006 bewilligt mit der Maßgabe dass die Klägerin keinen eigenen Beitrag aus ihrem Einkommen oder Vermögen zur Prozessführung gegenwärtig leisten muss.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe.

Sie war bei der Beklagten zu 2) als Kassiererin seit dem 02.01.1997 beschäftigt. Am 14.06.2005 kam es bei der Beklagten zu 2) zu einem Brand. Einige Wochen danach wurde die Klägerin bei der Beklagten zu 1) beschäftigt und zwar zu denselben Bedingungen, zu denen sie zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigt war.

Mit Schreiben vom 22.09.2005 kündigte die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.12.2005 wegen Betriebsschließung.

Die Beklagte zu 1) sprach Kündigungen des Arbeitsverhältnisses mit Kündigungsschreiben vom 16.01.2006 zum 15.02.2006 und Kündigungsschreiben vom 27.01.2006 zum 28.02.2006 aus.

Die Klägerin erhob mit am 23.01.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage zunächst gegen die Beklagte zu 1) und richtete diese Kündigungsschutzklage später auch gegen die Beklagte zu 2).

Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich aller gestellten Anträge abgelehnt und der sofortigen Beschwerde der Klägerseite durch Beschluss vom 26.04.2006 ohne nähere Begründung nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln hinsichtlich der Kündigung der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 2) hat das Arbeitsverhältnis bereits am 22.09.2005 gekündigt. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG keine Klage erhoben. Auch die später erhobene Klage hat der Klägervertreter zunächst fälschlich gegen die Beklagte zu 1) und nicht gegen diejenige juristische Person, die die Kündigung ausgesprochen hat, erhoben. Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 22.09.2005 ist daher durch den Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 4, 7 KSchG rechtswirksam geworden. Eine nachträgliche Klagezulassung gemäß § 5 KSchG kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerseite auch nach Erkennen des vermeintlichen Klagehindernisses im Januar 2006 die Klage zunächst nicht gegen diejenige juristische Person gerichtet hat, die die Kündigung ausgesprochen hat, sondern gegen die Beklagte zu 1).

Folglich besteht hinsichtlich der Anträge zu 2) und 3) keinerlei Aussicht auf Erfolg, so dass die Prozesskostenhilfe insoweit zu Recht abgelehnt worden ist.

2. Anders verhält es sich mit den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Anträgen zu 4) und 6). Unstreitig hat die Klägerin bei der Beklagten zu 1), nachdem der Betrieb der Beklagten zu 2) abgebrannt war, eine Tätigkeit zu denselben Bedingungen, wie die vorher galten aufgenommen. Sie hat ihre Arbeitskraft bei der Beklagten zu 1) erbracht, die Beklagte zu 1) hat die Arbeitskraft entgegen genommen und das ihr als Arbeitgeberin zustehende Direktionsrecht ausgeübt. Die Klägerin hat die ihr dafür zustehende Vergütung erhalten. Damit sind die Wesensmerkmale eines Arbeitsverhältnisses erfüllt und es ist, auch wenn hierüber kein schriftlicher Vertrag vorliegt, von einem durch Tätigkeitsaufnahme zustandgekommenen Arbeitsverhältnis auszugehen.

Eine anderweitige Rechtsgrundlage für die Arbeitstätigkeit der Klägerin bei der Beklagten zu 1) ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass die Klägerin befristet von der Beklagten zu 2) zur Beklagten zu 1) versetzt worden wäre. Schon nach dem mit der Beklagten zu 2) geschlossenen Arbeitsvertrag (Bl. 10 d. A.) war lediglich eine innerbetriebliche Versetzung in andere Abteilungen des Betriebes der Bekl zu 2) zulässig (so Ziffer 7 des Arbeitsvertrages) nicht aber eine Versetzung in rechtlich selbständige Unternehmen derselben Firmengruppe. Auch für eine Arbeitnehmerüberlassung ist nichts vorgetragen, zumal deren Zulässigkeit ohnehin fraglich gewesen wäre und die Klägerin nach dem geschlossenen Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 2) sich hierauf nicht hätte einlassen müssen.

Daher muss davon ausgegangen werden, dass mit der Tätigkeitsaufnahme der Klägerin bei der Beklagten zu 1) ein neues Arbeitsverhältnis mit der Bekl. zu 1) begründet worden ist, wobei offen bleiben kann, ob dabei von einer Anrechnung der vorangegangenen Beschäftigungszeiten angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls ausgegangen werden muss.

Hinsichtlich von der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Kündigungen vom 16.01.2006 und 27.01.2006 hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg so dass Prozesskostenhilfe für die Anträge zu 4) und 6) zu bewilligen waren. Denn diese Kündigungen hat die Klägerin fristgerecht innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG gegen die richtige juristische Person, nämlich diejenige, die die Kündigungen ausgesprochen hatte, angegriffen. Insoweit hat die Klage auch hinreichende Aussicht auf Erfolg, zumal sich die Klägerin auf die Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde gemäß § 174 BGB und die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung berufen hat und die Bekl zu 1) dem bisher nicht detailliert entgegengetreten ist.

Daher kann die Erfolgsaussicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verneint werden.

Unerheblich ist, ob es zu einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB gekommen ist. Denn durch Ausübung der Tätigkeit und entsprechende Bezahlung bei der Beklagten zu 1) bestand eine Einigung über Arbeitsinhalt, Arbeitsbedingungen und die Arbeitsvergütung und damit über alle wesentlichen Elemente eines Arbeitsverhältnisses, so dass das Arbeitsverhältnis auch unabhängig von einem eventuellen Betriebsübergang begründet worden ist. Eine Befristung dieses Arbeitsverhältnisses auf den 31.12.2005 ist nicht vorgetragen, sie hätte auch schriftlich gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG vereinbart werden müssen.

Hinsichtlich der Anträge zu 4) und 6) gegen die Beklagte zu 1) hat das Begehren der Klägerin daher hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass ihr insoweit Prozesskostenhilfe zu bewilligen war.

Der Antrag zu 5), mit dem festgestellt werden soll, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet über den 01.01.2006 seine Fortsetzung findet, hatte gegenüber dem Antrag zu 6), mit dem festgestellt werden soll, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.01.2006 nicht sein Ende gefunden hat sondern zu den Konditionen des geschlossenen Arbeitsvertrages unverändert fortbesteht, keine eigenständige Bedeutung so dass die Prozesskostenhilfe auf die Anträge zu 4) und 6) zu beschränken war.

Ende der Entscheidung

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