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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 29.03.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 1320/03
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT Nr. 2 SR 2 y
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 1320/03

Verkündet am 29. März 2004

In Sachen

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Olesch als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Buchholz und Winthuis

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003 - 3 Ca 99/03 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Befristung in den Arbeitsverträgen vom 15.07.2002 und 02.12.2002 unwirksam ist. Auf das Arbeitsverhältnis ist der BAT anwendbar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den erstinstanzlichen Tatbestand, insbesondere die dort wiedergegebenen Vertragsklauseln Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, das Zitiergebot nach Nr. 2 SR 2 y BAT sei verletzt, da sich aus dem Arbeitsvertrag, insbesondere dem Arbeitsvertrag vom 15.07.2002 nicht ergebe, welche Form der Befristung nach Nr. 1 SR 2 y BAT für den Arbeitsvertrag gelten solle. Die Komplexität der Erklärungen führe dazu, dass das Zitiergebot gänzlich verletzt sei und damit die Beklagte überhaupt keine Befristungsgründe im Verfahren mehr vorbringen könne. Wegen des Vorbehalts bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 02.12.2002 bestehe nunmehr ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Zudem rügt die Klägerin erneut, der Personalrat habe vor Abschluss des Arbeitsvertrages vom 02.12.2002 der Befristung nicht zugestimmt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien trotz der Befristungen in den Arbeitsverträgen vom 15.07. und 02.12.2002 über den 31.12.2002 bzw. 30.06.2003 hinaus unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, dass die Angaben in den Arbeitsverträgen auslegungsfähig seien. Der Hinweis auf die begrenzten Mittel lasse sich als Vereinbarung der Befristungsform der Zeitangestellten auslegen. Zudem habe die Klägerin Tätigkeiten als Vertretung verrichtet, die der in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin S ebenfalls hätten übertragen werden können, wenn diese gearbeitet hätte. Damit ergebe sich auch zusätzlich der Befristungsgrund der Vertretung. Zudem habe die Klägerin sich in Gesprächen vor Abschluss des Vertrages vom 02.12.2002 nicht die Befristungsüberprüfung des vorherigen Vertrages vorbehalten, sondern nur allgemein auf einen anderen Befristungsrechtsstreit und die Möglichkeit der Überprüfung hingewiesen. Der Personalrat habe beiden hier streitigen Befristungen zugestimmt, bevor die zweite Unterschrift auf den Arbeitsvertrag gekommen sei, nämlich hinsichtlich des ersten streitigen Vertrages am 23.05.2002, hinsichtlich des zweiten Vertrages am 09.12.2002. Dieser Vertrag trägt zwar das Datum vom 02.12.2002, tatsächlich wurde er von der Klägerin erst einige Zeit später unterschrieben. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Beide Befristungen, die rechtzeitig innerhalb der Klagefrist des § 17 TzBfG angegriffen wurden, haben das Arbeitsverhältnis jeweils wirksam befristet. Die Befristungen der Arbeitsverträge beruhen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 auf einem sachlichen Grund. Dieser folgt aus § 21 Abs. 1 BErzGG und ist darin zu sehen, dass die Klägerin Tätigkeiten erledigt hat, die andernfalls der Justizangestellten S , die sich in Elternzeit befand, übertragen worden wären bzw. hätten übertragen werden können.

Beide Arbeitsverträge erfüllen auch die tariflichen Voraussetzungen aus Nr. 2 SR 2 y BAT. Aus dem Arbeitsvertrag ist durch Auslegung zu entnehmen, welche der Befristungsformen der Nr. 1 SR 2 y BAT Anwendung findet.

Die erkennende Kammer folgt dem Bundesarbeitsgericht dahingehend, dass eine bestimmte Ausdrucksweise für die Vereinbarung der Befristungsgrundform nicht vorgeschrieben ist. Vielmehr ist jeweils durch Auslegung des Arbeitsvertrages zu ermitteln, welche Befristungsgrundform die Parteien vereinbart haben (BAG vom 17.04.2002 - 7 AZR 665/00 - AP Nr. 21 zu § 2 SR 2 y BAT). Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, sich auf eine Befristungsgrundform zu beschränken, sondern kann auch bei Zusammentreffen mehrerer Sachgründe mehrere Befristungsgrundformen vereinbaren, um nicht mit der Berufung auf einen Sachgrund ausgeschlossen zu sein (BAG vom 28.03.2001 - 7 AZR 701/99 - BB 2001 S. 1690).

Das Gericht folgt dem Bundesarbeitsgericht auch dahingehend, dass die Bedeutung der Nr. 2 Abs. 1 SR 2 y BAT darin liegt, dem Arbeitgeber einen Austausch der Befristungssachgründe im Prozess über die Wirksamkeit der Befristung zu versagen. Ob daneben die Entscheidung des BAG vom 13.03.1991 (7 AZR 37/90), wonach die Befristungsgrundform nicht schriftlich angegeben werden muss, sondern die durch Auslegung ermittelte Befristungsgrundform lediglich einem deklaratorischen Schriftformerfordernis unterliegt, noch Geltung beansprucht, kann dahinstehen. Denn im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber mehr getan, als eine bloße Befristungsgrundform anzugeben. Er hat schriftlich den gesamten der Befristung zu Grunde liegenden Sachverhalt unterbreitet. Damit hat er mehr getan, als er nach dem Tarifvertrag tun musste und damit seine Position im Entfristungsprozess auf den Vortrag dieser Sachgründe eingeschränkt.

Bereits dem Vertrag vom 15.07.2002 ist zu entnehmen, dass die Mitarbeiterin S wegen Elternzeit ausfällt, dass deswegen Aufgaben beim Amtsgericht Erkelenz nicht erledigt werden könne, dass hierdurch Gelder nicht ausgegeben werden können, die sonst der Mitarbeiterin S zugeflossen wären, dass diese Gelder nach § 7 Abs. 3 Haushaltsgesetz NW ausgegeben werden dürfen, dass die Klägerin für die Aufgaben eingestellt wird, die ansonsten die Justizangestellte S hätte erledigen können und dass sie aus den Haushaltsmitteln bezahlt werden soll, die ansonsten an die Justizangestellte S geflossen wären. Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag die Erklärung, dass diese Regelungen jedenfalls bis zum 31.12.2000 gelten sollen. Dabei ist unzweifelhaft, dass Befristungen auch kürzer vereinbart werden können als es die Dauer der Befristungsgründe zulässt.

Wenn man mit dem BAG davon ausgeht, dass die befristet zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, nämlich im vorliegenden Fall die von Frau S nicht verbrauchten Gehaltsbestandteile der Befristungsgrundform der Zeitangestellten zuzuordnen sind, so ergibt der im Arbeitsvertrag festgehaltene Sachverhalt die Vereinbarung der Befristungsgrundform des Zeitangestellten. Da zudem der geschilderte Sachverhalt darauf hinweist, dass Arbeiten erledigt werden müssen, die von der Mitarbeiterin S wegen deren Elternzeit nicht erledigt werden können, ergibt sich weiterhin die Befristungsgrundform der Aushilfsangestellten. Gerade weil der Arbeitsvertrag ausführlich die arbeitgeberseitigen Überlegungen zur Befristung schildert, ist dem Zweck des tarifvertraglichen Zitiergebotes Genüge getan. Der Arbeitgeber kann andere Befristungsgründe vorliegend im Prozess nicht vorbringen.

Würde man zum Inhalt des Zitiergebots anderer Ansicht sein, würde es ausreichen, in den Arbeitsvertrag formularmäßig die drei Befristungsformen (Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer, Aushilfsangestellte) aufzunehmen, um dem Zitiergebot Genüge zu tun. Da einerseits eine Befristung auf mehrere dieser Grundformen gestützt werden kann, andererseits der BAT mit diesen Grundformen alle möglichen Befristungen abdecken will, würde der Sinn des Tarifvertrages, den zu überprüfenden Sachverhalt einzuschränken, genau ins Gegenteil verkehrt, wenn im Vordergrund die bloße Zitierung stehen würde. Ein Arbeitgeber, der vorsichtshalber alle drei Grundformen in den befristeten Vertrag aufnimmt, hätte dann nach Ansicht der Klägerin dem Zitiergebot Genüge getan und könnte im Prozess genau das tun, was das Zitiergebot verhindern will, nämlich jeden beliebigen Befristungsgrund vorbringen. Andererseits würde der Arbeitgeber, der im Arbeitsvertrag den der Befristung zu Grunde liegenden Sachverhalt schildert, ohne selbst eine Subsumtion unter eine der Befristungsgrundformen vorzunehmen, die Unwirksamkeit der Befristung riskieren, auch wenn der geschilderte Sachverhalt unzweifelhaft einen Befristungsgrund ergibt.

Da die geschilderten Gründe auch die Befristung vom 02.12.2002 tragen, ist auch diese wirksam vereinbart worden. Auch die Frage, ob der Vorbehalt bei Abschluss dieses befristeten Vertrages in ausreichend deutlicher Weise erklärt wurde, oder ob die Wahrung der Klagefrist jedenfalls einen solchen Vorbehalt ersetzt, kommt es vorliegend nicht an.

Die Befristungen sind auch nicht wegen mangelnder Zustimmung des Personalrats unwirksam. Hier sind die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (7 AZR 707/00 und 7 AZR 662/00) zu Grunde zu legen. Danach muss die Zustimmung des Personalrats erteilt sein, bevor die zweite Uunterschrift auf den Vertrag gesetzt wird. Hinsichtlich des Vertrages vom 15.07.2002 ergeben sich insoweit keine Bedenken, da die Zustimmung des Personalrats bereits am 23.05.2002 vorlag. Auch hinsichtlich des Vertrages vom 02.12.2002 ist nicht ersichtlich, dass die übereinstimmenden Willenserklärungen bereits vor Zustimmung des Personalrates am 09.12.2002 vorlagen. Denn der Arbeitgeber hat zwar auf den Vertragsentwurf bereits das Datum 02.12.2002 eingetragen und diesen als Entwurf dem Personalrat und der Klägerin zu deren Unterzeichnung zugeleitet. Die Unterzeichnung fand allerdings unstreitig erst einige Zeit später statt. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, das genaue Abschlussdatum zu benennen und insbesondere Näheres dazu vorzutragen, zu welchem Zeitpunkt vor dem 09.12.2002 bereits die zweite Unterschrift auf das Vertragsexemplar gesetzt worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung nicht zugelassen. Eine Abweichung von der Entscheidung des LAG Düsseldorf (11 Sa 1065/03) wurde nicht gesehen, da der dortige Vertragstext jedenfalls anders laute als der vorliegende.

Ende der Entscheidung

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